Aktuelle Diagnostik & Therapie | Review article

Hochmaligne B-Zell-Lymphome: moderne Diagnostik und Therapie Aggressive B-cell lymphoma: modern diagnostics and treatment

Autoren

N. Schmitz1 H.S. Wu1 B. Glaß1

Institut

1 Abt. Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation, Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg

Onkologie, Urologie

Einleitung ▼

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Schlüsselwörter aggressives B-Zell-Lymphom Diagnostik Therapie

q q q

Keywords aggressive B-cell lymphoma diagnosis treatment

q q q

eingereicht 17.07.2014 akzeptiert 07.08.2014 Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1387290 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 2082–2085 · © Georg 0 Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. med. Norbert Schmitz Abteilung Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation Asklepios Klinik St. Georg Lohmühlenstr. 5 20099 Hamburg Tel. 040/18188 52005 Fax 040/18188 54226 eMail [email protected]

Aggressive B-Zell Lymphome sind zumindest in unseren Breiten mit ca. einem Drittel aller Fälle der häufigste Subtyp aller Lymphome. An einem diffus-großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) – mit ca. 80 % aller aggressiven B-Zell-Lymphome besonders häufig – erkranken ca. 7 von 100.000 Einwohnern pro Jahr. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Nach den gleichen Prinzipien wie das DLBCL diagnostiziert und therapiert werden auch das follikuläre Lymphom Grad 3 b, das primär mediastinale B-Zell-Lymphom, das aggressive Marginalzonen Lymphom, das intravaskuläre großzellige B-Zell-Lymphom, das ALK-positive großzellige Lymphom, das plasmoblastische Lymphom und das blastoide Mantelzell-Lymphom. Das DLBCL kann nach morphologischen (centroblastisch, immunoblastisch, anaplastisch) und immunhistochemischen Kriterien sowie dem Vorliegen bestimmter genetischer Anomalien (MYC-, BCL2-, BCL6-Translokation) weiter unterteilt werden. Mit Hilfe der Genexpression wird ein GCB-Typ (germinal center B-cell-like) und ein ABC-Typ (activated B-cell-like) unterschieden. Patienten mit MYC-Translokation, mit double-hit-Lymphomen (MYC-positiv und BCL2-positiv) sowie mit ABCtype DLBCL sollen eine schlechtere Prognose haben als Patienten mit DLBCL ohne diese Veränderungen. Nicht alle diesbezüglichen Untersuchungen haben diese Befunde im gleichen Ausmaß bestätigt. Weil darüber hinaus nicht klar ist, ob und wie diese Lymphome mit biologischen Risikofaktoren anders als die übrigen aggressiven B-ZellLymphome behandelt werden sollten, kommt den genannten Anomalien im klinischen Alltag bisher keine wesentliche praktische Bedeutung zu.

Diagnose ▼ Der Verdacht auf ein aggressives Lymphom ergibt sich aus der Anamnese und der klinischen

Untersuchung des Patienten. Die Betroffenen klagen oftmals über schnell größer werdende Lymphome, allgemeine Schwäche und in einem Teil der Fälle über eine sog. B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsabnahme). Da im Prinzip jedes Organ befallen sein kann, ist die klinische Symptomatik wechselhaft und sehr davon abhängig, ob und welche Extranodalbefälle vorliegen. Differenzialdiagnostisch in Betracht kommen neben anderen Lymphom-Subtypen Infektionen, die Lymphknotenschwellungen verursachen. Infektionen verursachen in der Regel generalisierte, oft symmetrische Lymphknotenvergrößerungen, die durch das Vorhandensein vorübergehender, typischer infektassoziierter Symptome (Schmerz, Schwellung, Rötung) von einem Lymphom unterschieden werden können. Verschiedene Infektionen, z. B. die Lymphknotentuberkulose lassen derartige Symptome allerdings häufig vermissen. Jede über Wochen persistierende Lymphknotenschwellung bedarf der histologischen Untersuchung. Die Diagnose eines aggressiven B-Zell-Lymphoms wird letztlich mikroskopisch anhand einer ausreichend großen Gewebeprobe (Lymphknotenexstirpation oder ausreichend große Probenentnahme aus einem befallenen Gewebe) gestellt. Da die Diagnose und insbesondere die Bestimmung des Lymphomsubtyps schwierig sein können, ist die Beteiligung eines für diese Erkrankung zuständigen Referenzpathologen dringend zu empfehlen. Die notwendigen Laboruntersuchungen umfassen die Erstellung eines Blutbilds sowie die Bestimmung von LDH, Leber- (Bilirubin, GOT, GPT, alkalische Phosphatase, γ-GT) und Nierenwerten (Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure). Zum Ausschluss eines Knochenmarkbefalls muss eine Knochenmarkbiopsie erfolgen. Bei entsprechender klinischer Symptomatik (Parästhesien oder Lähmungen) ist eine Liquorpunktion sowie eine Magnetresonanztomografie des Gehirns unabdingbar. Bei Patienten mit hohem IPI sowie

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Befall von Hoden, Niere und Nebenniere sollte auch ohne entsprechende Symptomatik eine ZNS-Diagnostik (Bildgebung und FACS-Analyse des Liquors) durchgeführt werden. Elektrokardiogramm und Echokardiografie sind zum Ausschluss kardialer Vorerkrankungen notwendig. Falls Kinderwunsch besteht sollte, eine Vorstellung beim Gynäkologen bzw. Urologen erfolgen, um den Patienten bezüglich der Möglichkeiten zu beraten, die eine spätere Schwangerschaft bzw. Vaterschaft ermöglichen.

Stadieneinteilung und Prognose ▼

Abb. 1 Lymphknotenkonglomerate („bulky disease“) bei einer jungen Patientin mit aggressivem B-Zell-Lymphom.

Die Stadieneinteilung der Lymphome erfolgt weiterhin nach der sog. Ann Arbor Klassifikation. Die Festlegung des Stadiums geht in den Internationalen Prognostischen Index (IPI) ein, der heutzutage allgemein angewandt wird um Therapie und Prognose des Patienten zu bestimmen [17]. Der IPI berücksichtigt neben dem Stadium das Alter ( 60 Jahre), die LDH (  normal), den Allgemeinzustand (ECOG 0–1 vs. 3–5) und die Anzahl extranodaler Befälle (0–1 vs. > 1 extranodales Organ befallen). Für das Vorhandensein jedes der genannten Merkmale wird jeweils 1 Punkt vergeben; alle Punkte werden addiert. Damit können 4 Risikogruppen definiert werden: 0–1 Punkt: niedriges Risiko, 2 Punkte: intermediäres Risiko, 3 Punkte: hoch-intermediäres Risiko und 4–5- Punkte: hohes Risiko. Die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Patienten mit aggressivem B-ZellLymphom schwankt unter einer modernen Immunchemotherapie (z. B. R-CHOP) zwischen 60 und > 90 % [20]. Neben dem IPI muss vor Therapiebeginn bekannt sein, ob besonders große Lymphommanifestationen (> 7,5 cm im Durchmesser) vorliegen, weil große Lymphknotenkonglomerate („bulky disease“; q Abb. 1) auch unter Immunchemotherapie einen zusätzlichen Risikofaktor darstellen [10], die in vielen Fällen eine Strahlentherapie (s. u.) notwendig machen.

gewichen werden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen ist die Kombination aus Cyclophosphamid, Adriamycin, Vincristin und Prednison (CHOP) die Standardchemotherapie des aggressiven B-Zell-Lymphoms. In Deutschland wird diese Therapie in Kombination mit Rituximab meist 6-mal in 14-tägigem Abstand, gefolgt von zwei weiteren Rituximab-Gaben appliziert (6 × RCHOP-14 + 2 × R) [11]. In vielen anderen Ländern besteht die Standardtherapie aus 8 × R-CHOP-21, es werden 8 volle Therapiekurse in dreiwöchigem Abstand gegeben [1]. In einer Studie aus England lieferten beide Therapieprotokolle absolut vergleichbare Ergebnisse [2]: Bei mehr als 1000 Patienten über 18 Jahren aller Risikogruppen konnte sowohl für R-CHOP-14 als auch für R-CHOP-21 nach einer mittleren Beobachtungsdauer von 2 Jahren ein ereignisfreies Überleben von ca. 80 % erreicht werden; signifikante Unterschiede zwischen den Ergebnissen für beide Therapieprotokolle bestanden nicht. Die Entscheidung für eine der beiden Möglichkeiten ist damit von sekundären Faktoren abhängig, z. B. von der Frage, wie schnell der Patient die Therapie hinter sich bringen möchte oder wie gut die 14-tägige Wiederholung der Therapie toleriert wird. Bei Gabe von RCHOP-14 ist die prophylaktische Gabe von G-CSF ebenso wie eine Infektprophylaxe mit Aciclovir und Cotrimoxazol notwendig.

Primärbehandlung ▼

Für junge Hochrisikopatienten (altersadjustierter IPI 2 und 3) bevorzugen wir das R-CHOEP-Protokoll. Mit der zusätzlichen Gabe von Etoposid (E) erzielte die deutschen Studiengruppe hochmaligne Non-Hodgkin Lymphome (DSHNHL) sehr gute Ergebnisse [13]: Der retrospektive Vergleich der Therapieergebnisse mit R-CHOEP-14 und R-CHOP-14 bestätigte die Überlegenheit der etoposidhaltigen Therapie bei diesen Patienten. Eine Hochdosistherapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantation als konsolidierende Maßnahme ist nach den Daten verschiedener vergleichender Studien nicht mehr indiziert. Eine amerikanische Studie [16] empfiehlt die Hochdosistherapie zwar zumindest bei Patienten mit höchstem Risiko (aaIPI3) weiter. In Europa besteht aber Einigkeit darüber, dass

Die Therapie des aggressiven B-Zell-Lymphoms besteht aus der kombinierten Gabe des monoklonalen Anti-CD-20-Antikörpers Rituximab (R) und einer Polychemotherapie (q Abb. 2). Rituximab wird einen Tag vor oder am ersten Tag der Chemotherapie in einer Standarddosis von 375 mg/m2 infundiert. In der Regel sind unabhängig von der Anzahl der Chemotherapiezyklen 8 Gaben des Antikörpers notwendig. Nach neueren Ergebnissen lassen sich mit höheren Dosen und einer anderen Verteilung der Rituximabgaben über die Zeit womöglich bessere Therapieergebnisse als die bei Anwendung in Standarddosierung erzielen. Bevor die Ergebnisse entsprechender klinischer Studien vorliegen, sollte jedoch nicht von etablierten Therapieprotokollen ab-

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In Deutschland führt unter den bildgebenden Verfahren weiterhin die Computertomografie (CT) von Hals, Thorax und Abdomen. In allen anderen Ländern der westlichen Welt hat die Positronen-Emissionstomografie (PET) oder die Kombination beider Bildgebungen (PET/CT) die CT längst abgelöst, weil mit PET eine empfindlichere Diagnostik und vor allem eine bessere Remissionsbeurteilung möglich ist. Allerdings ist die Aussagekraft der PET von der Erfahrung des Untersuchers, den angewandten Kriterien für PET-Positivität und der Kenntnis um die Limitationen des Verfahrens abhängig.

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eine Hochdosistherapie in Zeiten von Rituximab keine Vorteile gegenüber einer aggressiven konventionellen Chemotherapie mehr bietet [14]. Andere konventionelle Chemotherapien wie das vor allem in Frankreich angewandte ACVBP-Protokoll [12] oder das US-amerikanische DA-EPOCH-R [19] haben sich nicht allgemein durchsetzen können. Vergleichende Studien fehlen größtenteils und die Toxizität ist höher als die des Standards R-CHOP. Ob bei Patienten mit niedrigem IPI (0 oder 1 ohne bulk) eine Reduktion der Zykluszahl, z. B. von 6 auf 4 × R-CHOP möglich ist, ist Gegenstand laufender DSHNHL-Studien. Bis die entsprechenden Ergebnisse vorliegen, sollte außerhalb von Studien die Standardtherapie (6 × R-CHOP-21) beibehalten werden. Auch eine Behandlung analog des B-ALL Protokolls erscheint nicht sinnvoll, weil dieses komplexe, nur unter stationären Bedingungen sicher durchführbare Protokoll keine bewiesenen Vorteiel gegenüber R-CHOP bietet. In den meisten Ländern dieser Welt spielt Strahlentherapie in der Behandlung von aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen keine Rolle mehr. In Deutschland wird die Bestrahlung von „bulky disease“ und Extranodalbefällen weiterhin empfohlen. In der UNFOLDER Studie der DSHNHL für Patienten im Alter von 18– 60 Jahren mit IPI 1 und/ oder „bulky disease“ musste der Therapiearm ohne Strahlentherapie kürzlich geschlossen werden, weil die Interimanalyse statistisch signifikant schlechtere Ergebnisse für die Patienten ergab, die nach 6 × R-CHOP keine Strahlentherapie erhalten hatten. Weitere Studien der DSHNHL zeigen, dass die Bestrahlung von „bulky disease“ generell Vorteile bietet, ebenso die Bestrahlung bestimmter Extranodalbefälle, z. B. bei Knochenbefall [5]. Patienten mit Hodenbefall sollten immer eine lokale Strahlentherapie erhalten. Während die Behandlung mit 6 oder 8 × R-CHOP-14 oder -21 bei altersentsprechendem Allgemeinzustand keine Probleme bereitet, müssen bei alten Patienten (> 80 Jahre) und Patienten mit wesentlicher, z. B. kardialer, Komorbidität Abstriche in der Therapieintensität gemacht werden, weil die klassische R-CHOP Therapie zu toxisch ist. In diesen Fällen hat sich das sog. R-miniCHOP Protokoll bewährt [9], dass bei unveränderter R-Dosis die Dosen der Chemotherapie halbiert. Die Gabe einer Kombination aus R und Bendamustin ist ebenfalls möglich, jedoch fehlen bisher Daten zur Vergleichbarkeit des Therapieerfolgs nach R-Benda gegenüber R-CHOP oder R-miniCHOP. Eine Erhaltungstherapie mit Rituximab oder anderen Substanzen kann derzeit nicht empfohlen werden. Das primär mediastinale B-Zell-Lymphom kann mit R-CHOP erfolgreich behandelt werden. Der Einsatz anderer, oft deutlich nebenwirkungsreicherer Therapieprotokolle wird nicht empfohlen. Auf besondere Situationen wie den Verdacht auf ZNS-Befall oder Vorliegen eines manifesten ZNS-Befalls kann hier nicht detailliert eingegangen werden; es sei auf entsprechende Publikationen verwiesen [6, 15]. Gleiches gilt für Patienten mit Hodenlymphom [18], die einer anderen als der Standardtherapie mit R-CHOP zugeführt werden müssen. q Abb. 2 fasst die aktuellen Empfehlungen für die Primärtherapie des aggressiven B-Zell-Lymphoms zusammen.

R-CHOP 1. Rezidiv

Heilung Transplantation möglich Salvage-Therapie CR/PR HDT/Autologe Transplantation 2. Rezidiv

Transplantation nicht möglich Salvage-Therapie

< PR Allogene Transplantation

Heilung

2. Rezidiv

2. Rezidiv

Vinorelbin, Bendamustin, Oxaliplatinum, Ifosfamid, Etoposid, Gemcitabin, Pixantrone*

Abb. 2 Behandlungsalgorithmus für Patienten mit aggressiven B-Zell-Lymphomen. HDT: Hochdosistherapie, z. B. BEAM (BCNU, Etoposid, Cytarabin, Melphalan), Salvagetherapie: R-DHAP (Riotuximab, Dexamethason, Cytarabin, Cisplatin) oder R-ICE (Rituximab, Ifosfamid, Cyclophosphamid, Etoposid). *Pixantrone ist in der Dritt- und Viertlinientherapie des aggressiven B-ZellLymphoms zugelassen; alle anderen Substanzen sind in dieser Indikation nicht zugelassen und werden je nach Vortherapie und Situation des Patienten als Monotherapie oder in wechselnden Kombinationen eingesetzt.

kurzgefasst Die Erstlinientherapie des aggressiven B-Zell-Lymphoms besteht Stadien- und Risikofaktor-unabhängig aus der Gabe von Rituximab und einer Polychemotherapie bestehend aus Cyclophosphamid, Adriamycin, Vincristin und Prednison (CHOP). Die Therapie kann alle 3 Wochen (8 × R-CHOP-21) oder alle 2 Wochen (6 × R-CHOP-14 + 2 × R) wiederholt werden. Patienten mit großen Lymphknotenkonglomeraten („bulky disease“) und bestimmten Extranodalbefällen (Hoden, Knochen) erhalten eine konsolidierende „involved field“-Bestrahlung mit 39,6 Gy.

Rezidivtherapie ▼ Patienten mit Rezidiv eines aggressiven B-Zell-Lymphoms nach Standardtherapie mit R-CHOP haben keine gute Prognose. Der Therapiealgorithmus in q Abb. 2 berücksichtigt insbesondere die Frage, ob der Patient für eine Hochdosistherapie und autologe Transplantation oder eine allogene Transplantation geeignet erscheint. In der CORAL-Studie [3] erfolgte eine Salvagetherapie mit R-DHAP bzw. R-ICE gefolgt von Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation. Sie hat für jüngere Patienten unter 65 Jahren gezeigt, dass der Erfolg einer Rezidivtherapie entscheidend vom Zeitintervall zwischen Ende der Primärtherapie und Rezidiv sowie von der Vortherapie (mit/ ohne Rituximab) abhängt: Bei Spätrezidiv (> 12 Monate nach Therapieende) und Erstbehandlung ohne Rituximab ist die Prognose noch relativ gut. Dagegen liegt nach einem Frührezidiv und vorheriger Therapie mit R-CHOP die progressionsfreie Überlebensrate nach 3 Jahren nur bei 23 %. Für diese Patienten stellt die allogene Transplantation eine ernst zu nehmende Alternative dar [4]. Bei Vorhandensein eines HLA-kompatiblen Familien- oder Fremdspenders darf mit einem Gesamtüberleben von ca. 40 % gerechnet werden.

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kurzgefasst Die Prognose von Patienten mit Rezidiv eines aggressiven B-Zell-Lymphoms ist schlecht. Nur Patienten, die nach erfolgreicher Salvagetherapie einer autologen oder allogenen Transplantation zugeführt werden können, haben eine realistische Chance langfristig zu überleben. Alle anderen Patienten sollten in klinischen Studien behandelt werden oder eine palliative Mono- oder Polychemotherapie erhalten, die ein möglichst langes Überleben bei guter Lebensqualität ermöglicht.

Nachsorge ▼ Nach Erreichen einer kompletten Remission ist eine regelmäßige Wiedervorstellung des Patienten in einem Lymphomzentrum notwendig, um Therapiefolgen oder ein Rezidiv des Lymphoms frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Im ersten und zweiten Jahr nach Therapieende sind vierteljährliche Kontrollen, danach halb- bzw. ab dem vierten Jahr jährliche Kontrollen indiziert. Dabei sollte neben der Frage nach einem Rezidiv gezielt nach kardialen und endokrinologischen Störungen (Hypothyreose, Androgen- bzw. Östrogenmangel, Infertilität) gesucht und ggfs. eine Therapie eingeleitet werden. Leider treten nicht selten Zweitmalignome auf; auch nach diesen muss gefahndet und im ungünstigen Fall eine Behandlung eingeleitet werden.

Konsequenz für Klinik und Praxis 3Die Erstlinientherapie des aggressiven B-Zell-Lymphoms mit R-CHOP erzielt Heilungsraten von 60-90%. 3Die Ergebnisse einer Salvagetherapie incl. autologer oder allogener Transplantation sind abhängig von der Vortherapie und dem Zeitpunkt zu dem das Rezidiv auftritt.

Autorenerklärung: N. Schmitz und B. Glaß erklären, dass sie von den Firmen Roche und cti lifesciences Honorare für Vorträge bzw. die Durchführung klinischer Studien erhalten haben. H.S. Wu erklärt, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Literatur 1 Coiffier B, Thieblemont C, van den Neste E et al. Long-term outcome of patients in the LNH-98.5 trial, the first randomized study comparing rituximab-CHOP to standard CHOP chemotherapy in DLBCL patients: a study by the Groupe d'Etudes des Lymphomes de l'Adulte. Blood 2010; 116: 2040–2045 2 Cunningham D, Hawkes EA, Jack A et al. Rituximab plus cyclophosphamide, doxorubicin, vincristine, and prednisolone in patients with newly diagnosed diffuse large B-cell non-Hodgkin lymphoma. Lancet 2013; 381: 1817–1826 3 Gisselbrecht C, Glass B, Mounier N et al. Salvage regimens with autologous transplantation for relapsed large B-cell lymphoma in the rituximab era. J Clin Oncol 2010; 28: 4184–4190 4 Glass B, Hasenkamp J, Wulf G et al. Rituximab after lymphoma-directed conditioning and allogeneic stem-cell transplantation for relapsed and refractory aggressive non-Hodgkin lymphoma (DSHNHL R3). Lancet Oncol 2014; 15: 757–766 5 Held G, Zeynalova S, Murawski N et al. Impact of rituximab and radiotherapy on outcome of patients with aggressive B-cell lymphoma and skeletal involvement. J Clin Oncol 2013; 31: 4115–4122 6 Korfel A, Elter T, Thiel E et al. Phase II study of central nervous system (CNS)-directed chemotherapy including high-dose chemotherapy with autologous stem cell transplantation for CNS relapse of aggressive lymphomas. Haematologica 2013; 98: 364–370 7 Mounier N, El Gnaoui T, Tilly H et al. Rituximab plus gemcitabine and oxaliplatin in patients with refractory/relapsed diffuse large B-cell lymphoma who are not candidates for high-dose therapy. Haematologica 2013; 98: 1726–1731 8 Pettengell R, Coiffier B, Narayanan G et al. Pixantrone dimaleate versus other chemotherapeutic agents as a single-agent salvage treatment in patients with relapsed or refractory aggressive non-Hodgkin lymphomal. Lancet Oncol 2012; 13: 696–606 9 Peyrade F, Jardin F, Thieblemont C et al. Attenuated immunochemotherapy regimen (R-miniCHOP) in elderly patients older than 80 years with diffuse large B-cell lymphoma. Lancet Oncol 2011; 12: 460–468 10 Pfreundschuh M, Ho AD, Cavallin-Stahl E et al. Prognostic significance of maximum tumour (bulk) diameter in young patients with goodprognosis diffuse large-B-cell lymphoma treated with CHOP-like chemotherapy with or without rituximab: an exploratory analysis of the MabThera International Trial Group (MInT) study. Lancet Oncol 2008; 9: 435–444 11 Pfreundschuh M, Schubert J, Ziepert M et al. Six versus eight cycles of bi-weekly CHOP-14 with or without rituximab in elderly patients with aggressive CD20+ B-cell lymphomas: a randomised controlled trial (RICOVER-60). Lancet Oncol 2008; 9: 105–116 12 Récher C, Coiffier B, Haioun C et al. Intensified chemotherapy with ACVBP plus rituximab versus standard CHOP plus rituximab for the treatment of diffuse large B-cell lymphoma (LNH03-2B). Lancet 2011; 378: 1858–1867 13 Schmitz N, Nickelsen M, Ziepert M et al. Conventional chemotherapy (CHOEP-14) with rituximab or high-dose chemotherapy (MegaCHOEP) with rituximab for young, high-risk patients with aggressive B-cell lymphoma: an open-label, randomised, phase 3 trial (DSHNHL 2002-1). Lancet Oncol 2012; 13: 1250–1259 14 Schmitz N, Ziepert M, Vitolo U. German High-Grade Non-Hodgkin’s Lymphoma Study Group. Fondazione Italiana Linfomi. The role of myeloablation for lymphoma. N Engl J Med 2014; 370: 574–575 15 Schmitz N, Wu HS, Zeynalova S. Risk of CNS recurrence and role of prophylaxis in aggressive lymphoid malignancies. Blood 2014; in press. 16 Stiff PJ, Unger JM, Cook JR et al. Autologous transplantation as consolidation for aggressive non-Hodgkin's lymphoma. N Engl J Med 2013; 369: 1681–1690 17 The International Non-Hodgkin's Lymphoma Prognostic Factors Project. A predictive model for aggressive non-Hodgkin's lymphoma. N Engl J Med 1993; 329: 987–994 18 Vitolo U, Chiappella A, Ferreri AJ et al. First-line treatment for primary testicular diffuse large B-cell lymphoma with rituximab-CHOP, CNS prophylaxis, and contralateral testis irradiation: final results of an international phase II trial. J Clin Oncol 2011; 29: 2766–2772 19 Wilson WH, Jung SH, Porcu P et al. A Cancer and Leukemia Group B multi-center study of DA-EPOCH-rituximab in untreated diffuse large B-cell lymphoma with analysis of outcome by molecular subtype. Haematologica 2012; 97: 758–765 20 Ziepert M, Hasenclever D, Kuhnt E et al. Standard International prognostic index remains a valid predictor of outcome for patients with aggressive CD20+ B-cell lymphoma in the rituximab era. J Clin Oncol 2010; 28: 2373–2380

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Patienten jenseits des 70. Lebensjahres, für die eine allogene oder autologe Transplantation nicht in Frage kommt, müssen ebenso wie Patienten ohne Spender bzw. ohne erfolgreiche Stammzellsammlung konservativ mit einer Salvagechemotherapie behandelt werden. Neben den oben bereits genannten Schemata, die bei älteren Menschen oft zu toxisch sind, kann eine Behandlung mit Gemcitabin-haltigen Protokollen durchgeführt werden [7]. Diese Protokolle haben in den meisten Fällen, ebenso wie die Gabe von Einzelsubstanzen wie Etoposid, Vindesin oder Pixantrone palliativen Charakter. Mit dem von Vielen favorisierten R-GemOx-Protokoll wird eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 14 % nach fünf Jahren beschrieben. Pixantrone ist die einzige in dieser Situation zugelassene Substanz [8], die sich in einer prospektiven, randomisierten Studie anderen Monotherapien gegenüber als überlegen erwies. Es ist nicht klar, ob die allgemein gängige Praxis, fast allen Patienten im Rezidiv eine Polychemotherapie zu empfehlen, Vorteile gegenüber einer Monotherapie mit lymphomwirksamen Medikamenten bietet. Allein die Patienten, die nach erneuter Salvagetherapie einer Transplantation zugeführt werden können, dürfen mit einem langfristigen Überleben rechnen.

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