Int Arch Occup Environ Hlth 36,183-195

(1976)

© by Springer-Verlag 1976

Aktivierungsverhalten bei sensumotorischer Regeltatigkeit in Abhangigkeit von der Leistung G SCHREINICKE und K SCHEUCH Lehrstuhl fr Arbeitshygiene (MR Prof Dr sc med E Springer) am Bereich Medizin der Karl-Marx-Universitat, Leipzig Eingegangen am 11

Juni 1975 / Angenommen am 11

September 1975

Activation Behavior in a Compensatory Tracking Task in Relation to Performance Summary

Forty subjects participated in a compensatory tracking test The subjects were divided into 2 groups relative to performance, and the activation behavior in these 2 groups was examined Results showed that heart and respiratory rates were significantly higher in the group with better tracking performance

The variations in heart rate were diminished

in the group with the worse performance

The indicators of activation

(heart rate, respiratory rate) were distinctly increased in each first minute of the task

The difficulty of the task was reflected better by

heart rate than by respiratory rate. A negative correlation between tracking performance and heart rate in the group with worse tracking performance was found a positive correlation was found

In the better group

The correlation was significant only

in 3 parts of the test program in the group with worse performance. The results are discussed and conclusions for psychophysiological aptitude judgments are derived. Key words: Heart rate

Respiratory rate

Tracking performance

Vigil-

ance. Zusammenfassung

Mit 40 Versuchspersonen wurde Kompensationstracking

durchgefihrt

Anhand des Leistungsparameters Regelfehler wurden 2 Gruppen gebildet, bei denen untersucht wurde, ob sie sich im Aktivierungsverhal-

ten unterscheiden Es wurde gefunden, da B die Herzfrequenz und Atemfrequenzsteigerungen in allen Versuchsabschnitten bei der Gruppe mit guter Trackingleistung signifikant hher waren

Die Streuung der Herzfrequenz

war bei der schlechten Gruppe geringer. Die Aktivierungsvariablen Herz und Atemfrequenz unterscheiden sich am deutlichsten in der jeweils ersten Belastungsminute der Versuchsabschnitte, dabei spiegelt die Herzfrequenz die Aufgabenschwierigkeit besser wider als die Atemfrequenz. Die Untersuchung der Korrelation zwischen dem Leistungsparameter Regelfehler und Herzfrequenzanstieg ergibt bei der Gruppe mit schlechterer

183

Trackingleistung immer negative Werte fr r, die in 3 Belastungsabschnitten signifikant sind

Bei der Gruppe mit guter Trackingleistung besteht

eine positive Korrelation zwischen Herzfrequenzanstieg und Regelfehler bei geringerer statistischer Sicherheit. Die Ergebnisse werden diskutiert und SchluBfolgerungen fr die psychophysiologische Eignungsbeurteilung werden abgeleitet. Schlisselw6rter: Herzfrequenz vitatszustand.

1

Atemfrequenz

Trackingleistung

Akti-

EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG

Die Untersuchung der Beziehung zwischen dem Aktivitatszustand ber den biologischen und einer Testleistung gibt Auskunft Aufwand, der zum Erbringen einer bestimmten Leistung erforderlich ist Seit einiger Zeit versucht man, die Ergebnisse solcher Untersuchungen fir eignungsdiagnostische Aussagen bei Uberwachungs-, Steuer und Rebestimmten Ttigkeiten (z B Hiermit sollen solche geltatigkeiten) zu nutzen l21,24,29l Personen gefunden werden, die eine optimale Aufgabenerfullung Im Sinne bei vertretbarem physiologischen Aufwand erbringen der Aktivierungstheorie l1,22l sind solche Personen geringer beansprucht als jene, die die gleiche Leistung bei hherer Aktivierung, also mit hohem biologischen Aufwand, erbringen. Dieser Aspekt der Eignungsdiagnostik gewinnt unserer Auffassung nach zunehmend an Bedeutung, da nachgewiesen werden konnte, da B bei Vorliegen einer gestorten Organismus-Umwelt-Adaptation (z B im Arbeitsproze B) zunachst zerebro-viszerale Dysregulationen auftreten, die sich zu sogenannten AdaptationsHier drfte auch krankheiten manifestieren knnen l2,3,7,81 eine Ursache fr die in den letzten Jahren besonders in den mittleren Lebensjahren angestiegenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Neurosen zu suchen sein l 2,3,9l, wobei sicher ist, da B es sich hierbei um ein multifaktorielles Geschehen handelt. Will man psychophysiologische Eignungsuntersuchungen unter dem genannten Aspekt durchfuhren, so setzt das voraus, da B die Zusammenhange zwischen dem Erbringen einer Leistung und dem Aktivitatszustand hinreichend bekannt sind l10,21,241. In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob sich leistungsverschiedene Probandengruppen beim Kompensationstracking auch im Aktivierungsverhalten unterscheiden Es sollen dabei folgende Fragen beantwortet werden: Lassen sich unterschiedliche Aktivierungsniveaus in den beiden leistungsverschiedenen Gruppen nachweisen? Gibt es statistisch gesicherte Beziehungen zwischen den Aktivierungsvariablen und dem Leistungsparameter Regelfehler?

184

Abb 1 Prinzipschaltbild der Versuchsanordnung zur Durchfuhrung des Kompensationstracking

Spiegeln Veranderungen der Aktivierungsvariablen Herz und Atemfrequenz die Aufgabenschwierigkeit objektiv wider?

2

MATERIAL UND METHODE

Mit 40 Versuchspersonen (Vpn) eines Alters von 22-35 Jahren (Mitarbeiter eines wissenschaftlichen Forschungsinstituts, 18 Frauen, 22 Mnner) fhrten wir jeweils zur gleichen Tageszeit Kompensationstracking durch Das Blockschaltbild der Versuchsanordnung zeigt Abb 1 Eine detaillierte Beschreibung der von uns entwickelten Anlage erfolgte bereits l23l und soll hier nicht noch einmal erlautert werden. Die Vpn sa Ben bequem vor einem Sichtgerat in einem m Big erleuchteten Raum und hatten die Aufgabe, mit einem bzw. zeitweilig auch mit zwei Drehknopfen einen Lichtpunkt so zu steuern, da B er mglichst genau auf einer vorgegebenen Stelle des Bildschirmes gehalten wurde Die Vpn waren einheitlich zur Erbringung einer maximalen Leistung durch Instruktion motiviert worden. Das Trackingprogramm bestand aus 5 Abschnitten, jeder Abschnitt dauerte 3 min Diese Abschnitte wurden den Vpn nacheinander ohne Zwischenschaltung einer Pause dargeboten Die Programmabschnitte enthielten unterschiedliche sensumotorische Anforderungen Programmteil I bestand aus Rechtecksprungen einer Folgefrequenz von 0,1 Hz Diese Sprunge mu Bten durch Regelbewegungen mit der rechten Hand kompensiert werden Programmteil II enthielt Sinusschwingungen einer Frequenz von 0,1 Hz, Programmteil III Sinusschwingungen von 0,2 Hz und Teil IV Sinusschwingungen von 0,3 Hz Die Sinusschwingungen mu Bten durch Regelbewegungen mit der linken Hand kom-

185

pensiert werden Der Programmabschnitt V erforderte beidhandiges Kompensationstracking Hierbei mu Bten mit der rechten Hand Rechtecksprunge einer Folgefrequenz von 0,2 Hz und mit der linken Hand gleichzeitig Sinusschwingungen von 0,3 Hz (stochastische Amplitudenverteilung) kompensiert werden Die Abweichungen der von den Vpn gebildeten Nachfuhrfunktion von der Fhrungsfunktion wurden in 10-sec-Intervallen als Fehlerintegral digital erfaBt Bei der Auswertung erfolgte eine Verdichtung zu Minutenwerten Die Fehlerbetrage bei beidhandiger Regelung (im Versuchsabschnitt V) wurden zu jeweils einem Gesamtwert zusammengefaBt. Herz und Atemfrequenz wurden ber die gesamte Versuchszeit auf Papierschreiber erfa Bt Die Ermittlung der Herzfrequenz erfolgte aus den R-Zacken des EKG, das ber eine Brustwandelektrode abgeleitet wurde Die Bestimmung der Atemfrequenz erfolgte aus den Thoraxbewegungen, die mittels Dehnme Bstreifen erfa Bt wurden Die Herz und Atemfrequenzwerte wurden in 30-sec-Intervallen ausgewertet, in Minutenwerte umgerechnet und als sogenannte Arbeitspulse bzw Arbeitsatemzuge auf die Ausgangswerte bezogen Als Ausgangswerte dienten die Ruhewerte nach dem Versuch, da sich diese nach unseren Erfahrungen als am besten geeignet erwiesen. Die Vpn wurden anhand ihres mittleren Regelfehlers nach einer Rangfolge geordnet und in 2 Gruppen eingeteilt, die jeweils 15 Vpn enthielten Die Gruppe A enthielt die Vpn mit guter Regelleistung, also niedrigeren Regelfehlern, whrend die Gruppe B die schlechten enthielt 10 Vpn mit mittelma Biger bzw schwankender Leistung gingen nicht in die Auswertung im Rahmen dieser Arbeit ein. Die Berechnung der statistischen MaBzahlen (Mittelwerte, Streuung des Mittelwertes), die Signifikanzprufung (t-Test nach Student) sowie die einfache Korrelation und Regression wurden maschinell durchgef Uhrt.

3

ERGEBNISSE

3.1 Leistung Da der Leistungsparameter Regelfehler zur Gruppenbildung benutzt wurde, war Voraussetzung, da B zwischen beiden Versuchsgruppen in allen Versuchsabschnitten signifikante Unterschiede bestanden Die Unterschiede zwischen den Abschnitten I und II beider Gruppen liegen auf einem Niveau von 5% Vom Abschnitt III an besteht ein signifikanter Unterschied auf dem Niveau von 1% Abb 2 zeigt den Verlauf des Regelfehlers in den beiden Versuchsgruppen Bei der Gruppe A sind die Regel-

186

- A 1000

I

i

II

I

m

I Iv

t800 i

l/V

I

j-/

Abb 2 Verlauf des Regelfehlers beider Gruppen (die untere Kurve zeigt Gruppe A, die obere Gruppe B)

600 i

'400

0

2

4

6

8

10

12

1L

min

V voneinander signifikant fehler der Versuchsabschnitte I verschieden Die Unterschiede zwischen dem Abschnitt I und II liegen auf dem 5%-Niveau, vom Abschnitt III an liegen sie auf dem 1%-Niveau Bei der Gruppe B unterscheiden sich die Versuchsabschnitte I und II nicht signifikant voneinander. Zwischen den anderen Versuchsabschnitten bestehen auch signifikante Unterschiede auf dem 1%-Niveau Die Werte jedes Versuchsabschnittes korrelieren in beiden Gruppen signifikant miteinander.

3.2

Arbeitspulse und ArbeitsatemzUge

Die Herzfrequenzsteigerungen der Gruppe A (Abb 3a) liegen zu Beginn in den Versuchsabschnitten I, II, III und V signifiber denen der Gruppe B (Abb 3b). kant (P < 0,01) Im Abschnitt IV besteht kein signifikanter Unterschied Die h6 chsten Steigerungen werden bei beiden Gruppen in der ersten Minute des Versuchsabschnittes V erreicht Die Herzfrequenzsteigerungen zeigen bei der Gruppe A in allen Versuchsabschnitten, au Ber im Abschnitt IV, im Versuchsverlauf eine fallende Tendenz Nach einem initialen Anstieg erfolgt ein Abfall in der zweiten und dritten Minute des Versuchsabschnitts Bei der Gruppe B lRBt sich ein solcher Verlauf nicht erkennen. Tabelle 1 gibt jeweils die Arbeitspulse (30-sec-Werte) der V beider Grupersten Minute in den Versuchsabschnitten I pen wieder Hier lassen sich signifikante Unterschiede auch innerhalb der Gruppen nachweisen (P < 0,05) Keine signifikanten Unterschiede bestehen bei beiden Gruppen zwischen den Versuchsabschnitten II und IV sowie II und V Die Arbeitspulse der ersten Minute zeigen bei der Gruppe A von VersuchsabV eine steigende Tendenz Der Versuchsabschnitt schnitt I IV fllt allerdings hierbei heraus.

187

10

-1

m

I

V

V

c

E a, c U,

C

I

2

0

min

4

6

8

10

12 1L min

b

a Abb 3

2

(a) Arbeitspulse der Gruppe A

(b) Arbeitspulse der Gruppe B

Tabelle 1 Arbeitspulse (30-sec-Werte) der ersten Minute in den verschiedenen Versuchsabschnitten Abschnitt

Gruppe B

Gruppe A x

x

s

I

II

III

IV

V

sx

x

4,13

0,55

2,26

0,45

3,46

0,77

1,73

0,29

6,40

1,26

3,20

0,41

5,06

0,90

3,20

0,44

8,00

1,67

5,86

0,62

8,00

0,72

5,73

0,64

6,26

1,36

3,13

0,44

5,60

1,26

3,84

0,43

8,93 8,00

2,66 1,98

6,00 5,20

0,87 0,60

Die Streuung der Mittelwerte der Arbeitspulse ist bei Gruppe A in allen Abschnitten hher als bei Gruppe B Die Atemfrequenzsteigerungen sind auch in allen Versuchsabschnitten zwischen beiden Gruppen signifikant (P < 0,01) verschieden (Abb 4) Die Atemfrequenzsteigerungen liegen bei der Gruppe A ebenfalls wie die Herzfrequenzsteigerungen in allen Versuchsabschnitten hher als bei Gruppe B Die h6 chsten Werte werden auch hier im Versuchsabschnitt V erreicht Die Atemfrequenzsteigerungen zeigen innerhalb der Versuchsabschnitte ein nahezu konstantes Niveau Tabelle 2 gibt die Arbeitsatemz Uge (30sec-Werte in der ersten Minute aller Versuchsabschnitte wieder. 188

Abb 4

V I

Iv,

m

I

II

Arbeitsatemzuge beider Gruppen (die untere Kurve zeigt Gruppe B, die obere Gruppe A

2 I

0

2

L

/4

I

I

I

6

8

10

I

I

12

14

min

Tabelle 2 Arbeitsatemzuge (30-sec-Werte) der ersten Minute in den verschiedenen Versuchsabschnitten Abschnitt

Gruppe B

Gruppe A x

x

sx

x

3,30

0,44 0,19

1,68 1,36

0,24 0,18

5,47

0,19

3,76

0,39

5,08

0,21

3,87

0,52

5,38 5,71

0,44 0,36

3,92

0,50

3,38

0,42

IV

5,25 5,00

0,36 0,46

2,04 2,75

0,23 0,39

V

6,58 6,35

0,34 0,40

3,65 4,66

0,42 0,35

I

II

III

3,49

Bei Gruppe A finden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Atemfrequenzsteigerungen der Versuchsabschnitte II und III, II und IV sowie III und IV Bei Gruppe B besteht keine Signifikanz zwischen Versuchsabschnitt II und III, II Die Streuung der Mittelwerte ist hier und V sowie III und V bei Gruppe A geringer. Die Untersuchung der Korrelation zwischen Arbeitspulsen und Arbeitsatemz Ugen ergab in beiden Gruppen keine signifikanten Werte, wobei r in der Gruppe A stets hhere Werte erreichte.

189

Tabelle 3 Korrelationskoeffizienten zwischen Arbeitspulsen und Regelfehler Abschnitt

Gruppe A

Gruppe B

I

0,630

(P < 0,01)

-0,285 (n s )

II

0,316

(n s )

-0,731

(P < 0,01)

III

0,347

(n s )

-0,799

(P < 0,01)

IV

0,200 (n s )

-o,588

(P < 0,01)

V

0,482

-0,304

(n s )

(n s )

Tabelle 4 Korrelationskoeffizienten zwischen Arbeitsatemzfgen und Regelfehler Abschnitt

Gruppe A

Gruppe B

I

0,401

(n s )

0,321 (n s )

II

0,456 (n s )

-0,349 (n s )

III

-0,376 (n s )

0,134 (n s )

IV

-0,439 (n s )

0,428

V

0,379

(n s )

(n s )

0,309 (n s )

3.3 Korrelation zwischen Aktivierungsvariablen und Regelfehler In Tabelle 3 sind die Korrelationskoeffizienten zwischen den Arbeitspulsen und dem Regelfehler dargestellt Es besteht in der Gruppe A stets eine positive Korrelation, wobei Signifikanz nur im Versuchsabschnitt I nachweisbar ist Bei Gruppe B findet sich eine negative Korrelation, die in den Versuchsabschnitten II, III und IV signifikant ist. Die Korrelationskoeffizienten zwischen den ArbeitsatemzUgen und dem Regelfehler zeigt Tabelle 4 Es l Bt sich hierbei keine Signifikanz nachweisen, insgesamt sind alle Korrelationskoeffizienten der Gruppe A etwas hher als die der Gruppe B.

4

DISKUSSION DER ERGEBNISSE

Die Ergebnisse zeigen zundchst, daB Aktivierungsunterschiede zwischen den beiden untersuchten Gruppen vorliegen Die Arbeitspulse und Arbeitsatemz Uge sind bei der Gruppe mit besse-

190

rer Leistung (A) signifikant hher als bei der schlechteren Gruppe (B) Dieser hhere Anstieg von Herz und Atemfrequenz bei der Gruppe A ist dabei nicht durch einen erh6hten motorischen Aufwand bedingt, denn dieser war bei der Gruppe B durch Fehlsteuerungen hher Au Berdem lie Be sich damit der Abfall der Arbeitspulse im Versuchsabschnitt IV (0,3 Hz Sinus) nicht erklaren Die erhohten Arbeitspulse und Arbeitsatemz Uge bei Gruppe A weisen auf eine hhere Aktivierung hin Ahnliche Ergebnisse fanden auch Strasser & Mller-Limmroth l28,29l, die durch Gabe zentral aktivierender Pharmaka bei alteren Probanden Leistungsverbesserungen bei Trackingaufgaben nachweisen konnten Diese Leistungsverbesserungen gingen auch mit Herz19l beschreifrequenzsteigerungen einher Rutenfranz et al ben ebenfalls Pulsfrequenzerhohungen durch Bekanntgabe der Lernresultate, die auch mit einer Leistungsverbesserung einhergehen Sie fhren diese Pulsfrequenzerhohungen auf emotionale Einfl Usse zuruck Die Beziehung zwischen einer zunehmenden Aktivierung und gleichzeitiger Leistungsverbesserung ware Unter Beauch nach der inverted-U-Hypothese l30 l erklarbar ricksichtigung der erbrachten Leistung muB man annehmen, da B es bei Gruppe A offenbar zur Einstellung eines zum Erbringen der Testleistung optimalen Aktivitatszustandes kommt, wogegen die niedrigere Aktivierung bei Gruppe B U rsache fr das schlechtere Leistungsverhalten sein drfte. Wenn man davon ausgeht, da B die Anforderungen von ProgrammV zunehmen, m Bte sich das nach der Aktivieabschnitt I rungstheorie auch in einer Veranderung der Aktivierungsvariablen dokumentieren l1,13,22 l Die unterschiedliche Aufgabenschwierigkeit spiegeln die Aktivierungsvariablen aber nur mangelhaft wider Die niedrigsten Arbeitspulse und ArbeitsatemzUge finden sich im Versuchsabschnitt I Hier liegt offensichtlich auch die niedrigste Aufgabenschwierigkeit vor Es erfolgt hier nur eine intermittierende Regelung, whrend in den Versuchsabschnitten II V durch eine kontinuierliche Regelung hhere Anforderungen bestehen Die geringen Niveauunterschiede bei den Aktivierungsvariablen in den einzelnen Versuchsabschnitten knnen natirlich auch dadurch bedingt sein, da B die Aufgabenschwierigkeit der Versuchsabschnitte zu gering voneinander verschieden ist, so da B sie sich nicht deutlich in den Veranderungen der Aktivierungsvariablen widerspiegeln Andererseits ist Luczak 15 l der Meinung, daB signifikante Anderungen der Herzfrequenz bei informatorischer Belastung nur auftreten, wenn die Vqrsuchsbedingungen auch starke emotionale Komponenten (z B Zeitdruck mit haufigen Fehlleistungen) beinhalten Er fand, da B die Anderung der Herzfrequenz zwischen Ruhe und Belastung jeweils numerisch gra Ber als diejenige zwischen den Belastungsstufen ist.

191

Bei der Herzfrequenz zeigen sich in der Gruppe A signifikante Unterschiede zumindest in der ersten Versuchsminute der Abschnitte I,II,III und V Die initialen Anstiege der Herzfrequenz sinken dann in der 2 und 3 Minute jedes Versuchsabschnittes wieder ab Dieses Verhalten der Herzfrequenz ist wahrscheinlich dadurch bedingt, da B zundchst eine berhohte Aktivierung vorliegt, die sich im Verlauf des Versuchsabschnitts auf ein fr das Erbringen der Leistung erforderliche Niveau anpa Bt l15l Einen Abfall der Herzfrequenz im Versuchs19l bei sensumoverlauf beschreiben auch Rutenfranz et al torischen Lernprozessen sowie Naumann & Richter 18 l beim Lsen von Rechenaufgaben und beim Lsen von Aufgaben im FigureReasoning-Test. Bei der Gruppe B sind die Arbeitspulsfrequenzsteigerungen zu Beginn jedes Versuchsabschnittes geringer Der hhere Anstieg der Herzfrequenz bei Gruppe A kann unter dem Regulationsaspekt als Zeichen einer hheren Adaptationsfdhigkeit interpretiert werden l8l Der Abfall der Herzfrequenz im Versuchsabschnitt IV bei Gruppe A ist sicher dadurch bedingt, da B beim Kompensationstracking der Sinusschwingungen von 0,3 Hz ein gro Ber Teil der Afferenzen antizipierbar ist und ein Teil der Regelbewegungen vorwiegend unter propriozeptiver Das visuelle Regulationssystem der HandmoFUhrung verlauft torik scheint hierbei eine untergeordnetere Rolle als bei Regelbewegungen im Bereich von 0,1 und 0,2 Hz zu spielen Der Abfall der Arbeitspulse deutet also auf eine geringere Aktivierung infolge geringerer Aufgabenschwierigkeit im Versuchsabschnitt IV hin Weitere Untersuchungen zur Klrung dieser Zusammenhange werden z Z von uns durchgef Uhrt. Die Gruppe A ist offenbar durch eine optimalere Aktivierung beim Tracking auch geringer beansprucht als die Gruppe B. Ausdruck hierfur ist die hhere Streuung des Mittelwertes der Arbeitspulse bei der Gruppe A Die geringere Streuung der Arbeitspulse in der Gruppe B mu B als Ausdruck einer hheren Beanspruchung gewertet werden, denn eine Abnahme der Herzfrequenzarrhythmie ist als Beanspruchungsparameter bei psychischer Belastung bereits von verschiedenen Autoren beschrieben worden 4,5,6,12 l Bei Trackingaufgaben wurde dieses Verhalten auch von Strasser l27l als Beanspruchungsmerkmal nachgewiesen. Die Arbeitsatemz Uge lassen eine Differenzierung der Aufgabenschwierigkeit noch weniger zu als die Arbeitspulse Lediglich die signifikante Steigerung im Abschnitt V deutet auf eine hohe Aktivierung hin Atemfrequenzveranderungen als Vigilanzparameter sind bekannt, aber noch nicht so umfassend So fanuntersucht worden wie das Verhalten der Herzfrequenz den einige Autoren Atemfrequenzsteigerungen in Abhangigkeit

192

von der Aufgabenschwierigkeit l16,25l Bei Trackingaufgaben konnten aber bisher keine Beziehungen zwischen der Atemfrequenz und dem Grad der mentalen Belastung nachgewiesen werden l11l Wie eigene Untersuchungen bisher ergaben, scheint eine simultane Bestimmung des Atemvolumens als Aktivierungsvariable besser geeignet zu sein l25l. Zusammenfassend l Bt sich sagen, eine hhere Aktivierung mu B also nicht schlechthin auch hhere Beanspruchung bedeuten, sondern kann eine Optimierung des Aktivitatszustandes im Sinne der Aufgabenstellung darstellen. Bei psychischer Belastung bestehen nicht immer signifikante Korrelationen zwischen dem Verhalten der Leistungsparameter und den Veranderungen der Aktivierungsvariablen Herz und Eine Ursache hierfUr kann in der verschiedenen Atemfrequenz Anforderungsstruktur der Testaufgaben liegen So fanden wir beispielsweise in fr Uheren Arbeiten l20l bei einfachen Reaktionszeitaufgaben Beziehungen zwischen Veranderungen der Momentanherzfrequenz und der Reizfolge Beim Kompensationstracking lassen sich aber nach Gruppenbildung anhand des Leistungsparameters Regelfehler Korrelationen zwischen Arbeitspulsfrequenz und Regelfehler nachweisen Die negative Korrelation bei Gruppe B zeigt, daB mit abnehmender Aktivierung der Regelfehler zunimmt Diese Beziehung zwischen Herzfrequenz und Leistung beschreiben auch Strasser & Mller-Limmroth beim Persuit-Tracking l27,28l. Bei Gruppe A kommt es dagegen mit zunehmender Aktivierung zu einer Leistungsverschlechterung, also zu einer Zunahme des Regelfehlers Diese Beziehung ist allerdings nicht statistisch gesichert Betrachtet man diese Ergebnisse unter eignungsdiagnostischem Aspekt, so zeigt sich, da B es bei Gruppe B durch eine Erh 6hung des Aktivitatszustandes (z B durch erhohte Motivation, Pharmaka) zu Leistungsverbesserungen kommen kann. Dagegen wrde bei Gruppe A durch eine solche Aktivierung der optimale Aktivitatspegel berschritten,und mit Leistungsverschlechterungen wre zu rechnen Zusatzlich wrde sich hier die Hyperaktivierung biologisch negativ auswirken. Aus den Ergebnissen la Bt sich bisher ableiten: Die Hypothese, da B die jeweilige Hhe des Aktivitatszustandes von der Intensitat der Informationsverarbeitung bestimmt wird 1,13,22 l und er durch die Aktivierungsvariablen reflektiert wird, ist sicherlich richtig Die Hhe des Aktivitatszustandes sollte aber nur in Verbindung mit der Leistung als Indicator fr die psychische Beanspruchung bei der geforderten Ttigkeit dienen. Andererseits gibt die Relation zwischen Aktivierung (biologischem Aufwand) und Leistung unserer Meinung nach auch nur dann gen Ugend Aufschlu B ber Eignung oder Nichteignung im psychophysiologischen Sinne, wenn man die Dynamik des Aktivierungsverhaltens berucksichtigt. 193

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[Activation behavior in a compensatory tracking task in relation to performance (author's transl)].

Int Arch Occup Environ Hlth 36,183-195 (1976) © by Springer-Verlag 1976 Aktivierungsverhalten bei sensumotorischer Regeltatigkeit in Abhangigkeit v...
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