Leitthema Hautarzt 2015 · 66:355–359 DOI 10.1007/s00105-015-3637-6 Online publiziert: 25. April 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

P. Elsner Klinik für Hautkrankheiten, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland

Tropen- und Einsatzdermatologie Konsequenzen für die Weiterbildung im Fach „Haut und Geschlechtskrankheiten“ und für die ärztliche Fortbildung

Hauterkrankungen zählen zu den häufigsten Krankheiten in den Tropen. Bei bevölkerungsbasierten Untersuchungen zeigte sich eine Morbidität von Hautkrankheiten über 30 %, wobei infektiöse Erkrankungen wie Mykosen und die Skabies im Vordergrund standen [1]. Hautkrankheiten sind in den Tropen aber nicht nur häufig, sondern sie sind auch häufig tödlich. Nach den jüngsten Daten der Global Burden of Disease Study liegt die Mortalität für zahlreiche der 10 häufigsten Erkrankungen mit Hautbeteiligung in den Entwicklungsländern um ein Vielfaches höher als in den Industrieländern (. Tab. 1; [2]). Unter Berücksichtigung, dass die jüngste Ebola-Epidemie auch als Erkrankung mit Hautbeteiligung einzuordnen ist, verschlechtert sich diese Relation weiter [3]. Deutsche Dermatologinnen und Dermatologen sind mit dieser Dermatologie „in country of needs“ zunehmend konfrontiert: 55Reisende aus tropischen Ländern bringen nicht nur Souvenirs, sondern nicht selten auch tropische Infektionen der Haut in die Heimat zurück. So waren bei 34.162 Reiserückkehrern, die sich an der Reisemedizinischen Poliklinik der Universität München vorstellten, in 12,2 % Hautkrankheiten anzutreffen [4, 5]. Die häufigsten Diagnosen betrafen Arthropodenreaktionen (23 %), bakterielle Infektionen (22 %), Wurmerkrankungen (11 %), protozoische Infektionen (6 %), Virusinfektionen (6 %), allergi-

sche Erkrankungen (5 %) und Pilzinfektionen (4 %) [4]. 55Zunehmend engagieren sich Dermatologinnen und Dermatologen aus Deutschland in Hilfsprojekten im Ausland und sind dabei mit einer völlig unterschiedlichen Dermatoepidemiologie konfrontiert. 55Die deutsche Bundeswehr ist seit Ende des Kalten Krieges zunehmend in Auslandseinsätzen friedensschaffender und friedenssichernder Natur, zur Terrorismusbekämpfung und in der internationalen Katastrophenhilfe engagiert. Diese Einsätze finden vielfach mit teils erheblichen Standzeiten in den Tropen statt, sodass bei eigenen Einsatzkräften und denen von Partnernationen mit tropischen Hauterkrankungen zu rechnen ist [6–8]. Bei Einsätzen in den Tropen stehen häufig aus der hoch entwickelten Dermatologie in den Industrieländern gewohnte diagnostische und therapeutische Optionen nicht zur Verfügung [9]. So macht oft allein die Durchführung mykologischer Untersuchungen Schwierigkeiten, und dermatohistologische Diagnostik ist oft nicht oder nur mit großer Verzögerung verfügbar [10]. Damit wird die einsatzvorbereitende fachliche Qualifizierung von Hautärztinnen und Hautärzten in der Tropen- und Reisedermatologie immer wichtiger.

Tropen- und Reisedermatologie in der Weiterbildungsordnung zur Dermatologin/ zum Dermatologen und Zusatzbezeichnung Tropenmedizin Die aktuellen Weiterbildungsordnungen (in Kompetenz der jeweiligen Landesärztekammern) für das Fach Haut- und Geschlechtskrankheiten (. Infobox 1) sehen den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in einer Vielzahl von Aspekten des Fachgebietes vor, wobei die Tropendermatosen zwar in der Erkennung und Behandlung von Erkrankungen der Haut, Unterhaut und deren Gefäße, der Hautanhangsgebilde und der hautnahen Schleimhäute subsumiert werden können, jedoch nicht ausdrücklich genannt werden [11]. Wesentlicher Teil des Fachgebiets ist die Venerologie mit der „Vorbeugung, Erkennung und Behandlung sexuell übertragbarer Infektionen und Infestationen an Haut und hautnahen Schleimhäuten und Geschlechtsorganen“, die in besonderer Weise tropendermatologisch von Bedeutung ist [12]. DDEmpfehlenswert ist grundsätzlich für eine dermatologische Einsatztätigkeit in den Tropen der Erwerb der Zusatzbezeichnung Tropenmedizin. Voraussetzung ist die Facharztanerkennung für Dermatologie. Die Weiterbildungszeit in Tropenmedizin gliedert sich in 12 Monate bei einem Weiterbildungsermächtigten für Tropenmedizin an einer tropenmedizinischen Einrichtung, 12 Monate tropenmediziDer Hautarzt 5 · 2015 

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Leitthema Tab. 1  Mortalitätsdaten der Global Burden of Disease Study für Krankheiten mit Hautmanifestationen; 2010 [2] Krankheiten mit Hautmanifestationen Melanom Basal- und Plattenepithelkarzinom Dekubitus Bakterielle Hauterkrankungen Erysipel Varizellen Syphilis Masern Dengue-Fieber Andere Hautkrankheiten

Industrieländer: mittlere altersadjustierte Mortalität (pro 100.000 Personen) [95 %-KI] 1,63 [1,28–1,98] 0,52 [0,43–0,61] 0,31 [0,06–0,56] 0,17 [0,02–0,37] 0,12 [0,02–0,26] 0,04 [0,02–0,06] 0,04 [0,38–0,46] 0,01 [0,27–0,30] 0,12 [0,23–0,45] 0,0017 [0,0002–0,004]

Entwicklungsländer: mittlere altersadjustierte Mortalität (pro 100.000 Personen) [95 %-KI] 0,35 [0,0007–0,69] 0,41 [0,32–0,51] 0,83 [0,58–1,08] 0,74 [0,54–0,93] 0,51 [0,37–0,65] 0,12 [0,09–0,14] 1,78 [1,36–2,20] 1,97 [1,68–2,25] 0,23 [0,10–0,57] 0,0068 [0,005–0,01]

Vergleich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern (p-Werte)

[Dermatology in the tropics and in medical missions: Consequences for the training of dermatologists and for continuing medical education].

Dermatologists from Germany are increasingly involved in international missions under tropical conditions. While civilian operations take place primar...
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