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Chemotherapie bei malignen Gliomen K. Heuset

Zusammenfassung

Auch unter Berü cksichti gun g von Nebenwirkungen und Überlebensqua lität ist der Einsatz der Che mothe ra pie bei malign en Gliome n lohn end. Ein Drittel der Pati enten lebten 2 Jahre na ch der Oper ati on z.T. wesentlich länger. Im Einze lfall ist genau zu prüfen , inwiewe it die therapeutis chen Bemühungen dienen so llten . ein bloßes Hinauszögern des Todesz eitp unktes darf nicht das Ziel se in. Die Tumort he ra pie flankierend kommt der sehr persönlichen Zuw endung zum Krank en und zu den Fa milienangehörigen eine große Bedeutung zu.

ris) und ACNU. den Antim etab oliten Cytosi n-Arabinosid (Alexan ) und da s Teniposid lVM 26) ein . Die Beha ndlung wurd e bishe r zu m größer en Teil im Rahmen der .DeutschÖsterre ichische n malign en Gliornstudi e" du rchgeführt. Län ger als ein Jahr behandelten und beo bach teten wir bisher 75 Probanden mit supratentori ellen malignen Gliome n. 57 Männer und 28 Frauen . mit eine m Durchschnittsalter von 47 .3 Jahre n zum Operalionszeitpunkl. Bei 20 Patienten laut ete die histologische Diagn ose . Astrozytorn 11I ' . bei 55 . Astrozytorn IV' bzw. •Glioblast om ". wobei die Beurteilung der Histologie nicht nur in Kiel, sondern auch in der Züriehe r Neuropathologie erfolgte. Angestrebt wu rden 8 Che mother api ezyklen . Im Dur chschn itt erhielten die Patie nte n 5 Zyklen , im Einzelfalle bis zu 14 , wenn die Thera pie wieder beim Auftrete n eines Rezidivs aufgenommen w urde .

Ch em ot her a py of mali gnant glioma s Considering the survival time of patients with malignant gliomas indication for chemothe rapy in spite of side effects is recommended . One thi rd of th em are living 2 yea rs , some even langer. Befor e starting such

a treatment a critieal evaluation is mandatary, a prolongation of dying mu st be avoided. In addition per sonal human ca re to th e patient and his family has a great importance. Key-words Malignant glioma - chemothe ra py

Bislang ist die Prognose der maligne n Gliome schlech t: Ohne nachfolgende Ther ap ie wird die Opera tion eines Grad 11I- oder Gra d IV-Gliom s im Durchsch nitt bis zu sechs Monaten überlebt. mit Bestra hlung a llein bis zu 12 Monat en . Motiviert durch die zum Teil günstigeren Ergebnisse im In- und Ausland infolge zusätzliche r Chemothera pie führen wir diese seit 6 1/ 2 Ja hre n durch. Alle Pati enten wurd en uns zwei bis vier Wochen postoperativ von de r Neurochirurgischen UniversitätskIinik Kiel überw iesen. Parallel erfolgte in der Radi ologischen Universitätsklin ik eine Telekobalt-Bestrahlung mit 60 Gy. Als Zytostatika setzten wir bei fast 100 Patien ten bish er die Nitrosoha rnstoffdr ivate BCNU lCarmubNeurochiru rgia 33 (1990) 20- 22 (Supplement I) © Georg Thicme Verlag Stuttgart . New York

Pa rallel zu der behandelten Patien tengruppe erfa ßten wir die Daten von 75 Pat ienten . die ebenfalls seit Ende 19 83 in der Kieler Neurochiru rgie an einem supra tentor iellen ma lignen Gliom ope riert . ab er nich t che mothe rapiert wurden . mit eine m Durchs chnittsalter von 48, 7 Jahren . 10 Patien ten hatten ein Astro zytom III. 65 ein Glioblastom. Eine nachfolgend e Bes trahlung erfolgte bei nur 35

Patienten. Werden nun die beiden Gruppen mitein ande r vergliche n , finden sich deutli che Unterschiede in der Darstellung der Überlebenswa hrsc he inlichkeit nach Ka plan-Meier lAbb. 1). die sich auch nicht ä nde rn . wen n die 35 bestrahlten . aber nicht che mothe ra pierten Patienten extr a a ufgeschlüsselt werden . - Nur 5 der nicht chemothe rapiert en Patiente n lebt en länger als ein Jahr. a lle mit einem Astrozytom 11I und mit Bes tra hlung . In de r beha nde lten Gruppe lebt en nach eine m Jahr 60 %. nach 2 Ja hren noch über 30 %. na ch 3 und 4 Ja hren noch üb er 20 %. Län ger als 2 Ja hre überl ebten 13 Astrozytom 11I- un d 10 Glioblas tomPati enten, länger als 4 J ahre 6 Ast rozyto m III-. abe r nur 2 Glioblastom-Proba nde n . 21 beh and elte Pati enten leb en noch , 14 Astrozytom 11I- und 7 Glioblastom-P atien ten . 6 Astrozytom 11I- und 3 Glioblastom-P atienten sind we iter rezidivfrei. ein Patient mit einem Glioblastom seit 63 Monaten postoper ativ . Die mitt ler e Überlebensz eit der nicht ehe moth erapierten Gru ppe beträgt 6.3 Monate. der beh andelten 21 Monate.

Die Datenverdeutlichen insgesamt den Vorzug de r kombinierten postoperativen Therap ie in bezug a uf Überlebenszeit gegen übewr der alleinig en Bestrahlung oder üb erhaupt fehlende n Nachb ehandlung .

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Neurologische Universitätsklinik Kiel (Direktor: Prof. Dr. D. Soyka l

Neuroc hirurgia 33 (1990)

Chemothera pie bei malig nen Gliomen

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ge Erbrechen auf, auch finden sich häufiger mehrwöchige Leukopenien um 2-3000 . Doch eine Panzytopenie beoba ch----+-

0,9

teten wir nur bei 6 Patienten , einmal schon nach dem ersten

ohne Chemot h. N =7S N =7S

-A-- mi t Che mot h

Zyklus, einmal erst nach dem dreizehnten, Bei 3 Patient en kam es jeweils nach dem ersten Therapie-Zyklus zu einer Lungenarterienembolie, eine Patientin verstarb daran. Ein

0,8 0,7

Patient sta rb nach dem 5. Therapie-Zyklus an einer Pneu-

0,6

monie, bei allen anderen war Tumorrezidivwac hstum die Todesursache . Eine Lungenfibrose trat nicht auf. Bei lau-

s:

C

fender Medikati on von 100 mg Acetylsalicylsäure täglich

~

v s:

~, ~

c

beobachteten wir keine vermehrte Thrombos eneigung.

0,5

Falls es der Zustand der Proband en zuläßt, empfiehlt sich auch bei Schmetterlingsgliomen neben der Bestrahlung eine Chemotherapie, zumal hier operativ nur

0,4



D

'"

0; 0,3

eine eher geringe Volumenverkleinerung des Tumors er-

D

.=>

folgt. Zur Zeit behandeln wir 4 dera rtige Patienten , das bisherige gute Ansprechen auf die Ther apie läßt holTen.

0,2 0,1 0

o

1

1

2

3

4

5

I

Als Beispiel für die positive Entwicklung eines Schmetterlingsglioblastoms auch dur ch Chemotherapie sei kurz der FaU einer 57jä hrigen Frau beschrieben : Das kraniale CT einen Tag vor der Operation (s, Abb. 2) zeigte eine ausgedehnte Raumforderung links okzipitoparietal,

Zeit nach der Operation (Jahre 1

über den hint eren Balken na ch rechts wachse nd. Klinisch

Abb.l

bestanden seit 4 Wochen zunehmend Kopfschmerzen, eine

Gesichtsfeldstörung nach rechts, Wortfindungsstörungen und ein Angularis-Syndrom . Nach der Operation mit ResekEs überrascht nicht, daß Patienten mit einem Astrozytom III dur chschnittlich länger überleben als solche mit einem Glioblastom. So lebte nach 2 3/4 Jahren noch die Hälfte der 20 histologisch -g ünstiger eingestuften Patienten, während 50 % der maligner beurt eilten 55 Probanden schon na ch 13 Monaten verstorben waren . Berechnung der Überlebenswahrscheinlichkeit zeigt weiter, daß die unt er 50jährigen Patien ten insgesamt deutlich länger überleben als die älteren, was auch mit der größeren Zahl von Astrozytom I1I-FäUen in der Gruppe der Jün geren (15: 5), bei in etwa gleich häufigen Glioblastom-Zahlen (29 : 26), zusammenhängt,

Die

Ist die klinische Beeint rä chtigung zu groß tz. B. bei Bewußtseinsstörungen, bleibend er Hemiplegie und ausgeprägten Werkzeugstörungen) oder sind die Patienten älter als 70 J ahre, sind Aufwand und Belastung

tion der linksseitigen Tumoranteile - histologisch handelte

es sich um ein Glioblastom - folgten Bestrahlung und acht malige Thera pie mit Carrnubris: während sich 4 1/2 Monate postoperati v zur Zeit des dritten Chemotherapiezyklus noch Tumoranteile im hinteren Balken nachweisen ließen (s.

Abb. 3), ergab das CT 16 Monate post operationem und 2 Monate nach der 8. Chemother apie kein faßbares Tumorgewebe mehr (Abb. 4). Weiter e 8 Monate später entwickelte sich ein teils zystisches, teils solides Rezidiv links parietookzipital, ohne erneute Balkeninfiltration, an dem die Patientin nach 6 Wochen ohne erneute Therapie zu Hause verstarb.

Zusamme nfassend kann festgestellt wer den, daß sich auch unt er Berücksichtigung von Nebenwirkungen und Überlebens qualität der Einsatz der Chemothe-

durch die Chemother apie nicht zu verantworten. Bei einem Karnofsky-Index von über 50% konnten wir in den Unter-

grupp en einen wesentlichen Unterschied in der Überlebens wahrscheinlichkeit nicht feststellen. Hierb ei ist auch die Operation sradikalität mit nachfolgenden neu rologischen Defiziten zu berücksichtigen. Nach unseren Erfahrungen bedeutet eine

lemporale Tum orlokalisation eine eher schlechte Prognose, die parietale eine eher günstige , Unterschiede zwischen der

rechten und linken Großhirnhemisphär e bestehen nicht. Die bish erigen Ergebnisse sprechen dafür, daß Kombinationsbehand lungen mit Carmubris und VM 26 oder ACNU und Alexan einen günstigeren ElTekt auf die Überlebensze it haben als eine Monotherapie, ohne daß sich die Nebenwirkungen verstärken. Überhaupt sind schwe re

Nebenwirkungen selten. Zwar tritt gelegentlich trotz Antiemetika insbesond ere am ersten der drei Therapie-Zyklusta-

Abb.2

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• .e • • ~

Neurochirurgia 33 (199 0)

K. Heuser Dr. K.lleuser

Oberarzt der Neurologischen Univ- Kll nlk der Christfan- Albrechts-Universität Niemannsweg 147 0 -2 300 Kiel 1

Abb. 3

Abb.4

rapi e bei malignen Gliomen lohnt. Ein Drittel der Patienten lebt 2 Jahre na ch der Oper ation. zum Teil wesentlich lä nger . Im Einze lfalle ist genau zu prüfen , wie weit die therapeutisehen Bemühungen gehen sollten. ein bloßes Hinauszögern des Todeszeitpunktes darf nicht das Ziel sein. Die Tumortherapi e flankierend kommt der se hr persönlichen Zuwendung zum Kranken und zu den Familienan gehörigen eine große Bedeutung zu. Literatur beim Verfasser.

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[Chemotherapy in malignant gliomas].

Considering the survival time of patients with malignant gliomas indication for chemotherapy in spite of side effects is recommended. One third of the...
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