Zusammenfassung | Abstract

S 99

Strategien zum rationalen Einsatz von Antiinfektiva – aktueller Stand Antibiotic stewardship – state of the art 00 Um die Wirksamkeit von Antibiotika auch künftig sicherzustellen, sprachen Bartlett und Koautoren kürzlich Empfehlungen aus, wie den reduzierten Gebrauch dieser Substanzen in der Landwirtschaft, den Einsatz neuer molekularer Testmethoden zur Resistenzermittlung, die Prävention nosokomialer Infektionen und die Förderung des sogenannten „Antibiotic Stewardship“ (ABS) [2]. Bereits 2007 stellten die Infectious Diseases Society of America und die Society for Healthcare Epidemiology of America Leitlinien zur Entwicklung eines ABS vor, das in Deutschland meist als „Strategie zum rationalen Einsatz von Antiinfektiva“ übersetzt wird [4].

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Penicillin-resistente S. pneumoniae (%)

Infektiologie Zusammenfassung | Abstract

Schlüsselwörter Resistenzrate Landwirtschaft Antibiotic Stewardship Leitlinien

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Keywords rate of resistance agriculture antibiotic stewardship guidelines

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Hauptziel dieser Leitlinien ist eine verbesserte Qualität der Antibiotikatherapie, um so für den einzelnen Patienten das bestmögliche klinische Behandlungsergebnis bei minimaler Toxizität und Resistenzentwicklung zu erreichen. Zur Sicherstellung dieser Ziele ist eine eingehende Schulung des ärztlichen Personals und der Klinikapotheker erforderlich. Das ABS-Team sollte multidisziplinär aus Personen der Bereiche Infektiologie, klinische Mikrobiologie, Krankenhaushygiene, Apotheke und Informatik zusammengesetzt sein. Ein wichtiger Aspekt zur Optimierung der Therapieergebnisse ist die Berücksichtigung von lokaler Mikrobiologie und Resistenzsituation in der jeweiligen Klinik. Gefordert werden außerdem koordinierte Maßnah-

Ursächlich für diese Entwicklung ist neben einem fehlerhaften und übermäßigen klinischen Antibiotikaeinsatz auch die immense Verwendung dieser Substanzen in der Landwirtschaft. Grundsätzlich kann eine positive Korrelation zwischen Ausmaß des Antibiotikaeinsatzes in einem Land und der dortigen Resistenzrate festgestellt werden (q Abb. 1). Gleichzeitig ist ein der Resistenz gegenläufiger Trend bei der Antibiotikaentwicklung festzustellen: Zwischen 2008 und 2012 wurde in den USA nur noch eine neue Substanz zugelassen.

Abb. 1 Korrelation zwischen Ausmaß des Antibiotikaeinsatzes und Resistenz [1]. Spain

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Y. Carmeli1

Institut Division of Epidemiology & The National Center for Infection and Antibiotic Resistant Control, Tel Aviv Sourasky Medical Center eingereicht 18.12.2013 akzeptiert 16.01.2014

France

Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1369877 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 139: S99–S100 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13

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Greece

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Portugal

Ireland

20

Canada Luxemburg

Austria Iceland

Belgium

UK

10

0

USA

Germany Denmark Netherlands 0

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Sweden

Australia Finland

Norway

20 30 Antibiotikaeinsatz gesamt (definierte tägliche Dosis/1000 Einwohner/Tag)

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Korrespondenz Prof. med. Dr. Yehuda Carmeli Division of Epidemiology & The National Center for Infection and Antibiotic Resistant Control, Tel Aviv Sourasky Medical Center 6 Weizman Street 64239 Tel Aviv, Israel Tel. +972/3/692-5644 Fax +972/3/697-4966 eMail ycarmeli@ bidmc.harvard.edu

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Vor der Antibiotika-Ära stellten schwere Infektionen eine große Bedrohung dar. So lag die Mortalitätsrate bei einer Bakteriämie durch Staphylococcus aureus zu dieser Zeit bei 82 %. Sie fiel erst nach Einführung von Antibiotika auf 27 % ab [3, 7]. Diese Erfolge sind heute aufgrund der steigenden antimikrobiellen Resistenzen in Gefahr: So stieg die Rate von Isolaten mit MRSA von deutlich < 10 % um 1980 auf heute > 60 %. Vancomycin-resistente Enterokokken sowie Imipenem-resistente Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter-Spezies werden mittlerweile in jeweils rund 30 % der Isolate nachgewiesen. Diese Resistenzen gehen mit dem verzögerten Beginn einer adäquaten Therapie und einer Verdopplung von Morbidität, Mortalität und Therapiekosten einher.

Zusammenfassung | Abstract

men, um die antimikrobielle Therapie in Bezug auf Wahl der aktivsten Substanz, Dosierung, Anwendungsdauer und Applikationsart bestmöglich zu gestalten. Insbesondere Dosierung und Therapiedauer scheinen mehreren Arbeiten zufolge Schlüsselfaktoren bei der Förderung von Resistenzen zu sein: So wurden niedrige Dosierung eines Beta-Laktam-Antibiotikums und lange Behandlungsdauer als förderlich für die pharyngeale Besiedlung mit Penicillin-resistenten Streptococcus-pneumoniae-Stämmen identifiziert [5]. Andererseits konnte die Besiedlung mit resistenten Pneumokokken durch die kurzzeitige, aber hoch dosierte Gabe von Amoxicillin verringert werden [6]. Der Antibiotikaeinsatz sollte zwar grundsätzlich minimiert werden, jedoch muss diese Forderung sorgfältig gegenüber dem Risiko einer Therapieverzögerung abgewogen werden. Noch zu selten erfolgt bislang eine mikrobiologische Testung im Therapieverlauf mit dem Ziel, die Antibiotikatherapie zu deeskalieren. Eine Umstellung der intravenösen auf die orale Therapie wird generell empfohlen, ist aber vermutlich weniger zur Vermeidung von Resistenzen, als vielmehr aus Gründen der Kosteneinsparung sinnvoll.

Literatur 1 Albrich WC, Monnet DL, Harbarth S. Antibiotic selection pressure and resistance in Streptococcus pneumoniae and Streptococcus pyogenes. Emerg Infect Dis 2004; 10: 514–517 2 Bartlett JG, Gilbert DN, Spellberg B. Seven ways to preserve the miracle of antibiotics. Clin Infect Dis 2013; 56: 1445–1450 3 Cluff LE, Reynolds RJ. Management of staphylococcal infections. Am J Med 1965; 39: 812–825 4 Dellit TH, Owens RC, McGowan JE Jr et al. Infectious Diseases Society of America and the Society for Healthcare Epidemiology of America guidelines for developing an institutional program to enhance antimicrobial stewardship. Clin Infect Dis 2007; 44: 159– 177 5 Guillemot D, Carbon C, Balkau B et al. Low dosage and long treatment duration of beta-lactam: risk factors for carriage of penicillin-resistant Streptococcus pneumoniae. JAMA 1998; 279: 365–370 6 Schrag SJ, Peña C, Fernández J. Effect of short-course, high-dose amoxicillin therapy on resistant pneumococcal carriage: a randomized trial. JAMA 2001; 286: 49–56 7 Skinner D, Keefer CS. Significance of bacteremia caused by Staphylococcus aureus: a study of one hundred and twenty-two cases and a review of the literature concerned with experimental infection in animals. Arch Intern Med 1941; 68: 851–875

Wichtig ist schließlich die Erarbeitung lokaler, klinikinterner Leitlinien, in welche alle genannten Maßnahmen inkorporiert werden sollten. Autorenerklärung: Der Autor erklärt, finanzielle Förderungen von Achoagen Inc., Allecra, AstraZeneca, Basilea Pharmaceutica LTD, Biomerieux, DaVolterra, Durata, Merck & Co. Inc., Remplex und Valneva erhalten zu haben.

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: S99–S100 · Y. Carmeli, Strategien zum rationalen …

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