Notfallmedizin

Herzfrequenzverhalten von Notärzten beim Einsatz im Notarzthubschrauber

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A. Benzer H. Niebergall I, G. Posch G. Flora

' Universitätsklinik für Anästhesie und Allgemeine Intensivmedizii Innsbmck (Univ.-Prof. Dr. H. Benzet)

NotarzthubschrauberstützpunktChristophoms I-Innsbnick (Leitender Flugremngsarzt: Univ.-Prof. Dr. G. Flora)

Summary The heart rate behaviour of 14 emergency doctors was examined in 50 cases of medical emergency service by helicopter. In addition, the subjective stress experienced by the probands was inquired by means of a questionnaire. The alarm and the landing at the site of the emergency resulted in the most marked heart rate increases; also during the period of approaching the patient, his rescue and care, persistent tachycardia could be observed. Recovery began slowly during the return flight, but even 15 minutes after completion of the emergency task the heart rate was still higher than the original value before the alarm had been sounded. Subjectively the total stress was considered to be generally low in the opinion of the emergency doctors. It seems that unconscious mechanisms of repression prevent the actual realistic recording of physicai and emotional stress during the emergency service by helicopter. Zusammenfassung Untersucht wurde das Herzfrequenzverhalten von 14 Notärzten wahrend 50 Einsätzen mit dem Notarzthubschrauber. Nach jedem Einatz wurde von den Probanden zusätzlich die subjektiv empfundene Belastung anhand eines Fragebogens dokumentiert. Alarm und Landung am Notfallort führten zu den ausgeprägtesten Herzfrequenzanstiegen, wobei auch beim Weg zum Patienten sowie bei der Bergung und Versorgung eine anhaltende Tachykardie beobachtet werden konnte. Mit dem Rückflug setzte eine langsame Erholung ein, jedoch lag die Herzfrequenz auch 15 Minuten nach Einsatzende noch über dem Ausgangswert vor der Alarmierung. Subjektiv wurde die Gesamtbelastung durch die Notärzte durchwegs als gering eingestuft. Unbewußte Verdrängungsmechanismen scheinen während eines Einsatzes im Notarzthubschrauber die realistische Wahrnehmung physischer und psychischer Belastungen zu behindern.

Anästhesiol. Inrensivmed. Notfdlmed. Schmerzther. 26 (1991) 276-279 0 Georg Thieme Verlag Stuttgart . New York

Die Entwicldung der modernen Luftrettung im europäischen Alpenraum hat ihren Ursprung in spektakulären Einzelaktionen Ende der 5OerJahre. Damals wurden zuerst mit Flächenflugzeugen Bergungen von verunfallten Alpinisten in extremem Gelände durchgeführt (1). In der Anfangsphase der Luftrettung wurde der Hauptakzent auf den technischen Aspekt der Bergung und den schnellen Abtransport des Unfallopfers in das nächste Krankenhaus gelegt. Einen organisierten Einsatz von Rettungshubschraubern gab es erstmals bei militärischen Konflikten 1953 in Korea und später im Vietnamkrieg (2). Anfang der 70er Jahre wurden in den USA und in Europa organisierte Flugrettungsdienste eingerichtet, bei denen regelmäßig ein Notarzt mit an Bord genommen wurde (München 1970, Innsbruck 1971, Colorado 1972, Zürich 1972). Damit setzte sich auch im Luftrettungsdienst endlich eine Entwicklung durch, die auf einer bereits 1938 (!) aufgestellten Forderung von Kirschner beruhte, den Arzt zum Patienten zu bringen und nicht umgekehrt. Die Tätigkeit fern der vertrauten Infrastruktur des Krankenhauses stellt an die in der Notfallmedizin tätigen Personen erhöhte Anforderungen bezüglich Belastungsfähigkeit und Streßtoleranz (3). Vergleichbare Tätigkeiten im Krankenhaus und die daraus resultierenden Belastungen in Form exogener (Lärm, körperliche Belastung etc.), oder auch endogener Einflüsse (Streß, emotinale Belastungen etc.) wurden bereits eingehend untersucht (4, 7). Die Tatsache der erhöhten Belastung des Rettungspersonals im vräkiinischen ..Notarzteinsatzu ist seit langem bekannt und es wurden auch wiederholt Versuche unternommen, diese Belastung zu quantifizieren (3,8, 11). U

In arbeitsmedizinischen Studien wird üblicherweise ein Speicher-EKG verwendet, um Belastungen bei Arbeit unter Zeitdruck, hoher Verantwortung und schwerer körperlicher Betätigung zu erfassen. Hennigan und Mitarb. führten 1975 bei Führungskräften und Angestellten in der Industrie auf breiter Basis Speicher-EKG Untersuchungen durch (5). Aufbauend auf diesen Untersuchungen wurden auch mehrfach Ärzte und Pflegepersonal auf Intensivstationen mittels Speicher-EKG untersucht und die Herzfrequenzprofile bei unterschiedlicher Belastung dargestellt (6,7).

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Einleitung Heart Rate Behaviour of Emergency Doctors in the Emergency Helicopter

Anäsi:hesiol.lntensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 26 (1991)

Beim Vergleich von Chirurgen und Anästhesisten während derselben Operation lagen die Herzfrequenzprofile der Chirurgen deutlich über denen der Anästhesisten (9). Lehmann untersuchte 1983 die freien Katecholamine und das Plasmalaktat im 3h-Urin, wobei Notänte in~~esamt'höhere Werte zeigten als Rettungssanitäter (8). Auch beim Vergleich von Arzten mit Rettungssanitätern während gemeinsamer Arbeitsschichten zeigten die Notärzte insgesamt eine höhere durchschnittliche Herzfrequenz, die beim sogenannten „Gang zum Patienten" besonders stark anstieg, jedoch bei der Versorgung des Patienten wiedemm abfiel (11). Schandert versuchte 1989 erstmals anhand einiger weniger Fallbeispiele mittels Speicher-EKG-Registrierung von Hubschrauberpiloten und Windenoperateuren die Belastung bei Bergrettungseinsätzen zu objektivieren (10). Methodik An der vorliegenden Untersuchung nahmen 14 Notärzte des NAH-Stützpunktes Christophorus-1 in Innsbruck teil. Vor Einteilung zum Dienst im Notarzthubschrauber mußten sich die Probanden einer ärztlichen Untersuchung unterziehen (EKG, Blutdruck, allg. internistischer Status, Thoraxröntgen). Alle Notärzte mußten mindestens einen einwöchigen Grundkurs in alpiner Bergrettung absolviert haben. Die Einsätze wurden in 6 Hauptphasen unterteilt. A L

Alarm: Landung:

R K

Rückflug: Klinik:

H E

Heimflug: Ende:

Alarm Landung des Hubschraubers am Notfallort Rückflug zur Klinik mit Patient Übergabe des Patienten nach Landung in der Klinik Heimflug zum Flughafen Imsbruck Einsatzende nach Landung am Flughafen

Diese Hauptphasen wurden noch von Meßphasen von lminütiger Dauer ergänzt, welche 1-2 Minuten vor der Hauptphase begannen (z. B. A - I), und spätestens 15 Minuten nach der Hauptphase endeten (z.B. E 15).

+

Tab. 1

Probandendaten

Anästhesisten Chirurgen Internist Ärzte insgesamt

7 6 1

14

Alter Einsatzzahl NAH Berufsjahre

3 6 f 6,77 189f141,44 7 f 5,16

Tab. 2 Durchschnittlichesubjektive Belastung (0-4) während der einzelnen Einsatzphasen und korrespondierende HF„ (X ISD)

1 Belastung

Einsatzphase

I HF„

Alarmphase Landung Notfallort Weg zum Patienten Bergung Versorgung Rückflug mit Patient Übergabe in der Klinik

Die statistische Auswertung für die Herzfrequenzveränderungen von Megpunkt zu Meßpunkt mit dem WILCOXON-signed-rank-Test für gepaarte Stichproben durchgeführt. Die übrigen statistischen Auswertungen erfolgten als Mittelwertberechnungen (XISD). Ergebnisse Von den 52 dokumentierten Einsätzen konnten 50 Einsätze verwertet werden. Die Daten der Notärzte sind in Tabelle 1 dargestellt. Die von den Notärzten empfundene subjektive Belastung während der einzelnen Einsatzphasen und die gleichzeitig gemessene HF„ ist in Tab. 2 dargestellt. Abb. 1 bis Abb. 6 zeigen den Verlauf der HF„ in den einzelnen Einsatzphasen (X ISD) bzw. die AHF„ zwischen den einzelnen Meßpunkten (" p

[Characteristics of the heart rate of emergency physicians in emergency helicopters].

The heart rate behaviour of 14 emergency doctors was examined in 50 cases of medical emergency service by helicopter. In addition, the subjective stre...
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