Laserchirurgie der menschlichen Hornhaut

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Biomedizinische Technik Band37. 'Heft 10/1992

Biomed. Technik 37 (1992), 218-221

P. R. Preußner J, Leukefeld

Automatische Nachführeinrichtung für die Laserchirurgie der menschlichen Hornhaut , Automatic Tracking System for Laser Surgery on the Human Cornea

Schlüsselwörter: Laserchirurgie, Echtzeitnachf ührung, Hornhautchirurgie, Augenbewegungen Es wird eine automatische, in einem geschlossenen Regelkreis arbeitende Nachführeinrichtung vorgestellt, die einen Laserstrahl den Augenbewegungen des Patienten in Echtzeit nachführt. Ein solches System wird speziell für die Hornhautchirurgie mittels Laser benötigt, bei der Teile der Hornhaut des Patienten abgetragen werden, um Fehlsichtigkeiten (Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit, Stabsichtigkeit) zu korrigieren. Key-words: Laser surgery - real-time tracking - corneal surgery - eye movements . . An automatic, closed loop, real-time tracking device is described. The purpose of this device isf despite movements of the eye, to keep the laser beam correctly on target while perf orming corneal surgery. This type of laser surgery, is employed specif ically to ablate some of the cornea to correct myopia, hyperopia and astigmatism.

l Einführung

Die Korrektur von Refraktionsanomalien (Fehlsichtigkeiten) mit Hilfe von hornhäutchirurgischen Maßnahmen wurde erstmalig bereits Ende des vorigen Jahrhunderts beschrieben [7]. Seit vielen Jahren wird sie vor allem in Rußland [3], aber auch in den USA [2] in größerem Stil betrieben. Die Mehrzahl dieser Eingriffe wurde dabei bisher mit dem Diamantmesser ausgeführt. Durch radiale Einschnitte kann eine Abflachung der gesamten Hornhaut und damit eine Verlängerung der Brennweite erreicht werden, wie sie für die Korrektur der Myopie (Kurzsichtigkeit) erwünscht ist. Einzelne tangentiale Einschnitte ergeben eine Abflachung in einer Richtung senkrecht zur optischen Achse und ermöglichen so eine Korrektur des Astigmatismus. In beiden Fällen hängt die Genauigkeit des Ergebnisses wesentlich von der Genauigkeit der Tiefe der Einschnitte ab [6]. Mit einer manuellen Methode wie mit dem Diamantmesser sind dem naturgemäß Grenzen gesetzt. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind die bisher erzielten Ergebnisse daher noch nicht so genau, daß die Methode Brillen oder Kontaktlinsen ersetzen könnte. Hinzu kommt das generelle Operations- und Wundheilungsrisiko aller hornhautchirurgischer Verfahren. Ihr Einsatz ist daher bisher nur in eingeschränkten Fällen vertretbar, z.B. wenn eine Brille nicht verwendet werden kann, weil im rechten und linken Auge die auf der Netzhaut erscheinenden Bildgrößen zu unterschiedlich sind und Kontaktlinsen nicht vertragen werden.

der Mehrzahl Eximer-Laser der Wellenlänge 193 nm eingesetzt [8], [4]. Es zeigt sich allerdings, daß die Stabilität der Hornhaut im Schnittbereich langfristig deutlich geringer ist als bei der Verwendung des Diamantmessers, und daß vor allem das für den Stoffwechsel der Hornhaut essentielle Endothel geschädigt werden kann [1]. Das Verfahren dieser sogenannten Laserkeratotomie wird daher zur Zeit wegen des zu hohen Risikos einer langfristigen Hornhautschädigung kaum noch angewendet. Möglicherweise handelt es sich jedoch nur um einen speziellen Nachteil des eingesetzten Lasertyps. Andere Laser werden derzeit auf ihre Brauchbarkeit untersucht. · . - ' - · · . - < . In einem völlig anderen, als Keratomileusis, in der angelsächsischen Literatur auch als corneal shaping, bezeichneten Verfahren werden mit dem Laser großflächig Hornhautareale abgetragen, sinngemäß wie bei der spanabhebenden Bearbeitung eines festen Werkstoffes. Mit diesem Verfahren können nicht nur Myopie und Astigmatismus, sondern auch Hyperopie (Weitsichtigkeit) korrigiert werden. Bei allen laserchirurgischen Eingriffen an der Hornhaut besteht jedoch zusätzlich zu den noch nicht ganz beherrschten Schwierigkeiten der, Laserwirkung am lebenden Gewebe noch ein völlig anderes Problem, das den breiten Einsatz wesentlich erschwert.

Die primär sehr hohe Genauigkeit des Lasers kann praktisch nicht ausgenutzt werden, wenn sich das Auge relativ zur Laserapparatur bewegt. Zwar kann man die Eine Verbesserung in der Genauigkeit, insbesondere Augenbewegungen durch eine hinter das Auge gesetzte bezüglich der Tiefe der Hornhauteinschnitte, kann mit Injektion eines Lokalanästhetikums ausschalten, eine einem Laser erreicht werden. Hierfür wurden bisher solche retrobulbäre Brought to youin by | University of Arizona Injektion ist jedoch für den PatienAuthenticated Download Date | 5/30/15 6:00 AM

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ten schmerzhaft und belastend und außerdem nicht ohne Risiko. Hinzu kommt, daß Bewegungen durch die Atmung des Patienten und durch die Pulsation des Blutes ohnehin nicht völlig vermieden werden können. Aus diesen Gründen erscheint es sinnvoll, eine Nachführeinrichtung verfügbar zu haben, die die Augenbewegungen registriert und den Laserstrahl in Echtzeit nachführt. Eine solche Einrichtung wird im folgenden beschrieben.

219 Cdelsfahlspinne LED-Chip Edelsiahlring

Bild 1. Bezugsmarkenträger (Spinne und Ring).

2 Methode Die Einrichtung (Nachführeinrichtung, tracking System) stellt sicher, daß trotz Bewegungen des zu behandelnden Auges möglichst jeder der erforderlichen Laserimpulse auf das vorbestimmte Zielareal gerichtet ist. Dabei kann auch auf eine Maske verzichtet werden, wie sie derzeit von manchen Anwendern verwendet wird, um den nicht zu therapierenden Bereich der Hornhaut abzudecken. Mit ihren zusätzlichen peripheren Komponenten ermöglicht die Nachfuhreinrichtung eine Verbesserung der Ergonomie für den behandelnden Arzt und damit eine effektivere Behandlung. .

X-Anlriebe

Y-Antriebe

Therapiestrahl

2.1 Funktionsweise der Nachführeinrichtung Die Nachführeinrichtung mißt berührungslos die Position einer auf dem Scheitelpunkt der Hornhaut befindlichen oder mit dieser verbundenen Bezugsmarke in einem mit der Nachführeinrichtung verbundenen Koordinatensystem und erfaßt damit die Position des Auges. Als diese wird vereinfachend die Proj ektion der Bezugsmarke in eine Meßebene verstanden. In dieser Meßebene befindet sich zu Beginn der Therapie die Bezugsmarke auf der zu behandelnden Hornhaut. Das Nachführen des Therapiestrahls erfolgt durch Neigen und Schwenken eines kardanisch gelagerten Spiegels (Stellspiegel). Die beiden Bewegungsachsen können für die hier erforderlichen kleinen Winkel als entkoppelt angesehen werden. So genügen zwei voneinander unabhängige Lageregelkreise, um die Position der Bezugsmarke im Meßsystem konstant zu halten. Die durch Bewegungen des Auges hervorgerufene Abweichung von dieser Position (Regeldifferenz) wird durch Nachrichten des Stellspiegels unterdrückt. Laserimpulse werden nur freigegeben, wenn die Regeldifferenz einen zuvor eingestellten Grenzwert nicht überschreitet. Dieser Zustand wird dem Bediener zusätzlich angezeigt. Während der Behandlung kann das Auge in Richtung des Therapiestrahls durch ein Mikroskop beobachtet werden. Dies wird ermöglicht durch die optischen Eigenschaften des Stellspiegels, der im UV-Bereich (Xpeak * 193 nm) reflektiert und im optischenBereich(370nm-720nm)einehoheTransmission von über 87% hat 2.2 Technische Beschreibung Die Bezugsmarke wird durch einen LED-Chip realisiert, der auf einem Träger aus Edelstahlfolie montiert ist Die Kantenlänge des Chips beträgt 0, 4 0,4 mm, Die emittierte Strahlung liegt bei « 880 nm und ist

Bild 2. Stellspiegelantrieb.

somit nicht sichtbar. Außerdem kann sie gut, das heißt durch ein großes Nutzsignal/Störsignal-Verhältnis von der bei der Laserbehandlung entstehenden thermischen Sekundärstrahlung unterschieden werden. Die mechanische Ankopplung erfolgt durch an den Beinen dieses Bezugsmarkenträgers befindliche Häkchen, die am Limbus der Hornhaut angesetzt werden und ca. 0,3 mm in diese eindringen. Die elektrische Ankopplung erfolgt durch dünne Drähte, zunächst zu einer an der Stirn befindlichen Kontaktplattform und von dort zur Elektronikeinheit. Die Messung erfolgt mit einem positionsempfindlichen Detektor, der bei hoher Dynamik und Linearität e}ne Auflösung von ca. 5 ermöglicht. Ein System aus Spiegeln und Linsen bildet die Bezugsmarke auf diesem Aufnehmer ab. Ein schmalbandiges Filter läßt hier nur die Strahlung des LED-Chips auf den Detektor gelangen. Durch die besondere Führung des Meßstrahlenganges wird erreicht, daß der nachgeführte Teil des Therapiestrahls seine Lage im Meßsystem nicht infolge von Spiegelbewegungen ändert. Die beiden Bewegungsachsen des Stellspiegels liegen in der reflektierenden Ebene und kreuzen sich im rochton Winkel. Der Stellbereich beträgt für jode Achse ± 1,5°, Damit kann der Laserstrahl in dor Moßobene auf einor Fläche von ca, 14 14 mm statisch positioniert und dynamisch nachgoführt worden. Der Antrieb dos Stellspiegols erfolgt oloktromagnotisch ohne Getriebe und daher ohne Spiol (Diroktantriob). Er ist so konzipiert, daß er zusammen mit den Lagorungen

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der beiden Bewegungsachscn und dem Stcllspiegel eine nicht trennbare, einbaufertige Einheit darstellt. Meßsystem und Spicgelantrieb befinden sich in einem 100 100 170 mm großen Gehäuse, das an die Mechanik von auf dem Markt befindlichen Lasersystemen angeschlossen werden kann. 2.3 Leistungsdaten der Nachführeinrichtung Die Anforderungen an eine solche Nachführeinrichtung leiten sich aus den Merkmalen der durchzuführenden Therapie, dem Patientenverhalten (Augenbewegungen) und der maximalen Impulsfolge des Lasersystems (-»dynamische Anforderungen) ab. Das Patientenverhalten trägt wesentlich zur Güte und Geschwindigkeit der Behandlung bei. Es äußert sich in Bewegungen des Auges selbst und Bewegungen des Auges infolge von Bewegungen des Kopfes. Von beiden werden, innerhalb des Arbeitsbereiches der Nachführeinrichtung, alle in die Meßebene projizierbaren Komponenten erfaßt und ausgeregelt. Ein typische Impulsfolge des bereits angesprochenen Systems für eine Lasertherapie beträgt 25 Impulse/s, womit sich die von der Nachführeinrichtung einzuhaltende Ausregelzeit von 40 ms nach einer sprunghaften Bewegung des Auges ergibt, die vom vorgestellten System erreicht wird. Bei einer vorausgegangenen Sprungamplitude der Bezugsmarke von l mm erreicht die Regelabweichung in dieser Zeit einen Wert unter 20 . Wird die Sprungamplitude noch größer, kann sich die Einstellzeit geringfügig verlängern, bei kleineren Amplituden ist sie erwartungsgemäß deutlich kürzer. 2 A Randbedingungen

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tes auf die gewünschte Position am Auge eingestellt wird. Auch dies geschieht mit Hilfe der oben erwähnten Maus, Damit sind die wesentlichen Therapieparameter in Einhandbedienung einstellbar. Die sonstigen Parameter des Lasers werden extern am Lasersystem eingestellt. '···.·. '' 2,5 Stand der Entwicklung .

< - .'/·'.··.

Die beschriebene Nachführeinrichtung liegt als Prototyp vor. Um das System zu untersuchen, wurde zusätzlich eine spezielle Testeinrichtung (Augensimulator) aufgebaut. Diese Testeinrichtung besteht aus einem Gestell zur Befestigung der Nachführeinrichtung und einer Einrichtung zur Aufnahme einer Bezugsmarke. Damit kann die Bezugsmarke um einen Lagerpunkt, dem Äquivalent des Augenmittelpunktes, mit einem einstellbaren Abstand in alle Richtungen geschwenkt werden. Die in die Meßebene projizierte Bewegung der Bezugsmarke beträgt maximal 20x20 mm. , ; . Der Augensimulator ermöglicht die Nachbildung der Rollkomponente der natürlichen Augenbewegungen. Der Antrieb erfolgt durch zwei Proportionalmagnete, deren Hub durch ein Gleichspannungssignal vorgegeben wird. Man kann sowohl periodische Augenbewegungen als auch Sprünge vorgeben, um die Regelgenauigkeit der Nachführeinrichtung zu untersuchen. Neben dem Test des Prototypen dient der Augensimulator auch als Werkzeug beim Einstellen der Parameter der Stellspiegelregelkreise. Nach den Untersuchungen im Labor ist bereits ein erster, rein technischer Test an einem auf dem Markt befindlichen Lasersystem erfolgt. Der Test hat gezeigt, daß es keine nachteilige Beeinflussung der Regelelektronik durch die elektrischen Komponenten des Lasersystems

Neben der Kooperation des Patienten wird die Güte der Behandlung u. a. wesentlich durch eine genaue Ausrichtung des Patientenauges unter der Nachführeinrichtung (Grundposition) bestimmt. Ideal fallen dann die Gesichtslinie und die Symmetrieachse des Lasers zusammen. Der Patient blickt genau in das Therapiesystem. Verfügt der Patient über ein weiteres sehendes Auge, so kann auf einer an der Unterseite der Nachführeinrichtung angeordneten LED-Matrix mit 32x32 Elementen durch Auswahl einer blinkenden LED ein Reiz gesetzt und aufgrund der Kopplung der Augenbewegungen das zu behandelnde Auge zusätzlich positioniert werden. Die Auswahl der LED erfolgt dabei durch Verschieben einer »Maus«. Der Erfolg dieser Maßnahme kann unmittelbar an der Bewegung des Auges abgelesen werden. Ausgehend von einer guten Grundpositionierung kann dieser Vorabgleich auch automatisch durchgeführt werden. Dabei wird in Abhängigkeit von der aktuellen Regeldifferenz die günstigste LED ausgewählt und so das Auge in die optimale Stellung gebracht. Nach diesem Ausrichtvorgang wird in einen anderen Betriebsmodus (Positionieren) umgeschaltet, in dem der Hilfsstrahl des Therapielasers mittels des oben genannten Stellspiegels unter Sichtkontrolle des Arz-

Bild 3, Testeinrichtung Augensimulator.:.

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gibt. Auch die optischen Komponenten werden nicht durch die UV-Strahlung des Eximerlasers beeinflußt. Nach diesen erfolgreichen Tests im Labor, bei denen als Probant stets der Augensimulator diente, ist im nächsten Entwicklungsabschnitt die klinische Erprobung vorgesehen. Literatur:

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[5] Munnerlyn, C. R., S. J. Koons, J, Marshai: Photorefractive keratectomy: A technique for laser refractive surgery. J. Cataract Refract Surgery (1988), 14:46-52. [6] Sauer, T., J. Wollensack: Zur Theorie der T-Inzision der Cornea. Klin. Mbl Augenheük. (1987), 191:120-124. [7] Schiötz, H.: Ein Fall von hochgradigem Hornhautastigmatismus nach Starextraktion. Besserung auf operativem Wege. Aren. f. Augenheük. (1885), 15:178-181. [8] Trokel, S. L., R. Srinivasan, R. Baren: Eximer laser surgery of the cornea. Am Ophtalmol (1983), 96:710-715.

[11 Bergmann, L., C. Hartmann, G. Renard, J. J. Saragussi, Y. Pouliquen: Hornhautendothelschaden durch radiäre Keratotomie. Fortschr. Ohptalmol 88 (1991), 4:368-385. [2] Deitz, M. R., D. R. Sanders, M. G. Raanan: A consecutive series (1982-1985) of radial keratotomies performed with the diamond blade. Am J. Ophtalmol (1987), 10:417-422. [3] Fyodorov, S., V. Durnev: Operation of dosaged dissection of corneal circular ligament in cases of myopia of mild degree. Arm Ophtalmol (1979), 11:1885-1890. [41 Marshai, J., S. Trockel, S. Rothery, H. Schubert: An ultrastructural study of corneal incisions induced by an eximer laser of 193 nm. Ophtalmology (1985), 92:749-758.

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551 Anschrift der Autoren: Dr. Dr. P. R. Preußner Universitäts-Augenklinik Mainz Langenbeckstraße l D-6500 Mainz Dipl.-Ing. J. Leukefeld Bültenweg 5 D-3300 Braunschweig

[Automatic tracking system for laser surgery of the human cornea].

An automatic, closed loop, real-time tracking device is described. The purpose of this device is, despite movements of the eye, to keep the laser beam...
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