Fokus

Zusatzweiterbildung Interdisziplinäre Notaufnahme

Wie ist der aktuelle Stand?

André Gries • Jörg Christian Brokmann • Ingo Gräff • Petra Wilke Markus Zimmermann • Bernhard Kumle Die Anzahl interdisziplinärer Notaufnahmen in Deutschland hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Damit verbunden stellte sich die Frage, welche Qualifikation die dort tätigen Ärzte vorweisen müssen, um den speziellen Anforderungen dieser zen­tralen Anlaufstelle gerecht zu werden. Verschiedene Vorschläge wurden hierzu vorgelegt. Eine inter­ disziplinäre Arbeitsgruppe mit Vertretern a ­ ller Deutschen Fachgesell­ schaften mit relevantem Anteil an Notfallpatienten nahm sich 2009 dieser Frage ebenfalls an und erarbeitete einen Entwurf für eine Zusatz­ weiterbildung Interdisziplinäre Notaufnahme. Was die aktuell vorlie­ genden Entwürfe vorsehen und wie weit die Einführung der Zusatz­ weiterbildung mittlerweile gediehen ist, ­lesen Sie im folgenden Beitrag. Zentrale Notaufnahme  Früher wurden ungeplante Patienten in der Regel über die einer bestimmten Abteilung zugeord­ neten Ambulanz aufgenommen, schwer­ verletzte Patienten über den Trauma­ schockraum und kritisch kranke nicht traumatologische bzw. instabile Patien­ ten direkt über die Intensivstation. Heute werden alle Notfallpatienten der Zentra­ len Notaufnahme zugeführt [1–5]. Trei­ bende Kraft bei der Einführung der ZNA war dabei in erster Linie nicht die Opti­ mierung der medizinischen Versorgung. Vielmehr spielten ökonomische Aspekte eine Rolle: Durch die Zen­tralisierung bis­ her parallel vorgehaltener Einrichtungen konnte gerade die Personalvorhaltung insgesamt gebündelt und reduziert wer­ den [6, 7]. Räumliche, apparative und nicht zuletzt personelle Ressourcen ste­ hen heute in der ZNA zentral allen Patien­ ten rund um die Uhr zur Verfügung. Personalbesetzung  Das Pflegepersonal, einige davon mit Zusatzqualifikation wie z.  B. der Fachweiterbildung Anästhesie und Intensivmedizin, wurde den ZNA in der Regel bereits bei Etablierung fest zu­ geordnet – mit der Chance, sich in diesen neuen B ­ ereich längerfristig einzuarbeiten und Expertise zu entwickeln. Die ärztli­ che ­Besetzung verlief hingegen häufig nur punktuell oder für eine bestimmte Zeit mit Kollegen der Fachabteilungen ohne besondere Vorbereitung auf die Patien­ tenversorgung in der ZNA. Nachdem sich in Deutschland mittler­weile eine wach­ sende Zahl zentraler inter­ disziplinärer

Notfallaufnahmen etabliert hat, rückte in den letzten Jahren immer mehr die F ­ rage nach der erforderlichen Qualifika­tion für das dort eingesetzte ärztliche Personal in den Vordergrund [8–12].

Patienten

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Unklare Leitsymptome  Die Notaufnah­ me ­ erreichen zahlreiche Patienten mit unklaren Leitsymptomen bzw. selbst durch Notärzte präklinisch nicht sicher zu stellender Diagnose. Hier kann in der ZNA die erforderliche Diagnostik, die sofortige Erstversorgung und die zeitnahe Einlei­ tung der kausalen Therapie sichergestellt und so die Patientenversorgung optimiert werden. Innerklinische Verlegungen ent­ fallen, notwendige zusätzliche Fachexper­ tise kann direkt hinzugezogen werden. Fachrichtung initial oft nicht eindeutig Das sich ändernde Patientenspektrum führt heute zu eine Vielzahl auch kritisch erkrankter Patienten, bei denen das Leit­ symptom nicht direkt auf die Diagnose schließen lässt [13] – auch wenn die klas­ sischen und „klaren“ Tracer-Diagnosen weiterhin einen relevanten Teil der Fälle in der ZNA ausmachen. Bei einer darüber hinaus zunehmend älter werdenden ­Bevölkerung gibt es zahlreiche multimor­ bide Patienten, die initial nicht sicher ­einer eindeutigen Fachrichtung zugeord­ net werden können [14]. So können z. B. beim Leitsymptom „Sturz“ immer wieder relevante Verletzungen ausgeschlossen

werden – dafür treten andere Probleme wie z. B. eine Exsikkose bei I­ nfektion, eine Hyponatriämie bei Diruretikagabe, eine Synkope kardialer Genese, ein Schlag­ anfall oder ein immer wieder unter­ schätztes Delir in den Vordergrund bzw. sind u ­ rsächliche Faktoren.

Viele Selbstzuweiser  Gerade in Flächen­ regionen, in denen eine hausärztliche ­Abdeckung nicht mehr umfänglich sicher­ getellt ist, suchen zahlreiche Patienten die ZNA als einzig erreichbare medizinische Einrichtung auf [1, 4]. Angaben zu Zu­ weisern und Patientenklientel in der ZNA schwanken daher: In der ZNA des Univer­ sitätsklinikums Leipzig werden z. B. ▶▶rund 50 % der Patienten durch den Ret­ tungs- bzw. Notarztdienst zugewiesen, ▶▶30 % erreichen die ZNA mit Einweisung niedergelassener Ärzte und Hausärzte mit dringlichen Erkrankungen bzw. Verletzungen und ▶▶weitere 20 % auf eigene Initiative. Dabei scheinen gerade in ländlichen Regio­nen mit einem Anteil von bis zu 70 % deutlich mehr Selbstzuweiser die ZNA aufzusuchen (z.  B. Villingen-Schwennin­ gen 50 % und Frankfurt / Oder 69 %).

Ärztliche Qualifikation

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Zur notwendigen Qualifikation der in der ZNA eingesetzten Ärzte gab es noch bis vor wenigen Jahren nahezu konträre Auf­ fassungen:

Zusatzqualifikation: Contra Verschie­ dene Fachgesellschaften erhoben den An­ spruch, die Versorgung in der ZNA alleine sicherzustellen. Sie widersprachen dem Konzept der Zentralisierung, aber auch der Verbindung der präklinischen Not­ fallrettung mit der Versorgung in der Zen­ tralen Notaufnahme. Eine zusätzliche oder erweiterte Qualifikation wurde ab­ gelehnt.

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 /Thieme Ver

Dörte Jensen

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Zusatzqualifikation: Pro Demgegenüber forderte 2008 / 2009 die Deutsche Gesell­ schaft interdisziplinäre Notfall- und Akut­ medizin (DGINA), einen Facharzt für Notfallmedizin ähnlich wie in a ­ ­nderen europäischen bzw. angelsächsischen Län­ dern auch in Deutschland einzuführen [10]. Zu berücksichtigen war darüber hinaus, dass tatsächlich immer mehr Mitarbeiter sich für die Tätigkeit in einer Zentralen Notaufnahme interessierten, anderer­ seits aber über eine für die übertragene Aufgabe unzureichende Ausbildung be­ richteten [11]. Kontroverse Diskussion  Die Diskussion lief auf Hochtouren und nahezu auf jedem medizinischen Fachkongress wurde die Frage nach dem Facharzt für Notfallmedi­ zin Pro und Contra gestellt [8]. Im Rahmen der Diskussion zur tatsächlich für die Pa­ tientenversorgung notwendigen Qualifi­ kationen wurden dabei auch zunehmend Aspekte wie die Attraktivität des Arbeits­ platzes, Mitarbeitergewinnung und inter­ nationaler Wettbewerb berücksichtigt [16]. Kommission der DGAI  Innerhalb der DGAI wurde die Kommission Zentrale Notaufnahme DGAI beauftragt, sich mit dieser Frage aus Sicht der DGAI und des BDA zu beschäftigen [17]. Die Arbeits­ gruppe ging aus dem Arbeitskreis Notfall­ medizin hervor und wurde mit anästhe­ siologischen Kollegen in überwiegend leiten­der Funktion in Zentralen Notauf­ nahmen besetzt. Diese nahmen sich des Themas intensiv an und entwickelten es in enger Abstimmung mit dem Präsidium der DGAI und des BDA konzeptionell wei­ ter. Interdisziplinäre Arbeitsgruppe  Zusätz­ lich zu der oben genannten Kommission hatten die Fachgesellschaften mit hohem Anteil an Notfallpatienten eine interdis­ ziplinäre Arbeitsgruppe Zentrale Notauf­ nahme mit jeweils einem Delegierten gebildet. Vor dem Hintergrund der bis ­

Zusatzweiterbildung Interdisziplinäre Notaufnahme

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Favorisierung der Zusatzweiterbildung Aus Sicht der Interdisziplinären Arbeits­ gruppe der Fachgesellschaften schien eine Zusatzweiterbildung (ZWB) Interdiszipli­näre Notaufnahme geeignet, zusätzliche Kenntnisse für die Tätigkeit in der Zentralen Notaufnahme zu erwerben bzw. zu vermitteln. Diese sollte auf einer Weiter­bildung in einem der relevanten Fächer mit hohem Notfallaufkommen basieren – ähnlich der Zusatzweiter­ ­ bildung Intensivmedizin [19]. Entwicklung Die Arbeitsgruppe der Fachgesellschaften griff hierzu in Anleh­ nung an das Europäische Curriculum für Notfallmedizin der European Society for Emergency Medicine (EuSEM) bzw. der Union Europeéne des Médecins Spécialis­ tes (UEMS) die aus ihrer Sicht für die ZNA relevanten Themen heraus und entwi­ ckelte eine 24-monatige ZWB Interdiszi­ plinäre Notaufnahme. D ­ iese wurde – was als weiterer Meilenstein zu werten ist – durch die Fachgesellschaften konsentiert: ▶▶ Die notwendigen Voraussetzungen, ▶▶ die Dauer der Tätigkeit in der ZNA, ▶▶ Weiterbildungsinhalte, ▶▶ aber auch Anforderungen an die ­Weiterbildungseinrichtung wurden gemeinsam definiert und bereits 2012 in Bezug auf die formalen Anforde­

rungen mit der Bundesärztekammer ­ bgestimmt [19, 20]. a

Beantragung  Unter dem Dach der DIVI wurde im April 2013 schließlich die ZWB Interdisziplinäre Notaufnahme (DIVI) im Rahmen der Novellierung der Musterwei­ terbildungsordnung bei der Bundesärzte­ kammer beantragt. Die DGINA hatte zwi­ schenzeitlich die ­öffentliche Forderung nach einem Facharzt für Notfallmedizin zurückgenommen und wenige Tage nach Antrag auf ZWB durch die DIVI ebenfalls eine ZWB beantragt. Inhalte  Die ZWB Interdisziplinäre Not­ aufnahme (DIVI) umfasst in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die interdiszi­ plinäre Diagnostik und Behandlung von Akut- und Notfallpatienten mit noch nicht gesicherter Diagnose und nicht auszu­ schließender akuter vitaler Gefährdung in der Zentralen Notaufnahme. Die ZNA ist dabei Anlaufstelle des Klinikums für alle Notfallpatienten. Voraussetzungen  Die ZWB Interdiszi­ plinäre Notaufnahme (DIVI) setzt eine Facharztanerkennung in den Gebieten Anästhesiologie, Chirurgie, Innere Medi­ zin, Neurologie, Neurochirurgie, Pädiatrie oder auch Allgemeinmedizin und die ­Zusatzbezeichnung „Präklinische Notfall­ medizin“ voraus(q Tab. 1). Dauer  Die Weiterbildungszeit beträgt 24 Monate mit ▶▶mind. 18-monatiger Tätigkeit in der ZNA und ▶▶mind. 6 Monaten Intensivmedizin. Von den 24 Monaten sind 6 Monate ZNA und max. 6 Monate Intensivmedizin wäh­ rend der Weiterbildung zum Facharzt anrechenbar. Die ZWB sieht darüber ­ ­hinaus ein 160 h-Curriculum zur Zusatz­ weiterbildung Inter­ disziplinäre Notauf­ nahme vor. Das Curriculum ist modular aufgebaut und wird in Form von Block­ kursen angeboten. Damit folgt die ZWB Interdisziplinäre Notaufnahme (DIVI) der Syste­matik anderer (Zusatz-)Weiter­ bildungen (q Tab. 1). Adressaten  Die ZWB kann von allen Kollegen erworben werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Dies er­ ­ scheint besonders sinvoll bei längerfristi­ ger ­Tätigkeit oder / und leitender Funktion in der ZNA.

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­ahin – z.  d T. kontrovers – ­geführten Diskussion muss dies als Meilen­ stein gewertet wer­ den: 2010 wurden ge­ meinsam Eckpunkte zur Struktur zentraler und interdiszi­plinärer Notaufnahmen formuliert und explizit darauf hingewiesen, dass eine Zusatz­ qualifikation für ärztliches Personal in der ZNA sinnvoll und gemeinsam auszu­ gestalten sei [18]. Verschiedene Möglichkeiten schienen in Frage zu kommen und wurden auch regi­ onal- bzw. länderabhängig z.  T. unter­ schiedlich bewertet. Alles beim Alten zu belassen, erschien keine Alternative mehr zu sein. Die Forderung nach Zusatzkursen ähnlich der präklinischen Zusatzbezeich­ nung Notfallmedizin standen der Forde­ rung nach einem Facharzt für Notfall­ medizin entgegen [8].

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Entwurf „Zusatzweiterbildung Interdisziplinäre Notaufnahme“ ▶▶ Voraussetzung ▷▷ Facharztanerkennung in den Gebieten Anästhesiologie, Chirurgie, Innere Medizin, Neurologie, Neuroschirurgie, Pädiatrie und ­Allgemeinmedizin (vgl. Dtsch Arztebl 2010; 107: A-268 / B-236 / C-232) [18] ▷▷Zusatzbezeichnung (präklinische) Notfallmedizin ▶▶ 24 Monate ZNA insgesamt ▷▷ bis zu 12 Monate sind während der Facharzt-WB erwerbbar ▷▷ bis zu 6 Monate Intensivmedizin anrechenbar ▷▷160–200 h-Kurs „Interdisziplinäres Curriculum“ ▶▶ Weiterbildungsinhalte ▷▷Curriculum ▷▷ Inhalte in Abstimmung mit allen Fachgesellschaften / DIVI ▷▷ Berücksichtigung des Europäischen Curriculums (relevante Inhalte) ▷▷Anerkennung bestehender Kursformate möglich ▷▷ZNA-Management (z. B. Behandlungspfade, juristische Aspekte, Personaleinsatz etc.) ▷▷Akkreditierung durch die LÄKs (§ 4 MWBO)

Module 1–4

▶▶ Weiterbildungseinrichtung ▷▷Zulassung der Weiterbildungsstätten durch die LÄKs ▷▷ Leiter Notaufnahme (muss Titel führen und Befugnis besitzen; alternativ / Übergang: durch WB-Berechtigte vor Ort) ▷▷ Erteilung der Befugnis / Ermächtigung durch die LÄKs ▶▶ Prüfung / Leistungsnachweis ▶▶ Übergangsphase (siehe § 20, Abs. 8 MWBO) Tab. 1  Der Bundesärztekammer vorliegender Entwurf „Zusatzweiterbildung Interdisziplinäre Notaufnahme“ (ZNA) der Arbeitsgruppe Notaufnahme der Deutschen Fachgesellschaften mit hohem Anteil an Notfallpatienten und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Notfall und Intensivmedizin (DIVI). LÄK = Landesärztekammer; MWBO = Musterweiterbildungsordnung; WB = Weiterbildung.

Moderation durch die ­Bundesärztekammer

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Noch keine Prüfung erfolgt  Nach Ein­ gang aller Anträge zur Novellierung der Musterweiterbildungsordnung bei der Bundesärztekammer sind einige bereits weiter bearbeitet bzw. geprüft worden. Hierzu wurden Unterarbeitsgruppen un­ ter Federführung einzelner Landesärzte­ kammern gebildet. Die für die ZNA bean­ tragten Zusatzweiterbildungen sind bis­ her keiner Unterarbeitsgruppe zur Prü­ fung zugegangen. Vielmehr ist die Bun­ desärztekammer bemüht, aus den aktuell vorliegenden 2 Anträgen einen einzigen weiter zu bearbeitenden Antrag vorgelegt zu bekommen. Hierzu hat im September 2014 ein Gespräch mit Vertretern der DIVI, DGINA und einzelner Landesärzte­ kammern stattgefunden, das von Vertre­ tern der Bundesärztekammer moderiert wurde. Gespräch  Im Rahmen dieses Gesprächs wurde deutlich, dass die DIVI eine 24-­monatige ZWB Interdisziplinäre Not­ aufnahme als Ergänzung zu einer beste­ henden Facharztqualifikation für das überwiegend in der Zentralen Notauf­ nahme tätige Personal als sinnvoll erach­ tet und für umsetzbar hält. Seitens der

Bundesärztekammer widerspricht der Vorschlag keinen europäischen Vorgaben; vielmehr passe die beantragte ZWB in die bisherige und in Deutschland bekannte formale Struktur. Der Vorschlag der DIVI setzt die Zusatzbezeichnung „Präklini­ sche Notfallmedizin“ voraus: Die Fachge­ sellschaften sind sich einig, dass die in der Zentralen Notaufnahme den Patienten übernehmen­ den ärztlichen Mitarbeiter nicht weniger qualifiziert sein dürfen als der in der Präklinik tätige Kollege. Bei der Erörterung beider Anträge im Sep­ tember wurde auch die im Juni 2014 durch die Ärztekammer B ­ erlin beschlos­ sene Neueinführung der ZWB „Klinische Notfall- und Akutmedizin“ (allerdings mit einem Umfang von 3 Jahren) berücksich­ tigt. Die Senatsverwaltung für Gesund­ heit und Soziales hat der Einführung zwi­ schenzeitlich zugestimmt. Somit ist Berlin das erste Bundesland, das eine entspre­ chende Weiterbildung vorsieht [21].

Ausblick

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Entscheidung steht noch aus  Bei der Erörterung der Vorschläge bei der Bun­ desärztekammer war ein direkter Kon­ sens nicht zu erwarten. Noch ist nicht ab­ sehbar, welchem Vorschlag die Bundes­

ärztekammer folgen bzw. zur weiteren Bearbeitung vorsehen wird. Völlig inho­ mogene landesspezifische Konzepte soll­ ten sicherlich vermieden werden. Dies könnte auch zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Ländern führen: Kliniken eines Landes mit ZWB für die Notauf­ nahme werden attraktiver für interes­ sierte Kollegen als andere. Darüber hinaus würde man dem Anspruch der heute ­bereits i­ nteressierten und in den ZNA ein­ gesetzten Kollegen nicht gerecht. Aus Sicht der DIVI ist der vorgelegte Vorschlag einer 24-monatigen ZWB umsetzbar, praktikabel, flächendeckend einführbar und sollte weiter verfolgt werden.

Pilotprojekte  Das in der ZWB enthaltene modular aufgebaute (Theorie-)Curriculum wurde zwischenzeitlich im Rahmen von Pilotprojekten bereits angeboten. So sieht das Modul „Anästhesie / ZNA“ hier u. a. ZNA-spezifische Themen wie Personal­ planung, Ausstattung, Abrechnung und Finanzierung, juristische Fragen, psycho­ soziale Probleme und Hygiene, aber auch unmittelbar bei der Patientenversorgung relevante Themen wie Atemwegssiche­ rung, kardiopulmonale Reanimation, Schockbehandlung und Schmerztherapie vor. Das Pilotprojekt versucht dabei die Inhalte möglichst praxisnah auch auf ­

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Weiterer Verlauf  Es bleibt nunmehr zu hoffen, dass die Bundesärztekammer die Einführung einer ZWB für die Notauf­ nahme intensiv weiterverfolgt und ein endgültiger Vorschlag auf einem der Ärz­ tetage vorgelegt werden kann. Die Bun­ desärztekammer weist in diesem Zusam­ menhang in einem aktuellen Schreiben an die ärztlichen Fachgesellschaften, Berufs­ verbände, Dach­ verbände und weitere ­Organisationen darauf hin, dass im Rah­

men der Novellierung der Musterweiter­ bildungsordnung durch die Einbindung der unterschiedlichen Adressaten um­ fangreiche und sorgfältig zu bearbeitende Abstimmungsschritte notwendig sind. Der Sachstand der Novellierung wird auf dem Ärztetag in Frankfurt / Main im Mai dieses Jahres ausführlich vorgestellt.

Fazit Die Entwicklung zentraler Notaufnahmen verläuft in den letzten ­Jahren auch in Deutschland rasant. Viele in- und außerhalb von Notaufnahmen tätige ärztliche Kollegen sehen nun der Einführung einer Zusatzweiterbildung erwartungsvoll entgegen – auch mit Blick nach Berlin, das auf Ebene der Landesärztekammer als erstes Bundesland eine Zusatzweiterbildung eingeführt und mit der Bundesärztekammer den bundesweiten Impuls­ geber vor Ort hat. ◀

Prof. Dr. med. André Gries1, Dr. med. Jörg Christian Brokmann2, Dr. med. ingo Gräff3, Dr. med. Petra Wilke4, PD Dr. med. Markus Zimmermann5, Dr. med. Bernhard Kumle6 1

 entrale Notaufnahme, Universitätsklinikum Z Leipzig

2

 entrale Notaufnahme, Uniklinik RWTH Z ­Aachen

3

Notfallzentrum, Universitätsklinikum Bonn

4

 entrale Notaufnahme, Klinikum Frankfurt / Z Oder

5

Interdisziplinäre Notaufnahme, Universitätsklinikum Regensburg

6

 entrale Notaufnahme, Schwarzwald-Baar Z Klinikum GmbH

Interessenskonflikt  Die Autoren sind Mitglieder der Kommission Notaufnahme der DGAI. André Gries ist zweiter Sprecher der Sektion Interdisziplinäre Notauf­ nahme der DIVI.

Beitrag online zu finden unter http://dx.doi.org/10.1055/s-0041-101445

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9 Gries A, Michel A, Bernhard M, Martin J. Personal­planung in der zentralen Notaufnahme – Optimierte Patientenversorgung rund um die Uhr. Anaesthesist 2011; 60: 71–78 10 Christ M, Dodt C, Geldner G et al. Professionali­ sierung der klinischen Notfallmedizin. Gegenwart und Zukunft. Anästhesiol Intensivmed Notfall­ med Schmerzther 2010; 45: 666–671 11 Kumle B, Dauber A, Zimmermann M et al. Ärzt­ liche Qualifikation in der Notaufnahme – ein ­Update. Notfall Rettungsmed 2012; 15: 213–217 12 Gries A, Kumle B, Zimmermann M, Wilke P. Zent­ rale Notaufnahme – Wo stehen wir heute? Not­ fallmed up2date 2013; 8: 97–108 13 Möckel M, Searle J, Müller R et al. Chief comp­ laints in medical emergencies: do they relate to underlying disease and outcome? The Charité Emergency Medicine Study (CHARITEM). Eur J Emerg Med 2013; 20: 103–108 14 Groening M, Schwarz T, Lock G. Versorgung älte­ rer Notfallpatienten: Hightouch statt Hightech. Dtsch Ärztebl 2013; 110: A-262 / B-244 / C-244 15 Gross T, Amsler F, Ummenhofer W et al. Inter­ disziplinäres Schockraum-Management unfall­ chirurgischer Patienten aus Sicht der Mitarbeiter. Chirurg 2005; 76: 959–966 16 Berk W, Welch R, Levy P et al. The effect of clini­ cal experience on the error rate of emergency physicians. Ann Emerg Med 2008; 52: 497–501 17 Kumle B, Gries A. Gründung der Kommission Zentrale Notaufnahme – ein Blick nach vorn! ­Anästh Intensivmed 2011; 52: 734–735

18 Gries A, Seekamp A, Welte T et al. Notfallbehand­ lung: Zentral und ­interdisziplinär. Dtsch Ärztebl 2010; 107: A-268 / B-236 / C-232 19 Gries A, Sybrecht G, Seekamp A (2011) Notfall­ medizin: Zusatzweiterbildung als Zukunftskon­ zept. Dtsch Ärztebl 108: A-1581 20 EuSEM Task Force on Curriculum. European curri­ culum for emergence medicine. Im Internet: http://www.eusem.org/cms/assets/1/pdf/euro­ pean_curriculum_for_em-aug09-djw.pdf (Stand März 2015) 21 Delegiertenversammlung der Ärztekammer Ber­ lin beschließt Zusatz-Weiterbildung „Klinische Notfall- und Akutmedizin“. Pressemitteilung der Ärtzekammer Berlin vom 13.06.2013. Im Internet: http://www.aerztekammerberlin. de/40presse/10_Pressemitteilungen/718_ Zusatzweiterbildungen.htm

Gries A, Brokmann JC, Gräff I et al. Zusatzweiterbildung Interdisziplinäre Notaufnahme – Aktueller Stand. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 288–291

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Basis von Simulationstraining umzuset­ ­ zen (www.divi.de). Die 2 Module „Innere Medizin“ und „Chriurgie / Pädiatrie / Sons­ tiges“ werden Ende April 2015 in Hanno­ ver angeboten, sodass das Theoriecurricu­ lum im Rahmen der ZWB dann erstmalig komplett durchlaufen werden konnte. Die große Resonanz beim ersten Blockkurs in Leipzig im November 2014 und die große Zahl an Anmeldungen für den zweiten in Hannover im April 2015 unterstreicht ­dabei das Interesse und die Notwendig­ keit der Einführung einer ZWB Interdiszi­ plinäre Notaufnahme

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[Additional training in the interdisciplinary emergency room--what is the current status?].

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