Aktuelles aus Diagnostik und Therapie Nervenarzt 2014 DOI 10.1007/s00115-014-4007-9 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

G. Dammann Psychiatrische Dienste Thurgau, Spital Thurgau AG, Psychiatrische Klinik Münsterlingen, Münsterlingen

Chancen und Probleme des Recovery-Ansatzes aus psychiatrischer Sicht Der Recovery-Ansatz, der seit ca. 20 Jahren ein stärkeres Gewicht in der Psychiatrie bekommt, fokussiert gegenüber dem Patienten eine Haltung, die seine Ressourcen, seine Autonomie und seine Subjektivität betont. Was braucht es, damit Menschen mit psychischen Problemen ein zufriedenes Leben führen können? Die Recovery wählt dazu nach eigenem Bekunden einen Weg abseits der klassischen psychiatrischen Praxis, die auf Krisenprophylaxe, Symptomreduktion und möglichst kausale Therapie abzielt.

Überblick über den Recovery-Ansatz Der Begriff „Recovery“ (dt.: Genesung und Wiedergewinnung) ist nicht leicht zu übersetzen, daher hat sich der englische Begriff auch im deutschsprachigen Raum eingebürgert. Die theoretische Grundlage der Recovery geht davon aus, dass sich Menschen mit psychischen Problemen (insbesondere Psychosen) eher durch soziale Rollen und Beziehungen sowie durch das Selbstkonzept neu definieren können als durch die Behandlung ihrer Symptome und Einschränkungen. William Anthony [2] definiert in seinem paradigmatischen Aufsatz den Begriff folgendermaßen: Recovery ist ein zutiefst persönlicher, einzigartiger Veränderungsprozess der Haltung, Werte, Gefühle, Ziele, Fertigkeiten und Rollen. Es ist ein Weg, um trotz der durch die psychische Krankheit verursach-

ten Einschränkungen ein befriedigendes, hoffnungsvolles und konstruktives Leben zu leben. Recovery beinhaltet die Entwicklung eines neuen Sinns und einer neuen Aufgabe im Leben, während man gleichzeitig über die katastrophalen Auswirkungen von psychischer Krankheit hinauswächst. Bei den Versuchen, Recovery zu beschreiben, taucht immer wieder der Begriff des „Prozesses“ auf, der auf Anthony zurückgeht. Dieser Prozess der Recovery wird auch von den Vertretern als „RecoveryReise“ bezeichnet. Recovery ist somit, ähnlich wie es für die Resilienz gesehen wird, nicht nur ein stabiler Zustand (Ergebnis), der erreicht werden kann, sondern ein dauernder Prozess. Der Fokus liegt auf den Stärken, nicht auf der Diagnose, den Symptomen, Problemen oder möglichen Defiziten. ([75], S. 109) Es hat zahlreiche Bestrebungen gegeben, die Schlüsselelemente von Recovery zu definieren (siehe z. B. [2, 18, 54]). Das Konzept der Hoffnung in der Psychiatrie [56] sowie der „Positiven Psychologie“ [61] trugen zur Entwicklung des Recovery-Konzepts bei. Die folgende, nicht vollständige Liste zeigt einige am häufigsten genannten Schlüsselkomponenten auf, die sich gegen Resignation und Hilflosigkeit wenden sollen (nach [74], S. 21): F Hoffnung (wird allgemein als Schlüssel zu Recovery gesehen: Es gibt keine Veränderung ohne den Glauben, dass ein besseres, zufriedenstellenderes Leben sowohl möglich als auch erreichbar ist. Siehe dazu auch „plan-

ning alternative tomorrows with hope, PATH“ [34]); F Sinn und Aufgabe (Menschen finden Sinn auf sehr verschiedene Weise. Zum Beispiel ist für einige Spiritualität wichtig, während für andere starke soziale Verbindungen oder Arbeit, Sinn stiften); F Kontrolle (das Gefühl, selbst am „Steuer seines Lebens“ zu sitzen); F persönliches Wachstum. Um dies zu erreichen, sind folgende Faktoren notwendig: F partnerschaftlich-wertschätzender Dialog, F Anerkennen der Einzigartigkeit jedes Menschen, F Gelassenheit statt Machtkampf, F „harm reduction“ (Verringerung von Leiden), F Förderung der Eigenverantwortung. Konkret umgesetzt wird es in Form erlernbarer Module („Recovery-praktisch“Module [12]): F Modul 1: Recovery verstehen, F Modul 2: sich selbst einbringen, um eine Recovery-orientierte Praxis zu entwickeln, F Modul 3: Selbststeuerung ermöglichen, F Modul 4: personenzentrierte Unterstützung anbieten, F Modul 5: Verantwortung und Risikobereitschaft teilen, F Modul 6: am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.

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Aktuelles aus Diagnostik und Therapie Die Module sind in ihrer praktischen Relevanz sehr unterschiedlich zu werten. Insbesondere die Module 3 und 4 beispielsweise bieten viele konkrete Hinweise, die die Bezugspflege etwa auf einer Station mit dem Patienten zusammen aufgreifen kann (Kontrolle und Selbstbestimmung steigern; der Person helfen, ihre Pläne zu verwirklichen). Mit der Recovery-Bewegung in gewisser Weise verwandt sind folgende Konzeptionen der letzten Jahre: Empowerment, Arbeit mit Peers [69], Krisenpläne, Behandlungsvereinbarungen, Vorausverfügungen, neues Erwachsenenschutzrecht, Bewegung für eine offene Akutpsychiatrie und vieles mehr. Recovery wird im Allgemeinen eher als Überbegriff betrachtet; Empowerment wäre somit ein Aspekt davon, dies ist allerdings unscharf definiert. Die radikalsten Vertreter des Recovery-Ansatzes (etwa [10]) fordern sogar, dass in Zukunft die Peers (d. h. Psychiatrieerfahrene) in der psychiatrischen Versorgung die Federführung haben sollten („die wahren Experten“, [10], S. 420). Interessanterweise werden sowohl beim Peer-Modell, aber auch allgemein kaum „Nebenwirkungen“ oder Risiken des Ansatzes beschrieben. Der Begriff „psychisch krank“ wird wegen seiner oft stigmatisierenden Wirkung wenn möglich vermieden. ([74], S. 14) An seiner Stelle werden die Bezeichnungen „psychische Lebensprobleme“ oder „psychische Beeinträchtigung“ verwendet. Es geht dabei um Hoffnung, Selbstwert und Eigensinn und die „Kraft des Kollektivs“ und nicht um Diagnosen und Patientenmerkmale in der Sprache der Profis wie etwa die Dauer der Krankengeschichte oder die Schwere der Symptome. ([6], S. 154) In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde Recovery durch die Arbeit von Aktivistinnen der Consumer- [25] und Expatientenbewegung [14] geprägt. Politisch korrekte Begriffe wie User (statt Patient) oder Recovery (statt psychiatrische Behandlung) werden kämpferisch vertreten. Der Ansatz hat in der Folge auch in zahlreichen angelsächsischen Ländern

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die Planung und Gestaltung der psychiatrischen Versorgung bestimmt (wie z. B. im Vereinigten Königreich (und dort insbesondere in Schottland), Irland, Neuseeland sowie mehreren US-Bundesstaaten). In Glasgow wurde bereits 2004 Recovery als eine von vier großen nationalen Initiativen in Schottland zur Verbesserung von „Psychischer Gesundheit und Wohlbefinden“ gegründet und finanziert. In den USA wird zudem der Peer-Support seit 1999 durch das Gesundheitsfürsorgeprogramm Medicaid finanziert. Von ihrem theoretischen Hintergrund her ist die Recovery-Bewegung eklektizistisch. Bei der Entwicklung des Konzepts sind meines Erachtens mehr oder weniger bewusst u. a. folgende Faktoren eingeflossen: F Consumer-Bewegung (inkl. der Bewegung von Psychiatriebetroffenen; [70]), F neue sozialpsychiatrische Versorgungsansätze (aufsuchend, gemeindeorientiert etwa das „assertive community treatment“ [71]; siehe dazu [19, 55]), F Veränderungen in der Gesetzgebung, die die Autonomie und Patientenrechte stärken und Zwangsmaßnahmen weitgehend einschränken wollen (dazu [67]), F Selbsthilfebewegung, F Antistigmaansatz, F Kritik an der einseitigen Orientierung an Psychopharmaka, F Inklusionsbewegung von Behindertenverbänden, F Trialogansatz [5], F Lebensqualität als Faktor bei chronischen Erkrankungen [60], F Resilienzkonzept (als Gegenpol zum Vulnerabilitätsmodell), F Seligmans Konzept der „erlernten Hilflosigkeit“ (1975; [58]), F neue Antipsychiatrie („psychiatricsurvivor-movement“), wo Diagnosen teilweise abgelehnt werden („Such concerns led Grob [38] to describe psychiatry as a political and professional ‚movement‘ rather than a scientific enterprise concerned with caring for people who were definably ‚ill‘“ [3]), F sog. positive Psychologie [65],

F konstruktivistische, systemische (Paul Watzlawick) und ethnopsychiatrische Theorien zu psychischen Störungen, die das Narrative starker betonen [4], F Selbstmanagement- und Selbstkontrollansätze aus der Verhaltenstherapie auch bei Psychosen [13], F Mindfulness-Ansatz und andere aus der östlichen Spiritualität oder Esoterik entnommene Grundhaltungen, F gesundheitsökonomische Sachzwänge (denn Recovery ist auch ohne professionelles Zutun möglich, es braucht primär „significant others“, [2]). Die Recovery-Bewegung ist selbst Ausdruck einer Ausrichtung, die als „Postpsychiatrie“ bezeichnet worden ist [11]. Onken und Mitarbeiter [51] stellen fest, dass es verschiedene Konzeptionen von „Recovery“ gibt, die man unterscheiden müsse: Recovery als Abwesenheit von Symptomen (klinische Recovery) vs. Recovery als positives Selbsterleben trotz andauernder Symptome (personale Recovery). Letztere Variante wird meistens gemeint. Der Ansatz hat in die etablierte Forschungsliteratur, mit wenigen Ausnahmen (etwa [22, 23]), noch kaum Eingang gefunden und es liegen insbesondere qualitative Berichte vor. Die wichtigsten systematischen Reviews [64] und methodischen Überlegungen [37] stammen aus der Arbeitsgruppe von Mike Slade, von der es das Design einer empirischen Studie (REFOCUS Trial) [63] und einen Überblick über die Evidenzbasierungen in Großbritannien gibt [62]. Dagegen gibt es bisher nur wenig wissenschaftliche Publikationen in der nichtenglischsprachigen Psychiatrie, die sich mit dem RecoveryAnsatz befassen. Es wurden zudem verschiedene Instrumente zur Messung des Recovery-Prozesses entwickelt, wie die Recovery Assessment Scale (RAS, [36]), das Recovery Process Inventory (RPI, [44]), den Recovery Attitudes Questionnaire (RAQ, [8]) oder den Recovery Style Questionnaire (RSQ, [31], dt.: [57]). Recovery-Orientierung selbst ist bis heute fast nicht sauber messbar [59, 73].

Zusammenfassung · Summary

Chancen des Ansatzes Vision und Empowerment für die Teams Zuaboni und Schulz ([75], S. 104) ist zuzustimmen, wenn sie schreiben, dass der Recovery- und Empowerment Ansatz nach Jahren der „Visionslosigkeit“ für die psychiatrische Pflege die Chance für „einen multiprofessionell getragenen konzeptionellen Rahmen, der glaubhaft am Ziel einer menschlicheren Psychiatrie arbeitet“ darstellen könnte. Auch die Psychiatrie selbst (reduziert auf ein Bio-Bio-Bio-Modell), nicht nur die psychiatrische Pflege, leidet unter einer Visionslosigkeit, was u. a. die Debatten um die Klassifikationssysteme zeigt [20, 21].

Mehr Beziehungsorientierung Trotz Einschränkungen (s. unten) weist der Ansatz wesentliche Stärken auf. Es ist geeignet, das reine „Verwalten“ von psychiatrischen Patienten, die man dadurch auch auf Distanz hält, zu reduzieren und eine beziehungsorientiertere Haltung in der psychiatrischen Versorgung zu fördern. Das Verfahren verlangt ausdrücklich von Fachleuten, die es sich zu eigen machen wollen, eine größere Reflexion der eigenen Identität, Rolle und Haltungen [74], was zu begrüßen ist. Der Recovery-Ansatz kritisiert zu recht die einseitige Risikofixierung auf die zwei Risiken „Gewalt“ und „Suizid“ (hinzu kommt noch das Problem der fehlenden Medikamenten-Compliance) und die schwerwiegende Vernachlässigung anderer Risiken aus der Perspektive der Behandlungsinstitutionen. Primär, ein Wissen, das gelegentlich verloren geht, ist es die Beziehung in der Psychiatrie, die den Patienten hält und stabilisiert und nicht die Kontrolle (durch Ausgangssperren, Videokontrollen etc.). Das Verfahren fordert auch auf, wenn es nicht allzu enthusiastisch umgesetzt wird, über die Möglichkeiten und Grenzen der therapeutischen Beziehung nachzudenken, etwa über Chancen und Gefahren von Selbstoffenbarungen. Es werden gewisse Selbsterfahrungselemente bzw. Selbstreflexionen von den Recove-

ry-Praktizierenden gefordert [74]; hier könnte der Ansatz von dem über Jahrzehnte entstandenen Wissensschatz der Psychiatrie und Psychotherapie profitieren (Balint-Gruppen; Holding-Ansatz von Winnicott; interpersonelle Psychotherapie etc.). Zusammenfassend ist der Ansatz durchaus geeignet, eine beziehungsorientierte Haltung in der Psychiatrie (auch von Nichtpsychotherapeuten) zu fördern.

Personalisierte Medizin Der Recovery-Ansatz fordert eine Individualisierung des Fokus (das wird besonders in Modul 4 „personenzentrierte Unterstützung anbieten“ sichtbar). Wichtig ist auch die Betonung der subjektiven Seite der Betroffenen und eine Sensibilisierung für religiöse und spirituelle Lebensentwürfe, ein Aspekt, der sonst nicht selten vernachlässigt wird [49]. Auch hier bieten sich zahlreiche Berührungspunkte mit einer anthropologisch und psychotherapeutisch fundierten Psychiatrie an (Viktor Frankl, Bedürfnisanalyse nach Maslow; Gesprächstherapie Rogers, neopsychoanalytische Psychosenpsychotherapie etc.). Auch Karl Jaspers [43] hat in seiner „Allgemeinen Psychopathologie“ und in seiner Vertiefung der (von Wilhelm Dilthey stammenden) Unterscheidung zwischen „Verstehen“ und „Erklären“ einen Zugang gewählt, der die individuellen, subjektiven Erscheinungen des kranken Seelenlebens einer Person in den Mittelpunkt stellt. Die „personalisierte Medizin“ ist sowohl in der Psychiatrie [48]) wie in der Recovery-Bewegung [27] gegenwärtig eine Forderung.

Stärkung von Adhärenz Adhärenz („adherence“) wird definiert als das Ausmaß, in dem das Verhalten eines Patienten (im Hinblick auf die Einnahme von Medikamenten oder die Einhaltung einer Diät oder das Einhalten von Terminen) mit den Vorgaben des Behandlers übereinstimmt. Gegenüber der bisher häufiger verwendeten „Compliance“ steht bei dem Begriff Adhärenz die aktive Zusammenarbeit von Arzt bzw. Psychiatriefachleuten und Patient im Sinne einer gemeinsamen Entscheidungsfindung und

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Chancen und Probleme des Recovery-Ansatzes aus psychiatrischer Sicht Zusammenfassung Der sog. Recovery-Ansatz, der sich bewusst von der traditionellen Psychiatrie abgrenzt, nimmt für sich in Anspruch, eine paradigmatisch neue Perspektive in die Versorgung von Menschen mit psychischen Problemen einzubringen. Recovery versteht sich als ein personenzentrierter, aktivierender Prozess, der psychisch Kranken helfen soll, trotz Einschränkungen, ein hoffnungsvolles und sinnhaftes Leben zu führen. In einigen Ländern ist Recovery bei Psychiatriefachleuten weit verbreitet und ist auch Teil nationaler Gesundheitskampagnen geworden. Trotzdem gibt es bislang nur wenig abwägende Diskussionen aus psychiatrischer Sicht und die Begrifflichkeiten sind teilweise unscharf. Es wird ein kurzer Überblick über das Modell gegeben, auf die theoretischen Wurzeln und auf die Frage, was neu daran sein könnte, eingegangen. Schließlich werden Stärken und kritische Aspekte des Ansatzes nebeneinandergestellt und klinische Fragestellungen erläutert. Schlüsselwörter Recovery · Psychiatrie · Pflege · Psychiatrische Versorgung · Sozialpsychiatrie

Chances and problems of the recovery approach from a psychiatric viewpoint Summary The so-called recovery approach is consciously demarcated from traditional psychiatry and enforces claims to introduce a paradigmatically new view on mental healthcare. Recovery is perceived as an individual-centered activating process, enabling mentally ill persons to live with hope and meaning despite disabilities. In some countries recovery is widely used by psychiatric nurses and mental health workers and to some extent is now part of national health programs. Nevertheless, concerted discussions from a psychiatric perspective are rare and the nomenclature is sometimes vague. A brief review of the model, its theoretical roots and the discussion on whether it is novel is given. Finally, strengths and critical aspects of the approach are compared and clinical questions exemplified. Keywords Recovery · Psychiatry · Nursing · Mental health care · Social psychiatry Der Nervenarzt 2014 

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Aktuelles aus Diagnostik und Therapie Tab. 1  Gegenüberstellung von „Psychiatrie“ und „Recovery“. (Mod. nach [33], S. 84 u. 88

sowie [50]) Psychiatrische Versorgung Anbieter-/Institutionszentriert Symptomfreiheit Diagnose wichtig Macht über die Menschen Kontroll- und Zwangsorientierung Risiko- und angstbasiert (Hilflosigkeit) Klienten müssen sich dem Hilfesystem anpassen Fördert Behinderungen und Erkrankungen Compliance und Alibipolitik (Tokenism) Fokus auf den Fall

Therapiezielvereinbarung deutlich im Vordergrund, d. h. die aktiv erfragte Patientenmeinung wird bei der Behandlungsplanung ausdrücklich mitberücksichtigt. (Zur Adhärenztherapie siehe http://www. dv-adherence.de; [57]).

Fokussierung auf chronische Patientenrolle Nicht wenige Patientinnen und Patienten haben krankheitsbedingt oder iatrogen (Verstärker) eine immer stärkere Passivität und z. T. damit einhergehend auch „konsumptive“ Haltung entwickelt. Die Recovery-orientierte Versorgung legt besonderen Wert auf ein „Tun mit“ statt dem klassischen „Tun für“. Recovery fokussiert gerade bei chronischen Patienten weiterhin auf eine die Autonomie und Aktivität des Gegenübers fördernde Haltung und seine Patientenrolle. Natürlich immer mit dem Risiko (s. unten) den Patienten auch dadurch zu überfordern. Dies ist eine wichtige Dialektik in der Rehabilitation zwischen „fordern“ (wo möglich) und „schonen“ (wo nötig). Manchmal denke ich, dass bei mir Recovery verhindert wurde, weil ich nichts anderes kannte. Ich hatte nun diese psychische Krankheit. Es besteht eine gewisse Sicherheit im Kranksein. Wenn ich auch jede Minute davon hasste, gab es dennoch etwas Sicheres dabei. (Zitat eines Patienten, [74], S. 81)

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Recovery Person-/Recovery-zentriert Sinnerfülltes Leben Diagnose wenig wichtig Erwecken der eigenen Stärke in den Menschen Wahlorientiert Basiert auf Hoffnungen, Zuversicht und Träumen Anpassungen des Anbieters an den Klienten Förderung von Fähigkeiten und einem sinnvollen Leben Partnerschaft Fokus auf den Menschen und seine individuelle Geschichte

Wider den Pessimismus Positiv an diesem ressourcenorientierten Ansatz (zur Ressourcenorientierung etwa „The Strengths Model“ [53]) ist auch, dass vermehrt günstige Verläufe deutlich gemacht werden. Die Schizophrenie hat, worauf auch die Recovery-Bewegung aufmerksam macht, insgesamt weit heterogenere und bessere Verläufe als lange vermutet ([16]; Symptomremission findet sich nach frühzeitiger Behandlung [40, 47], positive soziale Integration ist auch nach langjährigen Verläufen möglich [15, 39]). Eine ganze Reihe der Protagonisten der Recovery-Bewegung (Davidson, Boevink, die sich für das Absetzen von Psychopharmaka ausspricht [7], Lehmann [45] etc.) sind zudem selbst Psychiatrieerfahren und konnten sogar Karriere an Universitäten etc. machen.

Probleme und offene Fragen Künstlich betonte Abgrenzung zur Psychiatrie Nicht selten findet man in der RecoveryLiteratur eine etwas holzschnittartige Gegenüberstellung von „Psychiatrie“ und „Recovery“, die den Dialog nicht eben erleichtert (. Tab. 1).: Auch Noordsy und Mitarbeiter [50] unterscheiden in der Arbeit mit Menschen mit Psychosen zwischen dem medizinischen Modell, dem Rehabilitationsmodell und dem Modell des RecoveryAnsatzes. Die aktuelle Literatur [12, 74] klingt immerhin bereits integrierender

und maßvoller als die Recovery-Literatur der 2000er Jahre (etwa das Lehrbuch von Amering und Schmolke [1], das erstmals 2007 erschien), wo besonders stark der Bruch zur bisherigen, negativ bewerteten Psychiatrie betont wurde. In der Recovery-Literatur gibt es bislang entsprechend relativ wenige Diskussionsbeiträge von Psychiatern, was eigentlich gegen die interdisziplinäre Ausrichtung des Ansatzes spricht. Teilweise wird auch eine etwas karikaturhaft verzerrte Sicht der Psychiater gezeichnet, die wenig Zeit haben, nur Medikamente geben und ihre Patienten mit negativen Prognosen ängstigen: „Sie haben eine unheilbare Krankheit und müssen die Medikamente ihr Leben lang nehmen“ ([12], S. 194f). Hier besteht die Gefahr einer Spaltung statt einer Integration von Ansätzen. Dabei wird übersehen, dass gerade auch in der Psychiatrie wesentliche beziehungsorientierte Ansätze entwickelt worden sind. In dem deutschsprachigen Standardwerk von Amering und Schmolke ([1], S. 322) ist etwa die Rede von „(Ex)Nutzern und Überlebenden der Psychiatrie“.

Diffusität in der Terminologie und bei den Interventionen Teilweise findet sich keine präzise Sprache mit rationalen Definitionen. Jeder kann sich dann das vorstellen was er will, etwa wenn es heißt „Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg für Recovery“ ([74], S. 39). Auch manche Vorschläge für Interventionen wirken nicht ganz durchdacht. Wie soll etwa Hoffnung vermittelt werden, wenn Hoffnungslosigkeit selbst Teil einer chronischen psychischen Erkrankung ist (beispielsweise einer schweren Depression? Zu dieser Kritik auch [9])? Wäre somit die Hoffnungslosigkeit eines Patienten als Ausdruck seelischer Krankheit oder als fehlende Recovery-Perspektive zu werten, müsste man sich fragen.

Wie bewährt sich Recovery in der Akutpsychiatrie? Das Recovery-Modell hat sich besonders im Bereich chronischer Erkrankung und wiederkehrender Krankheitsepisoden bewährt; entsprechend liegen am meisten Erfahrungen für die psychiatrische Reha-

bilitation und die Sozialpsychiatrie (etwa im Rahmen eines „intensive case management“ für Patienten mit sog. hohem Inanspruchnahmeverhalten; [35]) vor. In Bezug auf die Bedeutung von RecoveryOrientierung im Rahmen von akuten Kriseninterventionen, bei psychiatrischen Erstbehandlungen etc. besteht einiger Klärungsbedarf. ([12], S. 251) Im Allgemeinen ist eine Recovery-orientierte Arbeit mit von Zwangsmaßnahmen betroffenen Menschen schwierig und komplex, insbesondere im geschlossenen Rahmen räumen die Recovery-orientierten Autoren Zuaboni und Mitarbeiter ([74], S. 32, Autoren der deutschen Version des Buchs „Realising Recovery Learning Materials“ von Alexander und Mitarbeitern aus dem Scottish Recovery Network, SRN, 2008) selbst ein. Sicherlich wird eine Feuerprobe des Recovery-Ansatzes darin liegen, wie er sich zum Problem der Neuroleptika stellen wird (Compliance-Problematik, Ambivalenz der Patienten, massive Nebenwirkungen; metabolische und hirnorganische [41] Folgen; dagegen aber auch sehr lange und schwierige Behandlungsverläufe ohne Medikation und höhere Suizidrate und teilweise Mortalität etc.). Der bekannte antipsychiatrische Autor Lehmann ([45], S. 63) spricht bereits von der Gefahr eines Etikettenschwindels, sollte sich die Recovery-Bewegung mit diesem zentralen Problem nicht auseinandersetzen und eine Haltung entwickeln, zumal Zwangsmedikation Isolieren und Fixieren teilweise verhindern kann [66].

Idealisierung Manches an der Recovery-Literatur gleicht auch etwas der populärpsychologischen oder esoterischen Literatur: „Wir alle werden weiter wachsen, lernen und uns verändern“ ([75], S. 109). Natürlich fällt die Kritik daran nicht leicht, weil man die gute Absicht spürt. Der emphatische Duktus mag der amerikanischen Kultur geschuldet sein. Es findet sich aber auch, einmal mehr, eine Idealisierung oder Romantisierung schizophrener Psychosen. Ameling bezeichnet sich als „gesund und unsensibel wie eine Gürteltier“ ([1], S. 384).

„Überlebende“ von Psychosen werden dagegen als „Helden“ ([1], S. 384) bezeichnet.

so krank geworden ist, dass er die Teilnahme an der Gartentherapie mit Hilfstätigkeiten dort fast nicht leisten kann?

The goal of the recovery process is not to become normal. The goal is to embrace our human vocation of becoming more deeply, more fully human. The goal is not normalization. [26]

Risiken aus der Recoveryorientierten Beziehungsgestaltung

Aus psychodynamischer Sicht könnte man deuten, dass man sich von Ängsten, Unsicherheiten und Unaushaltbarem in der Begegnung mit schwerst psychisch Kranken dadurch entlasten will, dass man ganz einseitig die Ressourcen, die Kreativität etc. betont.

Vernachlässigung von Krankheitsfolgen – Überbetonung von Stigma Die Betonung von sozialen Netzwerken, Reintegration und Inklusion ist natürlich wichtig. Vernachlässigt wird jedoch, dass die Isolation nicht nur mit Diskriminierung zu tun hat, sondern in vielen Fällen mit krankheitsbedingtem Rückzug (Bleulers „Autismus“ bei der Schizophrenie). Wenn sich ein Jugendlicher mit einer beginnenden Psychose ganz zurückzieht, alle Kontakte zu den bisherigen Freunden meidet, dann ist dies zu allererst Ausdruck der Erkrankung und weniger der Exklusion. Hier sollten die Module einen Diskurs mit den psychiatrischen Krankheitslehren führen. Dadurch kommt es auch meines Erachtens zu einer Überschätzung der Stigmatisierung als Hauptursache für die Probleme der Patienten. Schließlich weist auch die Recovery-Bewegung eine verkürzte Sicht auf das komplexe „Stigmatisierungproblem“ hin. Es fehlt in der Recovery-Literatur an Hinweisen für die Auseinandersetzung mit den verbleibenden Defiziten oder das „Abtrauern“ von krankheitsbedingt nicht mehr Erreichbarem (was die Psychoanalyse richtigerweise, aber etwas missverständlich als das notwendige Erreichen der „depressiven Position“ in der Therapie und für jedermann bezeichnet hat). Stattdessen wird immer wieder von Träumen gesprochen, die es schrittweise zu realisieren gilt. Nur, was könnte der Traum eines Physikdoktoranden sein, der mit Mitte 30

Der Kern einer Recovery-orientierten Praxis ist die Fähigkeit, eine respektvolle Beziehung zu Nutzenden aufzubauen, in welcher ein wirkliches Interesse an der Person vorliegt, sie als ein Individuum erkannt wird und ihre Erfahrungen ernst genommen werden. [30] Die vom Recovery-Ansatz geforderte größere Nähe zum Patienten, bedarf jedoch einer besonderen Beachtung von Grenzen und auch der eigenen Gegenübertragung (Recovery spricht von einer Balance zwischen „Unterengagement“ und „Überengagement“). Diese Thematik beschäftigt auch die nicht-Recovery-orientierte Sozialpsychiatrie, etwa Priebe und Mitarbeiter [52]. Vorsicht vor „Mitleid“ (als Gegenübertragung) für den Patienten; aber auch Vorsicht vor „Mitleidlosigkeit. Der Ansatz birgt Möglichkeiten der vertieften Beziehungsgestaltung (siehe oben). Aber es stellen sich auch Fragen, die die Autoren des Modells bisher nur ansatzweise diskutiert haben: F Wo wird ein unrealistisches Beziehungsmodell vertreten, das Differenz und Hierarchie leugnet? F Recovery verfügt bislang über kein Widerstandskonzept, dass jemand positive Veränderung will und gleichzeitig fürchtet, weil die Krankheit auch primäre und sekundäre Verstärker mit sich bringt, was in der Behandlung zu Reaktanz führen kann. F Nur in Ansätzen reflektiert ist zudem, dass die gelingende Aktivierung von Patienten für diese nicht nur „Positives“ mit sich bringt, sondern auch eine Bedrohung darstellen kann (Sozialversicherungsleistungen könnten reduziert werden); schließlich hat „Regression“ oder Einnehmen einer „Patientenrolle“ auch intrapsychische und gesellschaftliche Funktionen. F Die vom Recovery-Ansatz geforderte starke Individualisierung und Flexibilisierung etwa auf einer Station kann Der Nervenarzt 2014 

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Aktuelles aus Diagnostik und Therapie auch zu Willkür und Machtmissbrauch führen. F Wo kann es zu einer Überforderung des Patienten kommen? Wie geht man dann damit um? F Kann es zu „Spaltungen“ im Team kommen (die einen sehen etwa die Ressourcen, die anderen die Schwierigkeiten)? Wie wird dies gewinnbringend integriert? F Wenn ein Patient nicht in den Prozess der Recovery einsteigen kann oder will, hat er dann „versagt“? Hat er in der Auseinandersetzung mit seiner Situation wirklich zu wenig Sinn und Hoffnung gesehen. Gibt es somit etwas wie eine „negative therapeutische Reaktion“ auch für Recovery? Wie wird Recovery, Recovery-orientiert, mit „Recovery-Verweigern“ umgehen können, die sich nicht aktivieren lassen? Noch ein weiterer Punkt ist theoretisch noch wenig durchdrungen: Die Vorstellung einer „professionellen Distanz“ hat in der Vergangenheit ein falsches Bild der Grenze zwischen „uns“ und „ihnen“ aufrechterhalten, welches einen fundamentalen Unterschied zwischen den Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, und uns suggeriert. ([74], S. 53) Unter „Auflockern der Regeln“ werden „freundschaftlich Beziehung“ und das Geben und Annehmen von Geschenken beschrieben, aber nicht kritisch und fundiert diskutiert ([1], S. 330). Aus dieser Sichtweise setzt sich die Recovery-Bewegung kritisch mit der Asymmetrie im psychotherapeutischen Prozess auseinander (Davidson in [12]). In der Asymmetrie der therapeutischen Beziehung werden eher das strukturelle Machtgefälle und weniger die Chancen gesehen: etwa die Möglichkeit des Aufbaus einer Übertragungsbeziehung, gerade weil man relativ wenig über das Gegenüber weiß und dafür phantasieren kann oder den Wert von Neutralität nicht zuletzt aufgrund der Ambivalenz der Patienten (wir ermutigen z. B. nicht zu einer wichtigen Lebensentscheidung, sondern überlassen es dem Patienten). Beispielsweise hat eine Patientin das Gefühl, ihr Einzeltherapeut

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würde sie ablehnen und verachten, was mit der Erfahrung eines entwertenden Vaters in der Vergangenheit zu tun hatte. Weitere Fragen stellen sich: Das PeerMitglied im Team ist Billard-Trainer, gelegentlich geht es ihm aber selbst psychisch schlechter und er erscheint antriebsloser. Für das Team ist es im Umgang nicht ganz einfach zu unterscheiden, wann er „Patient“ ist und wann er Teammitglied bleibt? Oder darf ein Peer in einer Drogen-Einrichtung (weil Teil seiner Problematik) z. B. einen Drogenrückfall erleiden, ohne dass dies Konsequenzen für die Anstellung hätte, während für die anderen Mitarbeitenden absolute Suchtmittelfreiheit gefordert wird? Zur Institutionalisierung (Bezahlung und organisatorische Einbettung) von Peers äußern sich Amering und Schmolke dagegen kritisch ([1], S. 376).

Gar ein Sparprojekt?

Unrealistische Versorgungslandschaft

Eine überzeichnete negative Perspektive könnte die Gefahr an die Wand malen, dass zukünftig unter dem Decknamen Recovery psychisch Kranke zu Hause weitgehend nur noch Betreuung durch andere psychisch Kranke erhalten (Peers), die sie ja am besten verstehen und wo bei Krisen auf „Selbstmanagement“ zurückgegriffen werden sollte. Könnte die Recovery-Theorie somit eine Begründung dafür darstellen, dass psychisch Kranke ihrem Schicksal überlassen werden, wie dies in den USA weitgehend bereits geschehen ist?

Bottlender befürchet, dass personale, d. h. individuumzentrierte Recovery-Modelle gegen die Übermacht von Stigmata und anderen Barrieren kapitulieren müssen und letztlich illusionär sind: Personale Recovery-Ansätze berücksichtigen die bestehenden strukturellen gesellschaftlichen Barrieren wie Rassismus, Sexismus oder auch Homophobie oft zu wenig und greifen damit erheblich zu kurz…. Soziale Teilhabe in unserer Gesellschaft [ist] bereits für den „Normalbürger“ eine immense Herausforderung. ([9], S. 244) Hinzu kommen die nicht vorhandenen Ressourcen: „Ein ambulantes, von multidisziplinär zusammengesetzten Teams durchgeführtes Case-Management für schizophren erkrankte Patienten existiert in Deutschland, einem der reichsten Industrieländer, nur im Rahmen von lokal begrenzten Initiativen“ ([9], S. 244) und seltenen Modellprojekte (etwa [35]), von Kapazitäten für ambulante und evidenzbasierte Psychotherapien von majoren psychiatrischen Erkrankungen ganz zu schweigen.

In Großbritannien und den USA führten ökonomisch motivierte Verlagerung der Psychiatrie in den ambulanten Bereich gleichzeitig zur Entwicklung ambulanter Zwangsmaßnahmen, d. h. etwa Depotmedikation (UK: „community treatment orders“; USA: „assisted outpatient treatment [AOT] program [“Kendra’s law“]). Einem Dilemma, das Watts und Priebe [71] für das „assertive community treatment“ (ACT) beschrieben haben, wird auch der Recovery-Ansatz nicht ohne weiteres entgehen: ACT condenses a dilemma that is common in psychiatry. ACT proffers social control whilst simultaneously holding therapeutic aspiration.

Klinische Diskussionspunkte Der Ansatz muss sich, gerade im stationären Bereich, damit befassen, wie er konkret Teil der interdisziplinären Arbeit werden kann, bei der idealerweise ein Team einen gemeinsamen Fokus wählt.

Veränderungen im Stationsmilieu Verschiedentlich wurde die Frage gestellt, ob Recovery einfach ein neues Modell für die Milieutherapie sein könnte. Partizipation, Vertrauensbildung, Berücksichtigung der Außenwelt, Alltagsaktivitäten und demokratisches Denken sind auch der Milieutherapie wichtig, die die Institution als eine Art „künstliche Familie“ versteht, die je nach den Bedürfnissen strukturierender, reflektierender, behütender etc. sein kann. Meines Erachtens

führt der Einsatz von Recovery jedoch zu einigen spezifischen therapeutischen Implikationen, die über die Milieutherapie hinausgehen: F Sollen sich Patienten die Therapiebausteine auf einer Therapiestation selber aussuchen dürfen? Wenn ja, was hat das für Implikationen? F Wo sind die Grenzen der Partnerschaftlichkeit von Klienten und professionellen Helfern? Eine Arbeitsbeziehung mit klarem Setting, Regeln, Abmachungen und Verbindlichkeiten erscheint auch unter RecoveryBedingungen als absolute Notwendigkeit, um nicht in Beziehungswünsche und diffuse Ansprüchen hineingezogen zu werden. Braucht ein Team, das versucht Recovery umzusetzen, daher vermehrt Supervision? F Wie gestaltet sich die direkte Teilnahme der Patientinnen und Patienten an allen sie betreffenden Entscheidungsprozessen, Besprechungen und interdisziplinären Rapporten, wie dies die Recovery fordert? Wie gehen Fallvorstellungen mit dem Patienten gemeinsam? Wo hat ein Team die Möglichkeit zur „Psychohygiene“? F Wo ist Verzicht auf Kontrollfunktionen (Drogentests) sinnvoll und wo wird es untherapeutisch? F Darf man dem Patienten kleine, ermutigende Geschenke geben (Empfehlung Amerings [1])? Kann der Patient das spezifische Beziehungsangebot verstehen oder wird er es als Verführung deuten?

Veränderungen für Patienten und für das Team F Patientinnen und Patienten berichten davon, dass die Behandlung für sie sehr viel anstrengender geworden sei und führen das vor allem auf die größere Eigenverantwortung zurück. Sie beschreiben jedoch auch einen größeren Nutzen für sich selbst als früher. F Teammitglieder können ein Stück weit das Gefühl erhalten, dass sie weniger „Kontrolle“ haben, d. h. die Patienten ein Stück weit anfangen zu dominieren („Die Patienten sagen, wo es langgeht“ [12], S. 151). Konsequenz: Natürlich muss dabei reflek-

tiert werden, wo diese Abgabe von Macht wünschenswert ist oder wo unter dem Deckmantel von Recovery Setting-Grenzen anfangen zu verschwimmen und anarchische Elemente zunehmen. F Beschrieben wird aber auch ([12], S. 154), dass nach einer anfänglichen Phase der Motivation, die Patientinnen und Patienten („Nutzerinnen und Nutzer“) „vermehrt Passivität und eine Tendenz nach mehr Fremdbestimmung“ zeigten. F Wiederholt kritisch und wachsam hinterfragen muss man die sich verändernde Nähe und Distanz zu den Patientinnen und Patienten. Zum Beispiel brauchen Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung eine andere „professionelle Distanz“ als Menschen die an einer Psychose oder einer Suchterkrankung leiden. Diese Überlegungen macht Recovery bislang jedoch nicht. F Recovery als Grundhaltung entwickelt sich u. U. uneinheitlich, nur teilweise innerhalb eines multidisziplinären Teams (schwierig ist es z. B., wenn Spezialtherapeuten – etwa der Kunsttherapeut – sich weiterhin ganz anders verhalten). Die Entwicklung einer gemeinsamen Grundhaltung braucht Zeit auf allen Ebenen und den Rückhalt der Vorgesetzten. F Recovery darf dem Team nicht als Entschuldigung für einen Laissezfaire-Stil dienen. F Welche Auswirkungen haben die Einführung von autonomen Patientenversammlungen und die Mitsprache der Patienten, die einen Sprecher wählen, auf den Wochenplan und das Stationskonzept? F Wo sind die Grenzen der Eigenverantwortlichkeit (siehe oben)? Beispielsweise wenn es darum geht, einzuschätzen, ob jemand zu krank ist, um die „Ämter“ (Funktionen, die die Patienten im Stationsalltag übernehmen) ausfüllen zu können. Was soll man jemanden zumuten? Wo braucht es Schonung? Es bedarf somit der vermehrten Diskussion im Stationsalltag darüber, was Recove-

ry-orientierte pflegerische Interventionen sind und was nicht.

Diskussion und Zusammenfassung Selbstverständlich ist eine Stimulierung durch diesen Ansatz für die klinische Arbeit mit den Patienten auch für Ärzte und Psychologen wünschenswert. Nicht nur sollten die Pflege- und Sozialarbeiter (oft heißt es in der Recovery-Literatur „Psychiatriefachleute“) Elemente der medizinischen Weiterentwicklungen kennen und integrieren können (z. B. Störungsspezifität, Behandlungsmanuale, „coercive treatment approach“, offene Akutpsychiatrie etc.), sondern auch umgekehrt. Die Mediziner und Psychologen sollten diese neueren sozialpsychiatrischen Konzepte kennen. Geschieht dies nicht, droht im Kampf um die Deutungshoheit wie so oft in der Psychiatrie und Psychotherapie eine „Spaltung“ (d. h. die Gefahren von Entwertung und Selbstidealisierung) zum Nachteil der Patienten. Was „Recovery“ letztlich ist, wird auch von den Vertretern nicht klar gesagt: Recovery ist zunächst mal keine Theorie, keine bestimmte Intervention, es ist auch keine evidenzbasierte Praxis, keine Philosophie oder politische Position…, „ sondern „eine individuelle Reise von durch die Person bestimmten Ergebniskriterien, welche sich auf die Rückgewinnung eines bedeutungsvollen Lebens beziehen. [32] Recovery ist auch mehr als eine Remissionsorientierung. Allerdings stellt dann Farkas [32] doch „Recovery“ gegen „Versorgung“, die die Autorin als anbieter- und institutionszentriert bezeichnet. Bei letzterem soll es einseitig um Risiko, Macht, Kontrolle und Angst gehen, statt um Hoffnung, Stärken, Wahl und Sinn. Unklar bleibt meines Erachtens – und da widerspricht sich die Recovery-Literatur – auch, ob das Modell gerade besonders „heilungsorientiert“ (kurativ) sein will oder im Gegenteil, ob es eher einen Ansatz pflegen will, bei dem der Patient lernt, trotz seiner Probleme und Einschränkungen ein möglichst sich selbst verwirklichendes Leben zu führen. Letzteres vertritt etwa Davidson [22] in seiner RezenDer Nervenarzt 2014 

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Aktuelles aus Diagnostik und Therapie sion der PORT-Studie, die prognostisch positive Hinweise für diejenigen Interventionen gab, bei denen Erwachsene trotz psychischer Erkrankung angehalten wurden, die normativen Erwachsenenrollen, soweit wie möglich, aufrechtzuerhalten. Teilweise greift das Verfahren alte bewährte Interventionen von Pflegefachleuten auf und benennt sie neu (kann somit etwas als „alter Wein in neuen Schläuchen“ bezeichnet werden). Etwa wenn mit den Betroffenen Freizeitverhalten analysiert wird oder Personen gesucht werden, mit der die Patienten wieder vermehrt Kontakt aufnehmen könnten, um der sozialen Isolation zu begegnen. Bottlender ([9], S. 244) kritisiert zu Recht, „dass beispielsweise Anleitung zur Selbsthilfe und Selbstverantwortung heute selbstverständlich auch wichtige Bestandteile rehabilitativer Therapiekonzepte sind“. Auch die Forderungen der „Personenzentrierung“ innerhalb des Recovery-Ansatzes (etwa Lebensfeldorientierung, Kontinuität, Multidisziplinarität, Mobilität) werden von einer modernen, sozialpsychiatrisch ausgerichteten Versorgungsphilosophie vollumfänglich geteilt. Bereits vor dem Recovery-Ansatz gaben Pflegefachleute Respekt und Wertschätzung als wesentliche Elemente ihres Tuns an. Elemente aus dem RecoveryAnsatz waren auch im sog. „Soteria-Modell“ der Behandlung von Psychosen angelegt. Bekannt ist auch, dass die Qualität der Beziehung mit den Klinikern in der Akutaufnahmesituation entscheidend für die Haltung gegenüber der weiteren Behandlung ist [24]. Delaney [28] empfahl, in der psychiatrischen Pflege auf die Verwendung des Sammelbegriffs „Milieutherapie“ zu verzichten und stattdessen die konkreten einzelnen Maßnahmen zu beschreiben. Auch das in der psychiatrischen Pflegewissenschaft weit verbreitete Gezeiten („Tidal“)-Modell von Barker [3] stellt den Aspekt von (ärztlichem) „care“ dem von (pflegerischem) „cure“ gegenüber. Interessanterweise gibt es aber international gesehen in der psychiatrischen Pflege eine Bewegung stärker in Richtung „care“, wo psychiatrische [17] und psychotherapeutische [72] Funktionen von „advanced practice psychiatric nurses“ übernommen werden könnten.

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Interessant ist auch, dass eine Auseinandersetzung darüber fehlt, dass im heutigen Status quo die Pflege oft eher die paternalistischere und kustodialere, risikobetonendere Haltung einnimmt (Öffnen der Stationstüren, Notwendigkeit von Zwangsmaßnahmen) als die Ärzte, Psychologen und Spezialtherapeuten. Die neue Gesetzgebung, die die Autonomie und Patientenrechte betont, wird auch neue Langzeitpatienten produzieren, wenn nicht gleichzeitig in erheblichem Maße, wovon kaum ausgegangen werden kann, Mittel in die ambulante, aufsuchende und beziehungsorientierte Betreuung fließen werden. Bottlender ([9]; S. 245) nennt den Recovery-Ansatz sogar eine …schöne Utopie, die definitorisch jedoch vage gefasst, gegenüber anderen Konzepten nur unscharf abgegrenzt und in ihrer Realisierbarkeit durch die real existierenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen leider erheblich limitiert ist. Recovery sollte nicht als Alternative zur Behandlung gesehen werden, sondern als Ergänzung, wie es bereits Anthony [2] in seinem bis heute maßgeblichen Beitrag schrieb: Recovery ist das, was Menschen mit Behinderungen tun. Behandlung, Case-Management und Rehabilitation sind Angebote, die die HelferInnen machen, um diesen Prozess zu unterstützen. Es müssen daher Wege entwickelt werden, wo unterschiedliche Perspektiven im Team integriert werden können. Der Ansatz sollte in Zukunft mehr konkrete Interventionsvorschläge entwickeln und diese evidenzbasiert auf ihre Wirksamkeit prüfen (siehe [46]). In einigen Bereichen (z. B. Peer-Einbezug bei postpartalen psychischen Störungen) wurden Elemente aus dem Recovery-Ansatz bereits evidenzbasiert überprüft [29, 68]. Das Modell der Recovery wurde beispielhaft für chronische Schizophrenien entwickelt. Notwendig erscheint eine Differenzierung, die sich auch an anderen Patientengruppen orientiert: Wie bewährt sich Recovery bei Polytoxikomanen? Bei Borderline-Patienten? Bei So-

matisierungsstörungen? Bei welchen Störungen passt der Ansatz möglicherweise weniger? Recovery fordert – zu Recht – mehr Mut und mehr Risiko im Interesse der Patienten, was im Kontrast zum krankenkassengetriebenen Qualitätsmanagement und einer Tendenz zur medialen Skandalisierung steht. Der Recovery-Ansatz erscheint zunächst für langjährig in der klinischen Praxis Tätige etwas fremdartig. Doch gerade für die sozialpsychiatrische Versorgung chronisch Kranker enthält dieser Ansatz anregendes und innovatives Potenzial. Noch ist es zu früh, zu beantworten, was aus dem Recovery-Ansatz werden könnte: 1. Ein (vieles verleugnender) Etikettenschwindel angesichts der realen Möglichkeiten? („Simply another name for professionally-driven rehabilitation programming. Their message is that without fundamentally reconceptualizing the relationship between individual consumers and the system, we risk promulgating a cosmetic initiative that maintains the dependence of individuals on the system“ [42].) 2. Eine Initiative, die letztlich indirekt zu Sparmaßnahmen in der Psychiatrie führen könnte? 3. Eine Neuentdeckung und stärkere Gewichtung der Sozialpsychiatrie und Milieutherapie? 4. Eine echte und vertiefte Reflexion über die Beziehung und ihre Möglichkeiten im therapeutischen, pflegerischen und beratenden Kontext? Letzteres wäre zu wünschen.

Korrespondenzadresse Dr. G. Dammann Psychiatrische Dienste Thurgau, Spital Thurgau AG, Psychiatrische Klinik Münsterlingen 8596 Münsterlingen Schweiz [email protected]

Danksagung.  Einige wichtige Hinweise bezogen auf den Stationsalltag verdanke ich den Mitarbeitenden Stefan Brokatzky, Stefan Zahs und Roberto Föll.

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  G. Dammann gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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[Chances and problems of the recovery approach from a psychiatric viewpoint].

The so-called recovery approach is consciously demarcated from traditional psychiatry and enforces claims to introduce a paradigmatically new view on ...
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