Knöcherne Spangen der Lendenwirbelquerfortsätze Von I;: I'. J. Billet, W. (;. tl. Schnzitt und E. ßöhmer I(adiologische Abtriluiig(Chclarzt: Priv. Doz. Dr. \'V.

Zusammenfassring .. .

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11. Schmin) des.luliusspitals Würzbiirg

Traumalic osseoiis bridges between lumhar transverse processes.. . .

Schlüsselwörter . . Lendenwirbel - Knöcherne Brücken Querfortsatz - Traumatische oder kongenitale Spangen

Einleitung Es wurden seltene Fälle beschrieben, bei denen knöcherne Überbrückungen zwischen den Querfortsätzen der Lendenwirbelsäule bestehen. Gemeinsam ist diesen .,Spangen" eine bizarre Form mit jedoch relativ harmonisch geglätteten Randkonturen. Die oft fehlende Verlaufsbeobachtung dieser Spangenbildungen macht die Deutung der Genese schwierig. Das Auftreten nach Zertrümmerung und Einblutung ist eine der möglichen Pathogenesen. Querfortsatzverformung bei nicht zweifelsfrei dokumentiertem Trauma wurde lange Zeit als kongenital Fortschr. Rontgcnstr. 155.2 (1991) 171-178 O Gcorg'l'hierne Verlag Stuttgnrt . Ncw York

A traui-iiatic osseous bridge between lumbar transverse processes is a bone formation occurring after severe or even mild traurna of the back. Ilowever, only few of the patients with a contusion of the back or a fracture of a lumbar transverse process develop such an osseous bridge. The localisation of the haematoma plays an important role in this process. but myositis ossificans is a mandatury condition. Anamnesis will not lead to traumatic a.etiology in all cases, becaiise sometimes the patient is not aware of the fact, that a transversp process has been fractured. The diagnosis finally depends on the recognition of the different shapes. The traumatic osseous bridge is characterised by the kind of trauma that causes the fracture of the transverse process. The shapes can be classified as "h", "H", "K", or "Z". Among 72 patients with intertransVerse osseous bridges, only 11 patients have congenital bridges. The congenital osseous bridge shows typical features that can be explained by rneans of embryogenic and functional dynamic considerations. These symptoms are the O-shape, concavity of the lurnbar spine of a pathological nature and the absence of degenerative changes in the corresponding intervertebral space.

Key - words

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Liimbar vertebrae - Osseous bridge Transverse process - Congenital traurna - Ossification Myositis ossificans

angesehen. Diese Auffassung kann nicht uneingeschränkt akzeptiert werden. d a selbst schwere Unfälle viele Jahre später vergessen werden; andererseits genügen manchmal kleine Traumen zur Frakturierung der Querfortsätze. Ziel dieser Arbeit ist deswegen die Suche nach Kriterien zur Differenzierung einer traumatischeri bzw. kongenitalen Genese der intertransversären knöchernen Brücken. Das Literaturstudium ergibt 59 Erkrankungsfalle. Die Arbeit ist die umfassendste 1,iteraturübersicht und größte Kausistik über neue Erkrankungsfalle.

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Knöcherne ilberbrückungen zwischen Querfortsätzen der LWS treten nur in seltenen Fkllen nach schwerem oder sogar nach mittelbarem Trauma auf. Es handelt sich um das Endstadiurn einer Myositis ossificans traumatica, meistens nach Querfortsatzfraktiir(en). Auch die Lokalisation des Miiskelhämatoms spielt eine Rolle. Da auch nach geringer Cewalteinwirkung solch eine knöcherne Spange auftreten kann, sind die Anamnesen oft scheinbar leer. Die Diagnose hängt im wesentlichen von der Form der Spangen ab. Für die traumatischen Spangen wird eine neue morphologische Klassifizierung (h-, I I - . K- oder Z-Form) vorgestellt, die sich auf dem Frakturrnechanismiis stützt. Von den 72 Patienten. die wir in unsere Studie einbezogen haben. ist bei 11 Fällen die Spange kongenital bedingt. Die kongenitale Form Iäßt sich sowohl embryologisch als auch durch funktionell-dynamische Überlegiingen erklären. Die 3 häufigsten morphologischen Zeichen sind dabei die O-Form, die Konkavität der LWS zur pathologischen Seite sowie das Fehlen von degenerativen Veränderungen in der durch eine Spange verriegelten Zwischenwirbelverbindung.

172 Fortschr Rontyenstr. 155,2 Material

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F. P. .I. Bille1 urtd Mitarh.

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Tab. 1

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Eigene Fälle.

Nr. Alter Es fanden sich 13 Palienteii iii eiiiern Kraiikrrigiit von ca. 36000 Höntgcnuntcrsuchungcn der I.endenwirbelsäule. iiiklusive Abdonien- und 13ackcnübersichtnn. i n cincr Pcrioda von 12 Jahren i)ies entspriclit e i i i r r H ä u f i g k ~ i tvoii elwa 0.3 bis 0.4 Promille. Die Beobachturigeii stairiiiic!ii aus iolgrri(lrii Klinikcn: 1 Medizinisches Stratileiiiiistitut der Iiiiiversil.ät Tübingrii (Prol: I)r. Ur. M'. I-'rommhold) 2 Radiologische Abteilung der Städtischen Krankcnanstaltcn Darmstadt (Prof. Dr. C. Esser) 3 Köntgcnabteilung des Städtischen Krankenhauses Worms (Dr. II. C;. .Ychmitt) 4 Radiologisctie Klinik arri Marienliospital I-lerne (Prol'. Dr. 11.-K.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Geschlecht

34J.lm 62J. rn 47J. rn 58J. rn 38J. rn 70J. rn 47J. m 52J. rn 75J. W 765. W 22J. W 20J. rn 42J. W

Trauma?

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Wieviel Jahre zuvor?

' 2J. 10J. 19J. 8J. 12J. 30J. 15J. 25J. 16J. 20 J. 2J. 6W. -

Segment

Pseudarthrose

Bettruhe

L2-31inks L2-31inks L3-4links L3-4rechts L4-5Sllinks L2-31inks L3-4 links L4-Osilium links L5-Osiliumlinks L5-Osiliumlinks L3--4rechts L1-21inks D12-L1 rechts

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ße!/er)

5 Radiologische Abteilung .luliusspital Würzburg Tab. 2

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Dia cigcncn Fälle sind zusammcngctragcn i n dcr Tab. 1. Desweitereri sind die Fälle 1 - 7 durch eine Skiz7,r i n Rildtafcl I repräsentiert. Die Fälle 8-1 1 sind in Abb. 2 a-d. Fall 12 i n Abb. 3 U. 4 und Fall 13 i n Abb. 5 dukumc'nticrt.

Ergcbnissc

..- .... -..

Die 1 3 eigenen Beobachtungen fügen sich gut eiri in die 59 Fallberichte aus der Literatur (siehe Tab. 2). Häufigkeit: Die Inzidenz wird von Louyot (1 7) mit 0,45 Promille angegeben. Dies stimmt weitgehend

mit der Häufigkeit im eigenen Krankengut überein. Alters- und Ceschlechtsdisposition: Die geschilderten Fallberichte in der Literatur betreffen vornehmlich Beobachtungen von Männern im Erwachsenenalter. Das Zahlenverhältnis ,,Männer zu Frauen" beträgt 5 . 5 : l . Die früheste Beobachtung erfolgte im 23. Lebensjahr (14) und von d a an relativ gleichmäßig in höheren Altersklassen. Auch im eigenen Krankengut überwiegt das männliche Geschlecht deutlich. Lokalisation: Bei 59 Patienten mit insgesamt 93 verschiedenen Spangen ist der Querfortsatz 1,3 in etwa der Hälfte (48mal) betroffen. Ein Drittel der Spangen findet sich oberhalb von 1.3 (32mal), zwei Drittel unterhalb von 1,3 (61rnal). Von diesen 93 Spangen zeigen 62 % (58) eine Scheingelenkbildung. 53 %der Spangen oberhalb und 67 'X der Spangen unterhalb L3 zeigen eine Pseudarthrose. Diese Neoarthrose innerhalb der myositischen KnochenSpangen entsteht eher in den untercn 1.WS-Segmenten, wo ein größeres Ausmal3 der Flexion und Extension besteht. Die I.okalisation im eigenen Krankengut ist sehr ähnlich. Einige interessante Fälle aus der Literatur sind als Skizzen in der Bildtafel2 zusammengetragen. VerlauJ Von 59 Patienten im Schrilttum konnte die traumatische Ursache 10mal mittels Verlaufsbeobachtungen mit Unfallaufnahmeri und posttraumatischen Kontrollaufnahmen bewiesen werden. Bei 8 dieser 10 Patienten ist keine Pseudarthrose entstanden, weil diese 8 Patienten alle nach dem Trauma Rcttruhc riingchaltcn

Patientendaten.

. . ... .. . . .

1

Literatudalle

1

eigene Falle

1. Anzahl 2. Geschlecht männlich weiblich keine Angaben 3. Ätiologie a) traumatisch b) kongenital C)unklar 4. Altenverteilung 0-20 Jahre 21 -50Jahre 51 -80Jahre keine Angaben 5. Pseudarthrose -

6. Skoliose a) konvex zur Spangenbildung b) konkav zur Spangenbildung C)unklar 7. ,.h- oder H-Form" 8. .K-Form" 9. "2-Form" 10. "0-Form" 11. doppelseitig 12. Verknöcherung Lig. lliolumbale ,h- oder H-Form": Shore '30, Bayer '40, Grassrnück '41, Gunsel'53. Neurnann '53, Kerstner '54 (1. Fall), Lob '54 (3. Fall), Braun '56, decluveland '56, Köhler '56. Sperling '57, Schneider '58, Reinermann '66, Dosen '68, Holland '68. Ochsenschläger '68 (I. und 3. Fall), Schmorl-Junghanns'68 (beide Falle), Horeau '71, Gerard '72, Haas '74, Louyot '75 (3.-6. Fall),Sirnon '79 (2. Fall) und Kunnert '87. .,K-Form": Linow '33, Lossen '34, Molineus '34, Györgyi '36, Löhr '38, Meves '39, Esser '58, Sutro '61. Kiefer '64 und Yoslow '68 (1. Fall). ,Z-Form": Hyman '45, Kerstner'54 (2. Fall). Lob '54 (1. und 2. Fall), Dahmen '68 (1. Fall),Yoslow '68(2. Fall), Louyot '75(2. Fall)und Sirnon '79(1. Fall). "0-Form": Muzilv33,Rövekamp '35, Braun '55, Wenz '60 (beide Fälle),Dah. men '68 (2. Fall), Ochsenschläger '68 (2. Fall).Yoslow '68 (3. Fall). Dunoyer '71 und Louyot '75 (1. Fall). ..doppelseitig": Cataliotti '33 und Schmitz-Dräger '59 (laut Autoren beide kongenital!!?). ,,Verknöcherung Lig. iliolumbale": Lob '54 (4. Fall).

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G Dr. 0. M. Mahrnalut, Hagen.

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Abb. 1a

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Fortschr. Höntgenslr. 155.2 -

Patient 1: frische Querforisatzfraktur L1-4 links nach direktemTraurna

Abb. 1 b Verlaufsbeobachtungvom gleichen Patienten, wie in Abb. 1 a, zwei Jahre nach dem Unfall. Breite knocherne Überbrückungder QFS L2-3 links (h-Form). KnöchernerAppendix kaudal arn QFS-L1. Abb. 1C

Patient 2: Zufallsbefund.Spange zwischen den QFS L2-3 links mit Pseudarihrose(H-Form).

Abb. 1d

Patient 3: Zufallsbefund. Überbruckungder QFS L2-3 linksmit Pseudarthrose(h-Form).

Abb. 1e

Patient 4: Zufallsbefund. Knöcherne Brücke zwischen den QFS L3-4 rechts mit Pseudarihrose(h-Form)

Abb. 1f

Patient 5: Zufallsbefund.Spange zwischen den QFS L4-5 mit Uberbruckungzurn Os sacrurn links (A.Form)

Abb. 1g

Patient 6: Zufallsbefund. Knocherne Überbrückung zwischen den QFS L2-3 links (h-Form i m Spiegelbild)

Abb. 1 h

Patient 7: Zufallsbefund.Spangezwischen dengrobdeformierten QFS L3-4 links mit Pseudarihrose (h-Formimspiegelbild).

haben. Die übrigen 2 Patienten, beschrieben von Hyman (Brücke L2-3) und Reinermann (Brücke L3-4), haben eine Neoarthrose entwickelt. wobei zumindest der erste keine Bettruhe eingehalten hat (10, 20).

Funktionell-dynamische Überlegung: Ein wichtiges Argument bei der Deutung eines Großteiles der knöchernen Sparigen stammt von Esser (4). Bei einer angeborenen Spangenbildung zwischen Querfortsätzen sind keine degenerativen Veränderungen zu erwarten. Selbst bei pseudarthrotischer Verblockung diirfte die Beweglichkeit im betreffenden Segment derartig eingeschränkt sein, daß inan nicht crwarien kann, daß sich in dieser Zwischenwirbelverhindung eine Chondrose, Osteochondrose oder Spondylosis deformans entwickelri. Umgekehrt ist das Vorhandcnsein von degencrativen Veränderungen in einem Segment, das durch die Spangenbildung ruhiggestellt ist, beweisend für dic Tatsache. daß dic Knochenbrücken im

Erwachsenenalter erworben wurden und nicht angeboren sind. Diese diagnostischeri Zeichen finden wir bei der Mehrzahl der eigenen Fälle, die auch aufgrund der Verlaufsbeobachtung und Anamnese mit einer einzigen Ausnahme „traumatisch" gedeutet wurden.

Neue Klassifikation der Lileraturfälle nach der Form: Die Querfortsätze sind häufig nicht mehr in ihrer normalen Form innerhalb der Gesamtknochenmasse abzugrenzen; zumindest sind sie deformiert oder geknickt. Etwa 45 % der in der J-iteratur beschriebenen Spangen zeigen eine „H-oder h-Form" (siehe Abb. 1 a-C).

173 -

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Knoct~erneSpangenderl,endertwirbelquerfortsätze

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P

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F.P.J. Bille1 lcrid Mitarb.

1 5 'X der Spangen sind total deformiert, und es kommt L U einer sogenannten ,,Z-Form" (Zertrümmerung). Anamnestisch liegt in diesen Fällen iminer ein schweres direktes Trauma vor, wie z. B. eine Explosion oder ein schwerer :\utounfall. Diese deformierten Querfortsätze lassen differentialdiagnostisch an eine Myositis ossificans progressiva denken. Das entscheidende Argument bei der Deutung liefert dann die Anamnese. Die von uns in die Z-Form eingeteilten Literaturfälle sind ursprünglich auch alle als Traumafolge diskutiert worden (siehe Skizze 1 e).

Skizze I b h-Form im Spiegelbild

Skizze l e Z-Form

Skizze I H-Form

Skizze 1 f 0-Form

C

Bildtafel2

Morphologische Klassifizierung

Man erkennt diese Form. wenn man die LWS um 90 Grad dreht; die senkrechten Schenkel entsprechen den Querfortsätzen; der Balken des .,H" korrespondiert mit der Brücke bzw. Spange. Diese h-Form kann sich auch als Spiegelbild darstellen. Verschiedene Fallberichte zeigen weiterhin, daß sowohl im kürzeren Schenkel des „ h " als auch in mindestens einem der beiden Schenkel des ,.H" eine Fraktur genau in der Mitte des betreffenden QuerfortSatzes aufgetreten ist (1, 9, 24). Oft handelt es sich um ein leichtes indirektes Trauma (1. 7, 13). Es betrim dann eine mittelbare (iewalteinwirkung, entstanden durch Muskelzug; z. B. das Überhebetrauma. Etwa 20 'X, der Spangen zeigen eine sogenannte ,,K-Form", wobei der Querfortsatz entweder nach oben (h) oder nach unten (Y) abgeknickt ist. Das entsprechende Trauma ist in den meisten Fällen, wie aus der Anamnese ersichtlich ist, ernsthaft und verursacht hauptsächlich Frakturen an der Basis des Querfortsatzes (siehe Skizze 1 d).

Bei der Klassifikation weisen etwa 20 'X der Fälle eine grobbogige brückenartige Verbindung zwischen den beiden Querfortsätzen mit glatten. harmonischen spiegel-symmetrischen Konturen (0-Form) auf (siehe Skizze 1 f). Diese Form wird von Dunoyer 1971 .,Kissing-interhpineux" genannt (3); es handelt sich dabei wahrscheinlich um die kongenitale Form. Ale 7 Fälle aus der Literatur. wobei eine Skoliose konvex 7.iir nicht-pathologischen Seite beobachtet werden kann. entsprechen unserer Meinung nach der kongenitalen Genese. Eine Erklärung dafiir liegi auf der Hand; das Skelettwachstum wird auf der Seite mit der Fehlbildung behindert. Bei 18 Patienten dagegen ist die Konvexität der Skoliose zur Seite der Spangenbildung gerichtet; hier handelt es sich in iiiindestens 16 Fällen um die traumatische Form. Da der M . quadratiis lumborum an den distalen Enden der Processi transversi inseriert, verliert e r seine Funktion im Falle einer Querfortsatz-(serien-)Fraktur; die Kontraktion des kontralateralen M. quadratus Iiimboriim verursacht dann die Skoliose konvex zur pathologischen Seite (5). Natürlich beeinflußt eine praeexistente Skoliose dieses Phänomen. Bei den übrigen 3 kongenitalen sowie 31 traumatischen Fällen geht das Vorliegen einer eventuellen Skoliose nicht aus den Patientendaten oder aus dem Bildmaterial hervor (siehe Tab. 2). Diskussion

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Eirier der ersten Autoren, der über kriöcherne Spangen zwischen Lendenwirbelquerfortsätzen berichtete. war Shore (23). Er beschrieb 1930 den Fall einer knöchernen Spange zwischen den Querfortsätzen L3 und L4 rechts. In Höhe des Bandscheibenzwischenraurnes bestand eine Pseudarthrose. Der Autor vertrat die Auffassung, daß es sich hier um rudimentäre Rippen handelte. Sowohl 1,ossen als auch Molineus (16. 18) beschrieben 1934 einen Patienten mit Knochenspangen zwischen den Querfortsätzen der LWS, wobei die traurnatische Genese in beiden Fällen aufgrund der Vorgeschichte offenkundig war. Bis auT einige Ausnahinen (1. 2. 14) herrschte im Gegensalz zu diesen frühen Berichten von 1934 bis 1958 irn deutschsprachigen Raum die Grundmeinung, daß derartige Befunde ganz iiberwicgend angeboren und kaum einmal erworben sind.

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Skizze 1 d K-Form

Skizze l a h-Form

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Lossen 1934

Bayer 1940

Braun 1955

Dosen 1968 Bildtafel3

Molineus 1935

Neurnann 1952

De Cuveland 1956

Rövekamp 1935

Günsel 1953

Esser 1958

Louyot (2) 1975

Louyot (3)

Gyorgyi 1936

Lob(3) 1954

Kiefer 1964

Louyot (4) 1975

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Löhr 1938

Meves 1939

Kerstner (1) 1954

Kerstner (2) 1954

Reinerrnann 1966

Dahrnen 1968

Louyot (5)

Louyot (6) 1975

Skizzenwichtiger Beobachtungenausder Literatur

Es war Essers Verdienst, diese herrschende Meinung durch eine scharfsinnige Diskussion klinischer und röntgenologischer Fakten ins Wanken gebracht zu haben (4). Tatsächlich schlossen sich in der Folgezeit die meisten Autoren der Auffassung an. daß solche Befiinde überwiegend traumatisch erworben sind (7. 9, 12, 17, 20, 24). Einigen blieb diese Arbeit unbekannt, und in verschiedenen Gutachten über Knochenspangen zwischen den Lendenwirbelquerfortsätzen beurteilt man diese sogar trotz vorangegangener l'raumen als kongenitale Veranderungen (8, 11, 15, 19). Im folgenden werden Argumente der traumatischen bzw. kongenitalen Theorie diskiiticrt.

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Forfschr.Rontgenstr 155.2 175

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Traumatische Theorie Beobachtungeri im Kindesalter fehlen bisher im Schrifttum. Andere angeborene Varianten der Lendenwirbelsäule wurden häufig beobachtet. Dieses Argument besitzt ein großes Gewicht bei der Unterstützung der traumatischen Theorie. Es liegen insgesamt 1 2 systematische Verlaufsbeobachtungen vor, bei denen zweifelsfrei bewiesen werderi konnte, daß knöcherne Spangcnbildungen zwischen den Querfortsätzen durch eine Verletzung zustande

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KnocherneSpangen der Lender~w~rbelqi~erforlsu~ze

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F P J Btllel undMitutb

Abb. 2 a Patient 8: Zustand nach einem schweren Beckentrauma mit Fraktur des ipsilateralen Querfortsatzes L5. Spange mit Nearlhrose zwischen dem Querfortsatz L5 und der ipsilateralen Massa lateralis S1.

Abb. 2 b Patient 9: 7ufallsbefund. Traumatisch bedingte Verknöcherungdes Lig. iliolumbale links, nach Dislokation des ipsilateralen Hemipelvis.

Abb. 2 C Patient 10: Zufallsbefund. Auch hier Verknocherungdes Lig. iliolumbale links, wahrscheinlich nach Dislokation des ipsilateralen Hemipelvis. Durch Bänderzug wurdeder Querfortsatz L5 frakturiert.

Abb. 2 d Patient 11: Verlaufsbeobachtung. Feste knöcherne Verbindung zwischen den QFS L3-4 rechts(h-Form). Die Patientin lagwegen einer Beckenringfraktur und Frakturen der QFS L2 - 4 rechts 8 Wochen im Bett.

Abb. 3 Patient 12: Verlaufsbeobachtung. Dreidimensionale Darstellung einer frischen Querfortsatzfraktur L2und L3 rechts, vonvorne gesehen.

Abb. 4 Gleicher Patient wie in Abb. 3 mit 3D-Darslellungeiner fast vollendeten knöchernen Bruckenbildung zwischen den QFS ~ i u n L2 d rechts sechs Wochen nach dem Unfall. Sicht von dorsolateral rechts (A) und lateral rechts (B).

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176 Fortsrhr Rorztgensrr 155.2 --

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Fortschr. Röntgrnsir. 755.2 177

gekommen sind. Zwei der Verlaufsbeobachtungcn stainnien von uns. Bci den übrigen Beobachtungen ist die inorphologische Deutung diescr Spaiigenbildungt!n nur auf indirektem W ~ g möglich. e

Ein Erinüdiingsbrucli der Querfortsätze durch eine immer wiederkehrende rhythmische Belastung wurde von Lanrrnnnn demonstriert (13). Diese chronischen Traun-ien sind in Analogie zu Schipperfraktiiren an den Dornfortsätzen bzw. zu den l:~lberlastungsschäderian der Dornfortsatzapophyse des Jugendlichen zu sehen (21). Obligat für das Entstehen einer Myositis ossificans circ u ~ n s c r i ~ traumatica ta erst:heint in erster Linie nicht dic Uuerfortsatzfraktiir, sondern das Evluskelhämatom. An den QuerSortsätzen setzen der M. quadratus lumhorum, M. psoas major, M. multifidus Iiimborum und M. intertransversarii an, wobei die letztgenannten vom anatoniischfunktionellen Standpunkt aus die wichtigste Rolle spielen. Die Einsprengung von Knochenmaterial und Blut in das Gewebe begünstigt wahrscheinlich das Auftreten von knöchernen Spangenbildungen. Außer den traumatisch bedingten Vcrknöclierungen dcs Ligamentum iliolu~nbale (Patient 9 und 10 der eigenen Fallberichte) lassen sich die übrigen Fälle gut in die neue Klassifikation der h-, H-, K-. Zoder 0-Form einordnen. l)ifferentialdiagriostisch kommen, außer der vorhergenannten Myositis ossificans progressiva. auch das Osteosarkom und das Chondrosarkom in Betracht.

Die Ciliittc: und Gleichmäßigkeit dieser Uriickcn schienen manchen Autoren gegen eine trauinatisch erworbene Vnräridcrung zii sprechen (6, 19, 22). Die AulTassung, daß die Knochcnspangen angeboren sind, wurde insbcsoridere durch die Lehre von den Übergangswirbeln unterstützt. Am 1. Lendenwirbel häufen sich die Varianten der Querfortsätze; es findcn sich hier persistierende Apophysen bzw. rudimentäre Rippen, die oft mit einer Hypoplasie des Querfort.satzes kombiniert sind. Bei der Sakralisation von L5 bestehen verplumpte Querfortsätze, welche oft pseudarthrotisch mit dcn Massae Iaterales des Kreuzbeines verbunden sind. Obwohl die Übcrgangswirbel definitionsgemäß einen benachbarten Wirbel, nämlich L5. betreffen, lag der (wahrscheinlich voreilige) Schluß nahe. auch Querfortsatzverformungcn höherer Wirbel als Sakralisation zu deuten. Embryologisch gesehen würden Wirbelanlagen, die zuerst verschmolzen sind, sich bei der Sklerotomverschiebung nicht trennen. Die Knochenkerne der Querfortsätze, die erst nach der Neugliederung des Achsenskeletts entstehen (26). wären so in der Lage, eine knöcherne Verbindung zu formen. Ein Gegenarguinent ist das Fehlen der eigentlich zu erwartenden Verblockiing der benachbarten Lendenwirbelkörper.

Abb. 5 Patient 13: Zufallsbefund. Spiegelsymmetrische bogenformige knocherneVerbindungzwischen den QFS D12-L1 rechts; ohne Pseudar. throse. Anamnestisch konnte kein entsprechendes Trauma eruiert werden. Kongenitale Form dieser Knochengebilde.

Eine solche Vberbrückung kann auch durch einen Wachsturrisschub zweier angrenzender Querfortsatzknochenkerrie zustande kommen. Die Scheingeleiiksbildiing würde in diese Theorie gut hineinpassen. Auch die obengenannten übrigen Varianten der Querfortsätze wären mit einem Auftreten eines unterschiedlich schnellen Wachstums vereinzelter Querfortsatzknochenkerne erklärt. Nach unserer Klassifikation lenkt die 0Form den Verdacht auf die kongenitale Genese.

Wir vermuten, daß es sich bei einem gro[Jen Teil der in der Lileratur als kongcinital vorgestellten ()uerfortsatzhrückeri in Wirklichkeit um posttraumatische Veränderungen handelt. Das Schlagwort von der Sakralisation dor I.WS. die Glätte der Knochenstrukturcn und fehlende anamnestische Sorgfalt führten zu einer Fehleinschätzurig. Trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden. dalJ ein kleinerer Teil dieser Veränderungen tatsächlich kongenital bedingt. ist, insbesondere solche Brücken, bei denen zwischen den Querfortsätzcn eine grobbogige spiegelsymmetrische brückenartige Verbindung vorhandcn ist. Die Scheirigelenkbildung sowie auch das Auitreten von weiteren Anomalien an der Wirbelsäule sind dabei relativ häufig, jedoch nicht obligat. Die Trias der kongenitalen Spange lautet:

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Wichtige Arguriiente bei der Deuturig liefern die Rijntgenmorpholngi~und die A n a m n ~ s eWenn . die Anamiiese kein cntsprecheildes Trauma aufweist, ist es wichtig zu wissen. daß Querfortsatzfrakturen sogar bei abrupten Körperbewegungen iiuutreten können (1, 7. 13). Bereits vor der Ara der Röntgenologie crklärte Tltieni (25) in seinem Buch über dic? Trau~natologie,daß Querfortsatzfraktureii 11a~l-i Übcrhebetraumen vorkomnien können.

.-

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-

I, P J Billet und M ~ t a r b Ktzochcrne Spafigert dcrLenderiwirbelqnerfor~satze

1 . ,,O-Form".

-

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2. Konkavität d e r Lendenwirbelsäule z u r pathologischen Seite.

3. Das Fehlen von iibcr d a s Altersmal!, hinausgehenden degcnerativc:n Veränderungen iin Bandscheibeiizwi-

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schenraum. I"

Die in d e r Zahl iibcrwicgenden traumatischen Spangen lassen sich gut d u r c h die A r t d e s einwirkenden T r a u m a s charakterisieren:

1. ,.H- oder Ii-Form" (Fraktur in d e r Mitte eines d c r bcidcn Querfortsätze), 2. ..K-Form" (abgeknickt a n d e r Basis. meicleris serienmäßig). 3. „Z-F:orm" (Zertrümmerung, manchmal in Kombination mit I und/oder 2).

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" LL "I

Bei den traumatischen Spangen entslehl bei e t w a d e r Hälfte eint! Pseudarthrose. Bettruhe direkt anschlicßcnd a n d a s T r a u m a führt offensichtlich zu e i n e r festen kniicherneri Verbindung. J e weiter die ehemaligen QFS-Frakturen kaudalwärts lokalisiert sind, desto größor ist die Häufigkeit d e r Scheingelcnkbildung. Mit dieser Charakterisierurig meinen wir, cincn I .c?itladen Für die Begulachtung festgelegt zu h a b e n .

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" Sin~on. MI:

"" "

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I

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178 Fortschr. Röntgenslr. 755.2

[Bony bridges of the lumbar transverse processes].

A traumatic osseous bridge between lumbar transverse processes is a bone formation occurring after severe or even mild trauma of the back. However, on...
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