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Alternatives Spleißen – Prinzipien, funktionelle Konsequenzen und therapeutische Relevanz

Autoren

F. Heyd1

Institut

1 Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung, Philipps-Universität Marburg

Alternatives Spleißen ▼ Eine der überraschendsten Erkenntnisse aus der Sequenzierung des humanen Genoms ist die vergleichsweise geringe Zahl der Protein-kodierenden Gene. So unterscheidet sich die Anzahl dieser Gene in Mensch (25 000), Wurm (19 000) und Fruchtfliege (14 000) um weniger als den Faktor zwei, was die unterschiedliche Komplexität dieser Organismen kaum erklärt [7]. Aus dieser Diskrepanz kann gefolgert werden, dass posttranskriptionelle Regulationsmechanismen der Genexpression eine fundamentale Rolle bei der Generierung des Proteoms und damit auch der Komplexität eines Organismus spielen. Das wohl größte Potenzial zur Vergrößerung des Protein-Repertoires hat alternatives Spleißen [7]. Dieser Mechanismus nutzt die Struktur eukaryotischer Gene, die zunächst als prä-mRNA transkribiert werden. In der prä-mRNA sind kodierende Bereiche (Exons) noch durch nichtkodierende Bereiche (Introns) voneinander getrennt. Durch das vom Spleißosom katalysierte Herausschneiden der Introns und die Verknüpfung der Exons (Spleißen) entsteht die reife mRNA (q Abb. 1). Diese wird in das Cytoplasma transportiert und dort translatiert [1]. Man unterscheidet konstitutive und alternative Exons. Konstitutive Exons werden immer in die reife mRNA aufgenommen. Bei alternativen Exons ist der Spleißprozess reguliert, sodass das Exon entweder in die reife mRNA aufgenommen oder ausgeschlossen werden kann. Dadurch können sich zwei (oder mehr) mRNAs aus einer prämRNA bilden, wodurch unterschiedliche ProteinIsoformen gebildet werden (und die „Ein-Genein-Enzym-Hypothese“ widerlegt wird). Alternatives Spleißen kann vielfältige funktionelle Konsequenzen für das entstehende Protein haben: Möglich sind z. B. eine Änderung der Lokalisation, der n

enzymatischen Aktivität, der Protein- und/oder mRNA-Stabilität oder von Protein-Protein-Interaktionen. Neben der differenziellen Nutzung eines kompletten Exons kann alternatives Spleißen auf weitere Arten reguliert werden. Weitere häufig anzutreffende Beispiele sind alternative 5’- und 3’-Spleißstellen innerhalb eines Exons, sich gegenseitig ausschließende Exons (mutually exclusive) und die Retention von Introns (q Abb. 1) [1]. Entscheidend ist, dass in jedem Fall aus einer prä-mRNA unterschiedliche mRNAs und damit Proteine generiert werden, die zumindest potenziell eine unterschiedliche Funktion erfüllen. In vielen Fällen führt alternatives Spleißen nicht nur zur Bildung von zwei, sondern zu diversen reifen mRNAs aus einer einzigen prä-mRNA. So vervielfacht sich die Zahl möglicher Proteine im Vergleich zu der Zahl Protein-kodierender Gene. Ein extremes Beispiel ist die in Fruchtfliegen alternativ gespleißte Dscam prä-mRNA, aus der bis zu 38 016 verschiedene reife mRNAs gebildet werden können – weit mehr als es im Fliegengenom Gene gibt [7].

kurzgefasst Alternatives Spleißen ist die regulierte Nutzung bestimmter Exons (Protein-kodierende Bereiche der prä-mRNA), die wahlweise aus der reifen mRNA ausgeschlossen oder in diese aufgenommen werden können. So werden verschiedene Proteine aus einem einzigen Gen gebildet, was maßgeblich zur Komplexität des Proteoms in höheren Eukaryoten beiträgt.

Alternatives Spleißen und Deep-Sequencing ▼ Neben der Sequenzierung des humanen Genoms hat auch die Entwicklung der Deep-SequencingTechnologie in den letzten Jahren entscheidend

Genetik

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Schlüsselwörter Genexpression prä-mRNA alternatives Spleißen Intron Exon Deep-Sequencing Proteom

q q q q q q q

Keywords gene expression pre-mRNA alternative splicing intron exon deep sequencing proteome

q q q q q q q

eingereicht 11.01.2013 akzeptiert 02.05.2013 Bibliografie DOI 10.1055/s-0033-1349570 Online Publikation: 13.11.2013 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 0:339–342 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Dr. rer. nat. Florian Heyd Institut für Chemie und Biochemie, Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie Freie Universität Berlin Takustraße 6 14195 Berlin Tel. 030/83862938 eMail [email protected]

Korrekturexemplar: Veröffentlichung (auch online), Vervielfältigung oder Weitergabe nicht erlaubt! n

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Alternative splicing – principles, functional consequences and therapeutic implications

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alternatives Exon und

sich gegenseitig ausschließende Exons oder

alternative 3’ Spleißstelle und

alternative 5’ Spleißstelle und

Intron Retention

Abb. 1 Verschiedene Formen von alternativem Spleißen führen zur Bildung unterschiedlicher reifer mRNAs aus einer prä-mRNA. Konstitutive Exons: graue Quader; alternative Exons: farbige Quader; Introns: durchgezogene Linie.

dazu beigetragen, die Verbreitung und Relevanz von alternativem Spleißen zu untersuchen. Durch Deep-Sequencing ist es möglich, mit verhältnismäßig wenig Aufwand genomweite mRNA-Expressionsmuster zu erstellen und diese auf alternatives Spleißen hin zu untersuchen. Wenn Proben aus unterschiedlichen Geweben oder Differenzierungs- oder Aktivierungszuständen verwendet werden, können zelltypspezifische Spleißmuster miteinander verglichen werden. Diese Untersuchungen hatten zwei überraschende Entdeckungen zur Folge: Wurde alternatives Spleißen noch vor wenigen Jahren als eine Ausnahme gesehen, ist mittlerweile gezeigt worden, dass bis zu 90 % aller humanen multi-Exon-Gene alternativ gespleißte Isoformen bilden [9]. Außerdem wurde durch DeepSequencing-Analysen deutlich, dass sich die Spleißmuster in verschiedenen Geweben erheblich unterscheiden, und dass alternatives Spleißen ein dynamischer Prozess ist, da sich Spleißmuster während Differenzierungs- und Aktivierungsprozessen beträchtlich verändern [2]. Bislang weitgehend unbeantwortet ist die Frage, welche funktionellen Konsequenzen sich aus zelltypspezifischen Spleißmustern ergeben. Hier lassen erste Arbeiten vermuten, dass alternatives Spleißen eine wichtige Rolle in der Regulation der Funktionalität einer Zelle hat [8]. Diese Befunde werden durch die Existenz von Mutationen gestützt, die zu einer Fehlregulation einer einzelnen Isoform eines Gens führen, und die mit der Ausbildung verschiedener Krankheiten im humanen System assoziiert sind [12]. Die hier kurz vorgestellten Ergebnisse haben in den letzten Jahren das Verständnis über die Regulation der Proteinexpression in höheren Eukaryoten um zwei zentrale Punkte bereichert: a. Die meisten humanen Gene werden alternativ gespleißt. Dies steigert die Kodierungskapazität des Genoms enorm. b. Zelltyp-spezifisches alternatives Spleißen scheint eine entscheidende Rolle in der Kontrolle der Genexpression und Funktionalität verschiedener Zelltypen zu spielen. Hieraus ergeben sich wichtige Konsequenzen für die medizinische Forschung: Wenn alternatives Spleißen an der Kontrolle der Genexpression im humanen System beteiligt ist, sollte eine

Fehlregulation von (alternativem) Spleißen mit der Ausbildung verschiedener Krankheitsbilder assoziiert sein. Tatsächlich gehen aktuelle Schätzungen davon aus, dass bis zu 60 % aller krankheitsassoziierten Mutationen eine Fehlregulation des Spleißprozesses zur Folge haben [13]. Dieser hohe Prozentsatz verdeutlicht eindrücklich die Relevanz von (alternativem) Spleißen für die Funktionalität humaner Zellen. Im Folgenden sollen anhand konkreter Beispiele die Regulation von alternativem Spleißen und Konsequenzen einer Fehlregulation diskutiert, und das sich daraus ergebende therapeutische Potenzial vorgestellt werden.

kurzgefasst Durch Deep-Sequencing lässt sich alternatives Spleißen genomweit analysieren. Alternatives Spleißen unterscheidet sich in verschiedenen Geweben stark und scheint einen wichtigen Einfluss auf die Funktionalität von Zellen zu haben. Dementsprechend korreliert ein hoher Prozentsatz von krankheitsassoziierten Mutationen mit einer Fehlregulation des Spleißprozesses, was die Ausbildung der entsprechenden Krankheit zur Folge hat.

Regulation und funktionelle Konsequenzen von alternativem Spleißen ▼ Eines der am besten untersuchten Beispiele für alternatives Spleißen im humanen System ist die Tyrosinphosphatase CD45.  CD45 wird in allen kernhaltigen Zellen des hämatopoetischen Systems exprimiert und ist an der Signalübertragung durch verschiedene Transmembranrezeptoren beteiligt [4]. Beispielsweise ist CD45 in T-Zellen essenziell für die Aktivierung durch den T-Zell-Rezeptor. CD45 kommt durch alternatives Spleißen von drei Exons in verschiedenen Isoformen vor, deren Verhältnis streng reguliert ist. In naiven T-Zellen werden die alternativen Exons bevorzugt in die mRNA aufgenommen, was zu einer verstärkten Bildung der größeren CD45-Proteinisoformen (gemeinsam als CD45R + bezeichnet) führt. Während der Aktivierung kommt es in T-Zellen zu einem Ausschluss der drei alternativ gespleißten Exons, wodurch sich hauptsächlich die kleinste Isoform (CD45R0) bildet. Die Änderung der CD45-Isoform-Expression während der T-Zell-Aktivierung erfolgt so robust und effizient, dass sie als einer der Standard-Marker zur Unterscheidung von naiven und aktivierten Gedächtnis-T-Zellen verwendet wird. Reguliert wird das „activation induced exon skipping“ während der T-Zell-Aktivierung durch die induzierte Bindung verschiedener Proteine an eine in allen drei alternativen Exons vorhandene „Exonic splicing silencer“ (ESS) Sequenz (q Abb. 2A) [5]. ESS sind in Exons lokaliserte RNA-Elemente, die die Nutzung eines Exons durch die Bindung bestimmter Proteine, oft aus der Familie der heterogenen nukleären Ribonukleoproteine (hnRNP), inhibieren können. Funktionell wurde gezeigt, dass die kleinste Isoform, CD45R0, die höchste Neigung zur Bildung katalytisch inaktiver Dimere und damit die geringste Phosphatase-Aktivität besitzt. Das alternative Spleißen während der T-Zell-Aktivierung führt so zu einer reduzierten CD45Aktivität in aktivierten T-Zellen und stellt dadurch einen wichtigen Mechanismus zur Kontrolle aktivierter T-Zellen dar (Attenuierung, q Abb. 2A) [4]. Dies wird eindrucksvoll durch einen Einzelnukleotidpolymorphismus (SNP) in der ESS-Sequenz von CD45 Exon 4 (C77G) verdeutlicht. Dieser SNP führt zu einem

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3

7

CD45 prä-mRNA, ruhende T-Zelle

CD45 aktiv T-Zell-Aktivierung

T-ZellAktivierung

hnRNP 3

7

CD45 weniger aktiv T-Zell-Attenuierung

b SMN1

SR

6

8

SMN Protein stabil

ESE SMN2

C6T

6

8

SMN Protein instabil

ESS

Abb. 2 Regulation und funktionelle Konsequenzen von alternativem Spleißen. a) Alternatives Spleißen von drei Exons in CD45. Regulation durch einen „Exonic Splicing Silencer“ (ESS). Dieser wird in aktivierten T-Zellen durch Proteine, u. a. der hnRNP-Familie, gebunden, die zu einem Ausschluss der drei Exons aus der reifen mRNA führen. b) Im SMN1-Gen führt die Bindung von SR-Proteinen an einen „Exonic Splicing Enhancer“ (ESE) zur Inklusion von Exon 7 und zu einem stabilen Protein. Ein stiller Basenaustausch (C6T) im SMN2-Gen wandelt den ESE in einen ESS um, wodurch das Exon hauptsächlich aus der mRNA ausgeschlossen und das daraus gebildete Protein destabilisiert wird.

Verlust der Aktivität der ESS-Sequenz, so dass T-Zellen nicht mehr in der Lage sind, dieses Exon aus der reifen mRNA auszuschließen [4]. Dies hat eine geringere Aktivierungsschwelle und eine stärkere, weniger gut kontrollierbare T-Zell-Aktivierung zur Folge. Konsistent mit diesem Befund zeigen einige Studien eine Korrelation dieses SNP mit der Anfälligkeit der Träger für (Autoimmun-) Erkrankungen, wie z. B. Multipler Sklerose [12]. Ein anderes prominentes Beispiel ist das alternative Spleißen von SMN (survival of motorneurons), das direkt mit der Ausbildung einer spinalen Muskelatrophie (SMA) in Verbindung steht. Das SMN-Protein hat eine zentrale Rolle im Aufbau des Spleißosoms, sodass ein Verlust von SMN eine Vielzahl von Spleißdefekten nach sich zieht, die im Fall von SMA zu einem Absterben der Motorneuronen im Rückenmark führen [14]. Im humanen Genom sind zwei Kopien des SMN-Gens vorhanden (SMN1 und SMN2), die sich nur in 5 Nukleotiden unterscheiden. Entscheidend ist ein stummer C-zu-T-Austausch in Exon 7, der in SMN2 zu einem präferenziellen Ausschluss dieses Exons aus der mRNA, und so zu einer verminderten Proteinstabilität führt (q Abb. 2B) [3]. Hervorgerufen wird dieser alternative Spleißprozess durch den mit dem Basenaustausch einhergehenden Verlust eines „Exonic Splicing Enhancers“ (ESE). ESE-Sequenzen liegen in Exons und werden von Proteinen (häufig aus der SR-Protein-Familie, benannt nach dem Vorhandensein einer Serin- und Arginin-reichen Domäne) gebunden, die dann zu einer Inklusion des Exons in die mRNA beitragen. Im Fall von SMN1 führt der ESE in Exon 7 zur Inklusion, während durch den Basenaustausch in SMN2 ein ESS entsteht, der zur Exon-Exklusion beiträgt (q Abb. 2B) [6]. Der SMA-Phänotyp wird in den meisten Fällen durch eine Deletion oder Mutation des SMN1-Gens verursacht. Das verbleibende SMN2-Gen kann aufgrund des alternativen Exon-7-Spleißens und der damit einhergehenden Proteininstabilität diesen Verlust nicht ausgleichen, wodurch es zur Ausprägung des Krankheitsbildes kommt. Diese Konstellation macht

SMA zu einem äußerst interessanten Ziel der biomedizinischen Forschung. Eine Korrektur des alternativen Spleißens von SMN2, d. h. eine forcierte Inklusion von Exon 7, könnte dem Verlust von SMN1 entgegenwirken und so die Manifestation der Krankheit verhindern oder abschwächen. Entsprechende Ansätze werden gegenwärtig intensiv verfolgt und zeigen in Mausmodellen auch beeindruckende Erfolge (siehe unten) [11]. Eine solche Verbindung von alternativem Spleißen mit der Zellfunktion und die Folgen einer Fehlregulation sind bislang nur für wenige Gene gut beschrieben. Allerdings lassen der hohe Prozentsatz alternativ gespleißter Gene im humanen Genom und das zunehmend bessere Verständnis der funktionellen Rolle von alternativem Spleißen vermuten, dass in naher Zukunft eine Vielzahl weiterer Beispiele hinzukommt und dadurch das Interesse an dem therapeutischem Potenzial stark steigen wird.

kurzgefasst Alternatives Spleißen wird durch die Bindung regulatorischer Proteine an bestimmte Sequenzen innerhalb der regulierten prä-mRNA kontrolliert. Einzelne Punktmutationen können die Bindung solcher Proteine verhindern, den Spleißprozess stören und direkt zur Ausbildung verschiedener Krankheiten führen.

Gezielte Manipulation von alternativem Spleißen als therapeutisches Konzept: Chancen und Zukunft ▼ In Zellkultur- und Mausmodellen ist die Manipulation von Spleißmustern mit modifizierten antisense Oligonukleotiden (ASO) möglich. Beispielsweise lässt sich mit Morpholino-Oligomeren (MO), die gegen die Spleißstelle eines Exons gerichtet sind, eine effiziente Exklusion des entsprechenden Exons aus der mRNA erreichen [10] (eigene unveröffentlichte Ergebnisse). Die Bindung des MO (oder anderer modifizierter Oligonukleotide) an die Spleißstelle in der prä-mRNA verhindert die für die Exon-Inklusion benötigte Bindung des Spleißosoms, ohne zu einem Abbau der Zielsequenz zu führen (q Abb. 3). Um ein Exon verstärkt in die mRNA zu integrieren, wurden Strukturen entwickelt, die durch einen zur Zielsequenz komplementären modifizierten Nukleinsäureteil (PNA) ein kurzes Peptid mit spleißstimulatorischer Aktivität zu dem entsprechenden Exon rekrutieren (q Abb. 3) [6]. Ebenfalls möglich sind MOs, die nicht komplementär zur Spleißstelle, sondern zu anderen regulatorischen Sequenzen, wie ESS oder ESE, sind. In diesem Fall verhindert die Bindung des MO die Interaktion mit regulatorischen Proteinen und blockiert so die Funktion des RNA-Elements, wodurch sich die Nutzung eines Exons ebenfalls steuern lässt [10]. Diese experimentellen Werkzeuge ließen sich optimal anwenden, wenn eine direkte Korrelation zwischen einer Fehlregulation von alternativem Spleißen und einem Krankheitsbild besteht. Beispiele hierfür sind SMA, das Hutchison-Gilford-Syndrom, verschiedene Formen der myotonen Dystrophie, die Duchenne-Muskeldystrophie (DMD), Thalassämie und zystische Fibrose [11]. Im Fall von SMA sind Mausmodelle entwickelt worden, in denen das murine SMN-Gen durch die transgene Expression des humanen SMN2-Gens ersetzt wird. Eine Kopie des humanen SMN2 ist ausreichend, um die embryonale Letalität des SMN-knockout zu korrigieren, allerdings zeigen die Tiere schwere SMASymptome und überleben nur wenige Tage. Durch die Injektion von ASOs, die wie oben beschrieben zu einer Inklusion von Exon

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ESS

a

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a

Spleißosom

3Alternatives Spleißen spielt eine zentrale Rolle in der Regulation der Genexpression in höheren Eukaryoten. 3Krankheitsassoziierte Mutationen führen häufig zu einer Fehlregulation des Spleißprozesses. 3Die gezielte Manipulation von Spleißmustern wird bereits in klinischen Studien erprobt und bietet ein großes therapeutisches Potenzial für verschiedene Erkrankungen.

ASO

b

Konsequenz für Klinik und Praxis

hnRNP

Literatur

ESS

biASO

Abb. 3 Manipulation von alternativem Spleißen. a) Die Erkennung eines Exons durch das Spleißosom kann durch die Bindung von modifizierten antisense Oligonukleotiden (ASO) blockiert werden. Dies führt zur Exklusion des entsprechenden Exons. b) Die Bindung von hnRNP-Proteinen an ESS stört den Aufbau des Spleißosoms und führt so zur Exon-Exklusion. Durch biofunktionelle ASOs (biASO), die einerseits die ESS-Sequenz maskieren und andererseits ein kurzes, spleiß-stimulatorisches Peptid zu dem Exon rekrutieren, kann die Erkennung des Exons durch das Spleißosom erleichtert und so die Inklusion des Exons in die reife mRNA bewirkt werden.

7 im SNM2-Transkript führen, konnte die Lebenserwartung dieser Mäuse dramatisch erhöht werden [15]. Ähnliche Ergebnisse wurden durch die Injektion von membrangängigen MOs in ein Maus-Modell für das Hutchinson-Gilford-Syndrom erzielt [11]. Diese In-vivo-Systeme zeigen eindrucksvoll, wie die Manipulation alternativer Spleißmuster als therapeutisches Konzept genutzt werden kann. Allerdings ist das gezielte Einbringen der ASOs in die relevanten Gewebe eine noch zu bewältigende Hürde, weshalb diese Versuche nicht direkt auf das humane System übertragen werden können. Für die Duchenne-Muskeldystrophie befinden sich verschiedene modifizierte ASOs, die durch eine Manipulation des Dystrophin-Spleißmusters eine Milderung der Krankheitssymptome herbeiführen sollen, in Phase-2- /3- klinischen Studien, was die Umsetzbarkeit des Konzepts belegt [11].

1 Black DL. Mechanisms of alternative pre-messenger RNA splicing. Annu Rev Biochem 2003; 72: 291–336 2 Blencowe BJ. Alternative splicing: new insights from global analyses. Cell 2006; 126: 37–47 3 Cooper TA, Wan L, Dreyfuss G. RNA and disease. Cell 2009; 136: 777– 793 4 Hermiston ML, Xu Z, Weiss A. CD45: a critical regulator of signaling thresholds in immune cells. Annu Rev Immunol 2003; 21: 107–137 5 Heyd F, Lynch KW. Phosphorylation-dependent regulation of PSF by GSK3 controls CD45 alternative splicing. Mol Cell 2010; 40: 126–137 6 Khoo B, Krainer AR. Splicing therapeutics in SMN2 and APOB. Curr Opin Mol Ther 2009; 11: 108–115 7 Maniatis T, Tasic B. Alternative pre-mRNA splicing and proteome expansion in metazoans. Nature 2002; 418: 236–243 8 Möröy T, Heyd F. The impact of alternative splicing in vivo: mouse models show the way. RNA 2007; 13: 1155–1171 9 Pan Q, Shai O, Lee LJ et al. Deep surveying of alternative splicing complexity in the human transcriptome by high-throughput sequencing. Nat Genet 2008; 40: 1413–1415 10 Parra MK, Gee S, Mohandas N et al. Efficient in vivo manipulation of alternative pre-mRNA splicing events using antisense morpholinos in mice. J Biol Chem 2011; 286: 6033–6039 11 Spitali P, Aartsma-Rus A. Splice modulating therapies for human disease. Cell 2012; 148: 1085–1088 12 Tchilian EZ, Beverley PC. Altered CD45 expression and disease. Trends Immunol 2006; 27: 146–153 13 Wang GS, Cooper TA. Splicing in disease: disruption of the splicing code and the decoding machinery. Nat Rev Genet 2007; 8: 749–761 14 Zhang Z, Lotti F, Dittmar K et al. SMN deficiency causes tissue-specific perturbations in the repertoire of snRNAs and widespread defects in splicing. Cell 2008; 133: 585–600 15 Zhou J, Zheng X, Shen H. Targeting RNA-splicing for SMA treatment. Mol Cells 2012; 33: 223–228

Diese Studien, der enge Zusammenhang zwischen krankheitsrelevanten Mutationen und dem Spleißprozess und Fortschritte in der ASO-Technologie, verdeutlichen das große Potenzial der Manipulation von alternativem Spleißen und lassen auf eine steigende Zahl von therapeutischen Anwendungen in naher Zukunft hoffen.

kurzgefasst Durch antisense Oligonukleotide lassen sich Spleißprozesse gezielt manipulieren. Intensive Forschung auf diesem Gebiet und bereits begonnene klinische Studien sollen dies nutzen, um neue Therapiekonzepte für Krankheiten zu entwickeln, die direkt durch Spleißdefekte ausgelöst werden. Autorenerklärung: Der Autor erklärt, dass er keine finanzielle Verbindung mit einer Firma hat, deren Produkt in diesem Beitrag eine Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).

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[Alternative splicing--principles, functional consequences and therapeutic implications].

Protein-coding genes in higher eukaryotes are transcribed as pre-mRNA in which the coding regions (exons) are separated by non-coding segments (intron...
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