Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2014) 108, 53—55

Online verfügbar unter www.sciencedirect.com

ScienceDirect journal homepage: http://journals.elsevier.de/zefq

KURZBERICHT ZUM SCHWERPUNKT

Sechs Jahre ,,AKTION Saubere Hände‘‘ - was haben wir erreicht? Christiane Reichardt 1,∗, Karin Bunte-Schönberger 1, Janine Walter 1, Michael Behnke 1,2, Frank Schwab 1,2, Petra Gastmeier 1,2 1

Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Universitätsmedizin Berlin, Charité Berlin, Berlin Nationales Referenzzentrum für die Surveillance Nosokomialer Infektionen, Universitätsmedizin Berlin, Charité Berlin, Berlin

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Einleitung Die ,,AKTION Saubere Hände‘‘ (ASH) ist eine seit dem 1. Januar 2008 durch das Bundesministerium für Gesundheit geförderte nationale Kampagne. Sie basiert auf der WHO Kampagne ,,Clean Care is Safer Care‘‘ und hat die Verbesserung des Händehygieneverhaltens in deutschen Gesundheitseinrichtungen zum Ziel. Die Kampagne hat sich in den ersten drei Jahren ihrer Laufzeit ausschließlich an Krankenhäuser gerichtet, seit 2011 wurden alle Inhalte und Interventionen an ambulante und Alten- und Pflegeeinrichtungen angepasst. Mit über 1300 teilnehmenden Einrichtungen ist die ASH im internationalen Maßstab eine der größten Händehygienekampagnen der Welt und ist 2013



Korrespondenzadresse: Dr. med. Christiane Reichardt, Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Universitätsmedizin Berlin, Charité Berlin, Hindenburgdamm 27, 12203 Berlin. Tel: 030 8445 3680; Fax: 030 8445 3682. E-Mail: [email protected] (C. Reichardt).

1865-9217/$ – see front matter http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2014.01.004

durch die WHO als ,,Global Hand Hygiene Excellence Center‘‘ ausgezeichnet worden.

Interventionsprogramm der ,,AKTION Saubere Hände‘‘ Die teilnehmenden Einrichtungen verpflichten sich, ein sogenanntes multimodales Interventionsprogramm in ihren Einrichtungen umzusetzen. Die WHO hat in einer Pilotstudie im Rahmen ihrer ,,Clean Care is Safer Care’’ Kampagne zeigen können, dass dieses Interventionsmodell in den unterschiedlichsten Settings weltweit zu einer Compliancesteigerung bei der hygienischen Händedesinfektion geführt hat. Dieses multimodale Interventionsmodell beinhaltet für die ASH folgende Maßnahmen: Unterstützung durch die Leitungsebene, Implementierung des WHO Modells ,,Die 5 Indikationen der Händedesinfektion‘‘, Verbesserung der Ausstattung mit Desinfektionsmittelspendern, Etablierung von regelmäßigen Messinstrumenten und regelmäßige Fortbildungen. Hauptkommunikationsinstrument der ASH ist die Website (www.aktion-sauberehaende.de). Auf dieser sind alle Inhalte sowie Materialien zum Download bereitgestellt. Die

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C. Reichardt et al.

ASH hat eine Fülle von Werbe- und Fortbildungsmaterialien entwickelt, welche die Teilnehmer in der Umsetzung der Kampagne vor Ort unterstützen sollen. Sämtliche Materialien und Inhalte wurden 2011 an Alten- und Pflegeheime sowie ambulante Einrichtungen adaptiert. Darüber hinaus veranstaltet die ASH einen jährlichen nationalen Erfahrungsaustausch für die Teilnehmer, welcher im Jahr 2013 von über 700 Teilnehmern besucht wurde. Am 5. Mai jeden Jahres (Hand Hygiene Day der ,,Clean Care is Safer Care‘‘ Kampagne) werden durch die Einrichtungen Aktionstage veranstaltet. Die ASH hat gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Beirat drei Positionspapiere zu den Themen: Gebrauch mobiler Spender, Hautschutz und Hautpflege sowie zur Einreibemethode veröffentlicht.

Ergebnisse Teilnehmende Einrichtungen Alle Teilnehmer werden auf der Website der ASH namentlich aufgeführt. Seit 2008 nehmen mehr als 1300 Einrichtungen an der Kampagne teil. In Deutschland nehmen 836 Krankenhäuser, 87 Reha Kliniken, 289 Alten-und Pflegeheime sowie 275 ambulante Einrichtungen teil. Damit nehmen ca. 45% aller Kliniken in Deutschland freiwillig an der Kampagne teil. Bezogen auf die Gesamtzahl der Teilnehmer ist die deutsche Kampagne damit die größte nationale Kampagne weltweit. Die ASH mit Sitz an der Charité wurde im Juni 2013 in Genf von der WHO als ,,Global Hand Hygiene Excellence Center‘‘ ausgezeichnet.

Systemänderung - Spenderausstattung Die ASH hat erstmalig eine Mindestausstattung mit Händedesinfektionsmittelspendern in Krankenhäusern definiert: auf Intensivstationen und Dialysestationen ein Spender pro Patientenbett, auf Nicht-Intensivstationen ein Spender pro zwei Patientenbetten. Ziel ist es, für die Mitarbeiter zusätzliche Wege zu Spendern zu vermeiden. Alle Teilnehmer müssen eine Inventur und nachfolgend eine Verbesserung der Ausstattung vornehmen. Auf Intensivstationen erreichen die Teilnehmer nach Intervention eine durchschnittliche Spenderausstattung von 119%, auf NichtIntensivstationen beträgt die Spenderausstattung nun 96%. Darüber hinaus hat die ASH den Gebrauch von mobilen Spendern und Kitteltaschenflaschen intensiv vor allem in den Bereichen beworben, in denen eine ausreichende Ausstattung mit Wandspendern nicht erreicht werden kann.

Tabelle 1

Messmethoden Die ASH hat in Deutschland zwei Messmethoden zur Charakterisierung des Händedesinfektionsverhaltens etabliert: indirekte Methode durch Messung des Verbrauchs an Händedesinfektionsmittel sowie eine direkte Methode durch Compliance-Beobachtung. Für die Messung des Händedesinfektionsmittelverbrauchs wurde im Rahmen des Nationalen Referenzzentrums für die Surveillance nosokomialer Infektionen (KISS) ein neues Modul entwickelt (HAND-KISS) sowie eine nationale Datenbank zur Erfassung von Compliancedaten etabliert. Händedesinfektionsmittelverbrauch Die Module HAND-KISS S, P, F und Ambu erfassen den Verbrauch an Händedesinfektionsmittel pro Einheit, Jahr und Patiententag bzw. Behandlung. Auf der Grundlage der eingegebenen Daten werden jährlich Referenzdaten kalkuliert, die eine Einordnung der individuellen Ergebnisse mit vergleichbaren Stationen erlauben. Im Jahr 2012 haben 909 Intensivstationen aus 531 Krankenhäusern sowie 5788 Nicht-Intensivstationen aus 622 Krankenhäusern Daten in das HAND-KISS S Modul eingegeben. 139 Krankenhäuser haben kontinuierlich Verbrauchsdaten in den Jahren 2007 bis 2012 erhoben und einen medianen Anstieg im Verbrauch von 61% erreicht (siehe Tabelle 1). Compliancebeobachtung Die ASH hat die von der WHO entwickelte Beobachtungsmethode, welche auf dem Indikationsmodell ,,My 5 Moments of Hand Hygiene‘‘ beruht, in Deutschland etabliert. Bisher wurden über 475800 beobachtete Händedesinfektionsgelegenheiten in die Datenbank eingegeben. Vor 2008 gab es keine routinemäßigen Beobachtungen zur Erfassung der Händedesinfektionscompliance. Obwohl die Durchführung der Beobachtung eine freiwillige Maßnahme darstellt, geben über 250 Krankenhäuser regelmäßig Daten in das System ein. Insgesamt wurde auf den beobachteten Stationen eine durchschnittliche Steigerung der Compliance um 11% auf Intensivstationen und um 9% auf Nicht-Intensivstationen erreicht (siehe Abbildung 1). Die Unterschiede zwischen den beobachteten Stationen sind je nach Einrichtung und Ausgangssituation jedoch beträchtlich.

Zertifikat Die ASH hat im Juni 2011 ein Zertifikat für Krankenhäuser veröffentlicht, um die erreichten Ergebnisse sichtbar zu machen und um evtl. weitere Verbesserungen voran zu

Anstieg des Händedesinfektionsmittelverbrauchs in 139 Krankenhäusern die Daten von 2007 bis 2012 erhoben haben.

N Krankenhäuser

N Stationen

Verbrauch 2007 Median (ml/PT1 )

Verbrauch 2012 Median (ml/PT1 )

Anstieg im Median (ml/PT1 )

Anstieg im Median in %

139

1332

18

28

10

61

1

PT = Patiententag.

Literatur und Rezensionen: Andrea Pauli: Risikomanagement und CIRS als Gegenstand der Krankenhaushaftung

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Zusammenfassung

in der Infektionspräventionsmaßnahmen einen festen Platz einnehmen, zu erzielen. Besonderer Augenmerk muss daher zukünftig in Aus- und Weiterbildung auf unsere jungen Kollegen gelegt werden.

Der Kampagne ist es gelungen, die hygienische Händedesinfektion und ihre Bedeutung bei der Prävention von Gesundheitswesen assoziierten Infektionen als Qualitätsparameter in der Patientenversorgung zu etablieren. Mit dem Aufbau der beiden Messinstrumente sind die Voraussetzungen geschaffen, dass diese Maßnahme auch langfristig als Qualitätsstandard erhalten bleibt. Das von der ASH für Deutschland weiterentwickelte mulitmodale Interventionsprogramm führt bei konsequenter Umsetzung zu einer verbesserten Compliance. Es ist noch nicht gelungen, den gewünschten Kulturwandel hin zu einer Sicherheitskultur,

Abbildung 1 Beobachtete Compliance auf 73 Intensivstationen und 175 Nicht-Intensivstationen vor und nach Intervention.

treiben. Seit Einführung des Zertifikates hat die ASH 134 Zertifikate in Bronze, 131 in Silber und 34 Gold vergeben.

Andrea Pauli: Risikomanagement und CIRS als Gegenstand der Krankenhaushaftung

Das Patientenrechtegesetz vom Februar 2013 definiert Regelungen zu Risikomanagement und Fehlermeldesystemen, auch Critical Incident Reporting-Systeme (CIRS), im Krankenhaus. Diese werden durch eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses im Februar 2014 konkretisiert. In diesem Kontext ist die Publikation von Pauli von hoher praktischer Relevanz: Pauli zeigt aus haftungsrechtlicher Perspektive welche Rechtsgrundlagen für den Krankenhausträger bei der Einführung und dem Betrieb von klinischem Risikomanagement und insbesondere bei Critical Incident Reporting-Systemen wichtig sind. Sie legt anhand von Beispielen, wie z. B. dem Einsatz von übermüdeten Mitarbeitern, die möglichen Konsequenzen einer Pflichtverletzung für die Organisationsverantwortlichen

dar. Zudem nimmt sie eine haftungsrechtliche Bewertung von diversen Maßnahmen der Risikobewältigung bzw. -steuerung des Klinikalltags vor. Zum Beispiel: Standards, Anweisungen, Checklisten und klinische Behandlungspfade. Das Buch ist verständlich geschrieben und gibt einen Überblick über haftungsrechtliche Grundlagen bei der Arbeit mit Risikomanagement und CIRS im Krankenhaus. Es richtet sich demnach an Personen der Managementebene in Kliniken sowie an alle Personen, die mit Risikomanagement bzw. CIRS arbeiten und mehr über die rechtlichen Hintergründe wissen möchten. Autorin: Andrea Pauli Verlag: Nomos Jahr: 2013 Seitenanzahl: 302 Seiten

ZEFQ-SERVICE: LITERATUR UND REZENSIONEN Sprache: deutsch Reihe/Serie: Gesundheitsrecht und Gesundheitswissenschaften, Band 24 Herausgeber: Badura B/Engelmann K/Hart D/Raspe H Produktart: Taschenbuch/Softcover ISBN/EAN: 978-3-8487-0443-9 Korrespondenzadresse: Christina Gunkel Diplom-Pflegewirtin (FH) Bereich Patientensicherheit Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) Gemeinsames Institut von BÄK und KBV TiergartenTower, Straße des 17. Juni 106-108 10623 Berlin Tel: 030-4005-2520 Fax: 030-4005-2555 Email: [email protected]

[6 years "Clean Hands Action" - what have we achieved?].

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