Instrumente und Geräte 477
Eine neue weiche Kontaktlinse aus einem Zweikomponenten-Silikon M. Dreifus
Zusammenfassung Silikonlinsen, die sich durch eine flexible Elastizität auszeichnen, wurden vor den HEMA Linsen als Patent angemeldet, ohne dalI praktische Erfahrungen vorhanden waren. Gunstige klinische Prtifungen
sind lange Zeit ausgeblieben. Nach vorklinischen Versuchen mit neuen additionsvernetzten Silikonen und einer neuen hydrophilen Beschichtung der Linsenoberflächen, wurden klinische Beurteilungen in Anlehnung an die Richtlinien der amerikanischen Gesundheitsbehorde (FDA) durchgefUhrt. An diesen Testen beteilig-
Linsen geformt und angepallt. Die Physiologie der Augenoberflche und geeignete Linsengeometrien wurden nicht beachtet. Ablagerungen von Lipiden wurden unterschätzt und die gefurchtete Ansaugetendenz verschwiegen. Damals waren die physikalisch-chemischen Voraussetzungen fur einen kontinuierlichen Tränenfilm an der Vorder- und Hinterflache der nicht wasserhaltigen weichen Linse noch nicht gegeben. Silikonlinsen waren demnach em viertel Jahrhundert im klinischen Niemandsiand, bis sie von der
Registrierung als Patent zur klinischen Erprobung nach den Richtlinien der amerikanischen Gesundheitsbehorde (FDA) gereift waren.
ten sich Kontaktlinsenzentren in Deutschland und in der Schweiz. Die statistische Auswertung von 233 Probanden am Testende wird mittels EDV erfal3t.
A New Soft Contactlens of two Components Silicon Silicon lenses, noted for their flexible
elasticity, were submitted for patent registration prior to HEMA lenses, and before practical experience was available. Favorable clinical trials remained undone for a long time. After preclinical tests with additively moistened silicons and a new hydrophilic coating, clinical evaluation was contucted in accordance with the guidelines of the american health authorities (FDA). Contact-lens centers in Germany and Switzerland participated in these tests. Statistical analysis was done on the results from 233 test-persons.
Einleitung
Als Zeitzeuge der Entstehung der weichen Kontaktlinse, sei mir als Einleitung em kurzer historischer Abrill erlaubt. Ende 1950 lieJ3 sich W. E. Becker fur Muller-Welt, Contact lenses Inc. USA, die erste weiche Silikonlinse als Patent registrieren. Wahrscheinlich woilte er damit das Verdienst in Anspruch nehmen, als Ersterfinder einer weichen Kontaktlinse in die Annalen der Medizingeschichte einzugehen. Aber manchmal bestraft das Leben den Voreiligen. Muller-Welt schwebte eine rein mechanisch-physikalische Anwendung vor, mit einem reillfesten, straff-elastischen Material, das einer Kontaktlinse zugute kommen konnte. Die Linsen wurden wie damalige harte
Patientengut Mit weichen neu entwickelten Silikonlinsen von Wohik in Kiel als Lizenz-Partner der Bayer A. G. in Leverkusen befassen wir uns seit 1987 in der Augenpoliklinik des Universitatsspitals in Zurich und in der Praxis. In einer Vorstudie mit 27 Patienten konnten zunachst unberechtigte Vorurteile tibet weiche Silikonlinsen ausgeräumt werden. Die Vorurteile stammen aus einer Zeit, in der Hersteller ihre Produktion einstellten und Augenärzte die Nachteile dieser Linsen eher uberbewerteten, auch in ihren wissenschaftlichen Verlautbarungen.
In der darauffolgenden Hauptstudie mit 53 Patienten erwarteten wir, dalI durch Verfeinerung der Herstellung die gleiche subjektive Toleranz wie bei hydrophilen Linsen erreicht wird. Diese wird treffend charakterisiert im Ausspruch der Patienten: Ich habe weiche Linsen ohne Probleme tragen kOnnen." Das kOnnte zutreffen, weil die Gewohnung an die Mechanik der hydrophilen Linsen wegfallt, aber dafur eine alizu grolle Pulferkapazitat gegenuber Anpallfehiern und Folgen b]eibt. Patienten, die keine Kontaktlinsenerfahrungen haben, akzeptieren sie gut, ebenso diejenigen, die harte Linsen schon getragen haben. Schuld an diesen mechanischen Problemen ist eine herstellungstechnisch bedingte Trennungszone an tier huf3eren Silikonlinsenoberflache.
A npaJitechnik
Die Anpassung erfordert em prazises Vorgehen. Die erste Probelinse mull genugend flach scm. Weiche Kontaktlinsen bedecken die Randzonen tier Hornhaut, deren KrUmmung das Ophthalmometer nicht erfallt. Die Abschatzung der Scheiteltiefe der Hornhaut kann die Wahi des Linsendurchmessers beeinflussen. Wahrend der Kontrolluntersuchungen sollen die Silikonlinsen mindestens 6 Stunden zuvor im Auge sein. Der Trllnenfilm und seine Funktion unter der Kontaktlinse mull erhalten bleiben. Verihuft die Verdunnung des Fluoresceins zu langsam, dauert sie z. B. langer als 21/2 Minuten, solite die Kontaktlinse unbedingt ausgetauscht werden. Optische Probleme gibt es nicht, em irre-
gularer Astigmatismus der Hornhaut wird in einen regularen Kiln. MbI. Augenheilk. 198 (1991) 477—479
t99 F. Enke Verlag Stuttgart
problemlos verwandelt.
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Zurich
K/in. Mb!. Augenheilk. 198 (1991) Nach einer kurzen EingewOhnungszeit werden in der Regel keine Belastungen des Hornhautstoffwechsels mit Irritationen der am Limbus zirkularen Bindehaut erwartet. Das gi]t fur Tageslinsen; beim verlangerten Tragen von optischen Silikonlinsen ist die Situation noch nicht voilkommen erforscht. Die Sauerstoffdurchlassigkeit st nicht allein ausschlaggebend. Im geschiossenen Auge kOnnen sich Warmestauungen auf die Stoffwechselvorgange negativ auswirken.
M. Dreifus Ergebnisse Die Ergebnisbewertung mit 268 Probanden von 7 Augenarzten in Universitatsstädten wurden mittels EDV aus klinischen Untersuchungen unter standardisierten Bedingungen erfaBt.
k.A.
Abb. 3 45% der Probanden trugen die Kontaktlinsen am Ende der Studie 11 bis 14 Stunden taglich. Bei 3% waren hingegen keine Angaben mOglich. Ablagerungen oder Beschäd,gungen der Silikonoberfldcbe zeigen eine bemerkenswerte Ver-
Abb. 1
Die statistisohe Auswertung aus dam Institut tü medizinische Sehhilfen in Wetzlar, BRD, in den einzelnen KontaktIinsenzentren am Beginn der klinischen PrUfung und am Testende, wo 35 Probanden ausgesohieden sind
Abb. 2 Der Schwerpunkt der Hdufigkeitsverteilung des Probandenkollektivs verschiebt sich zu GLinsten der Frauen und
22- b's 3ljahrigen.
besserung -
Abb. 4 Die subjektiven Angaben der Probanden sind auf em 8% Niveau reduziert und betreffen hauptsdcblich diejenigen, die vorher weiche hydrophile Linsen getragen haben. Das Ubertragen der Linsen, hydrophobe Areale an der Oberfldche oder verschiedenste Ursachen zwingen zum Austausch
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Eine neue weiche Kontakt/inse aus einem Zweikomponenten-Silikon
K/in. Mb!. A ugenheilk. 198 (1991) 479
Literatur
Diskussion und Konklusion
Bei der Diskussion tiber weiche Silikonlin- Becker, W. E.: Silicon Kontaktlinsen, US Patent Nr. 834752 und (1959) sen mul3 festgestellt werden, daB Kontaktlinsenspeziali- 3.228741 Danker, F. J.: Silicon update; Vortrag auf dem 7. Intern. med. Contact sten fast ausnahmslos gegenuber diesem Kontaktlinsentyp Lens Symposium in Singapore l5.—17. Mhrz (1990) einen gewissen Respekt zeigen. Die hauchdunne Hydro- Dreifus, M., B. Schirnmelpfennig: The thermal Properties of the Rabbit philisierung der Silikonoberfläche mul) lang erhalten blei- Cornea in Contact Lens Wear; Contactologia 12 (1990) 60-62
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Dr. med. M. Dre,fus HegibachstraBe 64 CH-8032 Zurich
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Opt. Ztg. 31(1976) 4—IS
SchluJibetrachtung: Kontaktlinsen können Geyer, 0. Cli.: 1-larte Kontaktlinsen aus einer Polymerlegierung, TierexPrufung nach den Richtlinien der amerikanischen Aufsichtsim aligemeinen groBere Moglichkeiten bieten, als sogar perimentelle behOrde (FDA) manche Augenarzte annehmen. Ich erinnere an die kurati- Grube, J.: Zu den Belagen bei Silikon-Kontaktlinsen; Contactologia 2 yen Weichlinsensysteme, die in vielen Fallen eine Ergan- (1980) 299—300 zung zur konservativen Therapie sein konnen. Durch Ban- Kilp, H., W. Konen, A. Peizer: Erfahrungen mit kurativen Weichlinsen —