Kasuistiken Orthopäde 2014 · 43:1106–1110 DOI 10.1007/s00132-014-3023-6 Online publiziert: 1. Oktober 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

C. Konrads1 · M.N. Wente2 · W. Plitz3 · M. Rudert1 · M. Hoberg1 1 Orthopädische Klinik König-Ludwig-Haus, Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland 2 Medical Scientific Affairs, Aesculap AG, Tuttlingen, Deutschland 3 München, Deutschland

Implantatschädigung durch Einsatz eines Hochfrequenzmessers Analyse von vier Hüftendoprothesenschaftbrüchen Implantationen von Hüftendoprothesen erfolgen in Deutschland seit Jahrzehnten routinemäßig. Die Anzahl an Wechseloperationen mit komplettem Prothesenwechsel oder Wechsel von Prothesenkomponenten nimmt stetig zu. Laut dem BQS/AQUA-Qualitätsreport wurden im Jahr 2012 in Deutschland 154.264 Hüftendoprothesenerstimplantationen und 26.127 Hüftendoprothesenwechsel durchgeführt. Bei Revisionen kommen regelhaft Hochfrequenzinstrumente zur Koagulation und Gewebedurchtrennung zum Einsatz. Die anliegende Spannung zwischen Hochfrequenzinstrument und Gewebe kann bei Kontakt mit Metallimplantaten zu einer Funkenbildung führen und die Implantatoberfläche schädigen. Je nach Ausmaß und Lokalisation der Oberflächenveränderung kann die Dauerfestigkeit des Implantats reduziert sein. Abhängig von der mechanischen Belastung des Implantats und der Schädigungslokalisation ist in der Folge ein sekundärer Implantatbruch möglich. Aufgrund der hohen Relevanz eines Hüftendoprothesenschaftbruchs für den Patienten und der geringen Beachtung des Themas haben wir uns zu dieser Publikation entschieden. Wir beschreiben die Verläufe und Gemeinsamkeiten von 4 Fällen.

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Bislang ist erst ein Fall in der Literatur dokumentiert, bei dem es nach Kontakt mit einem Hochfrequenzmesser zu einem sekundären Implantatbruch gekommen ist [4]. Dabei handelt es sich um den Bruch eines Hüftendoprothesenschafts aus Titan im Halsbereich des Implantats. Sieben Monate nach Wechsel der Gleitpaarungskomponenten ist die Prothese gebrochen. Insgesamt sind uns inzwischen 4 Fälle bekannt, bei denen es nach Revision mit Einsatz eines Hochfrequenzmessers bei nachweisbar stattgehabtem Funkenüberschlag sekundär zum Bruch des Titanhüftendoprothesenschafts kam (.   Tab.  1). Im Folgenden erläutern wir kurz die klinischen Verläufe und die Materialuntersuchungen der hier erstmals veröffentlichten Fälle.

Fallverläufe Bei allen 4 Patienten erfolgte nach Primärimplantation einer nicht modularen Hüftendoprothese eine einmalige Revision unter Erhalt des Titanschafts. Die Gründe für die jeweilige Revision waren unterschiedlich (. Tab. 1). In allen Fällen verwendete der jeweilige Operateur ein Hochfrequenzinstrument. Die postoperative Remobilisierung der Patienten gelang. Sekundär kam es in einem Zeitraum von 7 bis 142 Monaten zum Implantatbruch im Bereich des Prothesenhalses mit der Notwendigkeit eines Schaftwechsels. Der Prothesenbruch trat im Mittel

27 Monate nach der Revisionsoperation ein. Der Range beträgt 135 Monate. Als Prothesenkopf wurden unterschiedliche Kopfdurchmesser verwendet, bei 3 von 4 Fällen mit extra langer Halslänge XL.

Versagensanalyse Die Untersuchungen aller Explantate ergaben keinen Hinweis für Material- oder Produktfehler. Es handelte sich um vier unterschiedliche zementfrei implantierte Prothesenmodelle aus einer Ti6Al4V-Titanschmiedelegierung nach ISO 5832-3.

Fall 1 Bei dem bereits in der Literatur [4] beschriebenen Fall zeigte die Materialanalyse folgenden Versagensmechanismus: Bei Kontakt eines Hochfrequenzmessers mit dem Prothesenhals kam es zum Funkenüberschlag. Eine thermische Schädigung der Titanoberfläche mit Gefügestörung nach thermisch bedingter α-βTransformation im besonders stark belasteten Halsbereich des Titanhüftendoprothesenschafts führte zum Implantatbruch. Der Untersuchungsbericht des Herstellers enthält dazu die folgenden zusätzlichen Informationen: Die Bruchfläche verläuft im Halsbereich des Hüftprothesenschafts (Ti6Al4V) zwischen Einschlagbohrung und Konus. Im Bruchbereich ist eine Verfärbung an der Implantatoberfläche zu erkennen. Diese punktförmige

Tab. 1  Übersicht bislang bekannter Fälle von Implantatbrüchen nach Kontakt mit einem Hochfrequenzinstrument im Halsbereich des Hüftendo-

prothesenschafts Fall

Bruchstelle

1 (aus [4])

Prothesenhals

Prothesenkopf 28 XL

2

Prothesenhals

28 M

3 4 (. Abb. 2 u. 3)

Prothesenhals Prothesenhals

36 XL 32 XL

Revisionseingriff Wechsel der Gleitpaarungskomponenten bei Keramikkopfbruch Entfernung periartikulärer Ossifikationen Umstieg HEP auf TEP Pfannenwechsel

Primärimplantation 2006

Revidiert 2007

Implantatbruch/ explantiert 2008

Zeitraum Revision bis Bruch (Monate) 7

1999

2001

2005

49

2007 1994

Unbekannt 2001

2013 2013

Unbekannt 142

HEP Hemiendoprothese, TEP Totalendoprothese

Verfärbung (Interferenzverfärbung von gelb bis anthrazit) erstreckt sich über die beiden Bruchfragmente hinweg und ist im Durchmesser ca. 4 mm breit. Im Mittelpunkt dieser Verfärbung befindet sich ein ca. 0,4 mm großer kreisrunder Aufschmelzbereich. Zusätzlich befindet sich im Bereich der Verfärbung ein kugelförmiger Metallpartikel. Dieser haftet fest an der Oberfläche des Implantats. Er wurde mit einer energiedispersiven Röntgenanalyse (EDX) am Rasterelektronenmikroskop untersucht. Hier konnten die Elemente Eisen, Chrom und Mangan nachgewiesen werden. Diese Elemente sind in Referenzanalysen in anderen Bereichen des Implantats nicht nachweisbar und deuten auf einen Fremdmaterialübertrag hin. Es liegt ein Dauerschwingbruch mit Restgewaltbruchanteil von ca. 60 % vor. Der Bruchausgang kann anterolateral zugeordnet werden und verläuft unter einem Winkel von ca. 40° zur Frontalebene und ca. 45° zur Transversalebene der Prothese. Die beschriebene Verfärbung befindet sich genau im Bruchursprungsbereich. Im Ermüdungsbruchbereich sind Schwingstreifen nachweisbar. Diese Merkmale sind eindeutige Hinweise für eine dynamische Bruchausbreitung. Im Bruchursprungsbereich der Bruchoberfläche liegt eine für einen Ermüdungsbruch atypische Oberflächenmorphologie vor. Dieser linsenförmige Bereich mit einem Durchmesser von ca. 0,4 mm tritt bis in eine Tiefe von ca. 0,12 mm auf. Die rasterelektronenmikroskopisch aufgenommene Oberflächenstruktur deutet auf eine Gefügestruktur nach einer α-β-Transformation hin, so wie sie nach einem Aufschmelzvorgang

auftritt. Die Oberflächenmorphologie im Restgewaltbruchbereich zeigt typische duktile Wabenformen.

Fall 2 Die Untersuchung des gebrochenen, explantierten Hüftendoprothesenschafts (Ti6Al4V) aus dem Jahr 2005 erfolgte sowohl im Labor für Biomechanik und experimentelle Orthopädie am Klinikum der Universität München als auch bei der Firma Aesculap in Tuttlingen, wo auch alle weiteren Fälle untersucht wurden. Die im Folgenden aufgeführten Untersuchungsergebnisse wurden übereinstimmend gefunden. Der Bruch erfolgte ca. 2 cm distal des Keramikkopfes im geschliffenen Bereich des Prothesenkonus. Es besteht ein Oberflächendefekt im Sinne einer punkt- bzw. linsenförmigen Aufschmelzzone mit ca. 70 µm tief reichender Schädigung des Metalls mit Rissbildung im Ursprungsbereich des Bruchs (.  Abb.  1). Um diese Schmelzzone herum zeigten sich weitere kleine Oberflächenschäden ähnlicher Art. Ausgehend von dem Hauptdefekt ist es zu einem von lateral nach medial verlaufenden Schwingbruch gekommen.

Fall 3 Die Bruchfläche verläuft im Halsbereich des Hüftprothesenschafts (Ti6Al4V) zwischen Einschlagbohrung und Konus. Im Bruchbereich ist eine Verfärbung an der Implantatoberfläche zu erkennen. Diese punktförmige Verfärbung (Interferenzverfärbung von gelb bis anthrazit) erstreckt sich über das proximale Bruch-

fragment, auf dem der Prothesenkopf steckt. Es liegt ein Dauerschwingbruch mit Restgewaltbruchanteil von ca. 30 % vor. Der Bruchausgang kann anterolateral zugeordnet werden und verläuft unter einem Winkel von ca. 40° zur Frontalebene und ca. 45° zur Transversalebene der Prothese. Die beschriebene Verfärbung der Implantatoberfläche befindet sich in unmittelbarer Nähe des Bruchursprungsbereichs.

Fall 4 .  Abb. 2 zeigt den Verlauf des revidier-

ten Schafts anhand von Röntgenbildern des Patienten. Die Bruchfläche verläuft im Halsbereich des Hüftprothesenschafts (Ti6Al4V) zwischen Einschlagbohrung und Konus. Im Bruchbereich ist eine Verfärbung an der Implantatoberfläche zu erkennen (.  Abb. 3). Diese punktförmige Verfärbung (Interferenzverfärbung von gelb bis anthrazit) erstreckt sich über die beiden Bruchfragmente hinweg und ist im Durchmesser ca. 4 mm breit. Es liegt ein Dauerschwingbruch mit Restgewaltbruchanteil von ca. 60 % vor. Der Bruchausgang kann anterolateral zugeordnet werden und verläuft unter einem Winkel von ca. 40° zur Frontalebene und ca. 45° zur Transversalebene der Prothese. Die beschriebene Verfärbung befindet sich genau im Bruchursprungsbereich.

Simulation der Oberflächenveränderungen im Labor Die festgestellten Oberflächenveränderungen im Halsbereich der explantierten Der Orthopäde 12 · 2014 

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Zusammenfassung · Abstract Hüftendoprothesenschäfte sind alle auf eine thermische Einwirkung zurückzuführen. Laut Hersteller sind derartige Einwirkungen fertigungsseitig ausgeschlossen. Der Einsatz monopolarer Hochfrequenzinstrumente stellt eine potentielle Ursache für die thermische Einwirkung durch Funkenüberschlag dar. Um diese Annahme zu verifizieren führten Huber et al. [4] Simulationen an Ti6Al4V-Tita­ nblechen (gleicher Werkstoff wie der Prothesenschaft) durch. Hierzu wurden gezielt Funkenüberschläge eines Hochfrequenzinstruments an einem Simulator erzeugt und die Oberflächenveränderungen optisch mit denen des gebrochenen Implantats verglichen. Die Einstellungen am Hochfrequenzgerät bezüglich der Energiedichte wurden mit ca. 100–150 W im CUT-Modus moderat gewählt. Im Versuch zeigten sich ähnliche Oberflächenveränderungen wie bei der gebrochenen Prothese. Weiter kam es zu Materialübertrag von der Elektrode des Hochfrequenzgeräts auf das Titanblech in Form von kugeligen Metallrückständen. Dies war anhand einer EDX-Analyse am Rasterelektronenmikroskop nachweisbar, da sich die Materialzusammensetzungen der Elektroden von denen der Titanbleche deutlich unterscheiden.

Diskussion Bereits bekannt ist das Problem des Versagens von modularen Hüftendoprothesen in deren Halsbereich. Diesbezüglich durchgeführte Versagensanalysen zeigten, dass Mikrobewegungen die Prothesenoberfläche schädigen und im Verlauf zum Materialversagen führen können. Dieser modulare Prothesen betreffende Versagensmechanismus wurde besonders bei Titanlegierungen mit langen Halslängen in schweren Patienten beobachtet [2]. In der Vergangenheit berichteten ebenfalls bereits verschiedene Autoren über Brüche von Hüftendoprothesenschäften ohne modulares Design [1, 3, 6]. Die Bruchfläche lag typischerweise am Übergang vom proximalen Drittel zum mittleren Drittel des konischen, nicht anatomischen Schafts. Im Vergleich zu anderen mechanischen Komplikationen von Endoprothesen ist dieser Versagensmechanismus selten [5]. Es waren hauptsächlich

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Orthopäde 2014 · 43:1106–1110  DOI 10.1007/s00132-014-3023-6 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 C. Konrads · M.N. Wente · W. Plitz · M. Rudert · M. Hoberg

Implantatschädigung durch Einsatz eines Hochfrequenzmessers. Analyse von vier Hüftendoprothesenschaftbrüchen Zusammenfassung Bei Revisionsoperationen an Gelenken werden in der Regel Hochfrequenzinstrumente zur Blutstillung und Durchtrennung von Weichgewebe verwendet. Kommen diese In­ strumente mit Metallimplantaten in Kontakt, kann ein Funkenüberschlag entstehen. Dies kann zu einer thermischen Gefügeänderung am Implantat und damit zu einer Reduktion seiner Dauerfestigkeit führen. Es werden 4 Fälle beschrieben, bei denen es im Rahmen einer Wechseloperation zu einem Funkenüberschlag gekommen ist. Sekundär ist bei den Prothesenschäften aus Titan ein

Bruch am Konus-Schaft-Übergang entstanden. Die Materialanalysen ergaben eine elektrothermische Schädigung des Implantats im Bereich des Bruchs. Schlussendlich sollte sicherheitshalber der Kontakt zwischen Hochfrequenzinstrument und Implantat bei Revisionsoperationen, die nicht zum Ausbau der Prothese führen, vermieden werden. Schlüsselwörter Metallimplantate · Dauerfestigkeit · Materialanalyse · Revisionsoperation

Damage to implants due to high-frequency electrocautery. Analysis of four fractured hip endoprostheses shafts Abstract In revision surgery of joints, high-frequency electrocauterization instruments are used for homeostasis and dissection of soft tissue. If there is contact of these instruments with the metal implants, flashover can occur. This can lead to thermal microstructural changes in the material and as a consequence may reduce the fatigue strength of the implant. Four cases of hip revision surgeries were analysed. In all cases flashovers occurred and secondarily, the titanium hip endoprosthesis stem broke in the neck section of the prosthesis. The conducted investigations showed that

Prothesenschäfte aus Chrom-Kobalt-Molybdän-Gusslegierungen betroffen. Die Ermüdungsfestigkeiten dieser Implantate liegen unter denen, die heute moderne Schäfte aus Titanlegierungen aufweisen. Als Bruchursache ist bei den früher verwendeten Schäften eine proximale Lockerung bei distal noch fest sitzendem Schaft mit folglich vermehrter Biegespannung im späteren Bruchbereich des Implantats anzunehmen. Dies ist v. a. bei varischer Implantation des Schafts und proximalmedial nicht ausreichender Zementierung bzw. Abstützung am Kalkar femoris der Fall gewesen. Die moderneren Schäfte mit Titanle­ gierungen zeigen sowohl eine höhere Ermüdungsfestigkeit als auch eine bessere Osteointegration als die früher verwende-

contact between the high-frequency instrument and the anterolateral aspect of the endoprosthesis neck had occurred. Electrothermal implant damage was found in the broken area. If in hip revision surgery the stem is not to be replaced, contact between high-frequency instruments and the metal implant should be avoided. Keywords Revision, joint · Metal-on-metal joint prostheses · Stress, mechanical · Materials testing · Stem breakage

ten Implantate, so dass es hier in der Regel nicht mehr zum Implantatversagen durch Prothesenbruch kommt. Die in dieser Fallserie aufgeführten Endoprothesenschaftbrüche lassen sich nicht dem gerade beschriebenen Versagensmechanismus zuordnen. Die Bruchflächen sind bei diesen nicht modularen Titanschäften im Bereich des Prothesenhalses lokalisiert. Es gab keinen Hinweis für Materialoder Produktfehler. In allen Fällen zeigte sich eine Schmelzzone im Bereich des Bruchursprungs. Diese oberflächliche Im­ plantatschädigung kann, wie im Laborversuch reproduzierbar simuliert, durch einen Funkenüberschlag bei der Verwendung eines Hochfrequenzinstruments entstanden sein. Titanlegierungen sind

Abb. 1 8 a Rasterelektronische Aufnahmen des Prothesenkonus im Bereich des Bruchursprungs mit deutlichen Oberflächendefekten (Vergr. 30:1), b Ausschnitt ca. 2,5 mm (Vergr. 135:1), c Ausschnitt ca. 0,7 mm (Vergr. 500:1)

Abb. 2 9  a Zustand nach Pfannenwechsel 2001 bei aseptischer Lockerung nach Primärimplantation 1994, b Implantatbruch im Halsbereich des Prothesenschafts 2013, c Röntgenkontrolle nach Schaftwechsel 2013 Abb. 3 9  a Explantierter gebrochener Endoprothesenschaft mit Kopf und Polyethyleninlay, b Verfärbungen im Halsbereich durch Kontakt mit einem Hochfrequenzmesser, c punktförmiger Defekt (roter Kreis) anterolateral am Ausgangspunkt des Implantatbruchs, proximal davon Oberflächenverfärbung (weißer Kreis)

besonders kerbspannungsempfindlich. Die Kerbspannungserhöhung kann ih­ re Ursache in oberflächlichen Implantatschädigungen haben. Über feine Rissbildungen im Metall ist von hier ausgehend im weiteren Verlauf ein Ermüdungsbruch des Implantats vorstellbar. Die Materialuntersuchungen inklusive EDX-Analyse und Rasterelektronenmikroskopie haben gezeigt, dass es sich in allen Fällen um Schwingungsbrüche mit anterolateralem Bruchursprung handelt. Am Bruchursprungsort ist eine thermisch geschädigte Implantatstelle eindeutig sichtbar. Teilweise zeigte sich an dieser Lokalisation der Prothese auch eine Materialübertragung. Diese stammt am ehesten von der Elektrode des Hochfrequenzinstruments, welches zur Koagulation und Gewebedurchtrennung verwen-

det wurde. Eine andere Ursache kommt während des operativen Eingriffs nicht in Betracht. Der Prothesenhals ist insbesondere bei Verwendung besonders langer Prothesenköpfe verstärkter Belastung ausgesetzt. Im lateralen Bereich dominieren Zugkräfte. Bei thermischen Beschädigungen der Titanoberfläche in diesem Areal scheint die Implantatstabilität beeinträchtigt zu sein. Unter alltäglicher, zyklischer Belastung kann es dann im Verlauf zum Implantatbruch kommen. Im Rahmen der Hüftendoprothetik sollte der Operateur deshalb einen Kontakt des Hochfrequenzinstruments mit den Implantaten möglichst vermeiden. An anderen anatomischen Regionen und Implantaten ist ein Materialbruch nach dem geschilderten Mechanismus aufgrund geringerer mechanischer Belastung bzw.

Biegespannung weniger wahrscheinlich. Allerdings muss man davon ausgehen, dass jegliche Oberflächenbeschädigung an Implantaten negative Auswirkungen haben kann; z. B. könnten nach Beschädigung einer Knieendoprothese an der femoralen Komponente die tribologischen Eigenschaften negativ beeinflusst sein. Deshalb sollte man grundsätzlich Kontakt zwischen Hochfrequenzinstrumenten und im Körper verbleibenden metallischen Implantaten vermeiden und dabei, soweit durchführbar, einen möglichst großen Sicherheitsabstand einhalten. Nur so lassen sich thermische Schäden an Implantatoberflächen und ihre Folgen ausschließen. Bemerkt der Operateur einen Funkenüberschlag, dann stellt sich in Kenntnis der in diesem Artikel beschriebenen BeDer Orthopäde 12 · 2014 

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Fachnachrichten obachtungen die Frage, ob er den Schaft revidieren sollte. Aktuell empfehlen wir dies nicht. Es liegen lediglich Einzelfallbeschreibungen vor ohne Verifizierung im Laborversuch. Deshalb können wir diesbezüglich noch keine endgültige Empfehlung aussprechen. Die Durchführung einer experimentellen, kontrollierten, biomechanischen Studie mit Simulation der Prothesenoberflächenschädigung und Analyse nach Belastung im Simulator ist sinnvoll. Zwecks Überprüfung der Hypothese, dass der Kontakt eines Hochfrequenzmessers mit einem Titanhüftschaft im Halsbereich des Implantats zur Implantatschädigung mit Bruchfolge führen kann, ist eine solche Studie vorgesehen.

Fazit für die Praxis 55Der Kontakt zwischen Hochfrequenzinstrument und metallischen Implantaten sollte bei Revisionsoperationen, die nicht zum Ausbau des Implantats führen, vermieden werden. 55Ansonsten kann ein Funkenüberschlag die Implantatoberfläche schädigen und seine Dauerfestigkeit kompromittieren. Dann besteht grundsätzlich die Gefahr eines sekundären Implantatbruchs – besonders im Halsbereich von Titanhüftendoprothesen.

Korrespondenzadresse Dr. C. Konrads Orthopädische Klinik König-Ludwig-Haus Universität Würzburg Brettreichstraße 11, 97074 Würzburg [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  C. Konrads, W. Plitz, M. Rudert und M. Hoberg geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. M.N. Wente ist vollzeitig bei der Aesculap AG in Tuttlingen beschäftigt. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur 1. Charnley J (1975) Fracture of femoral prostheses in total hip replacement. A clinical study. Clin Orthop Relat Res 111:105–120

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2. Grupp TM, Weik T, Bloemer W, Knaebel HP (2010) Modular titanium alloy neck adapter failures in hip replacement – failure mode analysis and influence of implant material. BMC Musculoskelet Disord 11:3 3. Heck DA, Partridge AM, Reuben JD, Lanzer WL, Lewis CG, Deating EM (1995) Prostetic componenet failures in hip arthroplasty surgery. J Arthroplasty 10:575–580 4. Huber G, Weik T, Morlock MM (2009) Schädigung eines Hüftendoprothesenschafts durch Einsatz eines Hochfrequenzmessers. Orthopade 38:622–625 5. Sadoghi P, Pawelka W, Liebensteiner MC, Williams A, Leithner A, Labek G (2014) The incidence of implant fractures after total hip arthroplasty. Int Orthop 38:39–46 6. Ungethüm M (1980) Zur Problematik von Prothesenschaftbrüchen. Z Orthop 118:187–199

Bandscheibenvorfälle: Belastungssimulator soll Ursachen auf den Grund gehen Mit dem neuen Bandscheiben-Belastungssimulator wollen Ulmer Biomechaniker das Schädigungsverhalten der Bandscheibe untersuchen. Vier Jahre hatte es gedauert, bis das Gerät am Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik der Universität Ulm in Betrieb genommen werden konnte. Der elektrisch betriebene Simulator kann einzelne Bewegungssegmente der unteren Wirbelsäule so belasten, wie dies bei verschiedenen Dreh-, Beuge- und Hebebewegungen der Fall ist. Verwendet werden biologische Bandscheibenpräparate, beispielsweise vom Schaf, die den Bandscheiben des Menschen ähneln. Aber auch humane Präparate kommen zum Einsatz. Die künstlichen Bandscheibenverletzungen werden anschließend mit einem hochauflösenden Ultrahochfeld-Kernspinresonanztomographen analysiert. Auf dieser Grundlage erstellen die Wissenschaftler 3D-Rekonstruktionen der verletzten Bandscheibe, um Art und Verlauf der Verletzung besser beurteilen zu können. Komplexe mathematische Modelle helfen, mögliche Schwachstellen der Bandscheibe am Computer zu modellieren, sodass die genaue Entstehungsgeschichte besser erklärt werden. Das Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Quelle: Universität Ulm, www.uni-ulm.de

[Damage to implants due to high-frequency electrocautery : analysis of four fractured hip endoprostheses shafts].

In revision surgery of joints, high-frequency electrocauterization instruments are used for homeostasis and dissection of soft tissue. If there is con...
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