Fortschr. Röntgenstr. 128, 4

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Bronchialarterien bei interstitieller Lungenfibrose Von K.-M. Müller und J. Bordt 3 Abbildungen Pathologisches Institut der Universität Münster (Direktor: Prof. Dr. E. Grwidinann)

An 6 Leichenlungen mit interstitiellen Lungenfibrosen wurden postmortale vergleichende angiographische und morphologische Untersuchungen der Bronchialarterien mit folgendem Ergebnis durchgeführt: In Endstadien interstitieller Lungenfibrosen sind die Bronchialarterien und ihre Anastomosen zu den Pulmonalarterien besonders stark vermehrt. Der verstärkte Ausbau der bronchopulmonalen Anastomosen steht ebenso wie die Proliferation und Neubildung von Bronchialarterien in Zusammenhang mit den chronisch-entzündlichen, fibrosierenden Lungengerüstprozessen. Die Befunde erklären mögliche funktionelle Gefäßverbindungen von Körperkreislauf zu Lungenkreislauf über arterio-arterielle Anastomosen mit negativer Beeinflussung einer pulmonalen Hypertonie. Einleitung Wesentliche Folge chronisch-entzündlicher Lungengerüstprozesse ist die Zunahme des interstitiellen Bindegewebes, vaskularisiert durch Äste der Bronchialarterien (Wright, 1938; Liebow, 1959; Turner-Warwick, 1963 a, b; Cudkowicz, 1968). Die Proliferation der Bronchialarterien im Bereich des

bindegewebigen Lungengerüstes geht einher mit der Vermehrung präkapillärer, broncho-pulmonaler Gefäßverbindungen, die bevorzugt im Bereich des Lappenmantels und des distalen Lappenkerns lokalisiert sind.

Untersuchungsgang Die Untersuchungen wurden an 6 unfixierten Leichenlungen

12-36 Stunden nach dem Tode vorgenommen. In den Stamm der Bronchialarterien wurde eine Injektionskanüle eingebunden, durch die ein wäßriges, bariumsulfathaltiges

Kontrastmittel mit der Viskosität von 350 cp und einer mittleren Teilchengröße von 0,6 pm (Micropaque/Nicholas) injiziert wurde. Für die Röntgenaufnahmen wurden hochauflösende (bis 75 Linien pro mm) Röntgenfilme (Kodak

Typ M und Dupont Cronex NDT 65 und NDT 75) mit einer Siemens-Feinstfokusröhre (Brennfleckengröße: 0,3 mm Kantenlänge) belichtet. Röntgenogramme dienten als Negative für die photographischen, bis 10f achen Nachvergrößerungen.

Bereich des Lungenhilus, eine beträchtliche Kaliberzunahme auf. Paradoxerweise können periphere Gefäßabschnitte

größere Durchmesser aufweisen als solche in Hilusnähe (Abb. 2).

Die Häufigkeit präkapillärer, broncho-pulmonaler Anastomosen sowohl pleuraler als auch intrapulmonaler Bronchialarterien mit Asten der Pulmonalarterien ist vermehrt. Ein 2 X 2 X 3 cm großes Lungenstück des Lappenmantels enthielt 6 solcher angiographisch nachweisbaren 100-600 pm weiten, präkapillären Gefäßverbindungen (Abb. 2). Zwei dieser Anastomosen wurden hinsichtlich ihres Wandaufbaues feingeweblich in Serienlängsschnitten untersucht. Die Gefäßverbindung zeigt im Verlauf eine deutliche Anderung des Wandaufbaus mit Ubergang vom elastischen Bautyp der Pulmonalarterien zum muskulären Bautyp der Bronchialarterien mit äußerer Ringmuskelschicht ohne Lamina elastica externa (Abb. 3).

Diskussion In Endstadien progressiver interstitieller Lungenfibrosen besteht eine substantielle Proliferation der nutritiven systemi-

sehen Lungengefäßversorgung mit Vermehrung der Bronchialarterien einschließlich ihrer Gefäßverbindungen zu den Pulmonalarterien. Dieser Ausbau der Bronchialarterien steht in enger Beziehung zu den chronisch-entzündlichen,

fibrosierenden Lungengerüstprozessen mit Zunahme des

Ergebnisse In Endstadien progressiver interstitieller Lungenfibrosen werden in Bronchialarteriogrammen vermehrt erweiterte und neugebildete pleurale und interpulmonale Aste der Bron-

chialarterien und ihrer präkapillären Verbindungen zu den Pulmonalarterien nachweisbar (Abb. 1).

Die gewunden verlaufenden pleuralen Bronchialarterien weisen gegenüber denen der normalen Lunge, besonders im 0340-1618/78

Bronchial arteries in interstitial pulmonary fibrosis 6 autopsy lungs with interstitial pulmonary fibrosis were subjected to comparative angiographical and morphological investigations of bronchial arteries. During the final stage of interstitial pulmonary fibrosis, bronchial arteries were increased in number, and so were their anastomoses with pulmonary arteries. Extensive formation of broncho-pulmonary anastomosis as well as proliferation and formation of new bronchial arteries, is associated with interstitial chronic inflammation and fibrosis in the lung. The findings explain functional interconnections between the vessels of the systemic and the pulmonary circulations by direct artery-to-artery anastomoses, with a negative influence on pulmonary hypertension.

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interstitiellen Bindegewebes. Entsprechende Ergebnisse haben Wright (1938) und Turner-Warwick (1963 a, b) mitgeteilt. Die massive Expansion der Bronchialarterien geht mit einer beträchtlichen Zunahme angiographisch nachweisbarer präkapillärer, broncho-pulmonaler Anastomosen einher. Diese vorwiegend 100-300 pm weiten Gefäßbrücken sind relativ häufiger im Bereich der parenchymatösen peripheren Lungenbezirke des Lappenmantels und des distalen Lappenkerns lokalisiert. Ahnliche Befunde wurden von Frau Turner-Warwick (1963 a) erhoben.

$ 05.00 © 1978 Georg Thieme Publishers

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Fortschr. Ränrgenstr. 128,4 (1978) 409-411

K-M. Müller und J. Bordt: Bronehialarterien bci interstitieller Lungenfibrose

Fortschr. Röntgenstr. 128,4

Abb. la. Bronchialarteriogramm. Stark crwciterte und vermehrte, geschlängelt verlaufende Bronchialarterien. Zahlreiche präkapilläre, broncho-pulmonale Anastomosen (A) mit retrograder Konrrastmirtelfüllung der Pulmonalartcrien. Fcinwabige Lungenstruktur mit vermehrter Gerüsrzeichnung.

Abb. lb. Mediastinale Pleura des angiographierten Lungenpräparates. Geschlängelrer Verlauf der kontrastmittelgefüllten Bronehialarterienäste. Gehämmerte Lungenoberfläehe bei intersritieller Lungenfibrose. Zwei pleurale anthrakorisehe Lymphfollikel (L) (S.-Nr. 966/73, 57 J., m. Kardiorespirarorisehe Insuflizienz bei progressiver inrerstitieller Lungenfibrose).

Abb. la und b.

Progressive interstitielle Lungenfibrose.

4

P

wl Mikrophotogranim einer 250 gm weiten präkapillären, hronchopuImonacn Anastomose. Wechsel des Gefäßwandaufhaus mit Oeginn einer muskulären, ringförmigcn GefäßwandPulmonalarterie). Bronchialarterie, P schicht bei \X. (13 Kuntrastmittelreste in der Lichtung (Vergrößerung 100 / 1. Abb. 3.

L

Abb. 2. 2 2 3 cm großes Lungenstück nach postmorraier Bronchialarieriographie. 6 präkapilläre, bronchopulmonale 100 bis

Dic morphologischen Befunde erlauben auch Rückschlüsse auf die Pathophysiologie des Lungenkreislaufs hei Lungenfibrosen. Im Frühstadium interstitieller Lungenfibrosen sind Sauerstoffdiffusionsstörungcn mit Gewebehypoxie die Folge von Verdiekungen der alveolokapillären Au stau sehstreeke durch Interposition von Mesenehym zwischen Atemkapilla-

ren und Pncumozyten. Die Dicke der ,,alveolo-kapillären Membran" erreicht 50-100 p.m (Weibel, 1959 u. a.). Die Frühveränderungen der interstitiellen Fibrosicrung bis hin zum vorgesehrittenen Fibrosestadium sind in den letzten Jahren besonders durch morphologische Untersuchungen in Zusammenhang mit der chronischen Sehoekiunge" ein-

600 rio \veite Anastomosen im Bereich des Lungenmantels (Vergrößerung : 4,2 ).

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H. Seibert u. Mitarb.: Ergebnisse bei einer neuen Methode der Gefäßanastomose

auch bei der Schocklunge im Endstadium der interstitiellen Fibrose eine Proliferation von Bronchialarterien angiographisch nachgewiesen werden. Alveoläre Hypoventilation und Durchströmung der Lunge mit arterialisiertem Bronchialarterienblut vermehren das Sauerstoffangebot für das zu versorgende Lungengewehe. Die morphologischen Befunda zeigen mögliche Wege intrapulmonaler Shunts zwischen ausgebautem Bronchialarteriensystem und einem in der Endstrombahn abgebauten Pulmonalarteriensystem über Anastomosen auf. Parallele Befunde wurden von uns in Pleuranarben und bei Lungenembolien nachgewiesen (Müller u. Bora't, 1974 1977). Aussagen über die wahrscheinliche Beeinflussung des Gasaustausches durch die Proliferation von Bronchialarterien bei Lungenfibrosen sind allein anhand der morphologischen Befunde ohne Kenntnis funktionsanalytischer klinischer Daten nicht möglich.

larisation Ott Pleuranarben dutch Brottchialarterien. Zbl. Path. 118

Litera tu r Bordt, J., k-M.

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Prof. Dr. mcd. K-M. Müller, Dr. med. j. Bordt, Pathologisches Institut der Universität, Westring 17, D 4400 Münster Westf.

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gehend untersucht worden (Mittermaver u. Riede, 1976; Müller u. Grundmann, 1977; u. a.). In Einzelfällen konnte

Fortsehr. Röntgenstr. 128, 4

[Bronchial arteries in interstitial pulmonary fibrosis (author's transl)].

Fortschr. Röntgenstr. 128, 4 409 Bronchialarterien bei interstitieller Lungenfibrose Von K.-M. Müller und J. Bordt 3 Abbildungen Pathologisches Inst...
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