538
Veranderungen der Bluffluflgeschwindigkeit
in den basalen Hirnarterien nach Neck Dissection Chr. Werner , H. W. Pau2 G. Kessler , U. Koch2
Zusammenfassung
Die B1utfluIgeschwindigkeiten (cm/s) in
The Effects of Unilateral Versus Bilateral Neck Dissection on Blood-Flow Velocities in Human Basal Cerebral Arteries
der Arteria cerebri media wurden perioperativ mittels ei-
nes 2MHz gepuisten transkraniellen Doppler-Ultraschalisystems (TC2-64 B®) parallel zu hamodynamischen und respiratorischen Parametern bei einem Kollektiv von 15 miinnlichen Patienten vor Resektionen der zervikalen Lymphabfluwege (Gruppe A; n 10; beidseitige Neck Dissection/Gruppe B; n=5; einseitige Neck Dissection) registriert. Die systolischen und mittleren Flufgeschwindigkeiten der Gruppe A waren gegenuber den Ausgangswerten vier Stunden nach OP-Ende bis em-
schlieflich des ersten postoperativen Tages bei erhöhtern Widerstandindex signifikant reduziert. Die TCDDaten der Gruppe B waren zu keinem Untersuchungszeitpunkt gegeniiber den Ausgangswerten verändert. Die hämodynamischen und respiratorischen Parameter zeig-
ten his auf eine unmittelbar postoperative C02-Steigerung keinen Einfluf auf die TCD-Werte. Die beidseitige
Neck Dissection erhöht offenbar den hirnarteriellen Einflufwidersrand bei vermindertem hirnvenösen Abfluf, was bei Patienten mit bereits ausgeschopfter zerebraler Perfusionsreserve postoperative neurologische Symptome erklären könnte. Einseitige Resektionsverfahren erhalten die kompensationsfahige kontralaterale Seite als Drainagegewebe der Hirnvenen und intrakraniellen interstitiellen Flussigkeiten und haben keinen Effekt auf das postoperative Dopplersignal. Fine Aussage adaquaten zerebralen BlutfluI ist mit der TCD derzeit nicht möglich.
Einführung und Fragestellung Die Ausraumung des zervikalen Lymphabflu1gebiets in Form der Neck Dissection ist fester Bestandteil der Malignomchirurgie im Kopf-Hals-Bereich. Je nach Tumorlokalisation und Metastasierung wird dieser Operationsschritt radikal oder funktionserha!tend, haufig auch als doppelseitige ,,Blockdissektion", durchgefuhrt, wobei nach Möglichkeit mindestens eine Vena jugularis erhalten blei-
Cerebral blood-flow velocities (cm/s) and pulse index (P1) were studied pre- and postoperatively in
a total of 15 male patients following bilateral radical/ functional (group A; n=10) or unilateral radical neck dissection (group B; n==5) using a 2MHz-pulsed transcranial Doppler ultrasonographical system (TCD), with a transtemporal approach to the middle cerebral artery. Systolic and mean flow velocities were significant reduced with subsequent increases in P1 during the first postoperative insonation in group A-patients while no significant differences in TCD date developed in group B. Blood-flow velocities and P1 reached control values within three days (Fig. 2, Table 1). General hemodynamic and respiratory parameters did not influence the changes in TCD flow profiles with the exception of moderate increases in arterial CO2 during the early postoperative period. It is concluded that the reductions in blood-flow velocities and concomitant increases in P1
reflect a heightened resistance to flow in the arterial cerebral vasculature. The decrease in cerebral vascular compliance suggests increases in the cerebral venous outflow following the resection of essential drainage pathways. However, TCD does not provide any information about the adequacy of cerebral blood flow.
ben solite (4). In Fallen von heidseitigcr Neck Dissection entwickeln sich haufig postoperativ ausgedehnte Schwellungen des Halses und des Kopfes, die sich nach intrakraniell fortsetzen können. Odeme des Gehirns und der Papilla nervi optici sowie ausgeprägte depressive Verstimmungen wurden als Folge dekompensierter Transportkapazitaten des LymphgefiIsystems interpretiert und als lymphostatische Enzephalopathie bezeichnet (5). Am Tiermodell
konnten nach radikalen zervikalen Blockresektionen Schwellungen intrakranieller pralymphatischer interstitieller
Kanàle und Stauungen des Hirngewebes mit VeranderunLaryngo-Rhino-Otol. 69 (1990) 538—542
Georg Thieme Verlag Stuttgart New York
gen hirnelektrischer Signale und mentaler Leistungen korreliert werden (5).
Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
'Abteilung für Anàsthesto!ogie (Direktor: Prof. Dr. J. Schulte am Esch) und Hals.Nasen.Ohren.KJiriik (Direktor: Prof. Dr. U. Koch), Universitäts-Krankenhaus Eppendorf, Hamburg
Laryngo-Rhino-Otol. 69 (1990) 539
VeranderungenderBlutflu/?geschwindigkeit
Während routinemdIige Bestimmungen
der Hirndurchblutung unter klinischen Bedingungen nur in wenigen Zentren realisiert werden, bietet die transkranielle Doppler-Sonographie (TCD) erstmalig die Möglichkcit, nichtinvasiv und fortlaufend die Flufgeschwindigkeit des Blutes in den basalen Hirnarterien zu erfassen. Die Methode wird bisher als Monitoring von GefãIspasmen nach Subarachnoidalbiutung (1) und vor Anästhetikaeffekten auf die zerebrale Hdmodynamik (12), zur Diagnostik intrakranielicr Gefàfstenosen (10) und arteriovenöser Mi1bitdungen des Gehirns (11) sowie im Rahmen rekanalisierender Emgriffe im extrakranielien Karotisbereich (7) eingesetzt. Ziel der vorliegenden Studie ist es, den Emf1uf der kombinierten und funktionellen Neck Dissection auf die BIutfluIgeschwindigkeit in den basalen Hirnarterien mitteis der transkraniellen Doppler-Sonographie zu untersuchen. Darüber hinaus sollen die TCD-Befunde dieser Patienten einem zweiten Kollektiv einseitig radikal operierter Patienten gegenuberges tellt werden.
Material und Methoden 15 mãnnliche Patienten mit Malignomen des Larynx haw. Pharynx wurden nach lndikarionsstellung und schriftlicher Versuchsaufldárung in die Gruppe A (n= 10; Kombination aus ipsilateral radikaler und kontralateral funktioneller Neck Dissection, Ajter 49±l2Jahre, Korpergewicht 67±7 kg) und die Gruppe B (n5, emseitigc radikale Neck Dissection, Alter 51±6 Jahre, Korpcrgewicht 69±8 kg) eingeteilt. Bci der radikalen Neck Dissection wurden die Vena jugularis interna und der Musculus sternocleidomastoidcus reseziert, während die Vena jugularis interna im Zuge der funktionellen Neck Dissection erhalten blieb (4). Die Blutflugcschwindigkciten wurden durch transtemporale Anschallung der Arteria cerebri media mit cinem gepuisten 2-MHz-Doppler-Ultraschallsystem (TC264 B®, EME) registriert (2). Ausschlu1kriterium für die Studie waren ultrasonographische Seitendifferenzen von mehr als 20% gegenüber der kontralateralen Arteria cerebri media. Die TCD-Signale wurden hci ciner Schalleistung von 100 mW, Pulsrepetitionsfrequenzen zwi-
schen 5 und 10 KHz sowic ciner Pulsdauer von 13 is mit einem Hochpassfilter von 150 Hz und einem Tiefpassfilter von 9KHz abgeleiret. Das Schallvolumen ist in Schritten von 5 mm tiefenverstellbar, der optimale Schalifokus liegt bei 50mm. Nach SignalvcrarbeiFast Fourier Transformation (64 Punkte) als Spektralanalyrung eincn in se erfolgt die Darstellung der Signalprofile in Echtzcit das Gerät integrierten Monitor als Pulskurve (Abszisse: Zeit/s; Ordi-
nate: Frequenz/KHz). Nach automatischer Umrechnung der Dopplcrshiftfrequenz werdcn die Werte für systolische (Vsyst) und mittlere Flugeschwmndigkeit (Vmean) Obcr den im Spektrum dargestcllten Zeitraum in der Einheit cm/s wiedergcgeben. Eine clcktronische Richtungsdiskrimination gestattet die Beurteilung dcr Flugrichtung des Blutes gcgenOber der Sondenposition. Der Pulsatilitätsindcx wird fortlaufcnd für jedes Fluprofil nach der Formel: VsystVdiast/Vmean errechnet.
Neben den TCD-Parametern wurden folgende MeIwcrte erfaIt: Hcrzfrequenz (1/mm, Honeywell RM 300), mittlerer arterieller Druck (mmHg, Dinamap®), endexspiratorischer GO2-
Partialdruck Ober eine nasal plazierte Sondc im Nasopharynx (mmHg, Normocap®) sowie die pulsoximetrisch bestimmte arterielk Saucrstoffsãttigung (0/a, Nelicor). Nach prãoperativcr Registrierung der Ausgangswertc wurden alle Parameter, begmnnend mit der
vierten postoperativen Stunde Ober den ersten bis dritten posroperariven Tag, jeweils abends als Mittelwert aus drei Einzelmcssungen dokumentiert. Die statistische Auswertung erfolgte nach Varianzanalyse (Anova) mittels des Friedman-Tests (p