Hintner u. a.: Danazoltherapie des hereditären Angioödems

Nr. 36, 7. September 1979, 104. Jg.

12.69

Dtsch. med. Wschr. 104 (1979), 1269-1273

Danazoitherapie des hereditären Angioödems*

Danazol treatment of hereditary angioneurotic oedema

H. Hintner, G. Tappeiner, F. Gschnait, S. Schwarz und K. Wolff

Danazol, an attenuated androgen, was administered to four patients with hereditary angioneurotic oedema, with rapid and complete response without sideeffects. The follow-up period has now been up to 17 months. In all patients was there an indirect indication that their hormonal state influenced the course of the disease.

Universitäts-Hautklinik Innsbruck (Vorstand: Prof. Dr. K. Wolff), I. Universitäts-Hautklinik Wien (Vorstand: Prof. Dr. J. Tappeiner) und Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie der Universität Innsbruck (Vorstand: Prof. Dr. G. Wick)

Vier Patienten mit hereditärem Angioödem werden mit Danazol, einem attenuierten Androgen, behandelt und sind seit Therapiebeginn erscheinungsfrei und ohne Nebenwirkungen. Die Beobachtungszeit bei den einzelnen Patienten liegt zwischen 3 und 17 Monaten. Bei allen Patienten ergaben sich indirekte Hinweise auf einen Einfluß des Hormonstatus auf den Krankheitsverlauf. Das hereditäre Angioödem ist eine autosomal dominant vererbte Krankheit (12), die durch Episoden von akut auftretenden umschriebenen Schwellungen des subkutanen und submukösen Gewebes gekennzeichnet ist. Die Schwellungen bilden sich nach Stunden von selbst zurück. Wenn sie auf die Subcutis beschränkt sind, sind die Ödeme nur störeñd, ist die Submucosa des Darm-

traktes betroffen, treten kolikartige abdominelle Beschwerden auf, und bei Ödemen des Larynx und Pharynx kann es zu einem akuten Verschluß der oberen Atemwege kommen. Diese letztere Komplikation führt zu einer relativ hohen Letalität, die bis zu 30% geschätzt wird (7). Attacken können durch Traumata, Infektionen oder »Streß« (daher der ältere Name »hereditäres angioneurotisches Ödem«) ausgelöst werden oder treten ohne erkennbare Ursache auf. Dem hereditären Angioödem liegt ein genetisch be-

dingter Defekt eines im Serum vorhandenen Enzyminhibitors zugrunde, der Plasmin (15), Hageman-Faktor (6), Thromboplastin (6), Kallikrein (15), vor allem aber

die aktivierte erste Komplementkomponente Cl, ClEsterase (C1),hemmt. Dieser Cl-Inhibitor (Clinh) ist der einzige bekannte Regulator der Cl. Fehlen oder funktio-

nelle Minderwertigkeit von Clinh bei Patienten mit hereditärem Angioödem führt daher zu einer Dysregulation der Funktion der frühen klassischen Komplémentkompönenten Cl, C4 und C2, die sich in einer dauernden Aktivierung und damit einem Verbrauch von C4 und einer aus unbekannten Gründen anfallsweise auftretenden Aktivierung von C2 äußert. Dabei entsteht das C2-Kinin (5), ein vasoaktives Polypeptid, das die Gefäßpermeabilität erhöht und die klinischen Erscheinungen des hereditären Angioödems hervorruft. Gefördert durch den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Wien (Projekt 3228)

0012-0472/79 0907 - 1269

Der Ciinh-Mangel tritt in zwei Formen auf. Bei der häufigeren ist der Serumspiegel des Clinh stark vermindert, meist auf einen Wert um 25% des Normaiwertes. Bei der selteneren Variante werden normale oder leicht erhöhte Mengen eines funktionell inaktiven ClinhProteins gefunden (16). Beiden Formen gemeinsam sind jedoch der klinische Verlauf und der erniedrigte SerumC4-Spiegel. Die Therapie dieser genetisch fixierten Defizienz war bis vor kurzem problematisch. Corticosteroide, Antihistaminika und Adrenalin sind sowohl zur Prophylaxe als auch zur Behandlung von Attacken des hereditären Angioödems völlig_wirkungslos, hingegen können Frischplasma und eine Clinh-angereicherte Plasmafraktion zum Kupieren eines Anfalles oder als Kurzzeitprophylaxe, zum Beispiel vor Operationen, eingesetzt wer-

den (17). Wegen ihrer kurzen Wirkungsdauer bzw. schlechten Verfügbarkeit sind sie jedoch zur Dauertherapie und damit zur Dauerprophylaxe kaum geeignet. Die Plasmininhibitoren e-Aminocapronsäure und Tranexamsäure, die in hohen Dosen verabreicht werden müssen, haben sich zur Langzeitprophylaxe bewährt, doch lassen beträchtliche Nebenerscheinungen, wie erhöhtes Thromboserisiko, Muskelschwäche und Myositis, ihre Anwendung zur Langzeittherapie problematisch erscheinen (2, 11, 18). Auch Methyltestosteron verhindert das Auftreten von Attacken (20), kann aber wegen seiner androgenisierenden Eigenschaften kaum für die Dauertherapie eingesetzt werden.

Vor kurzem berichteten Gelfand und Mitarbeiter (8) über therapeutische Erfolge mit Danazol, einem attenuierten Androgen, bei der Behandlung von neun Patienten mit hereditärem Angioödem, wobei während insgesamt 46 Patiententherapiemonaten nur eine Attacke auftrat. Sechs weitere Studien über die Wirksamkeit und optimale Dosierung von Danazol werden unseres Wissens

$ 02.00 © 1979 Georg Thieme Publishers

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derzeit in verschiedenen Zentren durchgeführt (1), und wir selbst konnten kürzlich über die erstmalige erfolgreiche Behandlung eines präpubertären Kindes mit hereditärem Angioödem berichten (22). Im folgenden teilen wir unsere bisherige Erfahrung mit der Danazoitherapie

bei vier Patienten mit hereditärem Angioödem mit.

Deutsche Medizinische Wochenschrift

Beim Vater des Patienten bestanden ebensolche Anfälle, die nach der Pubertät jedoch deutlich seltener wurden und milder verliefen. Befunde: Clinh 30°/o, C4-Spiegel 23°/o des Normalwertes. Standard-Untersuchungen: keine pathologischen Veränderungen. Alkalische Phosphatase 700 U/I (obere Altersnorm); Anteil der alkalischen Leberphosphatase 6,80/o (normal). Beim Vater Clinh-Spiegel 30°/o, C4-Spiegel 33°/o des Normalwertes. Bei den übrigen untersuchten Familienmitgliedern normale Werte.

Methodik Ciinh und C4-Spiegel wurden mit der radialen Immundiffusionstechnik nach Mancini, Carbonara und Heremans (10) bestimmt und in Prçzent des Normalwertes von Seren gesunder Blutspender angegeben. Hierzu verwendeten wir radiale Immundiffusionsplatten zur C4-Bestimmung bzw. Clinh-Antiserum der Behringwerke. Bei allen Patienten wurden routinemäßig folgende Laboratoriums-

werte bestimmt: Blutsenkungsgeschwindigkeit, rotes und weißes Blutbild, Blutzucker, Serumelektrolyte, Serumeiweißelektrophorese, Leber- und Nierenfunktionsparameter, Harnanalyse, Lues-Serologie, Gerinnungsstatus, Plasmaspiegel von ACTH, h-FSH, h-LH, Cortisol, Progesteron und Testosteron.

Therapie und Verlauf: Nach_einer Initialdosis von 400 mg Danazol (Danol®°°) stiegen der Clinh- und C4-Spiegel auf 100% des Normalwertes an (Abbildung 1); dann wurde Danazol schrittweise

bis auf 200 mg jeden zweiten Tag reduziert, wobei der ClinhSpiegel auf etwa SO°/o absank und der Patient erscheinungsfrei blieb (Abbildung 3). Progesteron, bestimmt mit einem »competitive protein binding assays (9, 13), war vor Therapiebeginn normal,

nach 200 mg Danazol pro Tag mit 43,7 sg/l stark erhöht. Bei Kontrollen durch einen spezifischen Radioimmunassay ergaben sich

normale Progesteronwerte'. Bei regelmäßigen Kontrollen war der Hormonstatus im Bereich der Altersnorm. Der Patient ist seit Beginn der Behandlung vor 17 Monaten erscheinungsfrei, bisher sind keine Nebenwirkungen aufgetreten.

Kasuistik Fall 1*: Bei dem neunjährigen Patienten G. E. traten seit dem zweiten Lebensjahr subkutane Ödeme an beliebigen Körperstellen sowie wiederholt Attacken mit abdominellen Koliken und Larynx- bzw.

Pharynx-Ödem auf, ausgelöst durch Traumen, Streß-Situationen oder Infekte. Die Abstände zwischen den einzelnen Episoden beOber diesen Patienten wurde bereits in einer früheren Mitteilung

berichtet (22).

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rierte, urtikarielle, sich langsam verändernde Erytheme am Stamm auf (Abbildung 2»°); ein bis drei Tage nach Auftreten der Hauteifloreszenzen stellten sich regelmäßig abdominelle Schmerzen mit Winthrop Laboratories, Surbiton on Thames, Surrey, UK Antiserum: Rabbit antiprogesteron-11-BSA Serum, Miles-Yeda

trugen anfänglich etwa ein Vierteljahr, später eine Woche. '

Fa112: Bei dem 2Sjährigen Patienten A. R. (Sohn der Patientin A. M., Fall 3) traten seit Geburt in dreiwöchigen Abständen gy-

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Abb. 1. ad. CTiinh-Spiegel (schwarze Säulen) und C4-Spiegel (weiße Säulen) vor und während der Danazoitherapie bei den vier Patienten. Schwarzer Kreis: Absetzen der Danazolbehandlung mit 40 mg täglich. Sternchen: Attacken von hereditärem Angioödem.

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I 2.70

Hintner u. a.: Danazoitherapie des hereditären Angioödems

starkem Erbrechen ein. Mit Sistieren der abdominellen Koliken klang

auch das Exanthem ab. Unabhängig davon kam es immer wieder

zu kutanen Schwellungen im Bereich der Extremitäten und zu lebenshedrohlicher Einengung der oberen Luftwege. Die Anfälle wurden durch Traumen, Wetterumschwünge oder körperliche Anstrengung ausgelöst. Neben zahlreichen vergeblichen Behandlungsversuchen wurde auch ein Psychiater konsultiert. Befunde: Clinh-Spiegel 280/o, C4-Spiegel 9°/o des Normaiwertes, die übrigen Routineuntersuchungen normal. Tm Elektrokardiogramm sternal negatives Wolff-Parkinson-White-Syndrom. Hormonàtatus normal: Cortisol 75 .og/l, h-FSH 1,4 U/i, h-LH 7,3 U/i, 17f1Östradiol 39 ng/l, Testosteron 6,3 og/l und Prolactin 3,5 .tg/l. Therapie und Verlauf: Unter 600 mg Danazol täglich stieg innerhalb von S Tagen der Clinh-Spiegel auf 53°/o an (Abbildung 1),

bei 400 mg Danazol blieb er bei etwa 50°/o des Normaiwertes (Abbildung 3). Als Danazol 4 Monate nach Therapiebeginn abgesetzt wurde, sank innerhalb von 4 Tagen der Clinh-(C4-)Spiegel prompt von 49°/o (Sl°/o) auf 30°/o (38°/o) des Normalwertes. Nach insgesamt 9 Tagen ohne Danazol-Therapie trat eine Attacke mit typischen abdominellen Koliken auf. Wiederaufnahme der Behand-

12.71

Reduktion der Danazoidosis auf 400 mg lag er bei 50°/o (Abbil. dung 3). Die Patientin ist seit Behandlungsbeginn vor 7 Monaten bei einer Erhaitungsdosis von 400 mg Danazol täglich anfallsfrei, Nebenwirkungen traten nicht auf.

Fall 4: Bei dem S7jährigen Patienten S. R. kommt es seit dent siebten Lebensjahr jährlich etwa zweimal zu Episoden von Schwel-

lungen im Gesicht, an Hais, Genitale, Händen und Füßen. Die Anfälle von akuter Atemnot sind begleitet von Erstickungsangst und starken Schluckbeschwerden. Nach der Pubertät haben sich Häufigkeit und Schweregrad der Attacken nicht geändert. Zusätzlich besteht seit Jahren eine »chronische Gastritis» mit häufiger Übelkeit. Die Attacken werden durch Traumen ausgelöst.

Befunde: Cuinh-Spiegel 31°/o, C4-Spiegel 12°/o des Normaiwer-

tes. Bei den Standarduntersuchungen keine Normabweichungen. Im Thorax-Röntgenbild alte tuberkulöse Oberlappenveränderungen. Bei der Fokussuche wurde Candida in Magensaft und Stuhl nachgewiesen. Allergenspezifisches IgE (Milch, Roggen, Bohnen) im »RAST». Hormonstatus: h-FSH 7,8 U/I, h-LH 5,5 U/I und Testosteron 4,4 gg/l (der Altersnorm entsprechend). Östradiol

lung mit 800 mg Danazol täglich führte innerhalb von 3 Tagen

zwischen 18,7 und 27,3 ng!1 (normal 14-3 6 ng/l).

zum Anstieg des Clinh-Spiegels auf lO0°/o des Normaiwertes (Abbil-

Therapie und Verlauf: Nach einer Initialdosis von 800 mg Danazol taglich stieg der Clinh-Spiegel auf 46°/o des Normaiwertes (Abbildung 1); die jetzige Erhaltungsdosis beträgt 600 mg Danazol täglich. Der Patient ist seit 2 Monaten bei einem Clinh-Spiegel zwischen 40°'o und 46°/o beschwerdefrei (Abbildung 3). Insbesondere sind auch die chronischen Magenschmerzen verschwunden. Unter dem Einfluß der Danazol-Therapie sank der Testosteronspiegel von 4,4 tg/l auf 1,0 sg/l. Nebenwirkungen wurden nicht

dung 1, 3). Unter Danazoltherapie sank der Testosteronspiegel von 6,3 og/l auf Werte zwischen 1,4 bis 1,9 og/l (Normalwert 2-10 gg/i). Mit einer Erhaitungsdosis von 400 mg Danazol täglich ist der Patient

seit 7 Monaten ohne Attacken, Nebenwirkungen wurden

nicht beobachtet. 100

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Die für das hereditäre Angioödem typische Anamnese dieser vier Patienten ieigt das charakteristische Bild der Erkrankung: Von Geburt oder früher Kindheit an treten nach Traumen, Infekten, Streß-Situationen, Wetteränderungen oder auch ohne erkennbare Ursache im Gesicht, an den Extremitäten, am Stamm und am Genitale sub-

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Abb. 3. Ci)nh-Spiegel der vier Patienten unter Danazol während eines halben Jahres. Schwarzer Pfeil = Beginn der Danazolbehandlung, weifier Pfeil = Reduktion der Danazoldosis, schwarzer Kreis = Absetzen von Danazol beim Patienten A. R. (Fall 2), Sternchen = Attacke und neuerliche Danazoitherapie (800 mg täglich) beim Patienten A. R.

Fall 3: Die S8jährige Patientin A. M. (Mutter des Patienten A. R.,

Fall 2) litt bereits als Kind an Schwellungen im Gesicht, an den Extremitäten und am Genitale (Radfahren). Später traten Hambiasenkoliken, Miktionsbeschwerden und abdomineile Koliken mit Erbrechen auf. Dreimal kam es zum Glottisödem bei Infektionen der Mundhöhle und des Rachens, Sonstige auslösende Ursachen waren Traumen und Wetterumschwünge. Nach der Menarche häuf-

ten sich die Anfälle in Abständen von 14 Tagen, nach der Menopause verlängerten sich die Abstände auf 3 bis 4 Wochen. Drei Geburten waren ohne Komplikationen. Ein Sohn (A. R.) ist eben-

falls erkrankt, eine Tochter mit 16 Jahren an Giortisödem nach

kutane Schwellungen auf. ist die Schleimhaut des Larynx,

des Intestinal- oder Harntraktes betroffen, so kommt es zu akuter Atemnot, zu Schluckbeschwerden, abdominellen Koliken, Erbrechen, Diarrhoen oder Miktionsbeschwerden. Den Episoden, die durchschnittlich 24 bis 72 Stunden andauern, folgt immer eine Zeit klinischer Erscheinungsfreiheit. Die richtige Dignose wird meist erst sehr spät gestellt.

Eine Autorengruppe registrierte ein Mittel von 21 Erkrankungsjahren bis zur Diagnosestellung (7), ein Erfah-

rungswert, den wir bestätigen können: Obwohl die klinischen Attacken unserer Patienten seit Geburt oder früher Kindheit aufgetreten waren, wurde das Krankheitsbild erst sehr spät, im Mittel nach 37 Jahren, erkannt. Alle unsere Fälle sind der häufigeren Form des hereditären Angioödems zuzuordnen, bei der die Serumspiegel

Zahnextraktion gestorben. Die übrigen untersuchten Familienmit-

eines funktionell normalen Clinh deutlich erniedrigt

glieder sind gesund.

sind, da bei der Erstbestimmung die Clinh-Werte durchwegs zwischen 28 und 31% lagen. Einer unserer Patienten (FaIl 2) bedarf besonderer Erwähnung, da bei ihm

Befunde: Cuinh 29°/o, C4-Spiegel 14°/o des Normaiwertes, keine Abweichungen bei den Routineuntersuchungen. 1m Thorax-Röntgenbild Hypertrophie der linken Herzkammer und Aortensklerose.

Altersgemäßer Hormonstatus: ACTH 45 ng/l, Cortisol 110 .og/i, h-FSH 58 U/i, h-LH 35 U/i, 17(-östradio1 16 ng/l, Progesteron 0,2 ig/l, Testosteron 0,8 xgii und Prolactin 3,5 gIl.

Therapie und Verlauf: Nach anfänglich 600 mg Danazol stieg der Clinh-Spiegel auf 70°/o des Normaiwerres (Abbildung 1), nach

neben den typischen Leitsymptomen des hereditären Angioödems zusätzlich figurierte urtikarielle Erytheme

auftraten; sie waren insofern von Bedeutung, als sie regelmäßig eine typische Krankheitsattacke ankündigten. Bereits GeIf and und Mitarbeiter (8) hatten bei 26% ihrer

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Nr. 36, 7September1979, 104. Jg.

Hintner u. a. Danazoitherapie des hereditären Angioödems

Deutsche Medizinische Wochenschrift

Patienten symptomlose Exantheme beschrieben, jedoch Bei keinem Patienten konnten wir eine der von Spooner das Fehlen urtikarieller Eruptionen betont; das Beispiel (21) beschriebenen allgemeinen oder hormonellen Nebenunseres Patienten zeigt, daß sich das hereditäre Angio- wirkungen durch Danazol (Veränderungen der Brust, ödem auch als Ödem des kutanen Papillarkörpers, also Erröten, Schwitzen, Stimmlagenänderung, Zunahme des Haut- und Haarfettgehaltes, Beschwerden von seiten des urtikariell, manifestieren kann. Die ursprünglich von Gelfand und Mitarbeitern (8) Zentralnervensystems und des Gastrointestinaltraktes, beobachtete dramatische therapeutische Wirkung von Muskelkrämpfe, Exantheme) beobachten. Allerdings liegt Danazol können wir bestätigen. Eine Initialdosis von unsere durchschnittliche Erhaltungsdosis (400 mg Dana600 oder 800 mg Danazol täglich bei den erwachsenen zol täglich) nahe der von Blackmore (1) angenommenen Patienten und 400 mg täglich beim Knaben führte meist geringsten bei Erwachsenen wirksamen Dosis von 300 mg innerhalb von 5 Tagen zum Anstieg des Clinh-Spiegels Danazol, während die Erhaltungsdosis bei den Patienten auf 50% des Normalwertes und zur klinischen Erschei- Spooners, welche hauptsächlich wegen Endometriose benungsfreiheit. Lediglich ein Patient (Fall 4) blieb mit handelt wurden, durchschnittlich 800 mg betrug. Da es sich bei Danazol um ein attenuiertes Androgen 46% unter der als Schwellenwert angenommenen 50% Grenze, bei deren Unterschreiten Attacken auftreten könhandelt, kontrollierten wir bei allen Patienten den Hormonstatus vor und während der Therapie: Lediglich bei nen (7), blieb jedoch dabei erscheinungsfrei. Bei der Festsetzung der Erhaltungsdosis von Danazol hielten wir den zwei männlichen Erwachsenen fiel der Testosteronuns ebenfalls an diesen Grenzwert, daß heißt, es wurde spiegel während der Therapie deutlich ab, ansonsten im Rahmen der Dauertherapie jene minimale Danazol- blieben alle Hormonwerte im Normbereich. Die bei dem jungen Patienten (Fall 1) im »competitive protein binddosis empirisch bestimmt, die ein Absinken des Clinhing assay« gefundene Erhöhung des Progesterons ist Spiegels auf unter 50% des Normalwertes verhinderte. wahrscheinlich auf die nachgewiesene Kreuzreaktion des Danazols mit Progesteron in diesem Test zurückzufühTab. 1. Erhaltungsdosen von Danazol und Clinh- sowie C4-Verren (3). Als Bestätigung dieser Interpretation erbrachten laufskontrollen Kontrollen mit einem spezifischen Radioimmunassay normale Progesteronwerte. Wegen seines präpubertären Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 4 Alters nimmt gerade dieser Patient eine Sonderstellung ein, welche eine genaue endokrinologische Überwachung Danazolerfordert. Er ist das erste Kind, bei dem Danazol wegen Erhaltungsdosis [mg] 200 jeden 2. Tag 400 400 600 eines hereditären Angioödems therapeutisch eingesetzt CÎinh-Spiegel 38 44 44 40 (0/o des Normalwertes) wurde (22); bisher wurde lediglich eine kleine Anzahl C4-Spiegel von Kindern wegen Pubertas praecox mit Danazol be60 64 64 50 (o/o des Normaiwertes) handelt (19). Von Bedeutung erscheint uns die Tatsache, daß bei drei der von uns beobachteten Personen (einschließlich Beim Kind (Fall 1) gaben wir die Anfangsdosis von des Vaters von Fall 1) eine Änderung der hormonellen 400 mg täglich bis zum Erreichen des Normaiwertes der Situation (Pubertät oder Menopause) zu einer HäufigClinh- und C4-Spiegel, während wir bei den anderen keitszu- oder -abnahme und Milderung oder VerstärPatienten bereits nach Überschreiten der 50 % -Grenze kung der Anfälle führte. Nach Frank und Mitarbeitern die Danazoldosis reduzieren konnten, ohne daß Rezidive auftraten. Alle Patienten sind seit Therapiebeginn er- (7) führen bei Frauen mit hereditärem Angioödem Grascheinungsfrei, die jeweilige Erhaltungsdosis und der viditäten in den letzten zwei Trimena oft zu einer Frequenzabnahme der Attacken, möglicherweise wegen der entsprechende Clinh-Spiegel sind in Tabelle 1 zusam- durch die Gravidität bedingten hormonellen Umstellung mengefaßt. Bemerkenswert ist, daß der neunjährige oder durch eine diaplazentare Übertragung des Clinh. Patient (Fall 1) trotz eines auf 38% erniedrigten Clinh- Es soll in diesem Zusammenhang erwähnt werden, daß Spiegels zur Zeit anfallsfrei ist. Möglicherweise bringt bei Graviden mit hereditärem Angioödem erstaunlicherauch bei ihm, wie bei seinem Vater, der Pubertätsbeginn, weise nicht einmal beim starken Trauma der Geburt erkennbar am jüngst erfolgten h-LH-Anstieg beim Schwellungen im Genitalbereich auftreten, während LRH-Test, trotz erniedrigter Clinh- und C4-Spiegel eine außerhalb der Gravidität bereits längeres Radfahren zu deutliche Besserung im Krankheitsverlauf mit sich. Das Angioödemen führen kann. Absinken des Clinh-Spiegels bei gleichbleibender MediBezogen auf die eigenen Patienten könnte der puberkation läßt sich durch einen altersgemäßen WachstumsTestosteronanstieg die deutliche Besserung des täre schub mit entsprechender Gewichtszunahme und damit Krankheitsverlaufes beim. Vater des jungen Patienten mit einer Abnahme der mg/kg-Dosis Danazol erklären. (Fall 1) erklären. Vermutlich stellt auch der C4-Spiegel, der bei diesem Patienten 60% des Normalwertes beträgt, einen besseren Alle diese Beobachtungen und die Wirksamkeit von Parameter zur Beurteilung des Behandlungserfolges dar Methyltestosteron in der prophylaktischen Therapie des als der Clinh-Spiegel. Das erscheint auch deswegen hereditären Angioödems sowie das dosisabhängige Anwahrscheinlich, weil der C4-Spiegel den C4-Verbrauch steigen des Clinh-Spiegels durch die Danazol-Medikadurch Cl und daher die Clinh-Wirkung widerspiegelt. tion sprechen für einen engen Zusammenhang zwischen

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I 2.72.

Hess u. a.: Antikörperbehandlung einer Digoxin-Ineoxikation

Hormonhaushalt und Clinh-Metabolismus. Dieser bisher noch ungeklärte Zusammenhang weist in eine neue Untersuchungsrichtung zur Klärung der Pathogenese des

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I Z73

Dr. S. Schwarz Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie der Universität A-6020 Innsbruck, Dr.-Fritz-Pregl-Str. 3

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Nr. 36, 7. September 1979, 104. Jg.

Zur Arbeit Hiotner u. a. (Scite 1269-1273)

Danazoitherapie des hereditirei Angioöderns

Abb. 2. Fall 2: figuriertes, jirtikariclics Exanrhern 24 Stunden vor Auftreten der abdornincilen Koliken.

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[Danazol treatment of hereditary angioneurotic oedema (author's transl)].

Hintner u. a.: Danazoltherapie des hereditären Angioödems Nr. 36, 7. September 1979, 104. Jg. 12.69 Dtsch. med. Wschr. 104 (1979), 1269-1273 Danaz...
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