Editorial

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Dermatologie – mehr als medizinische Kosmetik Dermatology – more than medical cosmetics

Tietze und Berking stellen in Ihrer Übersichtsarbeit zu neuen Therapieoptionen beim metastasierten malignen Melanom aufregende Entwicklungen vor. Liegt beispielsweise eine Mutation im BRAF-Gen vor, können hier Hemmstoffe gegen die mutierte BRAF-Kinase des Melanoms eingesetzt werden. Mit Wirkstoffen wie Vemurafenib oder Dabrafenib konnten zum Teil spektakuläre Remissionen erzielt werden. Derzeit arbeitet man daran, die leider oft eintretende Resistenzentwicklung durch Kombinationstherapien oder Intervalltherapien zu verhindern. Andere neue Wirkstoffe richten sich gegen Mutationen wie das in der Zellmembran lokalisierte Protein cKIT, ein Mitglied der Familie der Rezeptor-Tyrosinkinasen. Diese Mutation findet sich in etwa 10–35 % der akralen oder Schleimhautmelanome. Ein wiederum anderes Wirkprinzip wird bei der immunonkologischen Therapie angewendet. So blockiert der Antikörper Ipilimumab CTLA-4, was zu einer Re-Aktivierung unterdrückter T-Lymphozyten führt. Diese wiederum können dann Melanomzellen vernichten. Ebenfalls auf T-Zellen wirken Antikörper gegen PD-1, den „Programmed cell death 1“- Rezeptor. Mit Hilfe dieses Proteins bewirken Melanomzellen eine direkte Immunsuppression von T-Lymphozyten. Die Ansprechraten mit derzeit untersuchten Studienpräparaten sind sehr vielversprechend. Tietze und Berking ziehen das Fazit, dass die neuen Therapieoptionen Prognose und Therapie des metastasierten Melanoms entscheidend verbessert haben. Ein wesentliches Prinzip ist dabei die individualisierte Behandlung, das heißt die Auswahl eines Tumortherapeutikums nach Kriterien des Mutationsmusters im Melanom. Meier und French geben eine Übersicht über die bisher bekannten Autoinflammationssyndrome. Diese Erkrankungen umfassen wiederkehrende Episoden systemischer Entzündung ohne das

Vorhandensein von Pathogenen, Autoantikörpern oder spezifischen T-Zellen. Ursache ist eine Dysfunktion des angeborenen Immunsystems. Zu der Gruppe dieser Erkrankungen gehören das familiäre Mittelmeerfieber, Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome (u. a. Muckle-WellsSyndrom), das Schnitzler-Syndrom, der Morbus Still, sowie das PAPA-Syndrom (Pyogene Arthritis mit Pyoderma gangraenosum und Akne). Auch der Morbus Crohn und die Gicht haben Züge einer Autoinflammationserkrankung. In Kenntnis der Pathogenese können u. a. Tumornekrosefaktor-alpha-Blocker, Anti-Interleukin-1 (z. B. Anakinra) oder traditionellere Mittel wie Dapson und Colchicin eingesetzt werden.

Prof. Dr. med. H. Wolff

Im Gegensatz zu den vorher beschriebenen Erkrankungen des angeborenen Immunsystems gehören die von Hammers, Schmidt und Zillikens beschriebenen Blasen-bildenden Autoimmunerkrankungen zu den Störungen des erworbenen Immunsystems. Prof. Dr. med. T. Ruzicka

Blasen-bildende Autoimmunerkrankungen sind eine heterogene Gruppe von seltenen Erkrankungen, die unbehandelt tödlich verlaufen können. Dies gilt insbesondere für die Gruppe der Pemphigus-Erkrankungen, bei der sich Autoantikörper gegen desmosomale Proteine von Haut und Schleimhaut richten. Hierbei kommt es zur Autodestruktion der Epithelverbände. Eine ähnliche Erkrankungsgruppe, die jedoch wesentlich häufiger ist, sind die Pemphigoid-Erkrankungen, bei denen es zu einer Schädigung der Hemidesmosomen und in der Folge zu einer subepidermalen Hautablösung kommt. Bei der Dermatitis herpetiformis Duhring liegen Autoantikörper gegen Transglutaminasen 2 und 3 vor. Sie ist häufig mit einer Gluten-sensitiven Enteropathie assoziiert. Die Therapie Blasen-bildender Autoimmundermatosen beruht auf Immunmodulation und -suppression. Initial werden systemische Kortikosteroide eingesetzt, um eine Remission zu erzielen. Mittel- und langfristig sollte mit möglichst wenig Kortison behandelt werden, dafür eher mit – je nach Blasen-bildender Erkrankung – Dapson, intravenös verabreichten Immunglobulinen, Methotrexat, Mycophenolatmofetil oder Rituximab. Antal widmet sich dem häufigen Problem des chronischen Juckreizes. Ursprünglich diente die Juckreizempfindung dazu, schädigende Parasiten oder Pflanzenbestandteile schnell von der Haut zu entfernen. Das Leiden Pruritus ist mit einer

H. Wolff1 T. Ruzicka1 Dermatologie Editorial

Institut Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Ludwig-Maximilians-Universität München Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1370166 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 0:1457–1458 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. med. Hans Wolff Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie Ludwig-Maximilians-Universität München Frauenlobstr. 9-11 80337 München eMail hans.wolff@ med.uni-muenchen.de

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Die Dermatologie, wie sie in den deutschsprachigen Ländern ausgeübt wird, umfasst ein sehr breites Spektrum an Spezialdisziplinen. Dermatologinnen und Dermatologen beschäftigen sich mit schweren Autoimmunerkrankungen, der Allergologie, Phlebologie, Venerologie, Andrologie oder Proktologie. Besondere Schwerpunkte stellen die dermatologische Onkologie, Dermatochirurgie und die Dermatohistopathologie dar. Auf einige dieser Schwerpunkte soll im vorliegenden Sonderheft eingegangen werden.

Editorial

Prävalenz von etwa 13 % in der Erwachsenen-Bevölkerung ein häufiges, quälendes Problem. Bei Menschen über 60 Jahre steigt die Prävalenz auf etwa 20 %. Man unterscheidet Pruritus cum materia und sine materia. Bei Ersterem handelt es sich um ein Symptom bei sichtbaren dermatologischen Erkrankungen wie beispielsweise atopischem Ekzem, Urtikaria oder Zoster. Beim Pruritus sine materia muss nach innerlichen Störungen, wie z. B. Polycythaemia vera, chronischer Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, cholestatischen Lebererkrankungen, Eisenmangel-Anämie oder auch Morbus Hodgkin gesucht werden. Pathophysiologisch wird Pruritus über unmyelinisierte C-Fasern weitergeleitet. Einer der wichtigsten Mediatoren des Juckreizes ist Histamin. Diagnostisch ist zunächst eine o. g. Grunderkrankung zu suchen bzw. auszuschließen. Therapeutisch kommen Antihistaminika in Frage, eine UV-Therapie oder – meist notwendig – zentralwirksame Substanzen wie Antidepressiva, Neuroleptika und selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI). Vielversprechend sind in initialen klinischen Studien Anti-Interleukin-31Rezeptor-Antikörper, die eine gute Juckreizlinderung zeigen.

Zusammenfassend kann die Kenntnis von Hautveränderungen, die mit gastrointestinalen Erkrankungen assoziiert sind, zu einer früheren Diagnose der gastrointestinalen Erkrankung führen. Neben den oben genannten Übersichten wird zusätzlich noch eine Kasuistik den Reigen der dermatologischen Erkrankungen mit vielen Schnittstellen zur inneren Medizin und anderen Fachdisziplinen abrunden. Wir freuen uns sehr, dass aus Anlass der 24. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie in München, bei der wieder Rekordteilnehmerzahlen mit bis zu 4000 Teilnehmern erwartet werden, ein DermatologieSchwerpunkt der DMW entstanden ist. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen.

Schließlich geben Kulichová, Schauber und Ruzicka einen Überblick über Assoziationen von Hautveränderungen mit gastrointestinalen Erkrankungen. Hierbei gibt es zum einen Hauterscheinungen bei gastrointestinalen Polyposis-Syndromen wie Gardner-Syndrom, Peutz-Jeghers-Syndrom, Muir-Torre-Syndrom oder Neurofibromatose Typ 1. Auch können gastrointestinale Tumore zu paraneoplastischen kutanen Veränderungen führen: Acanthosis nigricans, Akrokeratosis paraneoplastica Bazex, Glukagonom-Syndrom, Karzinoid-Syndrom. Entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sind häufig ebenfalls mit entzündlichen Hautveränderungen wie einem Pyoderma gangraenosum oder einem Erythema nodosum assoziiert. Auch vaskuläre Störungen können sich sowohl gastrointestinal als auch an der Haut äußern. Typisch hierbei ist die Purpura SchönleinHenoch, das Kaposi-Sarkom oder das Blue-Rubber-Bleb-Nävus-Syndrom.

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 1457–1458 · H. Wolff u. T. Ruzicka, Dermatologie – mehr …

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