Leitthema Hautarzt 2016 · 67:359–364 DOI 10.1007/s00105-016-3773-7 Online publiziert: 24. Februar 2016 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

C. Pföhler · T. Vogt · C. S. L. Müller Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar, Deutschland

Kontaktallergische Gastritis Seltene Manifestation einer Metallallergie In der Literatur sind nur wenige Fälle einer kontaktallergischen Gastritis bei Menschen beschrieben. Tierexperimentell haben sich nur wenige Arbeitsgruppen mit der Thematik beschäftigt. In den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts gelang es den Forschergruppen um Bicks [1], Rosenberg [17] und Macher [8], in Magen- und Kolonschleimhaut von Meerschweinchen eine allergische Reaktion vom Spättyp zu induzieren. Durch intrakutane oder epikutane Applikation von u. a. 2,4-Dinitrochlorbenzol wurde eine Sensibilisierung induziert und anschließend eine orale Challenge durchgeführt. Nakajima [13, 14] gelang es, durch das gleiche Procedere bei Meerschweinchen eine allergische Gastritis durch die Gabe von Natriumbichromat, Dinitrofluorbenzol oder Pikrylchlorid hervorzurufen. Die wenigen publizierten Fallberichte von Menschen mit allergischer Gastritis betreffen fast ausschließlich Kinder, die Münzen verschluckt hatten. Im Jahr 1996 wurde der Fall eines 8 Jahre alten Mädchens aus Kanada veröffentlicht, das versehentlich eine nickelhaltige 25-Cent-Münze verschluckt hatte [9]. In der Vergangenheit hatte das Mädchen nach Tragen nickelhaltiger Ohrringe und einer Brille ein Kontaktekzem an den Auflagestellen entwickelt. Nach Verschlucken der Münze entwickelte sich innerhalb von 24 h ein generalisiertes Exanthem, beginnend an den ehemaligen Ekzemarealen. Die verschluckte Münze wurde mittels Gastroduodenoskopie entfernt. Biopsien, die im Rahmen der Prozedur entnommen wurden, zeigten histologisch eine Gastritis und Duodenitis mit einem Infiltrat aus Eosinophilen, Lymphozyten und Plasmazellen. Eine gastrointestinale Beschwerdesymptomatik hatte nicht

bestanden. Nach Entfernen der Münze bildete sich das juckende Exanthem binnen weniger Stunden spontan zurück. Ein anderer Fallbericht aus dem Jahr 2011 betraf einen 2 Jahre alten kanadischen Jungen, der mit einer stark juckenden Erythrodermie und Fieber in der Notaufnahme vorstellig wurde [10]. Eine Röntgenuntersuchung des Abdomens zeigte Münzen im Magen. Im Rahmen einer daraufhin durchgeführten Gastroskopie konnten ein kanadischer Quarter (nickelhaltige 25-CentMünze) und ein sog. Nickel (5-CentStück) geborgen und entfernt werden. Unter kurzzeitiger systemischer Kortikosteroidgabe kam es rasch zu einer vollständigen Rückbildung der Hautveränderungen und des Juckreizes. Weitere Berichte dokumentieren eine generalisierte Nickeldermatitis in Kombination mit einer Gastritis bei Kindern, die ebenfalls Münzen verschluckt hatten [4, 7, 9]. Fälle einer generalisierten Nickeldermatitis in Kombination mit gastrointestinalen Beschwerden bei Kindern können also auf verschluckte Münzen hinweisen!

Fallbericht Eine 46 Jahre alte Patientin stellte sich mit seit 10 Wochen bestehenden juckenden und schmerzenden Mundschleimhautund Zahnfleischveränderungen vor. Diese hattensichnachImplantationeinerzirkoniumoxidhaltigen Brücke 12 Wochen zuvor in den rechten Unterkiefer entwickelt und betrafen auch das Zahnfleisch in direkter Nachbarschaft zu keramikverblendeten Kronen im Oberkiefer, die aus einer goldhaltigen Legierung bestanden (. Abb. 1). Seit Einbringen des Zahnersatzes litt die Patientin zudem unter ei-

ner verstopften Nase und gastrointestinalen Beschwerden (kolikartige Schmerzen, Druckgefühl und Schmerzen im Epigastrium und Diarrhö). Sie berichtete zudem, dass sie vor Jahren langzeitig unter einer Gastritis gelitten habe, die nach Entfernung amalgamhaltiger Füllungen spontan rückläufig gewesen sei. Die Patientin berichtete über eine Unverträglichkeit von Modeschmuck als Jugendliche. Der Genuss von kakaohaltigen Lebensmitteln, Nüssen und Dosenkonserven bereite ihr Übelkeit und Magenschmerzen, weswegen sie diese Lebensmittel meide. Die atopische Eigen- und Familienanamnese im Hinblick auf das Vorliegen von Ekzemen, Heuschnupfen oder Asthma war vollständig unauffällig.

Untersuchungen Blutuntersuchungen einschließlich Blutbild mit Differenzialblutbild, C-reaktivem Protein, der Bestimmung antinukleärer Antikörper und von Antikörpern gegenüber BP 180 und Desmoglein 1 und 3 zum Ausschluss blasenbildender Dermatosen waren vollständig unauffällig. Das Gesamt-IgE war mit 24 U/ml normwertig. Spezifische IgE-Antikörper gegenüber Latexproteinen waren unauffällig. Eine Gastroskopie sowie in deren Rahmen entnommene Probebiopsien zeigten eine nichterosive, Helicobacter-pylori-negative eosinophile Gastritis (. Abb. 2). Stuhluntersuchungen konnten das Vorliegen einer intestinalen Kandidose, einer parasitären Infektion oder einer Besiedelung des Darmtraktes durch pathogene Keime ausschließen. Wir führten eine umfangreiche allergologische Abklärung durch. Es erfolgte eine Epikutantestung mit der Der Hautarzt 5 · 2016

359

Leitthema

Abb. 1 9 Lichenoide Zahnfleischveränderungen im Bereich von keramikverblendeten Kronen aus einer Goldlegierung im a linken und b rechten Oberkiefer. c Schwere, leicht blutende Entzündung im Bereich der Schleimhaut des Unterkiefers nach Entfernung der zirkoniumhaltigen Brücke. (Mit freundl. Genehmigung BMJ Publishing Group [22])

Standardreihe und der ZahntechnikerHauptreihe der Deutschen Kontaktallergiegruppe und mit Dentalmetallen (Testsubstanzen von Almirall Hermal, Reinbek, Deutschland, und Chemotechnique Diagnostics, Vellinge, Schweden). Die Allergene wurdenaufFinnChambers on Scanpor (Epitest Tuusula, Finnland) aufgebracht und am oberen Rücken mit Fixomull Stretch Tape (BSN Medical, Hamburg) fixiert. Die Entfernung der Testpflaster erfolgte nach 24 h. Die sonst übliche 48-stündige Applikation wurde vermieden, um irritative Reaktionen zu vermeiden. Ablesungen erfolgen nach 24, 48 und 72 Stunden nach den Vorgaben der Deutschen Kontaktallergiegruppe, zudem Spätablesungen nach 7 und 14 Tagen. In der Epikutantestung zeigten sich positive Reaktionen gegenüber Natriumthiosulfatoaurat, Palladiumchlorid, Vanadium(III)-chlorid, Mangan(II)-chlorid, Zirkonium(IV)chlorid, Nickel(II)-sulfat (. Tab. 1) sowie gegenüber Duftstoffmix, Duftstoffmix II und dem darin enthaltenen 4-(4-Hydroxy-4-methylpentyl)-3-cyclohexen-1carboxaldehyd (Lyral ). Eine Pricktestung mit den wichtigsten Inhalations- und Nahrungsmittelallergenen(Bencard, München)sowie Latex war unauffällig (. Tab. 2). Eine Prick-zuPrick-Testung mit frischen Lebensmitteln (Schokolade, Apfel, Mandarine, Karotte, Sellerie, Schweine-und Rindfleisch, Backpulver, Dinkelmehl, Hefe und Tomate) war ebenfalls unauffällig.

Abb. 2 8 GastritismitaNachweisCD138-positiverPlasmazellenundbeinerteilslymphozytärenFärbungmitAnti-CD43-Antikörper, c teils eosinophilem Infiltrat in Giemsa-Färbung. (Mit freundl. Genehmigung BMJ Publishing Group [22])

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Der Hautarzt 5 · 2016

®

Zusammenfassung · Abstract

Behandlung Die Typ-IV-Sensibilisierungen gegenüber Natriumthiosulfatoaurat, Palladiumchlorid und Zirkoniumchlorid waren klinisch bedeutsam, da sowohl Gold als auch Palladium und Zirkonium in den Legierungsmetallen der Kronen und der Brücke enthalten waren. In der Folge wurden Kronen und Brücke entfernt und durch einen titanhaltigen Zahnersatz ersetzt, der mit Keramik verblendet war. Nur wenige Tage nach Austausch des Materials kam es ohne weitere Therapie zu einem vollständigen Verschwinden der Zahnfleischveränderungen und der gastrointestinalen Beschwerden. Die Patientin ist nun seit über 3 Jahren dauerhaft beschwerdefrei. Bei klinisch relevanten Allergien vom Spättyp gegenüber Legierungsmetallen muss deshalb gemeinsam mit dem Zahnarzt ein geeigneter Zahnersatz gefunden werden

Diskussion Unsere Patientin entwickelte wenige Tage nach Implantation von Kronen und einer Brücke in Ober- und Unterkiefer juckende Veränderungen am angrenzenden Zahnfleisch sowie gastrointestinale Beschwerden und Magenschmerzen. Klinisch lagen lichenoide Zahnfleischveränderungen vor, eine Gastroskopie hatte eine eosinophile Gastritis gezeigt. Aufgrund der Ergebnisse der Epikutantestung wurden in Zusammenschau mit der Klinik die Diagnosen einer kontaktallergischen Stomatitis und Gastritis gestellt, und es erfolgte nach interdisziplinärer Bewertung gemeinsam mit dem behandelnden Zahnarzt ein Austausch des Zahnersatzes unter Meidung der positiv getesteten Allergenen. Hierdurch kam es ohne weitere Therapie zu einem vollständigen und dauerhaften Verschwinden der Zahnfleischveränderungen und der gastrointestinalen Beschwerden. Eine kontaktallergische Stomatitis äußert sich oft in lichenoiden Läsionen [19]. Derartige Veränderungen fanden sich bei der hier vorgestellten Patientin am Zahnfleisch, direkt angrenzend an Kronen im Oberkiefer.

Hautarzt 2016 · 67:359–364 DOI 10.1007/s00105-016-3773-7 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 C. Pföhler · T. Vogt · C. S. L. Müller

Kontaktallergische Gastritis. Seltene Manifestation einer Metallallergie Zusammenfassung In der Literatur sind nur wenige Fälle einer kontaktallergischen Gastritis bei Patienten mit Nickelallergie beschrieben. Wir berichten über eine 46 Jahre alte Patientin mit kontaktallergischer Gastritis. Im Rahmen der klinischen Untersuchung fanden sich lichenoide Zahnfleischveränderungen im Bereich von erst vor wenigen Wochen eingebrachten Zahnkronen und einer Brücke. Seit Einsetzen des Zahnersatzes litt die Patientin auch unter gastrointestinalen Beschwerden, v. a. Magenschmerzen. Eine Gastroskopie mit Biopsieentnahme hatte eine eosinophile Gastritis gezeigt. Eine Epikutantestung, die aufgrund der Verdachtsdiagnose einer kontaktallergischen Stomatitis erfolgt war, zeigte Sensibilisierungen gegenüber Natriumthiosulfatoaurat, Palladiumchlorid,

Vanadium(III)-chlorid, Mangan(II)-chlorid, Zirkonium(IV)-chlorid, Nickel(II)-sulfat sowie gegenüber Duftstoffmix, Duftstoffmix II und dem darin enthaltenen 4-(4-Hydroxy-4-methylpentyl)-3-cyclohexen-1-carboxaldehyd. Da der Zahnersatz Gold, Palladium und Zirkoniumoxid enthielt, erfolgte ein Austausch gegen titanbasierte Kronen und -brücken. Kurz nach Austausch des Zahnersatzes kam es ohne weitere Behandlung zu einem kompletten Verschwinden aller Symptome und Beschwerden. Eine Allergie vom Spättyp auf Allergene in Zahnkronen und -brücken ist als Ursache der Beschwerden anzunehmen. Schlüsselwörter Nickel · Palladium · Gold · Stomatitis · Zahnersatz

Contact allergic gastritis. Rare manifestation of a metal allergy Abstract Only a few cases of contact allergic gastritis in patients with nickel allergy have been reported in the literature. We report a case of probable contact-allergic gastritis in a 46-year-old woman. Clinical examination revealed lichenoid mucosal lesions of the gums adjacent to a bridge and crowns that had been implanted several weeks previously. Since implantation, the patient suffered from gastrointestinal complaints including stomach pain. Gastroscopy and histological investigation of stomach biopsies showed eosinophilic gastritis. Patch testing done under the diagnosis of contact allergic stomatitis showed positive reactions to gold sodium thiosulphate, manganese

Relevante Allergene sind z. B. in Legierungen enthaltene Metallsalze wie Quecksilberverbindungen, Gold, Palladiumchlorid und Kupfersulfat [19]. Weitere häufige Auslöser einer kontaktallergischen Stomatitis oder Cheilitis sind Kolophonium, Acrylate und Aromastoffe wie Zimtaldehyd, Perubalsam oder Propolis [19]. Kürzlich konnte im Rahmen einer multizentrischen Untersuchung gezeigt werden, dass eine Monosensibilisierung gegen-

(II) chloride, nickel (II) sulphate, palladium chloride, vanadium (III) chloride, zirconium (IV) chloride, and fragrances. The crowns and the bridge contained gold, palladium, and zirconium, hence they were replaced by titan-based dentition. Shortly after replacing the artificial dentition, all gastrointestinal symptoms resolved spontaneously without further treatment. Delayed-type allergy to components in the artificial dentition seem to have caused the gastritis. Keywords Nickel · Palladium · Gold · Stomatitis · Dentures

über Palladium im Vergleich zu einer Monosensibilisierung gegenüber Nickel nicht geschlechtsgebunden auftritt und assoziiert ist mit dem Vorhandensein von Zahnkronen und lichenoiden Läsionen der Mundschleimhaut, einer Xerostomie und einem metallischen Geschmack des Speichels [12]. Häufig kommen Sensibilisierungen gegenüber Nickel und Palladium gemeinsam vor. Im von Muris et al. [12] untersuchten europäischen Kollektiv Der Hautarzt 5 · 2016

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Leitthema Tab. 1

Ergebnisse der Epikutantestung mit Metallen/Metallsalzen Substanz Konzentration in %/ Vehikel

24 h

48 h

72 h

7 Tage

14 Tage

1

Amalgam (non-Gamma 2)

5,0 VAS











2

Kaliumdicyanoaurat

0,002 Aqua











3

Palladiumchlorid

0,5 VAS











4

Phenylmercuriacetat

0,05 VAS











5

Zinn(II)-chlorid

0,5 VAS











6

Silbernitrat

1,0 Aqua











7

Amalgamlegierungsmetalle

20,0 VAS











8

Zinkchlorid

1,0 Aqua











9

Thiomersal

0,1











10

Ammoniumtetrachloroplatinat

0,25











11

Quecksilber(II)-amidchlorid

1,0 VAS











12

Quecksilberchlorid

0,1 VAS











13

Natriumthiosulfatoaurat

0,25 VAS











14

Amalgam (mit Zink)

5,0 VAS











15

Natriumthiosulfatoaurat

0,25 %VAS







+

+

16

Palladiumchlorid

1,0 VAS





+

+

+

17

Kupfer(II)-sulfat

1,0 Aqua











18

Ammoniumtetrachloroplatinat

0,25 VAS











19

Nickel(II)-sulfat

5,0 VAS



+

+

+

+

20

Aluminium

100,0 Aqua











21

Iridium

1,0 VAS











22

Indium

1,0 VAS











23

Titan IV-oxid

0,1 VAS











24

Molybdän

5,0 VAS











25

Vanadium(III)-chlorid

1,0 VAS



++

++

++

++

26

Mangan(II)-chlorid

2,0 VAS



+

+

+

+

27

Zirkonium(IV)-chlorid

1,0 VAS



+

+

+

+

28

Wolfram

5,0 VAS











29

Galliumoxid

1,0 VAS











30

Eisensulfat

5,0 VAS











31

Silber, kolloidal

0,1 VAS











Vehikel für die Testsubstanzen: VAS Vaseline oder Aqua Aqua ad iniectabilia. Testsubstanzen 1–19 von Almirall Hermal, Reinbek, Deutschland; Testsubstanzen 20–31 von Chemotechnique Diagnostics, Vellinge, Schweden

fand sich eine Sensibilisierung gegenüber Palladium in 24,3 % und gegenüber Nickel in 25,2 % der Fälle. Die Verwendung von Nickel in medizinischem Zahnersatz wird kontrovers diskutiert. Vorteile sind niedrige Kosten und eine gute physikalische Belastbarkeit, ein Nachteil ist die Korrosionsfreudigkeit des Materials [20]. In seltenen Fällen kann eine Allergie vom Spättyp gegenüber einer nickelhaltigen Legierung im Zahnersatz zu einer systemischen Kontaktdermatitis führen [15]. Die systemische Kontaktdermatitis ist definiert als eine kutane Reaktion,

362

Der Hautarzt 5 · 2016

die durch systemische Aufnahme eines Allergens hervorgerufen wird, gegen die das sensibilisierte Individuum im Vorfeld eine kontaktallergische Reaktion gezeigt hatte [5, 6]. Die häufigste klinische Präsentationsform ist das Baboon-Syndrom oder SDRIFE („symmetric drugrelated intertriginous and flexural exanthema“) [6]. Der Pathomechanismus ist noch nicht vollständig verstanden, es wird jedoch eine T-Zell-vermittelte Spättypreaktion angenommen [6]. Häufige Auslöser sind potente Allergene wie Nickel, Perubalsam, Aminoglykosidan-

tibiotika, Urushiol aus Giftsumach und Sesquiterpene aus Korbblütengewächsen [5, 6]. Unsere Patientin hatte jedoch zu keinem Zeitpunkt generalisierte Hautveränderungen oder Juckreiz fernab des Zahnfleisches gezeigt. Neben der lokalen Beschwerdesymptomatik im Bereich des betroffenen Zahnfleisches machten der Patienten insbesondere Magenschmerzen, Koliken und Diarrhö zu schaffen. Derartige Symptome können Ausdruck eines systemischen Nickelallergiesyndroms (SNAS) sein [16]. SNAS kann

Tab. 2 Ergebnisse der Pricktestung. Die Ablesung erfolgte nach 20 min Allergen Testergebnis 1

Gräserpollen



2

Baumpollen



3

Kräuterpollen



4

Alternaria alternata/ tenuis



5

Cladosporium cladosporioides



6

Federn (Huhn/Ente)



7

Dermatophagoides pteronyssinus



8

Dermatophagoides farinae



9

Ragweed/Traubenkraut



10 Katze



11 Getreidemischung



12 Ei-/Milchmischung



13 Gemüsemischung



14 Apfelsine



15 Traube



16 Fischmischung



17 Schalentiermischung



18 Nüsse, gemischt



19 Histamin 0,1 %

++

20 Negativkontrolle



21 Latexlösung 1,0 % in Aqua



22 Latexlösung 10,0 % in Aqua



Substanzen 1–10 von Bencard, München. Testlösungen 21 und 22 als individuelle Testlösung hergestellt aus Latexextrakt in Aqua ad iniectabilia

durch Konsum stark nickelhaltiger Nahrungsmittel ausgelöst und unterhalten werden [16]. Durch eine nickelarme Diät kann oft eine Besserung der Beschwerden erreicht werden. Bei der

hier vorgestellten Patientin war es in der Vergangenheit nach Genuss nickelhaltiger Nahrungsmittel wie Kakao, Nüssen und Dosenkonserven zu Übelkeit und Magenschmerzen gekommen. Das Vorliegen eines SNAS ist somit wahrscheinlich.

ist gekennzeichnet »durchDasdasSNASgleichzeitige Vorliegen von Haut- und extrakutanen Symptomen Bereits 1995 konnte die Arbeitsgruppe um Di Gioacchino [3] zeigen, dass Patienten, die unter einer Kontaktallergie gegenüber Nickel an der Haut litten und nach Genuss nickelhaltiger Nahrungsmittel Beschwerden bekamen, ein besonderes Entzündungsmuster in der Magenschleimhaut aufwiesen. Biopsien, die im Rahmen von Gastroskopien entnommen worden waren, zeigten ein Infiltrat aus Lymphozyten und Plasmazellen, einhergehend mit einem Ödem und einer Vasodilatation in der Lamina propria. Ähnliche Veränderungen fanden sich auch in Magenschleimhautbiopsien unserer Patienten. Begleitend beobachteten Di Gioacchino et al. eine Abflachung der Villi und eine Elongation der Krypten. Die immunhistochemische Untersuchung des Infiltrats zeigte, dass es sich bei den Lymphozyten v. a. um CD20-positive B-Zellen und CD4-positive Helferzellen handelte. Manche der letztgenannten waren CD45RO-positive Memoryzellen, die in Clustern angeordnet waren. Es fanden sich nur wenige CD8-positive T-Zellen. Cluster von CD45RO-positiven Zellen werden auch in Ekzemherden von Pati-

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enten mit einer Nickelkontaktdermatitis gefunden. Auf Nickel reagierende T-Zellen des peripheren Blutes sind ebenfalls CD4+CLA+CD45RO+ und exprimieren die Chemokinrezeptoren CXCR3, CCR4 und CCR10 [11]. Es muss jedoch bedacht werden, dass das Vorhandensein von Eosinophilen und Plasmazellen in einer Schleimhautbiopsie nicht beweisend für die allergische Pathogenese einer Entzündung ist. Eosinophile Leukozyten finden sich immer in gewisser Anzahl in normaler Schleimhaut des Verdauungstraktes. Plasmazellen werden regelhaft in der Mundschleimhaut gefunden [21]. Eosinophile finden sich im Magen-DarmTrakt, aber auch bei einer Vielzahl anderer Erkrankungen wie der eosinophilen Ösophagitis und Gastroenteritis, bei Refluxkrankheit, Infektionen durch Parasiten oder Helicobacter pylori, entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, im Rahmen myeloproliferativer Erkrankungen und von Systemvaskulitiden sowie nach Bestrahlung oder langzeitiger Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika [18]. Die eosinophile Ösophagitis ist hierbei die häufigste Erkrankung des Gastrointestinaltrakts, die mit einer eosinophilenreichen Schleimhautentzündung einhergeht [2]. Betroffene Individuen sind in der Regel Atopiker. Den Beschwerden und der Entzündung liegt eine Th2-getriggerte Immunantwort zugrunde, Nahrungsmittelallergene können das Geschehen auslösen und unterhalten [2]. Unsere Patientin war aber weder Atopikerin, noch litt sie unter einer Erkrankung, die mit einer eosinophilen Stomatitis oder Gastritis einhergehen kann. Eine Gastritis

Leitthema durch Helicobacter pylori konnte durch immunhistologische Untersuchung der Magenschleimhautbiopsie ausgeschlossen werden. Stuhluntersuchungen hatten infektiöse Ursachen ausgeschlossen. Zusammenfassend muss von einer allergischen Pathogenese der gastrointestinalen Beschwerden und der Stomatitis und Gastritis ausgegangen werden. Es ist wahrscheinlich, dass Metallsalze/-ionen durch Speichelbestandteile und säurehaltige Nahrungsmittels aus den Legierungen im Zahnersatz freigesetzt wurden und somit in Magen und Darm gelangt sind, wo sie entsprechende Entzündungsreaktionen ausgelöst haben. Dieser Pathomechanismus konnte in der Vergangenheit bei Patienten, die unter einer kontaktallergischen Stomatitis litten, gezeigt werden [19]. Bei den betroffenen Personen kam es zu einer Freisetzung der Metalle aus Zahnbrücken und -kronen sowie Zahnspangen [19]. Bei Vorliegen einer ungewöhnlichen gastrointestinalen Beschwerdesymptomatik sollte daher insbesondere bei zeitlichem Auftreten nach Implantation eines metallhaltigen Zahnersatzes an das Vorliegen einer allergischen Reaktion vom Spättyp gedacht werden.

Fazit für die Praxis 4 Die kontaktallergische Stomatitis

4

4

4

4

364

ist ein seltenes Krankheitsbild, in dessen Rahmen es durch eine Allergie vom Spättyp zu meist lichenoiden Schleimhautläsionen kommt. Häufige Auslöser einer kontaktallergischen Stomatitis sind Metalle in Legierungen von Zahnkronen und -brücken. Speichel und Säuren in Nahrungsmitteln können Metallsalze aus Zahnlegierungen freisetzen. Diese gelangen so in den Magen-DarmTrakt und können bei entsprechender Sensibilisierung allergische Schleimhautreaktionen auslösen. Grundsätzlich ist es möglich, dass Patienten mit einer allergischen Stomatitis vom Spättyp auch eine allergische Gastritis durch Verschlucken der Allergene entwickeln können. Eine Epikutantestung zur Abklärung sollte die Standardreihe sowie re-

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levante Dental-/Legierungsmetalle enthalten.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. C. Pföhler Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum des Saarlandes 66421 Homburg/Saar, Deutschland [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. C. Pföhler, T. Vogt und C.S.L. Müller geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. AllePatienten, dieüberBildmaterialoderanderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben. Im Falle von nicht mündigen Patienten liegt die Einwilligung eines Erziehungsberechtigten oder des gesetzlich bestellten Betreuers vor.

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[Contact allergic gastritis : Rare manifestation of a metal allergy].

Only a few cases of contact allergic gastritis in patients with nickel allergy have been reported in the literature. We report a case of probable cont...
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