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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2014) xxx, xxx—xxx

Online verfügbar unter www.sciencedirect.com

ScienceDirect journal homepage: http://journals.elsevier.de/zefq

Komorbidität in Leitlinien: Ist-Zustand, epidemiologische Modelle und Expertenmeinung im Vergleich夽 Comorbidity in medical guidelines: comparison of the current state, epidemiologic models and expert opinion

Eva Blozik ∗, Hans-Hermann Dubben, Hans-Otto Wagner, Martin Scherer Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistr. 52, Hamburg Eingegangen/submitted 8. November 2013; überarbeitet/revised 27. Januar 2014; akzeptiert/accepted 3. Februar 2014

SCHLÜSSELWÖRTER Leitlinien; Evidenz; Multimorbidität; Komorbidität; Survey

夽 ∗

Zusammenfassung Einleitung: Auf Einzelerkrankungen fokussierende Leitlinien (LL) können zu unerwünschten Wirkungen bei multimorbiden Patienten führen. Diese Studie untersucht, inwieweit Komorbidität in einer Auswahl deutscher Leitlinien berücksichtigt wird und ob sich zwei epidemiologische Ansätze zur Beschreibung von Multimorbidität (Krankheitskombinationen bzw. Multimorbidiätsmuster) eignen, um Multimorbidität in LL systematisch zu integrieren. Methoden: Basierend auf einer aus 30 Komorbiditäten bestehenden Matrix wurden die aktuellen deutschen LL für Diabetes mellitus Typ 2, arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, chronisch obstruktive Lungenerkrankung bzw. Asthma, Koxarthrose, Kreuzschmerz und Osteoporose auf ihre Nennungen von Komorbiditäten untersucht. Die Auswahl dieser so genannten Indexerkrankungen orientierte sich an einem von Cynthia Boyd und Mitarbeitern 2005 publizierten hypothetischen Fall einer multimorbiden Patientin. Die Nennung von Komorbiditäten in den Leitlinien wurde dann mit den epidemiologischen Ansätzen der Krankheitskombinationen bzw. Multimorbidiätsmuster abgeglichen. Basierend auf der Komorbiditätsmatrix schätzten zudem 36 in der Versorgung multimorbider Patienten tätige Ärzte ein, ob sie sich eine explizite Empfehlung zur jeweiligen Komorbidität in der Leitlinie wünschen würden.

Originalarbeit zur Einreichung in der Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen (ZEFQ). Korrespondenzadresse: PD Dr. med. Eva Blozik MPH, Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, Hamburg, Tel.: +49 40-7410-52400; Fax: +49 40-7410-53681. E-Mails: [email protected], [email protected] (E. Blozik).

1865-9217/$ – see front matter http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2014.02.001

Please cite this article in press as: Blozik E, et al. Komorbidität in Leitlinien: Ist-Zustand, epidemiologische Modelle und Expertenmeinung im Vergleich. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2014), http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2014.02.001

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E. Blozik et al. Resultate: Die Zahl der Nennungen von Komorbiditäten für die untersuchten 8 Indexerkrankungen war sehr unterschiedlich und reichte von 0 bis zu mehr als 10 Komorbiditäten. Der Anteil der in den LL genannten Komorbiditäten, für die von den Befragten eine LL-Empfehlung gewünscht wurde, variierte erheblich (0-62%), Übereinstimmungen konzentrierten sich auf kardiovaskulär-metabolische Komorbiditäten. Mit dem Krankheitskombinationsansatz konnten zwischen 0 und 3 als relevant eingestufte Erkrankungen identifiziert werden. Mit dem Modell der Multimorbiditätsmuster lässt sich prinzipiell bestimmen, welche Komorbidität der Indexerkrankung thematisch sehr ähnlich ist oder einem anderen interagierenden Themenbereichen angehört. Schlussfolgerungen: Um eine einheitlichere Berücksichtigung von Komorbiditäten in LL zu erreichen, ist methodische Hilfestellung notwendig. Die derzeit existierenden epidemiologischen Konzepte der Krankheitskombinationen bzw. der Multimorbiditätsmuster können allerdings nicht ohne erhebliche Limitationen in der bestehenden Form eingesetzt werden. Die Einschätzung von in die Behandlung multimorbider Personen involvierter Ärzte sollte systematisch in entsprechende Weiterentwicklungen einbezogen werden.

KEYWORDS Guidelines; evidence; multimorbidity; comorbidity; survey

Summary Introduction: Medical guidelines focusing on monomorbidities can be associated with adverse events in multimorbid patients. This study investigates how comorbidities are actually particularised in a set of German guidelines. In addition, it evaluates whether two epidemiologic approaches (disease combinations or clusters of comorbidities) can be used to systematically integrate multimorbidity in guideline development. Methods: Based on a matrix of 30 comorbidities, mentioning of comorbidities in 8 current German guidelines (diabetes mellitus, hypertension, heart failure, coronary heart disease, chronic obstructive lung disease/asthma, coxarthrosis, low back pain, osteoporosis) was investigated. These so called index diseases were selected on the basis of the hypothetical case of a multimorbid patient published by Cynthia Boyd and colleagues in 2005. Mentioning of comorbidities in the guidelines was compared to the epidemiologic approaches of disease combinations and clusters of comorbidities. In addition, using the comorbidity matrix, 36 physicians involved in everyday care of multimorbid patients assessed whether an explicit recommendation for the listed comorbidities would be helpful. Results: Mentioning of comorbidities was very heterogeneous across the guidelines investigated, ranging from 0 to more than 10. The proportion of the comorbidities that were considered relevant by the survey participants ranged from 0 % to 62 % with a focus on cardiovascular and metabolic diseases. When using disease combinations, only 0 to 3 of the ‘‘relevant’’ comorbidities were identified. Using the cluster model may be helpful in identifying whether a particular comorbidity is thematically close to the index disease or whether it is associated with an interacting thematic area. Conclusions: Methodological support is needed for addressing comorbidities in guidelines in a more consistent way. The currently existing epidemiologic approaches should not be used in their current form without being further developed and revaluated. Expert opinion of physicians involved in the care of multimorbid patients should be systematically included in methodological refinement studies.

Einleitung Schon im Jahr 2005 wiesen Cynthia Boyd und Kollegen in einer Schlüsselpublikation im JAMA darauf hin, dass auf Einzelerkrankungen fokussierende medizinische Leitlinien (LL) zu unerwünschten Wirkungen bei multimorbiden Patienten führen können und dass widersprüchliche Behandlungsstrategien und Polypharmazie resultieren können. [1] Seither wurde diese Problematik in einer Vielzahl von wissenschaftlichen Publikationen aufgearbeitet. [2] Prinzipiell besteht Konsensus, dass LL explizit darauf eingehen sollten, inwieweit die einzelnen Empfehlungen bei Multimorbidität Gültigkeit besitzen. [3—5] Allerdings fehlt es derzeit noch an konkreten Ansätzen, wie dies konzeptionell und methodisch erfolgen könnte.

Multimorbiditätsprofile lassen sich prinzipiell durch eine extrem hohe Zahl an Krankheitskombinationen beschreiben. Van den Bussche und Mitarbeiter haben in breit angelegten Prävalenzstudien untersucht, welche Krankheitsbilder aus einer Liste von 46 Krankheiten hier besonders häufig vorliegen und welche von theoretisch möglichen 15.180 Dreierkombinationen (= Triaden) hochprävalent vorkommen. [6] In diesem Zusammenhang wurden auch explorative Techniken der Datenanalyse angewandt, um Multimorbiditätsmuster zu erkennen. Schäfer und Kollegen identifizierten hier überlappende Muster (Cluster) aus 1) kardiovaskulären und metabolischen Krankheiten, 2) Angst, Depression, somatoforme Krankheitsbilder und schmerzbezogene Morbidität, und 3) neuropsychiatrische Krankheitsbilder. [7] Einerseits existieren aus Deutschland also epidemiologische Daten zu

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Komorbidität in Leitlinien: Ist-Zustand, epidemiologische Modelle und Expertenmeinung im Vergleich Mustern der Multimorbidität;[6,7] andererseits gibt es bislang wenige konkrete Ansätze, um Leitlinienautorinnen und Autoren bei der Berücksichtigung von Multimorbidität zu unterstützen. [8] Diese Studie geht am Beispiel von acht hochprävalenten Indexerkrankungen folgenden drei Fragestellungen nach: 1) Welche Komorbiditäten werden in aktuellen deutschen Leitlinien berücksichtigt? 2) Welche Komorbiditäten werden von den zwei epidemiologischen Konzepten der Krankheitskombinationen (Dreierkombinationen bzw. Triaden) [6] bzw. der Multimorbidiätsmuster (Cluster) [7] bezogen auf die jeweilige Indexerkrankung als von LL-Autoren auf jeden Fall zu berücksichtigen identifiziert? 3) Wie groß ist die Übereinstimmung der aktuell in den LL genannten Komorbiditäten (s. Fragestellung 1) bzw. der von den epidemiologischen Modellen identifizierten Komorbiditäten (s. Fragestellung 2) mit der Einschätzung von in der Versorgung multimorbider Patienten tätiger Hausärzte und Geriater, welche Komorbiditätsnennungen in LL zu den einzelnen Indexerkrankungen hilfreich wäre.

Methoden Als Gerüst für die exemplarische Aufarbeitung der Problematik benutzen wir den von Cynthia Boyd konstruierten hypothetischen Fall der 79-jährigen Patientin mit Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie, Herzinsuffizienz, koronarer Herzerkrankung, Vorhofflimmern, COPD, Arthrose und Osteoporose. Für folgende dieser Indexerkrankungen existierten zum Erhebungszeitpunkt (März 2013) aktuelle, gültige LL aus Deutschland: - Diabetes mellitus Typ 2 (NVL„Typ-2-Diabetes‘‘, bestehend aus„Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter‘‘ und„Strukturierte Schulungsprogramme‘‘) - Hypertonie (LL„Behandlung der arteriellen Hypertonie‘‘, Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention Deutsche Hochdruckliga) - Herzinsuffizienz inklusive Vorhofflimmern (NVL„Herzinsuffizienz‘‘) - Koronare Herzkrankheit inklusive Hyperlipidämie (NVL„Koronare Herzkrankheit‘‘) - chronisch obstruktive Lungenerkrankung (NVL„Asthma und COPD‘‘) - Arthrose (beispielhaft: LL„Koxarthrose‘‘, Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie sowie Nationale VersorgungsLeitlinie NVL„Kreuzschmerz‘‘) - Osteoporose (LL„Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei Frauen ab der Menopause, bei Männern ab dem 60. Lebensjahr‘‘, Deutsche Gesellschaft für Osteologie) Um zu untersuchen, wie bei deutschen Leitlinien für diese 8 von Cynthia Boyd aufgegriffenen Komorbiditäten mit Komorbidität umgegangen wird, wurde als Grundlage der Auswertungen eine sog. Komorbididätsmatrix erstellt. Hierfür wurde in einer Arbeitsgruppe bestehend

3

aus Experten verschiedener Fachdisziplinen (akademische und klinische Allgemeinmedizin, Public Health, Epidemiologie, Geriatrie), eine Liste von 30 Komorbiditäten generiert. Für jede der 8 untersuchten Indexerkrankungen konnte diese Komorbiditätsliste separat bewertet werden. In einem ersten Schritt wurde aus den LL extrahiert, ob bzw. welche Komorbiditäten berücksichtigt wurden. Dann wurde für jede der in der Komorbiditätsmatrix genannten Komorbiditäten überprüft, ob sie in einer der von van den Bussche publizierten 10 häufigsten Krankheitskombinationen (Triaden) genannt wurde [6] bzw. in welchem der von Schäfer publizierten Multimorbidiätsmuster (Cluster) die Komorbidität einbezogen war.[7] Die 10 häufigsten Triaden bestehen aus verschiedenen Kombinationen von 7 Komorbiditäten (arterielle Hypertonie, Lipidstoffwechselstörung, Rückenschmerzen, Arthrose, KHK, Hyperurikämie, Diabetes mellitus). Im Clustermodell werden einzelne Erkrankungen dem kardiovaskulär-metabolischen (CMD), dem Ängstlichkeit/ Depression/ somatoforme Störungen und Schmerz- (ADS/P) bzw. dem neuropsychiatrischen Cluster (NPS) zugeordnet. Diese Zuordnung wurde für die 30 in der Komorbiditätsmatrix gelisteten Erkrankungen vorgenommen (s. rechte Spalte in Tabelle 1 und 2). In einem dritten Schritt wurden in der Versorgung multimorbider Patienten tätige Ärzte gebeten, in der Komorbiditätsmatrix anzugeben, ob sie sich eine explizite Empfehlung zur jeweiligen Komorbidität in der Leitlinie wünschen würden. Die Matrix wurde per Email versendet, die Antwort erfolgte per Fax. Eine Aufwandsentschädigung von 50D wurde ausgezahlt. Allgemeinärzte/ Hausärzte, die im„Listserver Allgemeinmedizin‘‘ eingeschrieben waren, einem von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) betriebenen Email-Diskussionsforum zu klinischen und berufspolitischen Themen, [9] wurden eingeladen, an der Befragung teilzunehmen. Gleichzeitig wurden Alumni des Forschungskollegs Geriatrie der Robert-Bosch-Stiftung über Emailverteiler zur Teilnahme eingeladen. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich um ein Pilotprojekt handelte, das ausschließlich beschreibende, explorative Ergebnisse liefern soll und kann und keine Hypothesen oder statistischen Signifikanzen getestet wurden, bei denen eine vorherige Fallzahlabschätzung angezeigt gewesen wäre, wurde eine Mindestanzahl von 30 bewerteten Matrizen als erforderlich angesehen. Zur besseren Illustration der Kommorbiditätsmatrix sowie der unter Schritt 3 durchgeführten Umfrage findet sich in zusätzliche Appendix A das Anschreiben für die zur Teilnahme an der Befragung eingeladenen Ärzte sowie die Komorbiditätsmatrix mit Instruktionen, wie diese auszufüllen ist. Ziel war, zu evaluieren, inwieweit die Komorbiditäten, die von praktisch tätigen Ärzten als relevant bei der Behandlung der Indexerkrankung eingestuften wurden, mit den aktuellen Erwähnungen in Leitlinien übereinstimmten bzw. inwieweit sich diese Komorbiditäten mit dem Triaden- bzw. dem Clustermodell abbilden lassen. Die Auswertungen erfolgten deskriptiv. Die Ergebnisse aus den Schritten 1-3 wurden in tabellarischer Form aufgelistet, wobei in Tabelle 1 die Ergebnisse aller Teilschritte für die LL Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz und KHK aufgeführt sind, während Tabelle 2 die Ergebnisse für die Leitlinien

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Indexerkrankung Komorbidität

Diabetes mellitus Ist-Zustand LL

a

Triaden

x x

x

x

x

N Nennungen N Übereinstimmung mit Experten %„Treffer‘‘ der Experteneinschätzung

12 6 46

Arterielle Hyper-tonie Expertenbefragung x x

c

Ist-Zustand LL x x

x x

x

x

x x x x x

xe x x x xe

a

Triadenb x x x

x

Expertenbefragungc x x x x x x x x

ARTICLE IN PRESS

Adipositas Hyperlipidämie Hyperurikämie Diabetes mellitus Art. Hypertonie Herzinsuffizienz Herzrhythmusstörung KHK Zerebrovask. Erkrankung pAVK Asthma/ COPD Anämie Angststörungen Depression Substanzmissbrauch Schlafstörung Arthrose Osteoporose Kreuzschmerz Sonstige Schmerzen Augenerkrankung kognitive Störung Gebrechlichkeit Sturzneigung Immobilität Inkontinenz Niereninsuffizienz Sexualstörungen Lebererkrankungen Magen-Darm-Erkrankung

b

x x x x x x

x

x x x x

x

x

13 N/A N/A

8 8 62

x x

6 3 23

13 N/A N/A

E. Blozik et al.

4 3 23

x x x

x x x

+Model

Kardiovaskulär-metabolische Erkrankungen.

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Tabelle 1

Triadenb

Expertenbefragungc

x x x x x

x

x x x

x x x x x

N Nennungen N Übereinstimmung mit Experten %„Treffer‘‘ der Experteneinschätzung

18 8 62

x x

x x x x x x x x

Triadenb

Expertenbefragungc

x

x

x x

x x x x

x x x

x x x x x

x

x x x x x

x

x x

x

x

x x 0 0 0

13 N/A N/A

5 4 31

4 3 23

Krankheitsclusterd CMD CMD CMD CMD CMD CMD, NPS CMD CMD, NPS CMD, NPS CMD, NPS ADS/P CMD, NPS ADS/P ADS/P, NPS / ADS/P ADS/P ADS/P ADS/P / / NPS / / / NPS CMD, NPS / CMD CMD, ADS/P

13 N/A N/A

N/A nicht anwendbar a Erkrankung in der LL genannt b Erkrankung in den häufigsten 10 Triaden vorkommend c >50% der Befragten wünschen sich eine explizite Empfehlung in der Leitlinie d Erkrankung in einem der Cluster vorkommend; CMD: kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen, ADS/P: Ängstlichkeit, Depression, somatoforme Störungen und Schmerz, NPS: neuropsychiatrische Erkrankungen e erwähnt unter dem Sammelbegriff„kardiovaskuläre Erkrankungen‘‘

ARTICLE IN PRESS

Adipositas Hyperlipidämie Hyperurikämie Diabetes mellitus Art. Hypertonie Herzinsuffizienz Herzrhythmusstörung KHK Zerebrovask. Erkrankung pAVK Asthma/ COPD Anämie Angststörungen Depression Substanzmissbrauch Schlafstörung Arthrose Osteoporose Kreuzschmerz Sonstige Schmerzen Augenerkrankung kognitive Störung Gebrechlichkeit Sturzneigung Immobilität Inkontinenz Niereninsuffizienz Sexualstörungen Lebererkrankungen Magen-Darm-Erkrankung

Ist-Zustand LLa

+Model

Ist-Zustand LLa

KHK

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Komorbidität

Herzinsuffizienz

Komorbidität in Leitlinien: Ist-Zustand, epidemiologische Modelle und Expertenmeinung im Vergleich

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Indexerkrankung

5

Indexerkrankung Komorbidität

Triaden

Arthrose Expertenbefragung

c

Ist-Zustand LL

a

Triadenb

Expertenbefragungc

x

x x

x x x

x xe xe

x

x x x

x x x x x

4 1 25

0 0 0

4 N/A N/A

0 0 0

3 1 14

7 N/A N/A

E. Blozik et al.

N Nennungen N Übereinstimmung mit Experten %„Treffer‘‘ der Experteneinschätzung

Ist-Zustand LL

b

ARTICLE IN PRESS

Adipositas Hyperlipidämie Hyperurikämie Diabetes mellitus Art. Hypertonie Herzinsuffizienz Herzrhythmusstörung KHK Zerebrovask. Erkrankung pAVK Asthma/ COPD Anämie Angststörungen Depression Substanzmissbrauch Schlafstörung Arthrose Osteoporose Kreuzschmerz Sonstige Schmerzen Augenerkrankung kognitive Störung Gebrechlichkeit Sturzneigung Immobilität Inkontinenz Niereninsuffizienz Sexualstörungen Lebererkrankungen Magen-Darm-Erkrankung

Asthma/COPD a

+Model

Asthma und Bewegungsapparat.

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Tabelle 2

x x x xf xf x

Expertenbefragung

Ist-Zustand LL

a

Triadenb

Expertenbefragungc

x x

x

x x x x x x

x x x

x

15 5 50

3 1 10

x x

x

x

x x

x x x

x x x

x

x

10 N/A N/A

0 0 0

0 0 0

Krankheitsclusterd CMD CMD CMD CMD CMD CMD, NPS CMD CMD, NPS CMD, NPS CMD, NPS ADS/P CMD, NPS ADS/P ADS/P, NPS / ADS/P ADS/P ADS/P ADS/P / / NPS / / / NPS CMD, NPS / CMD CMD, ADS/P

7 N/A N/A

N/A nicht anwendbar a Erkrankung in der LL genannt b Erkrankung in den häufigsten 10 Triaden vorkommend c >50% der Befragten wünschen sich eine explizite Empfehlung in der Leitlinie d Erkrankung in einem der Cluster vorkommend; CMD: kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen, ADS/P: Ängstlichkeit, Depression, somatoforme Störungen und Schmerz, NPS: neuropsychiatrische Erkrankungen e erwähnt unter dem Sammelbegriff„psychosoziale Komorbidität‘‘ f erwähnt unter dem Sammelbegriff„kardiovaskuläre Erkrankungen‘‘

ARTICLE IN PRESS

N Nennungen N Übereinstimmung mit Experten %„Treffer‘‘ der Experteneinschätzung

x x

Triaden

Osteo-porose c

+Model

Adipositas Hyperlipidämie Hyperurikämie Diabetes mellitus Art. Hypertonie Herzinsuffizienz Herzrhythmusstörung KHK Zerebrovask. Erkrankung pAVK Asthma/ COPD Anämie Angststörungen Depression Substanzmissbrauch Schlafstörung Arthrose Osteoporose Kreuzschmerz Sonstige Schmerzen Augenerkrankung kognitive Störung Gebrechlichkeit Sturzneigung Immobilität Inkontinenz Niereninsuffizienz Sexualstörungen Lebererkrankungen Magen-Darm-Erkrankung

Ist-Zustand LL

b

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Komorbidität

Kreuz-schmerz a

Komorbidität in Leitlinien: Ist-Zustand, epidemiologische Modelle und Expertenmeinung im Vergleich

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Indexerkrankung

7

+Model ZEFQ-1339; No. of Pages 10

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E. Blozik et al.

Asthma/ COPD, Arthrose, Kreuzschmerz und Osteoporose enthält.

Resultate Evaluation der Leitlinien Das Bild für die untersuchten 8 Indexerkrankungen ist sehr unterschiedlich. Während für Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz und Kreuzschmerzen mehr als 10 Komorbiditäten innerhalb der LL genannt werden, findet sich in der Asthma- bzw. der Osteoporose-LL keine einzige Nennung einer Komorbidität. Das Spektrum der genannten Komorbiditäten umfasst insbesondere kardiovaskuläre bzw. mit dem metabolischen Syndrom assoziierte Erkrankungen, aber auch psychiatrische Krankheitsbilder (Angst, Depression, Substanzmissbrauch) und Schmerzen werden genannt. Für die ältere Bevölkerung typische Bilder wie kognitive Störung, Gebrechlichkeit, Sturzneigung, Immobilität oder Inkontinenz werden nicht erwähnt.

Triadenmodell Für 5 von 8 Indexerkrankungen lassen sich mit Hilfe des Triadenmodells Komorbiditäten identifizieren. Da die 10 häufigsten Triaden aus verschiedenen Kombinationen von 7 Komorbiditäten bestehen (arterielle Hypertonie, Lipidstoffwechselstörung, Rückenschmerzen, Arthrose, KHK, Hyperurikämie, Diabetes mellitus), ist die Anzahl der mit diesem Ansatz identifizierten Komorbiditäten systembedingt immer einstellig und schwankt für die untersuchten Indexerkrankungen zwischen 0 und 6. Herzinsuffizienz, Asthma/ COPD und Osteoporose werden in keiner der 10 häufigsten Triaden genannt, so dass sich für diese Indexerkrankungen keine Komorbiditäten zuordnen lassen.

Ergebnis der Expertenbefragung Insgesamt wurden 36 Antworten ausgewertet. Von ca. 600 im Listserver Allgemeinmedizin registrierten Personen haben sich 30 zur Teilnahme bereit erklärt. Von 34 Personen im Verteiler der Alumni des Forschungskollegs Geriatrie der Robert-Bosch-Stiftung erhielten wir 6 Antworten. Die Anzahl der Komorbiditäten, für die sich die befragten Allgemeinärzte bzw. Geriater eine explizite Empfehlung in den LL wünschten, schwankte zwischen 4 und 13, wobei für die kardiovaskulären Indexerkrankungen sowie Diabetes mellitus die meisten Nennungen erfolgten. Bei diesen Indexerkrankungen wurden einerseits assoziierte kardiovaskuläre und metabolische Begleiterkrankungen bzw. Risikofaktoren als relevant erachtet, zusätzlich aber auch geriatrische Syndrome wie kognitive Störung oder Gebrechlichkeit genannt. Für Asthma/ COPD konzentrierten sich die Expertennennungen auf interagierende kardiovaskuläre Komorbiditäten. Für Arthrose, Kreuzschmerz und Osteoporose wurden insbesondere LL-Empfehlungen zu psychiatrischen Komorbiditäten, Schmerz und geriatrischen Syndromen als wichtig erachtet.

Übereinstimmung der Nennung in den LL mit der Expertenbefragung Der Anteil der in den LL genannten Komorbiditäten, für die von den Befragten eine LL-Empfehlung gewünscht wurde, variierte erheblich (0-62%). In den LL Arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz und Kreuzschmerz wurden die Hälfte oder mehr der von den Experten genannten Komorbiditäten bereits adressiert. Die Übereinstimmungen konzentrierten sich auf kardiovaskulär-metabolische Komorbiditäten, in der LL Kreuzschmerz bezogen sie sich auch auf psychiatrische Komorbiditäten. Aufgrund fehlender Nennung von Komorbiditäten in den LL Arthrose und Osteoporose fand sich für diese Indexerkrankungen selbstverständlich keine Übereinstimmung.

Übereinstimmung des Triadenmodells mit der Expertenbefragung Aufgrund der systembedingt geringen Anzahl an mit dem Triadenmodell identifizierten Komorbiditäten, lag die Zahl der Übereinstimmungen auch zwischen 0 und 3 Erkrankungen bzw. 0 und 23%. Die Übereinstimmung lag jeweils im Themenbereich der entsprechenden Indexerkrankung, d.h. für die kardiovaskulär-metabolischen Indexerkrankungen konnte das Triadenmodell Komorbiditäten aus diesem Bereich identifizieren, während Arthrose als relevante Komorbidität des Kreuzschmerz und umgekehrt bestimmt wurde.

Übereinstimmung mit dem Clustermodell Das Clustermodell lässt sich auf die Komorbiditätsmatrix so anwenden, dass sowohl die Indexerkrankung als auch die aufgelisteten Komorbiditäten einem Cluster zugeordnet werden. Erwartungsgemäß werden die kardiovaskulärmetabolischen Erkrankungen über das CMD-Cluster identifiziert. Hierzu zählen auch Anämie, Niereninsuffizienz, Lebererkrankung und gastrointestinale Erkrankung. Das ADS/P-Cluster umfasst Asthma/ COPD, psychiatrische Diagnosen, Schlafstörung sowie schmerzassoziierte Syndrome wie Arthrose, Osteoporose und Kreuzschmerz. Das NPSCluster zeigt vor allem ein mit anderen Clustern überlappendes, eher heterogenes Bild, indem es Herzinsuffizienz, KHK, zerebrovaskuläre Erkrankung, pAVK, Anämie, Depression, kognitive Störung, Inkontinenz und Niereninsuffizienz zusammenfasst. Die geriatrischen Syndrome Gebrechlichkeit, Sturzneigung und Immobilität werden im Clustermodell nicht abgebildet. Für die Indexerkrankung lässt sich mit Hilfe des Clustermodells bestimmen, welche Komorbiditäten dem gleichen Cluster zugehörig sind und welche Gruppen von Komorbiditäten über andere Cluster repräsentiert werden. Diabetes mellitus und die drei untersuchten kardiovaskulären Indexerkrankungen sind Bestandteil des CMD-Clusters. Asthma/COPD, Arthrose, Kreuzschmerz und Osteoporose lassen sich dem ADS/P-Cluster zuordnen. Insofern ermöglicht das Clustermodell eine Bestimmung von Gruppen von Erkrankungen, die entweder der Indexerkrankung thematisch sehr ähnlich sind oder die anderen, mit dem Cluster der

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Komorbidität in Leitlinien: Ist-Zustand, epidemiologische Modelle und Expertenmeinung im Vergleich

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Indexerkrankung interagierenden Themenbereichen angehören.

Krankheitskombinationen für eine Liste definierter Indexerkrankungen berechnet würden (d.h. stratifizierte Analysen).

Diskussion

Eignung des Clustermodells

Hauptergebnisse

Das Clustermodell (Konzept der Multimorbiditätsmuster) beruht prinzipiell ebenfalls auf einer Analyse des Gesamtkollektivs multimorbider Patienten. Allerdings bietet es aufgrund der Zuordnung von Einzelerkrankungen zu 3 verschiedenen Clustern die Möglichkeit, alle in diese Analysen einbezogenen Einzelerkrankungen zuzuordnen, unabhängig davon, ob diese als Indexerkrankung oder als Komorbidität in der LL bearbeitet werden. So konnten für alle hier exemplarisch untersuchten Indexerkrankungen eine Zuordnung der Cluster vorgenommen werden. Während der LL-Arbeit könnten nun systematisch Komorbiditäten des gleichen Clusters wie der Indexerkrankung sowie überlappender Cluster abgearbeitet werden. Diese Komorbiditätsgruppen sind allerdings für die unterschiedlichsten Indexerkrankungen gleich, d.h. das Clustermodell berücksichtigt nicht, dass die klinische Prioritätensetzung für verschiedene Indexerkrankungen unterschiedlich sein kann (nicht alle Cluster müssen immer relevant sein). In der vorliegenden Untersuchung wurde das CMD-Cluster beispielsweise für die Indexerkrankungen Arthrose, Kreuzschmerz und Osteoporose von den befragten Ärzten als nicht relevant eingestuft. Auch hier könnten stratifizierte Berechnungen des Clustermodells für unterschiedliche klinische Subgruppen weiterhelfen.

Die derzeit existierenden epidemiologischen Konzepte der Krankheitskombinationen bzw. der Multimorbiditätsmuster können nicht ohne erhebliche Limitationen in der bestehenden Form für die Erstellung von LL eingesetzt werden, die Multimorbidität berücksichtigen. Dass methodische Hilfestellung notwendig ist, zeigt der Befund, dass die Berücksichtigung von Komorbiditäten in einer Auswahl an aktuellen deutschen LL zu hochprävalenten Indexerkrankungen äußerst heterogen ist. Nimmt man die Einschätzung von Ärzten, die täglich mit der Versorgung multimorbider Patienten befasst sind, zum Standard, dann werden teilweise immerhin bis zu 62% der gewünschten Komorbiditäten erwähnt. Allerdings finden sich auch LL, in denen keine einzige Komorbidität berücksichtigt wird.

Mutmaßliche Einflussfaktoren auf die Heterogenität der Ergebnisse Ein Einflussfaktor dafür, ob Komorbiditäten in einer LL berücksichtigt werden, könnte sein, dass die Zusammensetzung des erstellenden LL-Teams unterschiedlich ist. Es lässt sich vermuten, dass sich insbesondere der Einbezug von Fachdisziplinen, die mit der Langzeitversorgung von multimorbiden Patienten befasst sind, sowie die Berücksichtigung der Patientenperspektive positiv auswirken. Zudem könnte eine Rolle spielen, ob die verbesserte Anwendbarkeit von Leitlinien auf multimorbide Patienten als explizites Ziel der LL formuliert wurde, um das Bewusstsein des gesamten Leitlinienteams für die Problematik zu schärfen. Letztlich ist sicher auch die Menge an Evidenz, die zu verschiedenen Indexerkrankungen spezifisch in der älteren bzw. multimorbiden Bevölkerung vorliegt, sehr variabel. Sofern diese vorliegt, muss sie stratifiziert aufgearbeitet werden, was wiederum durch Bewusstsein für die Problematik, methodischen Kenntnisstand und verfügbare Ressourcen beeinflusst wird. [8]

Schwächen der epidemiologischen Modelle Hinzu kommt, dass beide epidemiologischen Konzepte derzeit nur auf den häufigsten von Hausärzten verschlüsselten Diagnosecodes beruhen. So konnten geriatrische Syndrome wie Gebrechlichkeit, Sturzneigung oder Immobilität, die von den befragten Ärzten teilweise als hochrelevant eingeschätzt wurden, systematisch nicht berücksichtigt werden. Insgesamt wäre vermutlich hilfreich, wenn Konzepte aus der Geriatrie, die auf die funktionellen Fähigkeiten, die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit und die Lebensqualität fokussiert, stärker bei Design und Auswertung von Multimorbiditätsstudien einbezogen würden.

Eignung des Triadenmodells

Schwächen der vorliegenden Untersuchung

Das Triadenmodell (Konzept der Krankheitskombinationen) kann in seiner jetzigen Form nur sehr rudimentär zur Problemlösung beitragen. Dies ist primär durch die Reduktion auf eine verhältnismässig kleine Anzahl an Krankheitskombinationen, die sich wiederum nur aus einer einstelligen Zahl an Einzelerkrankungen zusammensetzen, zu erklären. Die Reduktion der theoretisch möglichen 15.180 Dreierkombinationen wurde basierend auf der Prävalenz im Gesamtkollektiv der multimorbiden Patienten vollzogen, was wiederum bedeutet, dass das Triadenmodell insbesondere dann nicht weiterführt, wenn die Indexerkrankungen nicht in den identifizierten höchstprävalenten Krankheitskombinationen vorkommt. Hier wäre allerdings eine methodische Weiterentwicklung denkbar, nach der die höchstprävalenten

Für die Interpretation der vorliegenden Arbeit muss berücksichtigt werden, dass wir nur eine Auswahl von LL evaluiert haben und somit kein vollständiges Abbild der deutschen LL-Landschaft entwerfen können. Allerdings untersuchten wir hochprävalente Indexerkrankungen, die additiv betrachtet einen großen Teil der multimorbiden Bevölkerung in Deutschland betreffen. Die Befragung der Ärzte erfolgte außerdem aus Gründen der Praktikabilität und der eingeschränkten Ressourcen in einem„convenience sample‘‘ und kann nicht den Anspruch der Repräsentativität hinsichtlich Verteilung über verschiedene Settings, Geographie, klinischer Erfahrung oder Interesse an Multimorbiditätsfragestellungen erheben. Es antworteten 36 erfahrene sowohl im stationären als auch im niedergelassenen Bereich

Please cite this article in press as: Blozik E, et al. Komorbidität in Leitlinien: Ist-Zustand, epidemiologische Modelle und Expertenmeinung im Vergleich. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2014), http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2014.02.001

+Model ZEFQ-1339; No. of Pages 10

ARTICLE IN PRESS

10 tätige Allgemeinmediziner und Geriater, deren Bewertungen deutliche Übereinstimmungen erkennen ließen. Für eine deskriptive Pilotstudie schien uns diese Anzahl ausreichend, aber auch hier gilt wie bei der Auswahl der LL, dass diese kleine Stichprobe nicht repräsentativ für die deutsche Versorgungslandschaft ist.

Schlussfolgerungen Die derzeit vorhandenen epidemiologischen Daten sollten nicht ohne erhebliche Weiterentwicklung (insbesondere Stratifikation) und nicht losgelöst von der Einschätzung der in die Behandlung multimorbider Personen involvierten Ärzte eingesetzt werden. Ein Lösungsweg könnte sein, epidemiologische Datenquellen und Expertenwissen systematisch zu kombinieren. Dafür könnten epidemiologische Daten zu Krankheitskombinationen bzw. Multimorbiditätsmustern die Grundlage bilden, um für Multimorbidität typische Fallvignetten zu entwickeln, die auch Kontextfaktoren berücksichtigen und mit denen wiederum konstellationsbasierte Empfehlungen entwickelt werden könnten. Diese Empfehlungen müssten dann in die etablierten Konsensprozesse eingebunden werden. Weiterer Forschungsbedarf ergibt sich also hinsichtlich der Weiterentwicklung der epidemiologischen Grundlagen, insbesondere hinsichtlich stratifizierten Auswertungen und des Einbezugs geriatrischer Syndrome. Zudem sollte der oben skizzierte kombinierte Ansatz auf epidemiologischen Daten und Expertenwissen weiterverfolgt und evaluiert werden.

Danksagung Der Artikel basiert auf den Ergebnissen einer Expertise zum Thema„Medizinische Leitlinien und Individualisierung‘‘, die im Rahmen der Initiative Versorgungsforschung der Bundesärztekammer erstellt wurde. Die Expertise ist auf der Homepage der Bundesärztekammer unter www.baek.de/versorgungsforschung/expertisen abrufbar. Wir danken allen Ärzten, die sich für die Beantwortung des Surveys Zeit genommen haben, ganz herzlich für ihre Mitwirkung.

E. Blozik et al.

Interessenkonflikte Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte gemäß Uniform Requirements for Manuscripts Submitted to Biomedical Journals (Stand Oktober 2004) vorliegen.

Appendix A. Zusätzliche Daten Zusätzliche Daten verbunden mit diesem Artikel können in der Online-Version gefunden werden bei doi:10.1016/ j.zefq.2014.02.001.

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Please cite this article in press as: Blozik E, et al. Komorbidität in Leitlinien: Ist-Zustand, epidemiologische Modelle und Expertenmeinung im Vergleich. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2014), http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2014.02.001

[Comorbidity in medical guidelines: comparison of the current state, epidemiologic models and expert opinion].

Medical guidelines focusing on monomorbidities can be associated with adverse events in multimorbid patients. This study investigates how comorbiditie...
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