Originalarbeiten Kann die digitale Lumineszenzradiographie (DLR) in der Thoraxdiagnostik die konventionelle Röntgenaufnahrnetechnikersetzen? * Von K. F.H . Neufang, B. Krug, R. 1.oren.z und W. Steinbrich

Zusammenfassung .Die digitale Lumineszenzradiographie (LILR) erfiillt alle bildqualitativen Voraussetzungen, die für den Routinethorax in beiden Ebenen und zur Kontrolle von Herzgröße und pulmonaler Stauung, von Rundherden, Ergüssen, mediastinalen und hilären Lymphomen sowie von flächenhaften Infiltraten und Atelektasen zu fordern sind. Intensivthoraxaufnahmen können ganz überwiegend in DLR-'Technik erfolgen: Wiederholungsaufnahmen durch Fehlexposition werden weitgehend vermieden, die Lage von Sonden, Tuben, Drainagen, Schrittmachern und Kunstklappen. das Mediastinum und der retrokardiale Raum sind auf kantenbetonten Aufnahmen besser zu beurteilen als in konventioneller Technik. Dennoch ist die DLR der konventionellen Film-Folien-Technik in der Thoraxröntgendiagnostik bildqualitativ unterlegen, indem sie diskrete Lungengerüstprozesse nur eingeschränkt beurteilen kann. Eine Dosisersparnis ist mit der DLR in der Thoraxdiagnostik im Vergleich zu modernen FilmFolien-Systemen nicht zu erzielen. Die DLR kann derzeit die konventionelle 'Thoraxröntgenaufnahme in FilmFolien-Technik nur in Teilbereichen ersetzen.

Derzeit werden 1 0 bis 25 % aller radiologischen Untersuchungen primär in digitalem Format aufgenommen; es handelt sich um DSA, CT. MRT, Ultraschallund nuklearmedizinische Untersuchungen (2, 11). Da die Thoraxaufnahmen etwa 40 "L, aller konventionellen Röntgenuntersuchungen (14, 22) ausmachen, wäre die Einführung der digitalen Radiographie in diesem Bereich ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung der Radiologie ( 2 , 6 . 1 0 , 1l , 16,17,20,21.25-27, 32-35]. Irn Gegensatz zur konventionellen FUmtechnik ist bei der digitalen Radiographie die Erkennung des Röntgensignals von der Bildverarbeitung und Bildwiedergabe getrennt (2. 11, 26). Im Unterschied zur sekundä-

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Fortschr Röntgenstr 152.5 (1990)501-509 O CIcorgThienieVerlag Stuttgart. New York

Digital luminescent radiography: Asubstitute fOr conventional chest radiography? The image quality of digital luminescent radiography (DLR) is siifficient for routine biplane chest radiography and for follow-iip studies of heart size, pulmonary congestion, coin lesions, infiltrations, atelectasis, pleural effusions, and mediastinal and hilar lymph node enlargernent. Chest radiography in the intensive care unit may in most cases be performed using the DLR technique. There is no need for repeat shots because of incorrect exposure, and the position of catheters, tubes, pacemakers, drains and artificial heart valves, the mediastinum, and the retrocardiac areas of the left lung are more confidently assessed on the edge-enhanced DLR films than on conventional films. Nevertheless, DLR is somewhat inferior to conventional film-screen radiography of the chest as it can demonstrate or rule out subtle pulmonary interstitial disease less confidently. There is no reduction of radiation exposure of the chest in DLR compared with modern film-screen Systems. As a consequence, DLR is presently not in a position to replace traditional film-screen radiography of the chest completely.

ren Filrndigitalisierung. der Bildverstärkertechnik, dem linearen Scanner und der Scanning Equalization Radiography (1, 6. 8, 10, 11, 13, 17, 25-28. 32) bietet die digitale Lumineszenzradiographie (DLR) mit hochauflösenden Speicherleuchtstoffolien den Vorteil einer digitalen Datenakquisition ohne Veränderungen an der bestehenden Aufnahmeeinrichtung(8, 1 1 , 1 3 , 1 5 . 2 0 , 2 1 , 2 5 . 2 8 . 3 3 - 3 5 ) . Inwieweit die DLR die konventionelle Röntgentechnik in der 'i'horaxdiagnostik ersetzen kann und ob die DLR zu einer weiteren Reduktion der Strahlenexposition beiträgt, ist derzeit noch nicht abschließend zu beurteilen. Daher soll hier: 1. systematisch die Eignung der DLR für den Nachweis und die Beurteilung von kleinen benignen und malignen Lungenrundherden, Lungengerüstprozessen, mediasti--

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*HerrnProf. Dr. C'erdFriedmann zum 65. Geburtstaggewidrnet

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Institiit lind Poliklinik riir Hadioliigisc:he I)iagiiostik der Uiiivcrsitäl LU Köln (Dircktor:Prof. Dr. G . Fricdmann)

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nalen Strukturen iind 1ntensivthoraxa.uI'nilhrntiri i i t ~ e r prül't wc:i-den; 2. geklärt werden. ob eine Reduktion d e r Aufnahmedosis um 5 0 % gegenüber d e r konventionellen Radiographie eine ausreichend gut.c ßcurteilung d e r diagnosc.rclcvantcn Striikturcn und Riintgc:nsyniptomt: erlaub1 oder o b bei reduzierter .2ufnaIiiriedosis eine rrießbare Qualitätsverschlechterung eintritt: 3 . überprüft werden. ob unterschiedliche Filterverfahren dir diagnostische Aussage bccinflusscn; 4 . schließlich hicraiis abgcll(?itetwerden, bei wel(:ht!ri klinischon Fragcstellurigeii und Koiiclellationeii d e r Eiiisiltz d e r DL.K gerechtfertigt ist und befürwortet werden kann. Material uiid Methode Die D1.R-Aul'rialiiiieri wurdrii arii ßucky-Slaliv (/:I:/\ 20U cm, 125 k V p ; Fokus 0.6 x 0,6 mm? Belichtungsautoiiiatik) aiigel'crtigt und mit cincm Philips (:omputcd Radiography Systeni [PCR-SP, Hochkorilraslauflösuiig 2.5 I.P/iriiri) ausgrwertct. Dic Aufnahmedosis wurde gegenüber der konventionellen Thoraxaufnalimc cincs automatisicrtcn Thoraxarbcitsplatzcs (Siernens Ttiorainat"', FFA = 200 ciri. 125 kVp, Rreiirilleck 0.6 x 0.6 mm" Belichtungsautomatik, Siemens 'l'itanm2U. SelteneErden-Folien. S = 100) um 5 0 % rcduzicrt und bctrug im Mittel 150 yGy/sagiltale Tlioraxaurrialiine. Alle konveiitionelleii Vergleichsaufnahmen wurden am automatisierten Arbeitsplatz angelkitigt.

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Die ULK-Aufnahmen wurden mit zwei unterschiedlichen Filtcralgorithmcn vcrarbcitct und wicdcrgcgcbcn. die zuvor experinieiitell eririitlelt worderi wareri (1 5). Das die niederen Ortsfrequenzen betonende Filter (GA = 1.3; C'I'= E: G(: - 1 ,h; GS = -0,I ; R N = 4: RT = R; RE = 0.5) licfcrt Aufnahmen. die den] koriveritionellen Rörilgenbild iihneln; das die tiöhereri Ortsfrequenzen betonende Filter (GA = 0.9: GI'= A; GC = 1.5; GS = -0.1: RN = 4: RT = R : RB = 4.0) bcwirkt cinc starkcrc Kantcnbeturiiirig (HocI~paßfiIteriiiig). Bisherige Erfahrungen Seit Inbetriebnahnie d e r DLR-Anlage im Mai 1 9 8 8 wurden bis Oktober 1 9 8 9 irisgesarnt 7500 Aulnahmen angefertigt. lliervon waren 3000 Intensivthoraxaufnahmen. 280 Thoraxübersichtsaufnahmen in 1 Ebene als Einstellungsiintersiichungen und 250 Thoraxiibersichtsaufnahmen in 2 Ebenen. Die übrigen D1.R-Aufnahmen entfielen auf Untersuchungen d e s Skeletts, d e s Harnund des Verdauungstraktes.

Vergleichsuntersuchungen ß1,Wkonuentionelle Thoraxaufnahmen Bei 21 1 meist älteren Patienten rnit allen irn klinischen Alltag vorkommenden Pathologien wurden vergleichende Untersuchungen mit DLR- und konventionellen Thoraxübersichtsaufnahmen in 2 Ebenen diirchgeführt. Die Aufnahmen wurden in kurzem zeitlichen Abstand a m gleichen Tage angefertigt. Die Patienten waren über den Zweck d e r Paralleluntersuchung informiert und mit d e r Durchführung einverstanden. Fiir jeden Patienten ergaben sich 3 Bild-Sets (1 Set mit den konvcnt,ionellen Aufnahmen, 2 Sets mit dcn unterschiedlich gelilterten DLR-Aufnahmen).

Für die Vergleic:tisuntersu(:hung~~n ziir Diagnostik von 1.ungenrundherden und -gerüstpi-ozessc:n wurden die Aufnahmen anonymisiert und jeweils 4 Iladiologen (rnit D1.R erfahrene Gebietsärzte und Assistenten im 3. bis 5.Ausbildungsjahr) ohnc: Kcnntnis d c r klinischen Daten oder des .,(;oldstaridards" vorgc:legt. Die Eritsc:hc:idung. ob d a s gel'ragle blerkinal aul' der1 Aufnahineii erkennbar ist, w a r auf einer fünfstufigen Konfidenzskala zii trcfTcn (1 = sicher kein pathologischer Befund; 2 = w a h r sc:heirilich koiri pathologisc:hor R(:fiind; ?,=unklar, 4 walirscheiiilicli palliologisc:her ß e h r i d ; 5 = sic:hcr pathologischer Befund). Die Ergebnisse wurden statistisch analysiert, indem die HOC-lilächen für die iintersuchteii Verfahren nach Abzug der Flächen untcr d e r Diagonalen rnit dem T-Test verglichen wiirdcn (1 2 , 18, 24). Hundherde: Es wurden zwei Vergleichsstudicn mit zusammen 30 Patienten durchgeführt. Bei 1 5 Patienten erfolgten die DLR-Aufnahmen mit d e r gleichen Dosis wie d a s konventionelle Radiogramm, bei 1 5 Patienten niit uni 5 0 % reduzierter Dosis (Haiitcintrittsdosis p . a . im Mittel 3 0 0 bzw. 1 5 0 yGy). Die sagittal(+ri Filnie wurdon in 4 Quadranten. die seitlichen I;ilme in eine obere und untere Hälfte unterteilt. In 68 von insgesamt 1 2 0 Feldern Iagcn keine Riindherde vor; diese dienten als Normalkollektiv. In den übrigen 112 Feldern waren ein oder m e h r Kuiidherde vorhanden (Durchniesser: 6-35 mm). Verkalkte spezifisch^ Residuen wurden iiiclit als Rundherde angesehen und nicht in die Studie aufgenoniiiien (21). Die Auswerter hatten nach der Konfidenzskala zu befinden, o b in jedem einzelnen I.ungcnareal mindestens 1 Riindhcrd vorlag o d e r nicht. Der „Goldstandard" wii rde einvernehmlich von 2 Radiologen festgelegt, die nicht. zii den 4 Aiiswertern gehörten. und stützte sich auf die l'horaxübersichtsaufnahmen (n = 30). Durchleuchtung (n = 14). Filmtomographic (n = 5). CT (n = 71, die Verlaufsbeobachtung (n = 26) und zusätzliche klinische 1nformat.ioncn. Gerüsiver~nderungeniEs wurden die Unterfelder d e r sagittalen 'l'horaxaufnahmen von 30 Patienten analysiert, bei 1 5 Patienten lagen I.ungengeriistveränderungen vor. Es handcltc sich 7mal u m eine retikiilärc:. 5mal um eine retikulo-noduläre und 3mal um cine noduIäre Zeichnungsverinehrung; eine peribronchiale Zsichnungsvermehrung wurde nicht in die Auswertung aufgenommen. Die häufigsten Diagnosen waren pulmonale Stauung (n = 71, 1.yrnphangiosis carcinomatosa (n = 3) und Sarkoidose (n = 2 ) . Die übrigen 1 5 Patienten wiesen verschiedene a n d e r e thorakale Pathologien wie kleine Ruridherde, flaue Infiltrate. Verkalkungen oder kleinvolurnige Lymphome auf und dienten als Vergleichskollektiv. Die DLR-Aufnahmen wurden mit beiden Filterungen und 5 0 % rcduzicrtcr Dosis angefertigt. Als ,,Goldstandard" w u r d e d a s Vorharidensein oder Fehlcn von 1,ungengerüstveränderungeii wie in vorstehendem Kapitel „RundherdeU beschrieben und gestützt auf die korivsntioriellen Thoraxübersichtsaufnahmen. den radiologischen und klinischen Verlauf und die Abschlußdiagnose sowie in einzelnen FäIlen aiif d a s Ergebnis der Liingenfunktionsprüfung und histologischer Ilntersuchungcn rcstgelegt.

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502 tortschr. Röntgensir. 152.5

Tab. 1 Btldgutekriterien der DLR-Aufnahmen -

anatomisches Merkmal

I

konventionell angeglichen (DLRI) Erkennbarkeit gut schlecht nicht

~~healbifurkation-\= rechter ParatracheaC streifen 94 paraosophagealeLinie 4 rechts Aoria descendens 86 Brustwirbelkorper 16 Gefaße des linken Unter91 lappens --

1

100 % Aufnahme-Dosis / Alle Felder ROC-Fläche

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ll

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KONV vs DLR 1: n.s.

Erkennbarkeit gut schlecht nicht

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[Can digital luminescent radiography substitute for conventional x-ray technics in chest radiography?].

The image quality of digital luminescent radiography (DLR) is sufficient for routine biplane chest radiography and for follow-up studies of heart size...
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