Originalien Ophthalmologe 2015 DOI 10.1007/s00347-014-3137-6 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

M. Ziegler · B. Heimes · B. Book · M. Dietzel · M. Zeimer · G. Spital · M. Gutfleisch · D. Pauleikhoff · A. Lommatzsch Augenabteilung am St. Franziskus Hospital, Münster

Therapiewechsel von Ranibizumab zu Aflibercept bei rezidivierender oder persistierender exsudativer altersbedingter Makuladegeneration

Abkürzungen AFL

Aflibercept

AMD

altersabhängige Makuladegeneration choroidale Neovaskularisation äußere limitierende Membran, äußere Grenzmembran „foveal center point“, Messung der Netzhautdicke punktuell in der Fovea „foveal center subfield“, Messung der Netzhautdicke als Mittelwert des zentralen Kreises mit 1000 µm Durchmesser optische Kohärenztomographie polypoidale choroidale Vaskulopathie „pigment epithelial detachment“, Pigmentblattanhebung Ranibizumab retinale angiomatöse Proliferation Riss im Pigmentblatt retinales Pigmentepithel Spectral-Domain-optische Kohärenztomographie „vascular endothelial growth factor“

CNV ELM FCP

FCS

OCT PCV PED RAN RAP RIP RPE SD-OCT VEGF

Hintergrund Die Anti-VEGF („vascular endothelial growth factor“)-Therapie hat sich als Standardtherapie bei der exsudativen altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) etabliert [8, 22]. Hierbei hat sich in Deutschland ein individualisiertes Be-

handlungsschema etabliert, das auf monatlichen Behandlungen und/oder Kontrollen basiert, wobei als erneute Aktivitätszeichen der choroidalen Neovaskularisation (CNV) Charakteristika in der Spectral-Domain-optischen Kohärenztomographie (SD-OCT) als relevant angesehen werden. Die sich hierbei ergebende individualisierte Therapie konnte in klinischen Phase-III-adaptierten Studien als ähnlich effektiv gegenüber einer Dauertherapie nachgewiesen werden [3, 4, 5, 19]. In zahlreichen Studien konnte allerdings ferner aufgezeigt werden, dass diese Anti-VEGF-Therapie eine lange, oft mehrjährige Behandlungsperiode beinhaltet [23]. Ferner war zu beobachten, dass besonders bei mit einer okkulten CNV oder einer retinalen angiomatösen Proliferation (RAP) assoziierten serösen Pigmentepithelabhebung („pigment epithelial detachments“, PED) oft nur eine partielle Regression auch unter länger andauernden Behandlungen zu erreichen war [16, 17, 18]. Bisher wurden in den genannten Studien vor allem Ranibizumab (Lucentis®) und Bevacizumab (Avastin®) verwendet. Seit Anfang 2013 steht aber zudem als neues Medikament Aflibercept (Eylea®) zur Verfügung. In Phase-III-Studien konnte eine vergleichbare Effektivität in Bezug auf die Visusentwicklung und die Entwicklung der Netzhautmorphologie gegenüber Ranibizumab gezeigt werden [12], wobei eine geringere Injektionsfrequenz (alle 2 Monate) als ähnlich effektiv

aufgezeigt wurde. Die vorliegende prospektive Fallserie untersucht, ob bei Patienten mit rezidivierender oder persistierender Aktivität der CNV nach längerer AntiVEGF-Therapie ein Therapiewechsel zu Aflibercept sicher vorzunehmen und eine ähnliche Effektivität in Bezug auf den Visus und die Regression der Läsion zu erreichen ist.

Patienten und Methoden Es wurden 56 konsekutive Patienten mit rezidivierender oder persistierender Aktivität der exsudativen AMD unter der bisherigen Ranibizumab-Therapie in die vorliegende Studie aufgenommen. Alle erhielten bereits mindestens 6 und maximal 41 vorherige Injektionen. Bei 4 der Augen mit Pigmentblattanhebung ist es bereits vor dem Therapiewechsel zu einem Einriss des retinalen Pigmentepithels (RPE) gekommen. Ein weiteres Auge entwickelte einen Riss im Pigmentblatt (RIP) unter Aflibercept. Die Kontrollen erfolgten in 4-wöchentlichen Abständen nach der jeweils letzten Ranibizumab-Injektion. Eine Reaktivierung wurde gemäß der Empfehlung der Fachgesellschaft definiert als F erneute oder persistierende subretinale Flüssigkeit, F erneute oder persistierende diffuse Verdickung der zentralen Netzhaut, F Zunahme intraretinaler zystoider Flüssigkeitsräume, F Zunahme einer PED, Der Ophthalmologe 2014 

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Originalien

Abb. 1 8 a–d Beispiel eines SD-OCT-Verlaufs eines 71-jährigen Patienten mit stabilem Visus von 0,5 unter Ranibizumab- und unter Aflibercept-Therapie. a Erneute Aktivität der subfoveolären choroidalen Neovaskularisation (CNV) nach 15-maliger Ranibizumab-Therapie (SD-OCT 4 Wochen nach letzter Injektion). b Persistierende Aktivität der CNV nach erneuter 3-maliger Ranibizumab-Injektion (SD-OCT 4 Wochen nach letzter Injektion). c Regression der Aktivität nach erstmals 3-maliger Aflibercept-Therapie (SD-OCT 4 Wochen nach letzter Injektion). d Weitgehende Persistenz der subfoveolären Regression (SD-OCT 8 Wochen nach letzter Injektion)

Wochen 0.2

–24

–12

0

12

24

36

0.3

logMAR

0.4 0.5 0.6 0.7 0.8

Abb. 2 8 Äußere limitierende Membran (grün) und ellipsoide Zone (blau)

F neue sub- oder intraretinale Blutungen, F erneute Reduktion des bestkorrigierten Visus durch klinische Zeichen einer neovaskulären AMD [8, 22]. Im Fall einer Reaktivierung der CNV erfolgte ein Therapiewechsel zu Aflibercept mit mindestens 3 Injektionen in monatlichen Abständen und weiteren 4-wöchentlichen Kontrollen (Beispiel eines Patienten . Abb. 1). In 5 Fällen musste aufgrund von spezifischen Gesundheitssitu-

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Der Ophthalmologe 2014

Ranibizumab

Aflibercept

Abb. 3 8 Visusverlauf unter der letzten Ranibizumab-Serie und nach Therapiewechsel zu Aflibercept; Fehlerbalken entsprechen einer Standardabweichung

ationen vom Schema der Empfehlungen der Fachgesellschaften abgewichen werden, und es fiel entweder eine einzelne Injektion aus oder wurde verzögert verabreicht. Bei allen Kontrollen und vor jeder Injektion wurden folgende Untersuchungen vorgenommen und dokumentiert: F bestkorrigierter Visus in LogMAR, F klinische Untersuchung mit Funduskopie, F ggf. Fluoreszeinangiographie,

F Spectral-Domain-OCT (Spectralis, Heidelberg engineering, Heidelberg, Deutschland) als Volumenscan im Verlaufsmodus mittels Eye-Tracker). Neben der Analyse der eventuell vorliegenden beschrieben Aktivitätszeichen im Volumenscan (250 μm Schnittabstand) wurden in der optischen Kohärenztomographie (OCT) auf den foveolären Schnitten folgende Parameter differenziert ausgewertet, nachdem die automatischen Segmentierungen in der Software über-

Zusammenfassung · Abstract Ophthalmologe 2015 · [jvn]:[afp]–[alp]  DOI 10.1007/s00347-014-3137-6 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 M. Ziegler · B. Heimes · B. Book · M. Dietzel · M. Zeimer · G. Spital · M. Gutfleisch · D. Pauleikhoff · A. Lommatzsch

Therapiewechsel von Ranibizumab zu Aflibercept bei rezidivierender oder persistierender exsudativer altersbedingter Makuladegeneration Zusammenfassung Hintergrund.  Selbst unter konsequenter Anti-VEGF („vascular endothelial growth factor“)-Therapie zeigen sich bei neovaskulärer altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) oft Reaktivierungen der Läsion. Die vorliegende Fallserie untersucht, ob ein Wechsel des Präparates von Ranibizumab zu Aflibercept sicher ist und Unterschiede hinsichtlich der Wirksamkeit beobachtet werden können. Patienten und Methoden.  Bei 56 konsekutiven Patienten mit erneuter Aktivität der AMD, gemäß morphologischen Kriterien der Spectral-Domain-optischen Kohärenztomographie (SD-OCT)-Untersuchung, wurde nach 6 bis maximal 41 Injektionen (im Mittel 18,9, SD 6,3) ein Wechsel von Ranibizumab zu Aflibercept vorgenommen. Bei allen Kontrollen und vor jeder Injektion wurde neben der klinischen Untersuchung der Visus (LogMAR)

erhoben und eine SD-OCT (Volumenscan) durchgeführt. Ergebnisse.  Der mittlere Visusverlauf war unter beiden Therapien stabil. Morphologisch zeigte sich eine stärkere Reduktion der Netzhautdicke nach dem Therapiewechsel (innerhalb von 1000 μm und foveolär) gegenüber der initialen Behandlung. Sowohl die Änderung der subretinalen Flüssigkeit als auch die Höhe einer assoziierten Pigmentblattanhebung (PED) wiesen keinen signifikanten Unterschied auf. Die Analyse der morphologischen Veränderungen auf der Ebene der Photorezeptoren zeigte eine Abnahme der Diskontinuität sowohl in der ellipsoiden Bande als auch im Bereich der Membrana limitans externa (ELM). Zusammenfassung.  Bei Patienten mit erneuter und/oder hoher Läsionsaktivität kann

durch einen Wechsel des Präparates eine erneute funktionelle Stabilisierung trotz mehrfacher Vorbehandlung erreicht werden. Morphologisch fanden sich zudem Hinweise auf eine Regression des intraretinalen Ödems und Verbesserungen auf der Ebene der Photorezeptoren. Im Rahmen einer klar definierten Behandlungsstrategie ist der Wechsel von einem Anti-VEGF-Präparat auf einen ähnlichen Wirkstoff sicher. Vor einer definitiven Bewertung sind prospektiv kontrollierte Studienbedingungen erforderlich, bevor der klinische Nutzen eines Wechsels verifiziert werden kann. Schlüsselwörter Altersbedingte Makuladegeneration · Wirksamkeit · Läsion · Therapie · Visus

Change of therapy from ranibizumab to aflibercept for recurrent or persistent exudative age-related macular degeneration Abstract Background.  Even during consistent anti-vascular endothelial growth factor (VEGF) therapy a reactivation of exudative age-related macular degeneration (AMD) lesions can be observed in many patients. The present case series examined whether a switch from ranibizumab to aflibercept is safe and whether differences in potency can be observed. Patients and methods.  In 56 consecutive patients with recurrent activity of AMD according to the morphological criteria of the spectral domain optical coherence tomography (SD-OCT) examination, a change to aflibercept was made after 6–41 (mean 18.9, SD 6.3) injections with ranibizumab. In all controls and before each injection logMAR visual acuity was measured and a SD-OCT (volume scan) was performed in addition to the clinical examination.

prüft und je nach Ausfall korrigiert worden waren: F mittlere Netzhautdicke innerhalb von 1000 µm („foveal center subfield“, FCS), F foveoläre Netzhautdicke („foveal center point“, FCP), F Anwesenheit und Höhe subretinaler Flüssigkeit, F Anwesenheit und Höhe einer PED

Results.  The mean visual acuity was stable under both therapies. The analysis of the morphological parameters showed a greater reduction of the retinal thickness after the change in therapy (mean retinal thickness within 1000 μm and central foveal thickness) compared to the initial treatment. The changes in the subretinal fluid as well as the height of an associated pigment epithelial detachment (PED) did not show any significant differences. The analysis of the morphological parameters at the level of the photoreceptors showed a decrease in discontinuity in the ellipsoid layer and also in the external limiting membrane (ELM). Conclusion.  In patients with recurrent or high SD-OCT-based activity of exudative AMD lesions, a switch of the treatment strategy from ranibizumab to aflibercept can

F Anwesenheit und Länge der morphologischen Unterbrechung der Photorezeptorschicht (ellipsoide Zone, . Abb. 2, blauer Pfeil) und F Anwesenheit und Länge der morphologischen Unterbrechung der äußeren Grenzmembran (äußere limitierende Membran, ELM, . Abb. 2, grüner Pfeil).

achieve a new functional stability in spite of multiple pretreatment. We found morphological indications of a regression of intraretinal edema and improvement in the photoreceptor area. In the context of a well-defined treatment strategy, a switch from anti-VEGF therapy to a similar active substance is safe. Before a definitive evaluation can be made, prospective controlled conditions are required to verify the clinical benefits of the switch. Keywords Age related macular degeneration · Effectiveness · Lesion · Therapy · Visual acuity

Die erhaltenen Ergebnisse im Verlauf wurden bei allen Untersuchungen entsprechend ihrer Verteilung mit dem parametrischen T-Test für verbundene Stichproben oder dem nicht-parametrischen Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben verglichen, nicht verbundene Stichproben mit dem parametrischen T-Test oder nicht-parametrischen Mann-Whitney-Test. Als Signifikanzniveau wurde Der Ophthalmologe 2014 

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Originalien foveale Netzhautdicke

450

450

400

400

350

350 µm

µm

mittlere Netzhautdicke (1000µm)

300

250

250

200

200 Aflibercept

Ranibizumab

150 –24

a

300

–12

0 Wochen

12

Ranibizumab

150 24

b

–24

–12

Aflibercept 0 Wochen

12

24

Abb. 4 8 Verlauf a der mittleren Netzhautdicke innerhalb 1000 μm und b der fovealen Netzhautdicke unter Ranibizumabund Aflibercept-Therapie: signifikant (pFCS=0,03, pFCp=0,01) größere Abnahme der fovealen Netzhautdicke unter Therapie mit Aflibercept

subretinale Flüssigkeit subfoveolär

150

PED-Höhe subfoveolär

450 400 350 µm

µm

100 50

300 250

0

200 Aflibercept

Ranibizumab

–50 –24

–12

0 Wochen

12

150 24

Abb. 5 8 Verlauf der subretinalen Flüssigkeit innerhalb von 1000 μm2 unter der bisherigen Ranibizumab-Therapie und nach dem Wechsel zu Aflibercept: keine signifikante Reduktion der erneuten oder persistierenden subretinalen Flüssigkeit unter Aflibercept, aber Trend zu einer länger bestehenden Regression

ein Wert von

[Change of therapy from ranibizumab to aflibercept for recurrent or persistent exudative age-related macular degeneration].

Even during consistent anti-vascular endothelial growth factor (VEGF) therapy a reactivation of exudative age-related macular degeneration (AMD) lesio...
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