Schwerpunkt: Gastrointestinale Tumoren Internist 2014 · 55:37–42 DOI 10.1007/s00108-013-3314-8 Online publiziert: 9. Januar 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Schwerpunktherausgeber

J. Mössner, Leipzig W. Hiddemann, München

In Deutschland sterben jedes Jahr etwa 25.000 Patienten an einem metastasierten kolorektalen Karzinom (mKRK; [1]). Typische Manifestationsorte der Metastasierung sind Lymphknoten, Leber und Lunge, seltener auch Peritoneum, Knochen und Zentralnervensystem. Patienten, die einer chirurgischen Resektion der Metastasen – mit oder ohne vorausgegangene Chemotherapie – zugeführt werden können, profitieren davon, selbst nach R1-Resektion von Lebermetastasen [2]. Die klassische systemische Therapie des mKRK hat in den letzten Jahrzehnten deutliche Fortschritte gemacht und folgt zunehmend einem individualisierten Therapieansatz. Zur Erstellung eines bedarfsgerechten Therapieplans werden klinische und molekularpathologische Parameter eingesetzt. Entsprechend der aktuellen Leitlinie der European Society for Medical Oncology (ESMO; [3]) können Patienten anhand der Resektabilität und Ausdehnung der Metastasen, der Progressionsdynamik, der Symptomatik, des Allgemeinzustands und der Komorbidität in vier Untergruppen unterteilt werden: F Gruppe 0: Patienten, die initial chirurgisch behandelbar sind, z. B. mit isolierter Lebermetastase F Gruppe 1: Patienten, die eine intensive Behandlung (Konversionstherapie) benötigen, um eine Resektabilität zu erreichen F Gruppe 2: Patienten mit rascher Krankheitsprogression und/oder tumorassoziierten Symptomen

D.P. Modest · W. Hiddemann · V. Heinemann Medizinische Klinik und Poliklinik III & Comprehensive Cancer Center, Klinikum der Universität München

Chemotherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms F Gruppe 3: Patienten mit disseminierter Metastasierung, die keine realistische Chance auf eine chirurgische Metastasenresektion haben. Zusätzlich werden dieser Gruppe auch Patienten zugeordnet, denen aufgrund ihrer Komorbidität keine intensive Therapie zugemutet werden kann.

tientengruppen 1–3 (s. oben) unter Berücksichtigung der Molekularpathologie. Auf die Sonderfälle der Patientengruppen 0 und 3 (Komorbidität/Alter) wird am Ende gesondert eingegangen.

In der Molekularpathologie haben sich Mutationen in (K-)RAS-Genen zur Therapiesteuerung von Epidermal-growthfactor-receptor-Antikörpern (EGFR-AK) etabliert. Hier werden unterschieden: F Patienten mit einem (K-)RAS-Wildtyp-Tumor; eine Therapie mit EGFRAK ist möglich F Patienten mit einem (K-)RAS-mutierten Tumor; eine Therapie mit EGFR-AK ist nicht möglich

Zunächst sollte betont werden, dass die Therapieentscheidung im Rahmen der Erstlinienbehandlung von zentraler Bedeutung für das Langzeitüberleben ist. Die Erstlinientherapie erreicht die größte Zahl der Patienten. Geht man initial von 100% behandelten Patienten aus, so erhalten nur ungefähr 70% eine Zweitlinien- und lediglich etwa 50% eine Drittlinientherapie (. Abb. 1). Unstrittig ist darüber hinaus, dass in der Erstlinientherapie deutlich größere Ansprechraten (38– 64%) und progressionsfreie Zeiten (8– 11 Monate) erreicht werden als in nachfolgenden Therapielinien [4, 5, 6, 7, 8, 9].

Entscheidungen bezüglich der Erstlinientherapie

Die vorliegende Evaluation der aktuellen Datenlage befasst sich vorrangig mit den Therapiestrategien für die klinischen Pa-

Eine systemische Therapie erhalten:

Erstlinientherapie 100% der Patienten

Zweitlinientherapie ~70% der Patienten

Drittlinientherapie ~50% der Patienten

Abb. 1 8 Bedeutung der einzelnen Therapielinien beim metastasierten kolorektalen Karzinom Der Internist 1 · 2014 

| 37

Schwerpunkt: Gastrointestinale Tumoren Tab. 1  Ausgewählte Erstlinienstudien zur Therapie des metastasierten kolorektalen Karzi-

noms Studie

Arme

n

Objektive Ansprechrate (%a)

Progressionsfreies Überleben (Monate)

Gesamtüberleben (Monate)

CRYSTALb [6]

FOLFIRI FOLFIRI und Cetuximab FOLFOX FOLFOX und Panitumumab FOLFIRI und Cetuximab FOLFIRI und Bevacizumab FOLFOX/ XELOX FOLFOX/ XELOX und Bevacizumab FOLFOXIRI und Bevacizumab FOLFIRI und Bevacizumab Capecitabin Capecitabin und Bevacizumab

350 316

40 57

8,4 9,9

20,0 23,5

253 259

– –

7,9 10,1

PRIMEc [7]

FIRE-3c [4, 5]

NO16966 [9]

TRIBE [8]

AVEXe [23]

Differenz Gesamtüberleben (Monate) 3,5

Hazard Ratio (Gesamtüberleben) 0,796

20,2 25,8

5,6

0,77

7,5

0,70

1,4

0,89d

5,2

0,83d

171

66

10,4

33,1

171

60

10,2

25,6

701

38

8,0

19,9

699

38

9,4

21,3

252

65

12,1

31,0

256

53

9,7

25,8

140 140

10 19

5,1 9,1

16,8 20,7

3,9

0,79d

Ausgewählt wurden Erstlinienstudien, die für die Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms nach Ansicht der Autoren derzeit relevant sind.a Auf ganze Prozentwerte gerundet.b KRAS-Wildtyp-Population.c RASWildtyp-Population.d Nicht signifikant.e Patienten ab 70 Jahre.

»

Die Erstlinientherapie ist die kritische Determinante für das Gesamtüberleben Für das Kontinuum der Gesamtbehandlung und unter dem wichtigen Aspekt der Verfügbarkeit aller wirksamen Behandlungen ist daher die Erstlinientherapie die kritische Determinante für das Gesamtüberleben, da getroffene Fehlentscheidungen in späteren Therapielinien bei vielen Patienten nicht mehr korrigiert werden können. Folgt man dieser Argumentation, so sollte in der Erstlinientherapie eine möglichst effektive Therapie zum Einsatz kommen. Diese Annahme wird durch mediane Überlebenszeiten von >30 Monaten in aktuellen Studien mit intensiver Therapie unter Se-

38 | 

Der Internist 1 · 2014

lektion geeigneter Patienten untermauert [5, 8]. Eine Auswahl der bestmöglichen Behandlung auf dem Boden molekularpathologischer Parameter ist derzeit nur hinsichtlich der Anti-EGFR-Therapie möglich. Dabei kommt die Evaluation der (K-)RAS-Mutation als negativer prädiktiver Parameter zum Einsatz [4, 5, 6, 7]. In jedem Fall richtet sich die Wahl der optimalen Erstlinientherapie nach den Grundsätzen der Verträglichkeit unter Berücksichtigung von Alter, Komorbidität und Patientenwünschen.

Therapeutika und Therapieregime Der Therapiestandard für die meisten Patienten besteht sowohl in der Erstlinientherapie als auch in der Zweitlinienthera-

pie in einem kombinierten Chemotherapieregime, das um einen gegen den EGFR oder den „vascular endothelial growth factor“ (VEGF) gerichteten Antikörper ergänzt wird.

Chemotherapieregime Zur Therapie des mKRK stehen derzeit im Rahmen der Chemotherapie die Fluoropyrimidine 5-Fluorouracil (5-FU; typischerweise in Kombination mit Folinsäure) und Capecitabin sowie die Substanzen Irinotecan und Oxaliplatin zur Verfügung. Diese Agenzien werden kombiniert zu F FOLFIRI oder CAPIRI (Fluoropyrimidin und Irinotecan), F FOLFOX oder CAPOX (Fluoropyrimidin und Oxaliplatin) oder F FOLFOXIRI (Fluoropyrimidin, Irinotecan und Oxaliplatin).

Antikörper Gegenwärtig sind mit Cetuximab und Panitumumab zwei Antikörper gegen den EGFR für die Therapie des mKRK zugelassen. Sie stehen allerdings nur für einen Teil der Patienten zur Verfügung. Als negativer prädiktiver Biomarker für EGFRAK sind Mutationen in Exon 2 des KRASGens seit 2008 etabliert [4, 6, 7, 10], sodass konsekutiv nur noch Patienten mit KRASWildtyp-Tumoren einer auf EGFR zielenden Therapie zugeführt wurden. Das sind etwa 60% aller Patienten. Nachdem 2013 auch seltenere Mutationen in den KRASExonen 3 und 4 sowie Mutationen in den NRAS-Exonen 2–4 als negative prädiktive Marker für die Effektivität von Panitumumab in Kombination mit FOLFOX identifiziert werden konnten, wurde dies entsprechend in den Zulassungstext des Antikörpers übernommen [7]. Panitumumab ist seither nur noch für die Behandlung von Patienten mit KRAS- und NRAS-Wildtyp-Tumoren zugelassen. Diese neue RAS-Wildtyp-Population umfasst etwa 50% aller mKRK-Patienten. Auf Cetuximab wurde das neue Markerprofil noch nicht übertragen. Dies wird jedoch in absehbarer Zeit geschehen. Mit Bevacizumab besitzt ein Anti-VEGF-Antikörper eine molekularpathologisch unbeschränkte Zulassung

Zusammenfassung · Abstract zur Therapie des mKRK. Für Patienten, die bereits mit Oxaliplatin behandelt wurden, steht mit Aflibercept eine weitere Substanz zur Verfügung, die ähnlich wie Bevacizumab gegen VEGF gerichtet ist, zusätzlich aber auch den „placental growth factor“ (PLGF) hemmt. In . Tab. 1 und 2 sind aktuell bedeutsame Studien aufgeführt, die Kombinationen aus Chemo­therapieregimen mit Antikörpern in der Erst- und Zweitlinientherapie getestet haben.

Initiales Vorgehen bei Tumoren mit (K-)RAS-Wildtyp Erstlinientherapie Bei Patienten mit (K-)RAS-WildtypmKRK stehen alle zugelassenen Substanzen zur Auswahl. Ob die Therapie mit einem Oxaliplatin- oder Irinotecan-basierten Regime eröffnet wird, richtet sich meist nach der Präferenz von Arzt und Patient. Wissenschaftlich sind beide Optionen akzeptiert und gelten als gleichwertig (. Abb. 2). Die derzeitige Herausforderung in der Therapie der (K-)RASWildtyp-Population besteht vielmehr in der Identifikation der effektivsten Antikörpersequenz. Essenziell für die Beantwortung dieser Frage ist die Erstlinientherapie, die den weiteren Therapieverlauf weitgehend festlegt und die anhand eines realistischen Therapieziels ausgewählt werden sollte. Falls eine sekundäre Resektion von Lebermetastasen denkbar ist, sollten Strategien mit hohen Ansprechraten den Vorzug erhalten (. Tab. 1).

»

Die Identifikation der effektivsten Antikörpersequenz ist die eigentliche Herausforderung Während für die EGFR-AK Cetuximab und Panitumumab in Kombination mit FOLFIRI und FOLFOX in der Erstlinientherapie von Tumoren mit (K-)RASWildtyp positive Daten vorliegen [4, 5, 6, 7], ist die Datenlage für Bevacizumab schwieriger. Die Zulassung des Antikörpers für die Erstlinientherapie fußt auf einer Studie, in der er mit dem nicht mehr gebräuchlichen IFL-Regime kombiniert wurde [11], und auf einer Studie,

Internist 2014 · 55:37–42  DOI 10.1007/s00108-013-3314-8 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 D.P. Modest · W. Hiddemann · V. Heinemann

Chemotherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms Zusammenfassung Zur systemischen Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms (mKRK) stehen zunehmend mehr Optionen zur Verfügung, die eine sorgfältige Therapieplanung bereits vor Therapiestart notwendig machen. Die Wahl der Erstlinientherapie richtet sich nach klinischen und molekularpathologischen Parametern, z. B. nach Mutationen der (K-)RAS-Gene bezüglich der Therapiesteuerung von Epidermal-growth-factorreceptor(EGFR)-Antikörpern. Die Erstlinientherapie beeinflusst alle weiteren therapeutischen Entscheidungen und kann daher als Weichenstellung bezeichnet werden. Kombinationen aus Chemotherapie und Biologika sind derzeit der Therapiestandard. Dabei mehren sich in der Erstlinientherapie die

Hinweise, dass Patienten mit (K-)RAS-Wildtyp-Tumoren hinsichtlich des Gesamtüberlebens von einer primären Anti-EGFR-Therapie mehr als von einer Anti-vascular-endothelial-growth-factor(VEGF)-Strategie profitieren. Die Entwicklung wirkungsvoller Therapiestrategien für Patienten mit (K-)RAS-mutiertem mKRK – das sind etwa 50% aller Patienten – muss in der Zukunft vorangetrieben werden, da die therapeutischen Optionen für diese Gruppe von Patienten deutlich limitiert sind. Schlüsselwörter Gene, RAS · Epidermal-growth-factorreceptor-Antikörper · Irinotecan · Capecitabin · Personalisierte Medizin

Chemotherapy of metastatic colorectal cancer Abstract Increasing numbers of therapeutic options are becoming available for the systemic treatment of metastasized colorectal cancer (mCRC) which emphasizes the need for strategic decision making and planning across multiple lines of treatment. The choice of first-line therapy is influenced by clinical and molecular characteristics of patients and tumors, such as (K-)RAS gene mutations with respect to therapy guidance of epidermal growth factor receptor (EGFR) antibodies. First-line therapy is the major determinant of subsequent treatment regimens and can therefore be considered as the key decision in patients with mCRC. The German standard for first-line therapy in the majority of

in der er in Kombination mit FOLFOX/ XELOX gegeben wurde. Diese Phase-IIIStudie zur Erstlinientherapie mit Bevacizumab in Kombination mit den Oxaliplatin-basierten Chemotherapien konnte allerdings nur einen geringen, statistisch nicht signifikanten Effekt auf das Gesamtüberleben zeigen [9]. Die wichtige Wahl des Antikörpers in der Erstlinientherapie des (K-)RAS-Wildtyp-mKRK wurde in der deutschen AIOKRK-0306-Studie (FIRE-3) untersucht. Sie konnte im randomisierten Vergleich von Cetuximab und Bevacizumab, jeweils in Kombination mit einem FOLFIRI-Regime, zwar keine signifikante Erhö-

patients includes chemotherapy in combination with biological agents, with antibodies targeting EGFR possibly being the preferable option in patients with (K-)RAS wild-type tumors. The development of effective therapeutic strategies in patients with (K-)RAS mutant mCRC tumors must be promoted in the future and requires intensive research because the therapy options for this group of patients are very limited. Keywords Genes, RAS · Epidermal growth factor receptor antibodies · Irinotecan · Capecitabine · Personalized medicine

hung der Ansprechrate durch Cetuximab ermitteln (primärer Endpunkt), jedoch einen statistisch signifikanten Überlebensvorteil (28,7 vs. 25,0 Monate) zugunsten des EGFR-AK bei Patienten mit zuvor unbehandelten KRAS-Wildtyp-Tumoren belegen. Dieser Unterschied im Überleben stellt sich mit 33,1 vs. 25,6 Monaten in der ebenfalls analysierten RAS-WildtypPopulation noch deutlicher dar [4, 5]. Die PRIME-Studie, die FOLFOX plus Panitumumab mit FOLFOX plus Placebo verglich, kam zu ähnlichen Ergebnissen bezüglich des ausgeprägten Überlebensvorteils einer EGFR-AK-basierten Erstlinientherapie bei RAS-Wildtyp-PaDer Internist 1 · 2014 

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Schwerpunkt: Gastrointestinale Tumoren Tab. 2  Ausgewählte Zweitlinienstudien zur Therapie des metastasierten kolorektalen Karzi-

noms Studie

Arme

n

Objektive Ansprechrate (%a)

TML [12]

Chemotherapie Chemotherapie und Bevacizumab FOLFOX FOLFOX und Bevacizumab FOLFIRI FOLFIRI und Aflibercept FOLFIRI FOLFIRI und Panitumumab Cetuximab Cetuximab und Irinotecan

411 409

E3200 [15]

VELOUR [13]

20050181b [14]

BONDd [16]

Gesamtüberleben (Monate)

Differenz Gesamtüberleben (Monate)

Hazard Ratio (Gesamtüberleben)

4

Progressionsfreies Überleben (Monate) 4,1

9,8

1,4

0,81

5

5,7

11,2

Initiales Vorgehen bei Tumoren mit (K-)RAS-Mutation Erstlinientherapie

291 286

9 23

4,7 7,3

10,8 12,9

2,1

0,75

614 612

11 20

4,67 6,90

12,06 13,50

1,44

0,817

294 303

10 35

3,9 5,9

12,5 14,5

2,0

0,85c

211

11

1,5

6,9

1,7

0,91c

218

23

4,1

8,6

Ausgewählt wurden Zweitlinienstudien, die für die Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms nach Ansicht der Autoren derzeit relevant sind.a Auf ganze Prozentwerte gerundet.b KRAS-Wildtyp-Population.c Nicht signifikant.d Auch spätere Linien sind enthalten, keine (K-)RAS-Selektion.

tienten [7]. Bei Vorliegen eines (K-)RASWildtyps ist nach heutigem Wissensstand der primäre Einsatz von Anti-EGFR-AK gegenüber einer Bevacizumab-haltigen Erstlinientherapie als überlegen anzusehen. FOLFOXIRI, ggf. in Kombination mit Bevacizumab, kann als hocheffektive therapeutische Alternative betrachtet werden, ist aber mit einer deutlich höheren Rate an dritt- bis viertgradigen Nebenwirkungen verbunden als ein Regime mit zwei chemotherapeutischen Substanzen (. Abb. 2, . Tab. 1; [8]).

Zweitlinientherapie Die Auswahl der jeweiligen Zweitlinientherapie hängt von der Wahl der voraus-

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getestet worden sind. Die E3200-Studie konnte für diese Strategie gute Daten erheben [15]. Eine Resensitivierung gegenüber Irinotecan nach Versagen einer Irinotecan-haltigen Vortherapie lässt sich durch eine begleitende Cetuximab-Gabe erreichen [16]. Zweitlinienstudien sind in . Tab. 2 zusammengefasst, mögliche Behandlungspfade in . Abb. 2 skizziert.

gegangenen Erstlinientherapie ab, bei (K-)RAS-Wildtyp-Tumoren insbesondere vom eingesetzten Antikörper. Generell kann eine Zweitlinientherapie unabhängig von der Erstlinientherapie immer Bevacizumab enthalten, selbst wenn Bevacizumab bereits gegeben wurde [12]. Nach Versagen einer Oxaliplatin-basierten Erstlinientherapie können je nach bereits erfolgtem Antikörpereinsatz Kombinationen von FOLFIRI mit Bevacizumab, Aflibercept oder EGFR-AK zum Einsatz kommen [12, 13, 14]. Nach Versagen einer Irinotecan-basierten Erstlinientherapie bieten sich FOLFOX-haltige Regime an, die jedoch in dieser spezifischen Situation nur in Kombination mit Bevacizumab randomisiert

Patienten, deren mKRK eine (K-)RASMutation aufweist, können lediglich mit einer Chemotherapie und antiangiogen wirksamen Substanzen behandelt werden. Bezüglich der Effektivität von Bevacizumab-Kombinationen mit aktuellen Chemotherapieregimen in der Erstlinientherapie sind, wie bereits erwähnt, nur Daten mit FOLFOX/XELOX randomisiert erhoben worden. Die Daten der TRIBE-Studie hingegen unterstützen die aggressive Eröffnung der Therapie bei allen Subgruppen des mKRK mit FOLFOXIRI plus Bevacizumab. Bei belastbaren Patienten, gerade bei möglicher chirurgischer Intervention nach Therapieansprechen, kann dieser Ansatz verfolgt werden, auch wenn aufgrund des Designs der TRIBE-Studie unklar ist, welche Rolle dabei Bevacizumab zukommt (. Abb. 3, . Tab. 1; [8]).

Zweitlinientherapie Wie auch bei Patienten mit (K-)RASWildtyp-Tumoren werden in der Zweitlinientherapie die noch verfügbaren Substanzen verwendet. Da EGFR-AK bei Patienten mit (K-)RAS-mutiertem mKRK nicht zur Verfügung stehen, sind die Optionen deutlich limitiert. Angesichts der vorliegenden positiven Daten sollte in der Zweitlinientherapie Bevacizumab oder Aflibercept (in Kombination mit FOLFIRI) eingesetzt werden (. Tab. 2; [12, 13, 15]).

1.

2.

FOLFIRI

FOLFOX

Fluo + Ox/Iri

Fluo + Ox/Iri

FOLFOXIRI

Cetuximab

EGFR-AK

Bev

Bev

Bev

Fluo (Ox)

Fluo (Iri)

FOLFIRI/Ox

Fluo + Ox/Iri

(FU) Iri

Bev/Afl

EGFR-AKa

Bev/Afl

EGFR-AK

Bev

3.

1.

2.

FOLFOXIRI

Bev

Bev

Fluo + Iri/Ox

Fluo (Iri)

Bev/Afl

Bev/Afl

EGFR-AK Zuletzt

Zuletzt

Fluo + Ox/Iri

Regorafenib

Regorafenib

Abb. 2 8 Systemische Therapiekonzepte bei (K-)RAS-Wildtyp. Mögliche Therapiesequenzen bei (K-) RAS-Wildtyp-Tumor. Aflibercept: nur in Kombination mit FOLFIRI getestet. a EGFR-AK-Zweitlinientherapie in Kombination mit FOLFOX nicht in Studien untersucht. Afl Aflibercept; Bev Bevacizumab; EGFR-AK Epidermal-growth-factor-receptor-Antikörper; Fluo Fluoropyrimidin (z. B. 5-Fluorouracil oder Capecitabin); Iri Irinotecan; Ox Oxaliplatin. (Adaptiert nach [3])

Optionen nach Versagen der Erst- und Zweitlinientherapie EGFR-Antikörper Falls in der Erst- oder Zweitlinientherapie bei Vorliegen eines (K-)RAS-WildtypTumors kein EGFR-AK zum Einsatz gekommen ist, besteht die Möglichkeit einer Monotherapie mit Cetuximab oder Panitumumab [10, 17].

Reexposition Sollte ein Patient initial auf eine Therapie sehr gut angesprochen haben, kann er nach Erhalt einer sog. Window-Therapie möglicherweise erneut auf die initial erfolgreiche Therapie ansprechen. Dieses Prinzip wurde jedoch bezüglich des mKRK bislang nicht ausführlich untersucht [18].

Regorafenib Regorafenib ist ein Multikinaseinhibitor, der intrazelluläre Signalkaskaden, die Angiogenese und auch die Tumorumgebung beeinflusst. Die Substanz wurde erfolgreich an therapierefraktären Patienten nach Versagen aller zugelassenen Substanzen getestet [19] und wird entsprechend eingesetzt. Der Überlebensvorteil durch die placebokontrollierte Gabe von Regorafenib betrug allerdings bei deutlicher Toxizität nur etwa 1,5 Monate. Ein

Biomarker zur besseren Therapiesteuerung steht derzeit nicht zur Verfügung (. Abb. 2, 3).

Sonderfälle Initial resektable, isolierte Lebermetastasierung (Gruppe 0) Patienten, die sich mit einem primär resezierbaren mKRK vorstellen, haben eine Heilungschance oder zumindest die Möglichkeit, ein vergleichsweise langes Überleben zu erreichen [2]. Ob bei limitierter und sicher sanierbarer Lebermetastasierung eine begleitende Chemotherapie erfolgen sollte, ist nicht eindeutig geklärt. In einer Studie der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) wurde eine perioperative Therapie mit FOLFOX in dieser Situation untersucht. Zwar konnte ein positiver Effekt der begleitenden Chemotherapie auf das erkrankungsfreie Überleben bei operierten Patienten dargelegt werden, dieser Effekt war bezüglich des Gesamtüberlebens aber nicht signifikant, möglicherweise aufgrund der dafür nicht ausgelegten Fallzahl [20]. Bezüglich einer postoperativen additiven Therapie nach Resektionen von mKRK-Metastasen existieren Daten, die eine Fluoropyrimidin-basierte Therapie unterstützen könnten [21]. Die Therapieplanung in dieser kleinen Patientengruppe obliegt im Einzelfall dem betreuenden

Abb. 3 8 Systemische Therapiekonzepte bei ­(K-)RAS-Mutation. Mögliche Therapiesequenzen bei Tumoren mit (K-)RAS-Mutation. Aflibercept: nur in Kombination mit FOLFIRI getestet. Afl Aflibercept; Bev Bevacizumab; Fluo Fluoropyrimidin (z. B. 5-Fluorouracil oder Capecitabin);   Iri Irinotecan; Ox Oxaliplatin. (Adaptiert nach [3])

Team aus Kollegen der Chirurgie und internistischen Onkologie.

Eingeschränkte Therapiefähigkeit Das mediane Erkrankungsalter in Bezug auf kolorektale Karzinome liegt bei etwa 70 Jahren. Dieser Altersmedian wird in den großen randomisierten Studien in der Regel nicht abgebildet. Die Datenlage zu älteren Patienten und zu Patienten mit Begleiterkrankungen muss daher als begrenzt angesehen werden. Mit Blick auf die vorhandenen Studienergebnisse ist zu vermerken, dass die Zugabe von Bevacizumab zu einer reinen Fluoropyrimidintherapie mit 5-FU oder Capecitabin mit einer signifikanten Steigerung der Aktivität vergesellschaftet ist [22, 23]. In einer jüngeren Untersuchung wurden im Rahmen der britischen AVEXStudie Patienten evaluiert, die mindestens 70 Jahre alt waren und denen keine Therapie mit Oxaliplatin oder Irinotecan zugemutet werden konnte. Im randomisierten Vergleich von Capecitabin plus Bevacizumab mit Capecitabin ergab sich sowohl im Ansprechen als auch im progressionsfreien und Gesamtüberleben ein klarer Vorteil für die Kombination mit Bevacizumab (. Tab. 1). Daher stellt diese Behandlung gerade für ältere oder eingeschränkt fitte Patienten eine wichtige Therapieoption dar [23].

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Schwerpunkt: Gastrointestinale Tumoren Fazit für die Praxis F Im Rahmen der Therapieplanung ist die Festlegung der Erstlinientherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms entscheidend für das Überleben des Patienten. F Zur Planung der Erstlinientherapie wird der KRAS/NRAS-Mutationsstatus benötigt. Patienten mit einem RASWildtyp-Tumor sollten einer primären Anti-EGFR-Therapie zugeführt werden. F Die Auswahl der weiteren Therapielinien richtet sich insbesondere nach den bereits verwendeten Substanzen. F Ausnahmen gelten für Patienten mit einschränkenden Komorbiditäten oder für den Fall, dass ein Patient eine intensivere Therapie nicht wünscht.

Korrespondenzadresse D.P. Modest Medizinische Klinik und Poliklinik III & Comprehensive Cancer Center, Klinikum der Universität München Marchioninistr. 15, 81377 München dominik.modest@ med.uni-muenchen.de

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  D.P. Modest: Forschungsunterstützung, Reiseunterstützung und Vortragshonorare: Amgen, Merck Serono und Roche. W. Hiddemann gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. V. Heinemann: Forschungsunterstützung, Reiseunterstützung, Vortragshonorare und Beratungstätigkeit: Amgen, Merck Serono, Roche, Sanofi-Aventis.     Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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Der Internist 1 · 2014

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[Chemotherapy of metastatic colorectal cancer].

Increasing numbers of therapeutic options are becoming available for the systemic treatment of metastasized colorectal cancer (mCRC) which emphasizes ...
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