Klinische Studien

Zur Kapselsackimplantation heparinmodifizierter Hinterkammerlinsen F. J. Steinkogler, V. Huber-Spitzy, E. Arocker-Mettinger, E. Huber*

Zusammenfassung ___________________________________

Bei 50 Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 74,1 Jahren wurden im Rahmen einer prospektiven Studie heparinmodifizierte Hinterkammerlinsen in den Kapselsack implantiert. Die exakte Positionierung der bikonvexen One-piece-Linsen in den Kapselsack ist die Voraussetzung für eine zentrische Lokalisation und em optimales Ergebnis. Die Hydrophilisierung des an sich hydrophoben PMMA-Materials wird durch 1-leparin-Surface-Modifikation erreicht und bewirkt einen geringeren Entzündungsstimulus. Ziel der Studie war es, das postoperative Verhalten der in den Kapselsack implantierten, heparinmodifizierten Hinterkammerlinsen besonders in Hinblick auf die in-

traokulare Inflammation zu untersuchen. Bei einer Nachbeobachtungszeit von em bis sieben Monaten wur-

de von hundert Prozent der Patienten mit physiologischem Fundusbefund em Visus von 0,7 oder besser erreicht. in-The-Bag-Implantation of Heparin Modified Posterior Chamber Lenses

In a prospective study, heparin surface modified posterior chamber lenses were implanted into the capsular bag in 50 patients. The exact positioning of the biconvex, one-piece lens in the bag is the prerequisite for good centration and for an optimal result.

ner verstärkten intraokularen Inflammation und zu einer Ablagerung von Fremdkorperriesenzellen auf der Linsenoberflache fuhren (Wolter 1982, Ohara 1985). Endothelzellschadigung durch Kontakt der Linsenoberfläche mit dem Hornhautendothel wahrend der Implantation wurde bereits von Kaufmann 1977 berichtet, was auch in experimentellen Studien (Reich 1984) bestatigt werden konnte. In verschiedenen Studien wurde versucht, Zellablagerungen durch Heparinisierung der Implantatoberflache zu verringern (Thunberg et al. 1982, Olsson et al. 1983, Larsson et a!. 1987). Die Oberfiachenmodifizierung des PMMA durch Heparin bewirkt eine Hydrophilisierung des Linsen-

materials, woraus eine geringere Granulozytenaktivierung, eine reduzierte Zelladhasion (Larsson et al. 1979) eine Verringerung der Ablagerung von Fremdkorperriesenzellen und des Fibroblastenwachstums und eine germgere Schadigung der Endotheizellen bei Hornhautkontakt resultiert (Fagerhoim 1988, Lydahi 1988).

Die intraokulare Vertraglichkeit der HSM PMMA-Linsen wurde in dieser Studie prospektiv untersucht und das Ausmal) der intraokularen Reizung dokumentiert. Material und Methode

The hydrophilisation of the originally hydrophobic

Bei den 50 Patienten dieser Studie (24 mann-

PMMA material is achieved by heparin surface modification and results in less inflammation. The aim of this study was to investigate the postoperative behavior of the HSM posterior chamber lens implanted in the bag, with special consideration given to intraocular inflammation. In the postoperative follow-up time of one to

lich, 26 weiblich) lag das durchschnittliche Alter bei 74,1 Jahren (50 his 90 Jahre).

seven months, hundred percent of the patients with physiological fundus reached a postoperative visual acuity of 0,7 or better.

Verwendet wurde eine one piece PMMA-Hinterkammerlinse mit bikonvexer 7 mm Optik ohne Positionierungslocher und mit modifizierter C-Schlingen Haptik, deren Oberflache elektrostatisch und chemisch mit Heparin beschichtet ist. Die Operation wurde im Sinne der konventionellen Technik

der geplanten extrakapsularen Kataraktextraktion in Retrobulbaranasthesie, Parabulbaranasthesie oder in Voilnarkose durchgefuhrt.

Urn eine optimale Zentrierung der Linse im Kapselsack zu erreichen, wurde eine modifizierte Briefschlitzme-

Einleitung

thode angewendet, so daI3 unter Healonid® die HKL sicher in den Kapselsack implantiert werden konnte.

PMMA hat sich seit Jahren als das MateriAls Lokaltherapie wurden Indometacin und Uial für die Herstellung für Intraokularlinsen erwiesen. Die tracortenol Augentropfen verwendet. hydrophobe Oberflache des PMMA-Materials kann zu ei-

Kim. MbI. Augenheilk. 198 (1991) 6—8

1991 F. Enke Verlag Stuttgart

* gefordert von der Osterreichischen Nationalbank

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2. Univ. Augenklinik Wien (Vorst.: Prof. Dr. H. Slezak)

Zur Kapselsackimplantation heparinmodifizierter Hinterkammerlinsen

K/in. Mbl. Augenheilk. 198 (1991)

7

I

Ergebnisse

Bei einer postoperativen Zeitspanne von 7 Monaten wurden die Nachuntersuchungen 1 Woche, 1

durchgefuhrt, wobei 23 Patienten die 5-Monatskontrolle absolvierten. Hierbei wurden der intraokulare Reizzustand, Ablagerungen von Pigment und Makrophagen auf der Linsenoberflache, Synechien, Sitz der Linse im Kapselsack, Kapselfibrose, Visus, Tension und postoperativer Kortisonverbrauch dokumentiert.

Die postoperative Inflammation manifestierte sich durch Tyndall und Zelldichte in der Vorderkammer. Tabelle 1 zeigt em sehr rasches Abnehmen des Tyndallphanomens, wobei bereits nach einem Monat nur mehr 6 Patienten (— 1Oo) einen + positiven Tyndall aufwiesen.

Langsamer erfolgte die Abnahme der Zelldichte in der Vorderkammer: nach 2 Monaten waren noch bei 11 Patienten Zellen vorhanden, nach 5 Monaten konnten bei keinem Patienten Zellen in der Vorderkammer beobachtet werden. Das Verlaufsprofil der PigmentablageTab. 1

Abb. 1 7Ojahriger, rnannhicher Patient zwei Monate nach Implantation einer HSM one-piece Hinterkammerlinse, welche zentriscb rn Kapselsack fixiert st. Es finden sich keine Pigmentablagerungen und Fremdkörperriesenzellen, die Linse st vdIIig klar und das Auge reizfrei

POSTOPERATIVER TYNDALL

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Abb. 2 65jdhrtger, mdnnlicher Patient am ersten Dostoperativen Tag nach Implantation in den Kapselsack.

Tab. 2

PIGMENTABLAGERUNGEN p

rungen ist in der Tabelie 2 dargestelit, wobei nach einem

Monat diese nur noch in einem Fall, nach 2 Monaten bei keinem Patienten ausgepragt waren (Abb. 1).

0

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h

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Keine Zellen vereinzell

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I Woche 4

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FremdkOrperriesenzeilen fanden sich nur bei zwei Patienten. Synechien mit der Linsenvorderflache oder der vorderen Linsenkapsel wurden an 7 Augen beobachtet. Bei 4 von diesen Patienten kam es intraoperativ zu einer umschriebenen Ruptur der hinteren Linsenkapsel, in 3 Fallen mit Vitreusprolaps, was eine vordere Vitrektomie erforderlich machte. Bei alien Patienten war die HKL zentrisch im Kapseisack fixiert (Abb. 2).

Die konvexe Hinterflache der Optik der IOL fuhrt zu einem engen Kontakt der IOL-Hinterflache mit der hinteren Linsenkapsel.

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Monat, 2 Monate und 5 Monate nach der Operation

8 Kim. Mb!. Augenheilk. 198 (1991) In 16 Fallen wurden zarte, periphere Kapselfibrosen beobachtet, das optische Zentrum war bei alien Patienten kiar. Bei keinem Patienten wurden Glaskorperreaktionen oder em zystoides Makulaodem gefunden.

Bei 6 Patienten bestand präoperativ eine

F. J. Stemnkogier und Mitarb.: Zur Kapselsackimplantation

Die moglicherweise geringere Flexibilität und das Fehien der Positionierungslocher der hier verwendeten one-piece-Linse steht bei Anwendung der angegebenen Operationstechnik einer sicheren Implantation in den Kapselsack nicht entgegen.

Visus entsprechend beeintrachtigte. Bei zwei Patienten Literatur fand sich eine ischamische Optikusatrophie. 100o der Patienten mit physiologischem Fundusbefund erreichten ei- Fagerhoim, P., E. Lydahi, B. Philipson: Heparin Surface Modified Lennen Visus von 0,7 und besser, 46% davon erzielten einen ses — an update. EIIC Kopenhagen 1988 Kaufmann, H. E., J. Katz, J. Va/end, J. W. Sheets, E. P. Goldberg: Visus von 1,0—1,5. Postoperative Drucksteigerungen wur- Cornea! endothelium damage with intraocular lenses: contact adhesion den nur passager beobachtet. between surgical materials and tissue. Science 198 (1977) 525 Lersson, R., J. C. Ericsson, H. Lagergren, P. Olsson: Platelet and plas-

coagulation compatibility of heparinized and sulphated surfaces. Bei 34 Patienten konnte die postoperative ma Thrombos. Res. 15 (1979) 157 Kortisontherapie (Ultracortenol Augentropfen 3 x tgl.) Larsson, R., 0. Larm, P. Olsson: The search for thromboresistance using nach einem Monat abgesetzt werden. immobilized heparin. Ann. NY. Acad. Sci. 516 (1987) 102

Diskussion

Lydahi, E., P. Fagerholm, G. Se/en: Implantation of heparin surface modified intraocular lenses in animals. EIIC Kopenhagen 1988 Ohara, K.: Biomicroscopy of surface deposits resembling foreign body giant cells on implanted intraocular lenses. Am. J. Ophthal. 99 (1985) 304

Die Oberflachenveranderung des bewähr- Qisson, P., 0. Larm, R. Larsson, L. E. Lind, E. Nilsson, J. Sweden borg: Requirements for thromboresistance for surface-heparinized materials. ten PMMA-Materiales soilte als eine neue Alternative zur Ann. NY. Acad. Sci. 416 (1983) 525 Suche nach anderen IOL-Substanzen in Betracht gezogen Reich, S., M. Levy, A. Meshorer, M. Blumenthal, M. Yalon, J. W. werden. Eine Verbesserung der Biokompatibilitat kann Sheets, F. P. Goldberg: Intraocular lens-endothelial interface: adhesive durch Hydrophilisierung der PMMA-Oberfläche mittels force measurements. J. Biomed. Materials Res. 18 (1984) 737 Thunberg, L., G. BäckstrOm, U. Lindahl: Further characterization of the Heparin erreicht werden (LydahI 1988). antithrombin-binding sequence in heparin. Carbohyd. Res. 100 (1982) 393

Aus dieser Studie geht hervor, dal3 es bei Wolter, R. J.: Foreign body giant cells on intraocular lens implants. Alder uberwiegenden Mehrzahl der Patienten zur raschen brecht von Graefes Arch. KIm. Exp. Ophthalmol. 219 (1982) 103 Abnahme des postoperativen Reizzustandes kam, Das Manuskript erstmals eingereicht 29. 5. 1989, zur Publikation in der vorlieAuftreten von Fremdkorperriesenzellen bei nur 2 Patien- genden Form angenommen 15. 11. 1989. ten erscheint bemerkenswert. Ebenso scheint das geringe Auftreten von hinteren Synechien darauf hinzuweisen, dal) die Hydrophilisierung die Vertraglichkeit der Linse im Dr. F. J. Steinkogler Auge gUnstig beeinflul3t.

2. Univ.-Augenklinik Alserstral3e 4 A-l090 Wien

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senile, trockene Makulopathie, welche den postoperativen

[Capsular sack implantation of heparin-modified posterior chamber lenses].

In a prospective study, heparin surface modified posterior chamber lenses were implanted into the capsular bag in 50 patients. The exact positioning o...
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