Arch. Anim. Nutr., 1992, Vol. 42, pp. 279-286 Reprints available directly from the publisher Photocopying permitted by license only

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KONZENTRATIONEN VON STOFFWECHSELMETABOLITEN UND HORMONEN 1M BLUTPLASMA LAKTIERENDER MILCHKUHE BEl BEHANDLUNG MIT REKOMBINANTEM BOVINEM WACHSTUMSHORMON (BST) W. WINDISCH UND M. KIRCHGESSNER lnstitut fur Ernahrungsphysiologie del' Technischen Universitat, Munchen, German)' (Eingegangen: 16. Mal 1991) 16 laktierende MiIchkiihe erhic1ten 6 mal im Abstand von 4 Wochen eine Injektion s.c. von jc 640 mg eines bST-Langzeitpraparates bzw. 640 mg Kochsalzlosung (Kontrolle, n; 8). Die bSTbehandcIten Tiere wurdcn pair fed zu den bedarfsgerecht gefiitterten Kontrolltieren gehaIten. 14 Tage nach jeder Injektion wurden Blutproben gezogen und die GehaIte an Stoffwechselmetaboliten und Hormonen im Plasma untersueht. Die mittleren Konzentrationen betrugen 0,16 mmol/I nicht veresterte Fettsauren (NEFA), 2,69 mmol/I Glucose, 0,43 mmol/I [s-Hydroxvbutyrat, 0,024 mmol/I Acctoacctat, 78,8 gil Protein, 4,6 mmol/I Hamstoff, 0,81 ug/l Insulin, 44,4 ng/I Thyroxin (T 4) sowic 1,41 ng/l Trijodthyronin (T 3)' Ein Einflu13 der bST-Behandlung auf die PlasmagehaIte der untersuchten Merkmale war nicht erkennbar.

PLASMA CONTENTS OF METABOLITES AND HORMONES OF LACTATING DAIRY COWS DURING LONG-TERM ADMINISTRATION OF RECOMBINANT BOVINE SOMATOTROPINE (BST) Sixteen lactating dairy cows were submitted to six injections in a four-week interval of either 640 mg prolonged release bST or of 640 mg saline (control, n; 8). The bST-treated animals were pair fed to the control cows, which were fed according to requirements. Fourteen days after each injection, blood samples were derived and analysed for metabolites and hormones Plasma contents averaged 0.16 mmol/I non esterified fatty acids (NEFA), 2.69 mmol/l glucose, 0.43 mmol/I 13-hydroxybutyrate, 0.024 mmol/l acetoacetate, 78.8 gil protein, 4.6 mmol/I urea, 0.81 ~gli insulin, 44.4 ng/l thyroxine (T 4 ) and 1.41 ng/l trijodthyronine (T 3 ) . The bST-application was without effect on the analysed plasma contents. KEYWORDS: Plasma: Metabolite: Hormones: Dairy cows: Bovine somatotropin

1. EINLEITUNG Mit dem Anstieg der Milchleistung bST-behandelter Milchkuhe geht ein veranInstitut fiir Ernahrungsphysiologie der Tcehnischcn Univcrsitat Miinchen, W-8050 Freising 12, Germany 279

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derter Fett- und Proteinstoffwechsel einher (Kirchgessner et al., 1990; Schwab et al., 1990a, b). Die erhohte Milchproduktion verursacht dabei haufig ein Nahrstoffdefizit, da die Futteraufnahme der behandelten Tiere meist nicht entsprechend des Nahrstoffbedarfs fur die zusatzliche Milchleistung steigt (Chilliard, 1989) und cine Kompensation uber eine erhohte Verdaulichkeit des Futters oder eine verbesserte Verwertung der Nahrstoffe fur die einzelnen Stoffwechselleistungen nieht stattfindet (Schwab et al., 1990a, Kirchgessner et al., 1990). Die Verabreichung von Wachstumshormon an laktierende Milchkiihe la13t somit tiefgreifende Anderungen in der hormonellen Regulation des Stoffwechsels erwarten. Die Konzentrationen von Stoffwechselmetaboliten und Hormonen im Blutplasma bST-behandelter Tiere wurden jedoch bisher fast ausschlieJ31ich nur in Kurzzeitexperimenten und bei taglicher bST-Applikation untersucht. In der vorliegenden Untersuchung soUte deshalb uberpruft werden, ob eine langfristige bST-Behandlung laktierender Milchkiihe in Form der fur den Einsatz in der Praxis diskutierten Depotpraparate eine Anderung der Konzentrationen von Stoffwechselmetaboliten und Hormonen im Blutplasma verursacht. 2. MATERIAL UNO METHODEN 16 laktierende Milchkuhe der Rassenkreuzung Fleckvieh x Red Holstein Frisian wurden in 8 Paare mit moglichst ahnlicher Milchleistung, Lebendmasse und Anzahl der Abkalbungen eingeteilt. Je einem Tier eines Paares wurden 6 mal im Abstand von 4 Wochen 640 mg eines bST-Langzeitpraparates (Somidibove'", Fa. Lilly Deutschland GmbH, Abt. ELANCO) s.c. injiziert, dem anderen Tier (Kontrolle) 640 mg physiologische Kochsalzlosung als Placebo. Die Tiere hatten zum Zeitpunkt der ersten Injektion (im Mittel 51. Laktationstag) eine durchschnittliche tagliche Leistung von 22,9 kg Milch bei einer mittleren Lebendmasse von 604 kg. Der Verlauf des Experiments wurde in 6 vierwochige Perioden eingeteilt, die jeweils 7 Tage vor einer Injektion mit einer tierindividuellen Zusammenstellung der Futterration begannen. Die Ration bestand aus Heu, Maissilage, Sojaextraktionsschrot, Kraftfutter und einer Mineralfuttermischung. Dabei wurden die Kontrolltiere entsprechend ihrer aktuellen Leistung bedarfsdeckend gefuttert und die bST-behandelten Tiere pair fed zum Kontrolltier des jeweiligen Paares gehalten. Die Futtervorlage erfolgte unmittelbar vor Melkbeginn in zwei gleieh gro13en Halbtagesportionen. Jeweils 14 Tage nach einer Injektion wurde den Tieren aus der Schwanzvene BIut entnommen. Der Zeitabstand zur morgendlichen Futterung betrug 3 Stunden. Das Blut wurde sofart heparinisiert, im Eiswasser gekuhlt und anschliellend zentrifugiert (4000 g, 4 ·C, 10 min). Das Plasma wurde bei -20·C aufbewahrt. Die Analyse der Plasmakonzentrationen an nieht veresterten Fettsauren (NEFA), 13-Hydroxybutyrat (13-HBA), Acetoacetat, Glucose und Hamstoff erfolgte enzymatisch (Testkits, Boehringer Mannheim GmbH). Die Gehalte an Insulin, Thyroxin (T 4) und Trijodthyronin (T 3) wurden radioimmunologisch bestimmt (Testkits,

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Hermann Biermann GmbH bzw. Amersham Buchler GmbH). Die Analyse des Proteingehalts im Plasma erfolgte nach der Methode von Inchiosa (1984). Zur statistischen Auswertung wurde ein Modell mit den Faktoren Behandlung, Paar und Periode sowie allen sich daraus ergebenden Interaktionen unterstellt. Die Uberprufung der Behandlung auf einen signifikanten Einfluf erfolgte tiber einen F-Test gegen die Interaktion 'Behandlung x Paar'. Die nachfolgenden Tabellen enthalten die Mittelwerte der beiden Behandlungsgruppen in den einzelnen Versuchsperioden zusammen mit den Streuungen der Einzelwerte. Der statistische Vergleich der Mittelwerte der beiden Behandlungen wurde innerhalb der einzelnen Versuchsperioden nach einer von Gill (1986) beschriebenen Methode durchgefuhrt, in der das split plot design des vorliegenden Experiments und die wiederholten Messungen an gleichen Tieren berucksichtigt wurden. Weitere Angaben zu Material und Methoden dieser Untersuchung sind bei Schwab und Kirchgessner (l990a) beschrieben. 3. ERGEBNISSE Die Milchleistung der Tiere betrug tiber die gesamte Dauer des Experiments hinweg im Mittel 19,60 kg fur die bST-behandelten Tiere und 16,54 kg fur die Kontrollgruppe (Schwab und Kirchge13ner, 1990b). In Tabelle 1 sind die mittleren Gehalte der untersuchten Stoffwechselmetabolite im Blutplasma getrennt nach Versuchsperiode und Behandlung dargestellt. Es zeigte sich im Verlauf des Experiments kein gerichteter Einfluf der Versuchsperiode oder der bST-Behandlung auf die analysierten Merkmale. Die mittleren Gehalte je I Plasma betrugen 0,16 mmol nicht veresterte Fettsauren (NEFA), 2,69 mmol Glucose, 0,43 mmol 13-Hydroxybutyrat, 0,024 mmol Acetoacetat, 78,8 g Protein und 4,6 mmol Harnstoff. Die Konzentrationen an Insulin, Thyroxin (T 4) und Trijodthyronin (T 3 ) le I Blutplasma lagen unabhangig von der Versuchperiode und der bST-Behandlung bei durchschnittlich 0,81 ~g Insulin, 44,4 ng T 4 sowie 1,41 ng T 3 (Tabelle 2). 4. DISKUSSION DER ERGEBNISSE Laktierende Milchkuhe geraten bei einer Behandlung mit Wachstumshormon haufig in einen indirekten Energiemangel, da die Energieaufnahme tiber das Futter meist hinter dem erhohten Bedarf fur die zusatzliche Milchproduktion zuruckbleibt (Chilliard, 1989). Dabei kann das verbleibende Energiedefizit weitgehend nur durch Mobilisierung von Depotfett kompensiert werden (Kirchgessner et aI., 1990; Schwab et al., 1990b). In dieser Situation befanden sich auch die bST-behandelten Tiere der vorliegenden Untersuchung, da sie pair fed zur bedarfsgerecht gefutterten Kontrollgruppe gehalten wurden. Die Mobilisierung von Fettreserven zur Kompensation eines Energiemangels geht bei Milchkuhen, die nicht mit Wachstumshormon behandelt wurden, haufig

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Tabelle t (Table 1) Konzentrationcn von Stoffwcchsclrnctaboliten im Blutplasma bei langfristiger Vcrabrcichung von bST an lakticrcndc Milchkuhe [Plasma contents of metabolites of lactating dairy cows during long term administration of bSTJ

1

NEFA (mmolll) (Non esterified fatty acids) Glucose (rnmol/l)

Kontrolle bST Kontrolle bST

f3-HBA (mmol/I)

Kontrolle bST

Acetoacetat (mmolJl)

Kontrolle bST

Protein (gil)

Kontrolle bST

Hamstoff (mmol/l) (Urea)

Kontrolle bST

0,15 ±0,07 0,14 ±0,06 2,77 ±O,22 2,71 ±0,20 0,38 ±O,18 0,35 ±0,1O 0,015 ±0,008 0,019 ±O,OIl 77,6 ±5,3 80,7 ±2,8 4,6 ± 1,8 4,7 ± 1,5

Vcrsuchsperiode (Experimental period) 2 4 5 3 0,14 ±0,05 0,12 ±0,05 2,51 ±0,35 2,56 ±0,19 0,44 ±0,13 0,47 ±O,lO 0,026 ±0,01O 0,016 ±0,009 80,2 ±9,5 80,9 ±5,0 4,6 ±O,6 5,1 ± 1,1

0,13 ±0,03 0,15 ±0,04 2,59 ±O,25 2,65 ±0,32 0,49 ±O,20 0,55 ±O,II 0,021 ±0,004 0,020 ±0,006 79,3 ±4,6 76,4 ±8,9 5,0 ±0,9 5,2 ±O,9

0,20 ±0,03 0,20 ±0,02 2,65 ±O,16 2,65 ±0,20 0,63 ±O,16 0,58 ±O,19 0,031 ±0,OO6 0,031 ±0,006 77,9 ±4,4 79,1 ±5,6 4,4 ±0,7 4,5 ± 1,1

0,18 ±0,05 0,19 ±0,o3 2,74 ±0,17 2,75 ±0,22 0,38 ±O,14 0,38 ±0,07 0,020 ±0,014 0,029 ±0,019 78,8 ±3,7 80,5 ±6,4 3,4 ± 1,0 3,8 ±0,6

6 0,13 ±0,04 0,13 ±O,03 2,74 ±O,34 2,75 ±0,24 0,36 ±O,09 0,36 ±0,08 0,026 ±0,OO7 0,032 ±0,019 77,0 ±4,8 80,1 ±5,7 4,0 ± 1,4 4,3 ±O,9

mit einer erhohten Konzentration an nicht verestertem Fettsauren (NEFA) im Blutplasma einher (Kunz et al., 1985; Ronge et al., 1988; Windisch et al., 1991). Auch in einer Reihe von bST-Studien, in denen sich die behandelten Tiere in einer negativen Energiebilanz befanden, nahm der Plasma-NEFA-Gehalt zu (Peel et al., 1981, 1982, 1983; Bitman et al., 1984; Eppard et al., 1985; Pocius und Hcrbein, 1986; Soderholm et al., 1988; Lough et al., 1989). Andererscits wird von Experimenten berichtet, in denen die NEFA-Konzentration auch bei positiver Energiebilanz anstieg (Staples et al., 1988; Gallo und Block, 1990; Schneider et al., 1990) oder trotz Mobilisierung von Depotfett wie in der vorliegenden Untersuchung unverandert blieb (Sechen et al., 1989). Diese unterschiedlichen Befunde sind damit zu erklaren, daf die freien Fettsauren im Blutplasma bei bST-Applikation normalerweise nicht vermehrt oxidiert, sondem grofltenteils fur die erhohte Milchfettsynthese herangezogen werden (Bitman et al., 1984; Johnson und Hart, 1986; Bauman et al., 1988). Die Mobilisierung von Depotfett mull demnach nicht zwangslaufig einen Anstieg der Plasma-NEFAKonzentration hervorrufen, da uber die erhohte Milchfettproduktion ein entsprechender Verbrauch an freien Fettsauren vorIiegt. Der vielfach beobachtete Anstieg des NEFA-Gehalts im Blutplasma bST-behandelter Tiere erscheint demnach eher als Ausdruck eincr vermehrten Umsetzung von freien Fettsauren.

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Tnbelle 2 (Table 2) Konzentrationen an Hormonen in Blutplasma bei langfristiger Vcrabrcichung von bST an laktiercndc Milchkuhe [Plasma contents of hormones of lactating dairy cows during long term administration of bSTJ

J Insulin (umg/l)

Kontrollc bST

1'4

Kontrolle

(ng/I) bST

1'3

Kontrollc

(ng/l) bST

0,94 ±0,35 0,81 ±0,18 43,7 ±6,O 44,7 ±16,4 1,41 ±O,25 1,37 ±0,34

Versuchspcriode (Experimental period) 2 3 4 5

6

0,95 ±0,44 0.75 ±0,28 46,1 ±6,7 46,7 ± 11,8 1,35 ±0,23 1,39 ±0,29

0,80 ±0,31 0,76 ±0,19 43,3 ±7,0 42,7 ±1O,2 1,22 ±O,IO 1,28 ±0,15

1,13 ±0,47 0,83 ±0,20 44,6 ±7,7 44,1 ±12,O 1,38 ±0,18 1,47 ±0,24

0,64 ±0,21 0,74 ±0,23 43,8 ±6,1 44,0 ± 13,3 1,48 ±0,18 1,53 ±0,26

0.66 ±0,20 0,76 ±0,35 49,0 ±7,5 46,4 ±9,7 1,57 ±0,22 1,54 ±0,22

Erst bei starkem Energiedefizit durften erhohte NEFA-Gehalte als Energiernangelsymptome zu interpretieren sein, da dann die Oxidation freier Fettsauren zunimmt (Peel und Bauman, 1987). So ergaben Verlaufsuntersuchungen des Plasma-NEFA-Gehalts im vorliegenden Experiment nur zum Zeitpunkt der maximalen Leistungssteigerung d.h. des starksten Energiemangels einen Anstieg des Plasma-NEFA-Spiegels (Schams et al. 1991). Die Glucosekonzentration im Blutplasma bST-behandelter Tiere blieb in der vorliegenden Untersuchung unverandert. Auch in anderen bST-Experimenten zeigte sich kein gerichteter EinfluO des Wachstumshormons auf den Glucosespiegel (Peel et al., 1981, 1982; 1983; Eppard et al., 1985; Pocius und Herbein, 1986; Bauman et al., 1988; Soderholm et al., 1988; DeBoer und Kennelly, 1989; Zoa-Mboe et al., 1989; McGuffey et al., 1990). Diese Befunde sind insofern bemerkenswert, als entsprechend des unveranderten Laktosegehalts der Milch (Schwab und Kirchgessner, 1990b) der Glucosebedarf fur die Leistung proportional zur Steigerung der Milchproduktion wachst, und Milchkuhe, sofern sie nicht mit Wachstumshormon behandelt wurden, auf eine knappe Nahrstoffversorgung haufig mit einem Einbruch des Glucosegehalts im Plasma reagiercn (Kunz et al., 1985; Ronge et al., 1988). Bei bST-behandelten Ticren findet jedoch cine Verminderung der extramammaren Glucoseaufnahme statt, eine Einschrankung der Glucoseoxidation sowie eine Erhohung der Gluconeogenese, die zu einem nicht unerheblichen Teil aus dem bei der Mobilisierung von Depotfett freigesetzten Glycerin bestritten wird (Johnson und Hart, 1986; Bauman et al., 1988). Dem bST· induzierten Anstieg des Glucoseverbrauchs steht somit eine verstarkte Bereitstellung von Glucose gegenuber, so daG der Glucosegehalt im Blutplasma ungeachtet des erhohten Glucoseumsatzes unverandert und teilwcisc sogar auch erhoht scin kann (Gallo und Block, 1990). In der meist knappen Energieversorgung bST-behandelter Tiere, der umfangreichen Mobilisierung von Depotfett und dem erhohten Glucosebedarf fur die

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zusatzliche Milchproduktion wird auch ein erhohtes Kctoserisiko gesehen (vgI. Kronfcld, 1965; Kronfeld, 1982). Tatsachlich lassen sich unter diesen Stoffwechselsituationen bei Milchkuhen, denen kein Wachstumshormon verabreicht wurde, haufig erhohte Gehalte an B-Hydroxybutyrat und Acetoacetat im Blutplasma beobachten (De Boer et aI., 1985; Kunz et aI., 1985). Der bST-induzierte Anstieg der Glucosebereitstellung und der verstarkte AbfluB von freien Fettsauren aus dem Blutplasma in Richtung Milchfett schein en die Bildung von Ketonkorpern jedoch eher zu verhindern. So hatte die bST-Applikation in der vorliegenden Untersuchung keinen Einfluf auf die Gehalte an B-Hydroxybutyrat und Acetoacetat. Auch in einer Reihe anderer bST-Experimente ergab sich kein Hinweis auf ein erhohtes Ketoserisiko behandelter Ticre (Pocius und Herbein, 1986; Eisenbcisz et aI., 1990; Burton et aI., 1990; Gallo und Block, 1990; Schneider et aI., 1990). Nicdrige Insulingehalte im Blutplasma sind normalerweise kennzeichnend fur eine katabole Stoffwechsellage (Kunz ct aI., 1985; Windisch et aI., 1991). Bei Verabreichung von Wachstumshormon scheint dagegen der Insulinspicgel trotz Mobilisierung von Depotfett nicht zu sinken (Peel et aI., 1981, 1982, 1983; Eppard et aI., 1985; Pocius und Hcrbein, 1986; Lough et al., 1988; Soderholm et aI., 1988; DeBoer und Kennelly, 1989; Zoa-Mboe et aI., 1989; Annexstad et al., 1990; Gallo und Block, 1990; Schneider et al., 1990; vorliegende Untersuchung). Dies gilt auch zum Zeitpunkt der maximalcn Leistungssteigerung bST-behandeltcr Tiere (Schams et aI., 1991). Der Anstieg der Milchproduktion nach Verabreichung von Wachstumshormon setzt sogar einen ausreichend hohen Insulinspiegel voraus. Andernfalls wurde die Bindungskapazitat der hepatischen Rezeptoren fur das Wachtumshormon absinken, was eine verringerte Produktion des fur die Leistungssteigerung letztendlich verantwortlichen IGFI zur Folge hatte (Spencer, 1985; Blum, 1990). Ahnliche Verhaltnisse wie beim Insulin scheinen auch bei den Gehalten der Schilddrusenhorrnone Thyroxin (T 4 ) und Trijodthyronin (T 3 ) im Blutplasma vorzuliegen. Wahrend bei knapper Nahrstoffversorgung insbesondere ein niedriger TTSpiegel im Blutplasma zu beobachten ist (Kunz et aI., 1985; Ronge et aI., 1988), bleiben die Gehalte an Schilddrusenhorrnonen nach der Verabreichung von Wachstumshormon offenbar unverandert (Peel et aI., 1981, 1982, 1983; Bitman et aI., 1984; Pocius und Herbein, 1986; Zoa-Mboe et aI., 1989; Annexstad et aI., 1990; vorliegende Untersuchung). Demzufolge schaltet der Organismus bST-behandelter Tiere trotz knappcr Nahrstoffversorgung nicht auf diesen sonst haufig beobachtbaren Sparmechanismus urn. In diesem Zusammenhang durften auch die unveranderten Gehalte an Protein im Blutplasma zu sehen sein (vgI. Gallo und Block, 1990; vorliegende Untersuchung) Die Harnstoffkonzentration im Blut hangt beim Wiederkauer maBgeblich vom Protein: Energie-Verhaltnis des Futters ab (Kreuzer et aI., 1986). Die Verwendung des Harnstoffspiegels als Indikator fur bST-bedingte Anderungen des Proteinstoffwechsels setzt somit eine gegenuber der Kontrolle unveranderte Rationszusammensetzung voraus, was in der vorliegenden Untersuchung entsprechend der pair fed Haltung der Versuchstierc dcr Fall war. Unter dieser

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Bedingung zeigte sich, wie auch in anderen verleichbaren bST-Experimenten, kein Effekt des verabreichten Wachstumshormons auf die Hamstoffgehalte im Blutplasma (vgl. Soderholm et aI., 1988; Staples et aI., 1988; McGuffey et aI., 1990). Der mit der Konzentration im BIut eng korrelierte Hamstoffgehalt der Milch schien dagegen geringfugig reduziert zu sein (Schwab und Kirchgessner, 1990b), was mit einer zugunsten der erhohten Milcheiweiflsynthese reduzierten Desaminierung von Aminosauren zu erklaren ist (Schwab et aI., 1990a). Der Hamstoffgehalt im BIutplasma ist aber offensichtlich nicht sensitiv genug, urn derartige Anderungen im Proteinstoffwechsel bST-behandelter Tiere aufzuzeigen. Die Gehalte von Stoffwechselmetaboliten und Hormonen im BIutplasma bST-behandelter Tiere weisen demnach keine markanten Anderungen auf, obwohl die Verschiebungen im Energie- und Proteinumsatz entsprechend der Befunde bei unbehandeiten Milchkuhen deutliche Reaktionen hatten erwarten lassen (vgl. Kunz et aI., 1985; Ronge et aI., 1988; Kreuzer et aI., 1991; Windisch et aI., 1991). Dies ist hauptsachlich damit zu erklaren, daf die Verabreichung von Wachstumshormon an laktierende Milchkuhe neben katabolen Stoffwechselreaktionen gleichzeitig auch anabole Vorgange auslost (Karg, 1989). Dabei werden die Sparmechanismen des Organismus, wie sie ohne bST-Applikation bei knapper Nahrstoffzufuhr zu beobachten sind, offenbar unterdruckt, Die Gefahr einer Entgleisung der katabolen und anabolen Wirkungsschiene des applizierten Wachstumshormons scheint bei den bisher eingesetzten bST-Praparaten und deren Verabreichungsmengen allerdings nicht zu bestehen. Dennoch sollte unter praktischen Verhaltnissen auf eine der erhohten Milchleistung angepallte Nahrstoffversorgung geachtet werden, da sonst betrachtliche Lebendmasseverluste behandelter Tiere zu erwarten sind (Schwab et aI., 1990b).

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[Concentrations of metabolites and hormones in the blood plasma of lactating dairy cows during treatment with recombinant bovine somatotropin (BST)].

Sixteen lactating dairy cows were submitted to six injections in a four-week interval of either 640 mg prolonged release bST or of 640 mg saline (cont...
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