Aus der Cochrane Library – für die Praxis

Kommentar aus der Praxis

V. Pneumologie AUTOR

Helfen Disease-ManagementAusderCochraneLibra y–fürdiePraxis Programme Patienten mit COPD?

Schlüsselwörter Cochrane Library

Online Publikation: DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 0 2013; 8 1383 :3 54 /14 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Do disease management programs help patients with COPD?

Disease-Management-Programme (DMP) sind langfristige interdisziplinäre Behandlungsprogramme für Patienten mit chronischen Krankheiten. Verschiedene Optionen wie medikamentöse, physiotherapeutische und edukative Therapieansätze sollen optimal koordiniert werden. Ziel ist auch eine verbesserte Kommunikation zwischen den einzelnen Behandlungsinstanzen wie Hausarzt, Facharzt und Physiotherapeut. Kruis et al. legten nun eine Metaanalyse von Studien zur Effektivität von DMP bei COPD vor.

Einleitung: Die COPD ist eine chronische und sich in der Regel langsam verschlechternde Erkrankung, bei der Medikamente nur eine begrenzte Wirksamkeit zeigen. Um so wichtiger ist hier ein konzertiertes und koordiniertes Vorgehen der Ärzte zusammen mit physiotherapeutischen, sporttherapeutischen und edukativen Ansätzen (v. a. Raucherentwöhnung), wie im DMP intendiert. Studien: In das Cochrane-Review eingeschlossen wurden 26 randomisiert-kontrollierte Studien aus 11 Ländern, die den Erfolg einer Behandlung innerhalb von DMP mit regulärer Versorgung verglichen. Als Behandlung innerhalb eines DMP definierten die Autoren ein Konzept mit mindestens zwei Behandlungsinstanzen und mindestens zwei Behandlungsverfahren. Das mittlere Alter der 2997 Patienten (68% Männer), die an einer schweren COPD mit einer mittleren Einsekundenkapazität (FEV1) von 44,3% litten, betrug 68 Jahre. Ergebnisse: Gemessen am Chronic Respiratory Questionaire (CRQ) war die Lebensqualität der am DMP teilnehmenden Patienten nach 12 Monaten in allen Bereichen statistisch signifikant verbessert: Atemnot (mittlere Differenz [MD] 1,02; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,67– 1,36), Fatigue (MD 0,82; 95%-KI 0,46– 1,17), Stimmung (MD 0,61; 95%-KI 0,26– 0,95) und Alltagsbewältigung (MD 0,75; 95%-KI 0,38–1,12). Im St. George’s Respiratory Questionaire (SGRQ), dessen Endpunkten nach den GRADE-Kriterien (GraHerausgeber: Dr. med. Jörg Meerpohl Prof. Dr. rer. nat. Gerd Antes

ding of Recommendations Assessment, Development and Evaluation) eine höhere Evidenzqualität als denen des CRQ beigemessen wird, fand sich ein klinisch relevanter Nutzen nur im Bereich der krankheitsbedingten Belastungen (MD -4,04; 95%-KI -5,96 bis -2,11). Der 6-MinutenGehtest zeigte bei DMP-Teilnehmern eine statistisch signifikante Verbesserung um 43,86 m (95%-KI 21,83–65,89) gegenüber der Kontrollgruppe. Krankenhausaufnahmen kamen bei DMP-Patienten seltener vor (Odds Ratio 0,68; 95%-KI 0,47–0,99) und sie verbrachten innerhalb eines Jahres im Mittel 3,78 Tage weniger im Krankenhaus (95%-KI -5,90 bis -1,67). Die Mortalität unterschied sich nicht signifikant, unerwünschte Effekte wurden nicht beobachtet.

Fazit der Cochrane-Autoren Bei den hier untersuchten Patienten verbesserten Disease-Management-Programme nicht nur die krankheitsbezogene Lebensqualität und die körperliche Leistungsfähigkeit, sondern verminderten auch die Zahl der stationären Aufnahmen und der im Krankenhaus verbrachten Tage. Die Daten würden nicht ausreichen, um die langfristige Effektivität von DMP zu belegen oder zu widerlegen.

Dr. med. Peter Pommer, Oberammergau Originalarbeit: Kruis AL et al. Integrated disease management interventions for patients with chronic obstructive pulmonary disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 10. DOI: 10.1002/14651858.CD009437.pub2 www.thecochranelibrary.com

Chronische Krankheiten erfordern stets langfristig angelegte und koordinierte multiprofessionelle Therapiekonzepte. Disease-Management-Programme stellen einen systemischen und deshalb zumindest theoretisch optimierten Ansatz dar. Die Cochrane-Autoren haben dies bestätigt, zugleich aber hinter die langfristige Effektivität ein Fragezeichen gemacht. Übersetzt auf deutsche Verhältnisse müssen wir darauf achten, dass diese wertvolle Initiative nicht zum bürokratischen Selbstläufer wird, der sich in Dokumentation und Qualitätssicherung erschöpft. Im Hinblick auf das streng budgetierte Einkommen der deutschen Kassenärzte bieten DMP einen Zusatzerlös außerhalb der Quartalspauschalen, die dem Arzt die Möglichkeit geben, seinem Patienten mehr (honorierte) Zeit zu widmen, die idealerweise für Gespräche zur Verbesserung des krankheitsbezogenen Wissens und zur Motivation zu einer gesundheitsförderlichen Lebensweise genutzt werden sollte. Die zumindest theoretische Gefahr der DMP liegt in der Tatsache, dass Patienten mit geringer Krankheitsschwere, die möglicherweise wenig vom DMP profitieren, aus Gründen der budgetären Misere dennoch eingeschleust werden. Das kann dazu führen, dass Patienten mit leichter COPD, die mit einem kurzwirksamen β2Sympathomimetikum bei Bedarf ausreichend behandelt wären, „sicherheitshalber“ doch teure Medikamente aus der Leitlinienkaskade erhalten – ein wirtschaftliches Problem. Fast noch schlimmer wiegt aber die Pathologisierung beschwerdearmer Patienten mit grenzwertigem Lungenfunktionsbefund. Von Seiten eines Pharmaherstellers wurde ein Lungenfunktions-Screeningprogramm in Allgemeinarztpraxen aufgelegt, das auch der Generierung von Medikamentenkonsumenten dient. Grundlage einer Aufnahme ins DRG-Programm sollte daher immer ein fachärztlicher Lungenfunktionsbefund sein, da solche Befunde bei nicht optimaler Anleitung des Patienten grundsätzlich falsch niedrig ausfallen. Um die international beobachteten Erfolge von DMP auch in Deutschland zu gewährleisten, müssen wir unsere Arbeitsweise an internationalen Standards orientieren.

Dr. med. Peter Pommer Pneumologie, Fachklinik am Kofel, Gesundheitszentrum Oberammergau Interessenkonflikte: keine

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139, Nr. 1/2

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