K. Naber, W. Kaldewey

Vergleichsstudie Cefaclor versus Amoxicillin bei Harnwegsinfektionen Zusammenfassung: In einer kooperativen, prospektiv offen randomisierten klinischen Studie wurden die Wirksamkeit und Vertr~iglichkeit von Cefaclor (3 × 500 mg) und Amoxicillin (3 × 750 mg) bei der Behandlung des Harnwegsinfektes (HWI) vergleichend geprfift. Insgesamt wurden 110 Patienten (51 M~inner und 59 Franen) im Alter von 10 bis 83 Jahren fiber einen Zeitraum von ffinf bis 14 Tagen (ira Mittel 10 Tage) therapiert, von denen 59 Patienten einen komplizierten und 51 Patienten einen unkomplizierten HWI hatten. Bei allen Patienten wurden aus dem Urin Keime angeziichtet, die in vitro gegen beide Antibiotika empfindlich waren. In beiden Therapiegruppen fanden sich je drei Mischinfekte und 35 Escherichia coli-Monoinfektionen. Die iibrige Verteilung der Keimarten war ebenfalls gut vergleichbar. Die mit Cefaclor behandelten Patienten zeigten einen gfinstigeren Erfolg, d.h. Reduktion der Keimzahl auf < 104/ml unmittelbar nach TherapieabschluB. Dies beruhte vor allem auf einer statistisch auff~illigen, h6heren Eliminationsrate bei E. coli-Infektionen. Die Langzeiterfolge waren jedoch bei der Nachuntersuchung 14 bis 60 Tage nach TherapieabschluB in beiden Gruppen mit unkompliziertem Infekt gleich gut und betrafen etwa die H/ilfte der F~ille. Bei kompliziertem Infekt lag der Gesamterfolg nur etwa bei einem Viertel der F~ille, wobei das Ergebnis in der Amoxieillin-Gruppe giinstiger ausfiel. Dabei muB berficksichtigt werden, dab bei der behandelten Patientenzahl die Gruppen mit komptiziertem HWI nur schwer vergleichbar sind mad die Rezidiverkrankung wesentlich vom Grundleiden bestimmt wird. Die Vertr~iglichkeit beider Medikamente war ausgezeichnet.

Summary: Comparative Study of Cefaclor versus Arnoxicillin in Urinary Tract Infections. In a comparative, prospective, open randomised clinical study, the efficacy and tolerance of cefaclor (3 ×500 nag) and amoxiciUin (3 ×750 mg) in the treatment of urinary tract infection (UTI) were investigated and compared. A total of 110 patients (51 males and 59 females) age 10 to 83 years were treated for a period of five to 14 days (average 10 days). Fifty-nine of the patients had complicated, and 51 uncomplicated UTI. In all patients, organisms were cultured from the urine which were sensitive to both antibiotics in vitro. In each group there were three cases of mixed infection and 35 cases of Escherichia coli monoinfection. The distribution of pathogens in the other patients was likewise very similar. Better results, i. e. a reduction in the cell count to < 104/ml immediately after completion of therapy, were obtained in patients treated with cefaclor. This is largely due to a statistically significantly higher rate of elimination in E. coli infections. The long-term results at follow-up examinations 14 to 60 days after completion of therapy in both groups with uncomplicated infections were, however, equally as good in about half the cases. In complicated infections therapy was successful overall in only about a quarter of the cases, better results being obtained in the amoxicillin group. It must be taken into account that among the patients treated, the groups with complicated LrH are difficult to compare, relapses primarily being determined by underlying disease. Both antibiotics were tolerated well.

Einleitung Cefaclor wurde als neues, gut vertr~igliches O r a l - C e p h a l o sporin eingefiihrt, das aufgrund seines bakteriologischen

Spektrums und seiner pharmakokinetischen Eigenschaften (1, 4) zur Behandlung eines Harnwegsinfektes gut geeiguet erscheint, v o r allem, w e n n man seine gute Wirksamkeit gegeniiber Escherichia coli, Proteus mirabilis und Klebsiellen beriicksichtigt (1, 2), die als dominierende K e i m a r t e n beim Harnwegsinfekt angesehen w e r d e n miissen. Die vorliegende Studie w u r d e geplant, u m die Wirksamkeit und Vertr~iglichkeit von Cefaclor im Vergleich zu e i n e m bereits etablierten Betalaktam-Antibiotikum, Amoxicillin, zu untersuchen. Pafienten und Methoden Zur Orientierung der In-vitro-Wirksamkeit wurde die Empfindlichkeit auf Cefaclor (30 meg) bei 1000 Keimen, angeziichtet aus dem Urin von Patienten mit einer Keimzahl _~ 10S/ml im Bl~ittchen-Agar-Diffusionstest (Muetler-Hinton, Fa. Merck) getestet und mit Ampicillin (25 mcg), Amoxicillin (25 meg), Cephalotin (30 mcg), Tobramycin (30 meg) und Trimethoprim (5 meg) Sulfamethoxazol (20 meg), verghchen. Bei einem Hemmhofdurchmesser von _~ 18 mm wurde Empfindlichkeit auf Cefaclor angenommen. Die klinische Studie erfolgte kooperativ in einer urologischen Klinik (N) und Praxis (K), im wesentlichen bei ambulanten Patienten (20% der Patienten waren station~) prospektiv und often randomisiert. In die Studie aufgenommen wurden alle Patienten im Alter von zehn bis 83 Jahren mit einem nachgewiesenen behandlungsbedfifftigen Harnwegsinfekt bei einer Keimzahl von ~_ 106/ml im Mittelstrahlurin bei M~nnern oder Katheterurin bei Frauen mit einer sowohl gegen Amoxieillin wie Cefaclor empfindlichen Keimart. Als Ausschlul3kriterien galten eine Schwangerschaft, eine bekannte Penicillin- oder Cephalosporinallergie oder eine urologische Situation, z. B. ein liegender Danerkatheter, die eine Antibiotikatherapie in kurativer Absicht von vornherein als sinnlos erscheinen lieB. Die Dosierung und Behandlungsdauer betrug bei Amoxicillin 3 × 750 mg und Cefaclor 3 x 500 mg fiber ffinf bis 14 Tage, wobei durchschnittlich in beiden Gruppen zehn Tage lang therapiert wurde. Die Urinuntersuchungen erfolgten bis zu 5 Tage (bei einem Patienten 9 Tage) vor der Therapie, am 2. bis 7. Tag w~ihrend der Therapie and 0 bis 7 Tage (bei einem Patienten 14 Tage) nach der Therapie. Die Keimzahl wurde mit dem Eintauchverfahren (Urotube ®) abgesch~itzt. Die Keimisolierung erfolgte auf ColumbiaBlut-Agar und Mac-Conkey-Agar (Fa. Merck). Die Keimdifferenzierung der Enterobacteriaceae erfolgte mit dem Enterotube ®System (Fa. Roche). Alle Patienten, die bei der Untersuchung nach TherapieabschluB eine Keimzahl yon < 104/ml aufwiesen, wurden nach 14 bis 60 Tagen (bei einem Patienten nach 86 Tagen) nachuntersucht, ohne dab ira freien Intervall eine antibakterielle Chemotherapie erfolgte.

Prof. Dr. K. Naber, Urologische Klinik, Elisabeth-Krankenhaus, Schulgasse 20, D-8440 Straubing; Dr. W. Kaldewey, Hemelinger Bahnhofstr. 17, D-2800 Bremen 44.

Infection 7 (1979) Suppl. 6

S 617

K. Naber, W. Kaldewey: Vergleichsstudie Cefaclor versus Amoxicillin Tabelle 1: Prozentuale Empfindlichkeit von 1000 Isolaten (September-Dezember 1978) aus dem Urin von Patienten mit einer Keimzahl 105/ml. 63 Patienten innerhalb dieser Gruppe hatten einen Mischinfekt mit je 2 Keimarten. Keimarten

1000

Ampicillin

Amoxicillin

Cephalotin

Cefaclor

Tobramycin

TrimethoprimSulfamethoxazol

Escherichia coii Proteus mirabilis Proteus sp. (Indol-positiv) Klebsiella sp. Enterobacter sp. Pseudomonas aeruginosa sonstige gramnegative Keime grampositive Kokken Candida

356 152 35 118 17 84 39 188 11

83 70 46 21 41 5 36 76 .

92 83 57 44 53 9 54 84

93 84 43 76 65 2 59 85

96 93 31 94 64 3 82 85 .

97 99 91 96 88 90 92 89 .

87 85 54 74 82 10 59 31

Patienten, die nach Therapieabsehlug eine h6here Keimzahl aufwiesen, wurden in der Regel einer anderen Chemotherapie zugeleitet und in dieser Studie nicht weiterbeobachtet. Die Urinergebnisse wurden entsprechend den Untersuchungszeitr~iumen in Friih- (nach Therapieende) und Sp~itergebnisse (Nachuntersuchung) unterteilt, wobei eine Keimzahl < 104/ml als Erfolg, das Wiederauftreten der urspriinglichen Keimart in h6herer Keimzahl als Rekurrenz und das Auftreten einer anderen Keimart als Reinfektion bezeichnet wurde. Beim Wiederauftreten einer Bakteriurie als Mischinfektion wurde diese ebenfalls als Rekurrenz bezeichnet, wenn die urspriingliche Keimart dabei wieder nachgewiesen werden konnte. Als Versager wurden die F/ille gewertet, bei denen sich auch w~ihrend der Therapie eine Keimzahl von _x 104/ml fand. Neben der bakteriologischen Untersuchung wurde der Urin auf

Tabelle 2: Verteilung von verschiedenen Merkmalen zwischen den beiden Patientengruppen, die mit Amoxicillin bzw. Cefaclor behandelt wurden. Therapiegruppen Amoxicillin Cefaclor (3 x 750 mg) (3 x 500 nag) Total Klinik Kaldewey Naber Geschlecht mgnnlich weiblich rnittleres Alter (Jahre) MSJaner Frauen mittleres Gewicht

55

55

30 25

30 25

25 30

26 29

62 47

65 43

(kg) M/inner Frauen Symptome vorhanden nicht vorhanden Leukozyturie vorhanden nicht vorhanden Harnwegsinfekt kompliziert unkompliziert

S 618

Infection 7 (1979) Suppl. 6

77 62

70 57

52 3

53 2

34 21

39 16

26 29

33 22

.

.

.

EiweiB, Zucker, pH, Erythrozyten und Leukozyten untersucht. Zur Priifung der Vertr~iglichkeit wurden vor und nach der Therapie folgende Blut- bzw. Serumparameter bestimmt: BKS, H~imoglobin, Erythrozyten, Leukozyten, Differentialblutbild, Thrombozyten, Harnstoff-N, Kreatinin, Bilirubin, alkalische Phosphatase, SGOT, SGPT. Die statistischen Priifungen, die freundlicherweise yon Herrn Prof. Dr. H. Fassl (Direktor des Instituts fiir Medizinische Statistik und Dokumentation an der Medizinischen Hochschule in Liibeck) vorgenommen wurden, erfolgten mit Hilfe von ;(2-Tests. Fiinfprozentige Irrtttmswahrscheinlichkeiten wurden vorgegeben.

Ergebnisse D i e E r g e b n i s s e der Empfindlichkeitspriifung von 1000 Isolaten, angeziichtet aus d e m U r i n von P a t i e n t e n rnit H a r n wegsinfekt, sind in Tabelle 1 z u s a m m e n g e s t e l l t . A u c h hier zeigt sich die gute I n - v i t r o - W i r k s a m k e i t von Cefaclor g e g e n i i b e r E. coli, P. mirabilis u n d Klebsiellen. Die selten e r v o r k o m m e n d e n g r a m n e g a t i v e n K e i m a r t e n u n d die g r a m p o s i t i v e n K o k k e n w u r d e n zusammengefal3t.

Tabelle 3: Urologische Ver~inderungen bei Patienten mit kompliziertem Harnwegsinfekt, die mit Amoxicillin (n=26) bzw. Cefaclor ( n = 33) behandelt wurden. Art der Ver~inderung Hypernephroides Karzinom Hydronephrose Doppelniere chronische Pyelonephritis mit Schrumpfniere Urotithiasis Blasenkarzinom Blasendivertikel Prostataadenom/-karzinom Urethrastriktur Harninkontinenz neurogene Blasenentleerungsst6rungen Zustand nach Prostataresektion

Therapiegruppen Amoxicillin Cefaclor 1 1

1 1 3

5 3 2 12 2 -

3 6 2 2 12 1 1

1

1

1

1

28

34

K. Naber, IV. Kaldewey: Vergleichsstudie Cefaclor versus Amoxicillin Tabelle 4: Bakteriologische Befunde im Verlauf der Therapie von Harnwegsinfektionen mit Amoxicillin bzw. Cefaclor.

Untersuchungszeitraum Therapiegruppen

vor Therapie wS.b_rendTherapie nach Therapie Verlaufsuntersuchung Amoxicillin Cefaclor Amoxiciltin Cefaclor Amoxicillin Cefaclor Amoxicillin Cefaclor

Misehinfektionen

3 35 8 2 1

Escherichia coli Proteus sp. Klebsiella sp. Enterobacter sp. Pseudomonas aer. Citrobacter sp.

1

-

-

1 6 -

. . 52 2

55

55

55

D i e zuf/illige Einteilung zu den T h e r a p i e g r u p p e n (Tabelle 2) ergab eine gut vergleichbare Z u s a m m e n s e t z u n g in bezug auf Geschlecht, mittleres Alter und K/Srpergewicht sowohl bei M~innern wie Frauen. Fast aUe Patienten hatten irgendwelche klinischen Symptome, die eventuell einem H a r n wegsinfekt zugeordnet werden konnten, wie Miktionsst6rungen, Flankenschmerzen etc. E i n e geringe Leukozyturie war bei allen Patienten vorhanden. Z w e i Drittel davon hatten eine Leukozyturie ___5 0 / m m 3 im Nativurin (N) bzw. 15 pro Gesichtsfeld im Sediment (K). Bei der U n t e r t e i lung in komplizierte und unkomplizierte Harnwegsinfekte (Tabelle 2) ergibt sich keine ideale Verteilung in den beiden Therapiegruppen. In der C e f a c l o r - G r u p p e iiberwiegt der Anteil von Patienten mit kompliziertem H a r n wegsinfekt (Tabelle 3). In Tabelle 4 sind die H~iufigkeiten der K e i m a r t e n bzw. Mischinfektionen in der T h e r a p i e gruppe vor, w/ihrend und nach der Behandlung aufgefiJhrt. V o r der T h e r a p i e fanden sich in beiden G r u p p e n je drei Mischinfektionen mit je zwei Keimarten und je 35 E. coliMonoinfektionen. D i e Verteilung der iibrigen K e i m a r t e n

Tabelle 5: Ergebnisse der Behandlung von Escherichia coli-Harnwegsinfektionen mit Amoxieillin bzw. Cefaclor. S/R = gegeniiber dem verabreichten Medikament sensibel bzw. resistent. (n) = Vorkommen in Mischinfekten.

Therapiegruppen Amoxicillin Cefaclor vor Therapie

Escherichia coli s

38 (3)

3,6 (1)

nach Therapie

Keimzahl < 104/ml

25

32

Escherichia coli s Escherichia coli R Klebsiella sp. Proteus sp.

Verlaufsuntersuchung

Keimzahl < 104/ml Escherichia coli s Escherichia coli R Citrobacter sp. Proteus sp.

nicht untersucht

1 -

5 -

grampositive Kokken Keimzahl

[Comparative study of cefaclor versus amoxicillin in urinary tract infections (author's transl)].

K. Naber, W. Kaldewey Vergleichsstudie Cefaclor versus Amoxicillin bei Harnwegsinfektionen Zusammenfassung: In einer kooperativen, prospektiv offen r...
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