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Beratungsintervention hilft kaum bei Adipositas Beratung bei Adipositas kann zu einem klinisch relevanten Gewichtsverlust führen – aber der Effekt ist nicht beeindruckend. Prävention ist allemal besser.



US-Forscher werteten systematisch alle randomisierten, kontrollierten Studien zwischen 1980 und 2014 aus, für die übergewichtige oder adipöse Patienten aus Allgemeinarztpraxen eine Beratungsintervention zu Ernährung, Sport und Verhaltensproblemen über mindestens drei Monate erhielten. Zwölf Studien mit insgesamt 3.893 Teilnehmern erfüllten die Kriterien: Nachbeobachtungszeit von mindestens sechs Monaten nach der Randomisierung, Gruppen von mindestens 15 Patienten pro Behandlung, objektive Gewichtsmessung, Vergleichsgruppen, Intention-to-treat-Analyse, Abbrecherquote < 30%. Der mittlere Ausgangswert des BodyMass-Index (BMI) lag zwischen 32 und 39 kg/m2. In den Vergleichsgruppen la-

gen die Mittelwerte der Gewichtsveränderung binnen sechs Monaten zwischen +0,9 und –2,0 kg, in den Interventionsgruppen zwischen –0,3 und –6,6 kg. Interventionen, die gezielte Vorgaben zur Ernährung und zur körperlichen Aktivität machten und diese in ein Programm zum Verhaltensmanagement einbauten, waren im Mittel deutlich erfolgreicher als Programme, die sich auf motivationale Faktoren beschränkten. ■ Wadden TA, Butryn ML, Hong PS et al. Behavioral treatment of obesity in patients encountered in primary care settings. A Systematic Review. JAMA. 2014;312:1779–91

Kommentar Trotz der positiven Schlussfolgerung sind die Ergebnisse ernüchternd. Zum einen zeigt sich, wie wenige hochwertige Studien in die-

sem Bereich vorliegen. Zum anderen ließen sich auch mit sehr gutem Studiendesign und gut geschulten Interventionsteams nur geringe Effekte erzielen. Dabei wurden harte Endpunkte wie kardiovaskuläre Morbidität oder Mortalität gar nicht erfasst. Zur Erinnerung: Die Look-AHEAD-Studie mit 5.145 adipösen Typ-2-Diabetikern und einem sehr intensiven Interventionsprogramm wurde 2013 bei einem mittleren Follow-up von 9,6 Jahren abgebrochen, weil sich die kardiovaskulären Ereignissen nicht reduzieren ließen. Besser ist es, wenn bei Patienten, die noch nicht an Diabetes leiden, Sport und Ernährungsinterventionen eingesetzt werden. Ein interessantes Detail: Beratung, die sich auf Veränderungsmotivation beschränkt und keine konkreten Verhaltensvorgaben macht, ist kaum wirksam. Die Behandlung von Übergewicht und Adipositas bleibt ein Feld, in dem neue kreative Ideen gefragt sind. Prof. Dr. med. U. Schweiger ■

Segmentale Neurofibromatose

Ein Knotenband an der Körperflanke Ein vierjähriges Mädchen wurde wegen Hautknoten in der Kinderklinik vorgestellt, die seit der Geburt bestanden. Sein Entwicklungsstand war normal, es litt nicht unter Krampfanfällen, und in der Familie waren keine derartigen Hautveränderungen vorgekommen. Bei der Untersuchung zeigten sich zahlreiche dicht stehende, weiche, nicht druckschmerzhafte Knoten mit einem Durchmesser zwischen 2 und 12 mm, die sich von der linken Abdominalhälfte bis in die Rückenregion erstreckten. Sonstige Auffälligkeiten

gab es nicht, insbesondere keine axillären Epheliden, Café-au-laitFlecken oder Lisch-Knoten. Die Biopsie eines der Knoten ergab einen Befund typisch für ein Neurofibrom. Die Verteilung der Hautveränderungen ließ die Diagnose einer segmentalen Neurofibromatose zu, bei der die Neurofibrome und/oder Café-au-lait-Flecken nur auf ein Nervensegment beschränkt sind. Die Erkrankung ist auf eine postzygotische Mutation im NF1-Gen zurückzuführen, wodurch ein somatischer Mosaizismus entsteht.

© New Engl J Med. 2015;372:963

Da es keine Komplikationen gab, strebte man auch keine spezifische Therapie an. Die Eltern wurden genetisch beraten, und das Mädchen wurde zu jährlichen Kontrollen einbestellt, um das Neurofibrom-Wachstum zu kontrollieren und Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Prof. Dr. med. H. S. Füeßl ■

Dicht stehende, weiche, nicht druckschmerzhafte Knoten mit einem Durchmesser zwischen 2 und 12 mm an der linken Seite des unteren Rumpfes.

MMW-Fortschr. Med.

2015; 157 (9)

■ Ma D-L, Hu J (Korres.: [email protected]): Segmental neurofibromatosis. New Engl J Med. 2015;372:963

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