Planta (Berl.) 102, 160-172 (1972) 9 by Springer-Verlag 1972

Verursacht differentieller Druck der Amyloplasten auf ein komplexes Endomembransystem die Geoperzeption in Wurzeln? ANDREAS SIEVERS u n d DIETER VOLKMANN Abteilung ffir Cytologie, Botanisehes Institut der Universitiit Bonn Eingegangen am 6. September 1971 Does Differential Pressure of Amyloplasts on a Complex E n d o m e m b r a n e System Cause Geopereeption in t%oots ? Summary. In the root cap of Lepidium sativum a complex of multiple rough endoplasmie retieulum develops above the morphologieM lower transverse cell walls during ontogenesis of the eolumella cells ("statoeysts"). The eisternae of the ERcomplex are preferentially oriented parallel to the transverse wails. In normal vertical exposure of the roots the amyloplasts ("statoliths") lie above the ER-eomplex. They do not touch the plasma membrane, but possibly they press against the ERcomplex and thereby bring about geotropie equilibrium. In each storey of the root cap the transverse walls together with their ER-eomplexes have a parabolic shape. Therefore the surfaee areas of the eentrM ER-eomplexes form a right angle and those of the peripheral ER-eomplexes an acute angle with the organ axis. Owing to the shape of the whole ER-eomplex within eaeh storey, the amyloplasts in the physically upper peripheral eolumella cells do not press against the membranes of the ER in the ease of horizontM exposition. On the other hand in the physically lower part the amyloplasts are still situated above the ER-eomplex and can press on the Et%. Geopereeption in roots may be a function of pressure exerted differentially by amyloplasts on the ER-eomplex.

Einleitung I n d e n W u r z e l n der hSheren P f l a n z e n erfolgt die P e r z e p t i o n der Schwerkraft offenbar i m Bereich der CMyptra. Sie ist a n die A n w e s e n h e i t v o n A m y l o p l a s t e n in d e n zentral gelegenen Zellen der Co]umella g e b u n den. Diese E r k e n n t n i s s e der Begrfinder der Statolithentheorie w u r d e n erst kfirzlich wieder best~tigt ( J u n i p e r et al., 1966; Iversen, 1969). Die A m y l o p l a s t e n liegen i n positiv geotropisch w a c h s e n d e n W u r z e l n n a h e der morphologisch u n t e r e n Querwand. Da sie bei A b w e i c h u n g v o m Lot stets der t%ichtung der Schwerkraft folgen, ist ihre S e d i m e n t a t i o n aM die jeweils physikaliseh u n t e r e Zellwand vielfach m i t der Geoperzeption i n Z u s a m m e n h a n g g e b r a c h t worden. V e t allem die h/~ufig b e o b a c h t e t e ~ l b e r e i n s t i m m u n g der Pr/~sentationszeit m i t der S e d i m e n t a t i o n s d a u e r der

Endomembranen und Geoperzeption

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Amyloplasten hat zu der Annahme geffihrt, dab die Geoperzeption in den plasmatischen Grenzschichten nahe der /iuBeren tangentialen L/ingswgnde lokalisiert sei (Hawker, 1933; Audus, 1962, 1971; Wilkins, 1966; Larsen, 1971). Die Translokation der Amyloplasten und erst recht deren K o n t a k t mit den /~ul3eren tangentialen Schichten des Cytoplasmas k6nnen aber ffir die AuslSsung der geotropischen l~eaktion nicht yon Bedeutung sein. Ihre Sedimentation auf eine LS,ngswand dauert normalerweise mindestens einige Minuten. Versuche am intermittierenden Klinostaten (Fitting, 1905a, b) haben klar erwiesen, dal3 Pflanzen eine Xnderung der Schwerkraftrichtung in Bruchteilen yon Sekunden perzipieren. I n derartig kurzen Zeiten kann nur die t~ichtung des Druckes, den die Amyloplasten an ihrem m~sprfinglichen Ort ausfiben, nicht abet ihre Lage innerhalb der Zelle ver/~ndert werden (Brauner, 1962). Weder die Pr/~sentationszeit noch die Sedimentationsdauer der Amyloplasten, die beide unschwer zu messen sind, erlauben daher Aussagen fiber das Wesen der Geoperzeption (vgl. auch Pickard, 1971). I n eigenen Studien fiber den Feinbau der Columellazellen von Lepidium zeigte sich, dab die Amyloplasten das Plasmalemma weder bei vertikaler noch bei horizontaler Orientierung der Wurzeln tangieren. Demnach kann die Steuerung der geotropischen Reaktion nieht durch den Kontakt zwischen Amyloplasten und Plasmalemma der jeweiligen physikalischen Unterseite erfolgen. Wie wir in der vorliegenden Arbeit zeigen, entwickelt sich im Zuge der Differenzierung der Columellazellen zwischen den sedimentierenden Amyloplasten und dem Plasmalemma der unteren Querwand ein vielf/~ltiges Endomembransystem, das aufgrund seiner Lage in den Einzelzellen trod innerhalb der gesamten Columella geeignet erscheint, als Unterlage ffir den yon den Amyloplasten ausgefibten, differentiellen Druck zu fungieren. Hinweise auf ein auffallendes Endoplasmatisehes getikulum (ER) in den "Statocysten" wurden bereits yon Audus (1962), Griffiths und Audus (1964) sowie Juniper und French (1970) gegeben. Material und Methode Samen von Lepidium sativum wurden zunS~chst zum Quellen 30 rain lang in Leitungswasser gelegt, darauf an feuchtes Filterpapier in eine Kiivette gebracht, so dal~ sich die Keimwurzeln in einer dunke] gehaltenen, feuchten Kammer bei 24~ entwickeln konnten. Es wurde darauf geachtet, dal3 die Wurzeln nicht mit einer Unterlage in Beriihrung kamen. 83 % der Samen keimten ~us. Von den ausgekeimten Wurzeln zeigten 96 % die zu erwartende geotropische Reaktion. Zur Horizontal]egung wurde der Halter, an dem die Samen befestigt waren, um 90~ gedreht. Nach 36 Std wurden die vertikal bzw. 20 rain lang horizontal orientierten Wurzeln ohne weitere Pri~paration in aufsteigender FixierungslSsung fixiert. Fixation: 2 % w~Brige KMnOa-LSsung, 2 Std bei Zimmertemperatur. Einbettung in Ara]dit. Mikrotomieren am Reichert OmU 2. Auffangen der Schnitte auf

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A. Sievers und D. Voikmann:

Abb. 1. Wurzelhaube yon Lepidium sativum im medianen LEngsschnitt. ZellwEnde halbschematisch. Punktierter Bereich: polar organisierte Columellazellen. R6mische Zahlen bezeichnen die Etagen, ~rabische Z~hIen mit den zugeh6rigen gestrichelten l~eehteeken Lage und UmriB der elektronenmikroskopischen Abb. 2a--4 Cu-Objekttr~gern R 150A der Fa. Veco, deren Maschenweite das Mikroskopieren an medianen L~ngsschnitten durch die gesamte Calyptra gestattet. Mikroskopieren am Siemens Elmiskop I A. Es wurde auch mit Acrolein-Glutaraldehyd-OsO4 fixiert. Wegen der besseren ~bersichtlichkeit fiber die Membranverh~ltnisse werden in der vorliegenden Arbeit nur Aufnahmen von KMnO4-fixierten Zellen wiedergegeben.

Ergebnisse Die Wurzelhaube yon Lepidium besteht aus 7 Etagen (Abb. 1, I - - V I I ; vgl. Iversen et ~l., 1968). Die Etagengrenzen erscheinen im medianen Li~ngsschnitt ann~hernd parabelfSrmig. Der ~Vinkel zwischen den Etagengrenzen ( ~ Verlauf der Querwiinde in einer Etage) und der Calyptraachse betr~gt daher im Zentrum fast 90 ~ Er wird mit der Entfernung yon der Achse kleiner. Die Zellen der Etage I teilen sich nicht mehr; das Meristem liegt oberhalb der Etage I. Nur der zentrale Tefl der Etagen I I - - I V (Abb. 1, punktierte Zellen) zeichnet sich aufgrund der Anordnung der Zellorganellen durch eine strenge Polarit/~t aus. Wir bezeichnen allein diesen Bereich mit Columella. I n allen iibrigen Calyptrazellen sind die Organellen zuf/~llig verteilt. Die Etage V I I besteht aus stark sezernierenden Zellen (Mollenhauer et ~1., 1961). Sie werden nach

Endomembranen und Geoperzeption

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T~belle 1. Anzahl der Zisternen im E R - K o m p l e x nahe der morphologisch unteren Querwand in der Columella yon Lepidium sativum Etage

Zellzahl

Minimal Maximal

I II III IV

14 30 24 11

1 4 7 8

I II III IV

11 22 27 10

Mittel

Standardabweichung

1,8 6,8 9,0 10,9

• 0,60 • 1,34 • 1,04 ~: 2,06

Wurzel vertikal

2 8 12 14

Wurzel 20 rain horizontal

1 3 7 9

2 8 11 16

1,7 6,8 9,0 10,9

-4-0,64 -- 1,46 • 1,21 -[=2,20

36 Std noch nicht abgeschilfert. Die gestrichelten gechtecke (Abb. 1) mit den Zahlen 2 a, 2 b, 3 und 4 geben die Umrisse und Lage der elektronenmikroskopischen Abb. 2 a, b, 3 und 4 wieder, die parallel zur Calyptraachse so orientiert wurden, dab die morphologische Unterseite der Columellazellen nach unten weist. Die L/~ngspolarit~t der Columellazellen yon vertikal wachsenden Wurzeln k o m m t in den Abb. 2 a, b, 3 und 4 deutlich zum Ausdruck. Die Querw/~nde fallen im Vergleich zu den L/~ngsw/~nden durch ihre groBe Plasmodesmenzahl auf (vgl. Juniper und French, 1970). W~hrend in einer Zelle der Etage I (Abb. 2 a, I) der Zellkern (N) ann/~hernd im Zent r u m liegt und alle iibrigen Zellorganellen einschlieglich der noch st/~rkefreien Leukoplasten (P) zuf/~llig verteilt sind, lassen die Etagen I I his I V (Abb. 2a, I I ; Abb. 2b, I I I ; Abb. 3, IV; Abb. 4, I I I ) eine klare Hierarchie erkennen, die sicher keine Anordnung gem/~B der Dichte der Zellorganellen ist (vgl. Bouck, 1963). Der Zellkern (N) liegt oben, die mit St/irkekSrnern geffillten Amyloplasten (A) unten (N~mec, 1901). Zwischen den absinkenden Amyloplasten und der morphologisch unteren Querwand entsteht in den Etagen I I - - I V ein komplexes, vielf/iltig kommunizierendes Endomembransystem (ER). Die Amyloplasten berfihren also das morphologisch untere Plasmalemma niemals. Es handelt sich um granu1/~res El%, wie Fixierungen mit Acrolein-Glutaraldehyd-Os04 zeigten. Lipoidtropfen (L) liegen iiberwiegend im peripheren Cytoplasma, w~hrend Dietyosomen und Mitochondrien gleichm~l~ig in der Zelle verteilt sind. Sie fehlen im Bereich des ER-Komplexes. I n den peripheren Columellazellen kommen kleinere Vacuolen vor (Abb. 4, V). Uber die Entwicklung des auff/~lligen ER-Systems am distalen P o l d e r Columellazellen gibt die Tabelle 1 Auskunft. Die Anzahl der Zisternen

Abb. 2 a u. b. Wurzel vertikal. I - - I I I : aufeinander folgende Columellazellen aus den Etagen I - - I I I yon einer t~eihe nahe der Calyptraaehse, die etwa am linken Bildrand verl~uft (vgl. Abb. 1). I n der Zelle I liegt der Zellkern (N) anngherend zentral. Die iibrigen Zellorganellen einschliel~lich der noeh stSM~efreien Leukoplasten (P) sind gleiehmggig verteflt. Die Zellen I I u n d I I I zeigen sedimentierte Amyloplasten (A) oberhMb der ER-Zisternen (ER) nahe der morphologiseh unteren QuerwS~nde. Der EI~-Komplex in Zelle I I I besteht aus mehr Zisternen als der in Zelle II. Pd Plasmodesmen in den Querwgnden, L Lipoidtropfen. KMnO~-Fixation. 10000:1

Abb. 2b u. 3

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A. Sievers u n d D. Volkmann:

Abb. 4. Wurzel vertikM. Periphere Columellaze]le aus der Et~ge I I I (vg]. Abb. 1), deren Zellumri8 u n d -inh~lL asymmetrisch ist. Calyptraachse parallel zu den seitlichen Bildkanten. Die morphologisch untere Querwand (Q~) sowie der ER-Komp]ex (ER) bilden einen Winkel yon ca. 55 ~ mit der Achse. V Vacuole. KMnO4-Fixation. 8000:1

Abb. 3. Wurzel vertikal. Morphologisch unterer Teil einer zentralen Columellazelle aus der Etage IV (vgl. Abb. 1). U n t e r den Amyloplasten (A) ein stark entwickelter ER-Komplex (ER). KMn0t-Fix~tion. 10000:1

Endomembranen und Geoperzeption

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Abb. 5. Wurzel 20 rain horizontal. Zentrale Columellazelle aus der Etage III. Calyptraachse parallel zur oberen Bildkante. Die Amyloplasten (A) sind zur physikalisch unteren, morphologisch /iu6eren L/ingswand (Ta) hin verlagert. Der EI~Komplex (E/~) liegt nahe der morphologisch unteren Querwand (Qu). KMnQ-Fixation. 8 000:1

w u r d e v o m morphologisch u n t e r s t e n P u n k t der Zelle aus in achsenparalleler R i c h t u n g e r m i t t e l t . D o r t ist das EI~ a m s t ~ r k s t e n e n t w i e k e l t (Abb. 4). Von der I. zur I I . E t a g e ist die Z u n a h m e urn d u r c h s c h n i t t l i c h 5 Zisternen a m st&rksten, v o n d e r I I . zur I I I . noch deutlieh (H- 2,2 Zis t e r n e n i m Mittel). Die grSSten Zisternenzahlen ( m a x i m a l 16) sind in den E t a g e n I I I u n d I V anzutreffen. Die Zisternen des E R - K o m p l e x e s sind groSfl~ehig u n d verlaufen in ihrer grSBten A u s d e h n u n g parallel zur u n t e r e n Querwand. Sie sind an den Langsw&nden etwas aufw~trts g e k r t i m m t . Der ganze E l ~ - K o m p l e x in einer Zelle b e s i t z t also die G e s t a l t einer flaehen Sehtissel. Besonders in den p e r i p h e r e n Columellazellen reicht ihr R a n d vielfach an den/~ul~eren t a n g e n t i a l e n L a n g s w a n d e n etwas h5her als an den inneren. P a r a l l e l zu

168

A. Sievers und D. Volkmarm:

den fibrigen Zellwandpartien ]iegen wie in der Etage I nur einzelne und zumeist kfirzere ER-Zisternen (vgl. Juniper und French, 1970). Die Amyloplasten liegen stets o berhalb des Et~-Komplexes (Abb. 2a bis 4). Sie d r i n g t n n i c h t i n d e n K o m p l e x einund sind aueh nicht yon einzelnen Zisternen umschlungen, wie Audus (1962) angibt. Die meisten Amyloplasten liegen (vor allem in den randstgndigen Colnmcllazellen wegen deren Querwandneigung) fiber dem E R am morphologisch untersten Punkt, wie sehon die Abb. 2b, in der eine Zelle unmittelbar neben einer zentralen dargestellt ist, und wie vor allem die Abb. 4 zeigt, die an der Peripherie der Columella liegt (Abb. 1). Ihre untere Querwand (Qu) verl~uft sehr/ig zur Organachse. Der El~-Komplcx ist offensiehtlich in bezug auf seine Lage und Ausdehnung in den Zellen recht stabil, wic Verg]eiche zwisehen vertikal und 20 rain lang horizontal orientierten Wurzeln zeigen (Tabelle 1; vgl. jedoch Audus, 19~2, sowie Griffiths und Audus, 1964). In dtr zentralen Columellazelle aus der Etage I I I in Abb. 5 sind naeh 20 min Horizontallage die Amyloplasten in Riehtung auf die physikalisch untere, /~ugere L/ingswand verlagert worden. Sie berfihren aueh in diesem Fall das Plasmalemma nieht, haben aber wahrscheinlich Mitochondrien und Dietyosomen teilweise verdr/ingt. Der ER-Komplex hegt der morphologisch unteren Querwand an und li~Bt kaum Ver/~nderungen im Vergleich zu vertikal orientierten Wurzeln erkennen. Diskussion

Wie in der Einleitung betont wurde, kann die Geoperzeption in der Wurzel nur darin bestehen, dal~ die Amyloplasten einen differentie]ltn Druck auf ihre Unterlage am ursprfinglichen Ort ausfiben, nicht dagegen in ihrer Translokation. Die sedimentierten Amyloplasten in den Columellazellen liegen abet in positiv geotropiseh waehsenden Wurzeln auf einem vielf~Itigen Endomembransystem, das yon uns zun/ichst an einem einzelnen 0bjekt dargestellt wurde. Itinweise auf seine weitere Verbreitung geben Audus (1962), Griffiths und Audus (1964) sowie Juniper und French (1970). Der ER-Komplex liegt stets oberhalb der morphologisch unteren Querwand und ist in jeder einzelnen polaren Columellaze]le wit eine flache Sehfissel ausgebreitet. Im medianen L/~ngsschnitt durch die Wurzelhaube (Abb. 1) sieht man, dag alle Querw/~nde einer einzelnen Etage aneinandergereiht ann~hernd eine Parabel bilden. Dasselbe gilt auch ffir die ER-Komp]exe der einze]nen Zellen innerhalb einer Etage. Daraus kann man mSglicherwtise entscheidende Konsequenzen ffir die Geoperzeption ziehen. Betrachtet man eine einzelne, peripher gelegene Columel]azelle aus der Etage I I I (Abb. 4), so wird die extreme Asymmetrie ihres Zellumrisses und

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Endomembranen und Geoperzeption L-

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Wurzetspitze

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Abb. 6. Halbsehematisehe Zeichnung (r) yon Zellw~nden, Zellkern, Amyloplasten und ER-Komplex einer peripheren Columellazelle (Etage III) aus Abb. 4 und spiegelbildlieh gleiehe Darstellungauf dergegeniiberliegenden Seiteder Calyptr~ (1). In Vertikallage der Warzel ~ben die Amyloplasten auf den Et~-Komplex beiderseits der Aehse einen gleiehmgBigen Druek aus in t~iehtung yon g. Nach Drehung mn 90~ wirkt der Druek in gichtung f . Die linke Zelle (l) wird zur physikalisch oberen (o), die reehte (r) zur physikaliseh unteren (u). Die Amyloplasten iiben in der oberen Zelle (o) keinen Druek mehr auf den ER-Komplex aus. Qomorphologiseh obere, Qumorphologiseh untere Querwand, Ta 5~ugere, T/innere tangentiale Lgngswand

vor allem auch die ihres Zellinha]tes im Vergleich zu zentraleren Zellen sehr deutlich. I n der rechten tIs der Abb. 6 (r) sind ZellumriB, Zellkern, Amyloplasten und El~-Komplex der Zelle aus Abb. 4 eingezeichnet. Eine entspreehend strukturierte, spiegelbildlieh gleiche Zelle liegt links yon der Calyptraachse (Abb. 6, l) a m gegeniiberliegenden R a n d der Colnmella. Die unteren Querw/~nde (Qu) u n d mit ihnen die beiden E R Komplexe sind symmetrisch in einem Winkel yon ca. 55 ~ zur Achse der Calyptra geneigt. Da st~trkehaltige Plastiden eine gr6Bere Dichte als granu]~res E R haben (Bouck, 1963), iiben die Amyloplasten D r u c k auf den unter ihnen liegenden E R - K o m p ] e x aus. Dieser D r u c k ist bei vertikaler Orientierung der Wurzel (Abb. 6, g) a m st/~rksten im morphologiseh tiefst gelegenen Bereich der Zelle. Die Wurze! befindet sich in bezug auf den y o n den Amyloplasten ausgehenden Druek im Gleiehgewicht. Bei Drehung der Wurzel aus der Lotrichtung u m 90 ~ (Abb. 6, g') sind die Druckverh/s aufgrund der symmetrisehen Lags der gegen-

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A. Sievers und D. Volkmann:

fiberliegenden EtC-Komplexe jedoch sofort abge/~ndert, und zwar in besonders starkem Mage am I~ande der Columella: die Amyloplasten in der nunmehr oben liegenden Zelle (Abb. 6, o) k6nnen keinen Druek mehr auf das E R ausiiben, da es nun nicht mehr ,,unter" ihnen liegt, w/ihrend sie in der jetzt unten befindlichen Zelle (Abb. 6, u) naeh wie vor auf TeL len des ER-Komplexes liegen. Bei J~ndernng der Druckriehtung um 90 ~ wird also wegen des feststehenden Neigungswinkels zwischen den jeweils gegenfiberliegenden E R - K o m p l e x e n and der Organachse das E R in den dann oben gelegenen Colnmellazellen vom Druck durch die Amyloplasten momentan befreit, wiihrend es in den unteren noch immer belegt bleibt. Diese Druckdifferenzen mfissen zwischen den gegenfiber|iegenden Randzellen der Columella am gr613ten sein, weft deren E R - K o m p l e x e den kleinsten Winkel mit der Organachse bilden. I n Achsenn/~he sind sie am kleinsten. Selbst die auf eine Drehung um 90 ~ folgende Translokation der Amyloplasten in l~ichtung yon g' (Abb. 6) i~ndert an dieser Situation im Prinzip nicht viel. Denn da die E R - K o m p l e x e in ihrer Position innerhalb tier Zellen offensiehtlieh ziemlieh stabil erscheinen (vgl. Tabelle 1 und Abb. 5), kSnnen die Amyloplasten in den oberen Zellen absinken, ohne wieder in Berfihrung mit dem E R - K o m p l e x zu kommen. In den unteren Zellen gleiten sie j edoch dabeinoeh am E R entlang and treffen sehliel~lieh auch am neuen tiefsten P u n k t der Zelle noeh auf den Rand des Komplexes. Doeh am Ende der Sedimentationszeit der Amyloplasten ist, wie eingangs befont wurde, die geotropisehe Reaktion lgngst induziert worden. Versueht man, unsere Befunde und deren Interpretation mit bekannten physiologisehen Daten in Einklang zu bringen, so dfirfte es nahe liegen, eine nut Sekunden dauernde Geoperzeption auf die Xnderung des Druckes auf den E R - K o m p l e x zurfiekzuffihren: Man kann sieh vorstellen, dal3 dieses System aueh bei anderen Abweiehungen vom Lot als um 90 ~ sinnvoll funktioniert. MSglieherweise ist das im R a u m fiber mehrere Etagen paraboloidfSrmig aufgespannte vielf/iltige Membransystem, das in Li~ngsriehtung fiber die zahlreichen Plasmodesmen in den Querwgnden (Juniper and French, 1970) in Verbindung stehen kann, besonders empfindlieh aueh ffir geringe Druekuntersehiede bei geringer Lotabweiehung. Ferner ist damit eine neue Grundlage geschaffen ffir das immer wieder geforderte differentielle Signal, das yon oberer bzw. unterer Itglfte der Wurzelhaube ausgehen mug, um die obere bzw. nntere Flanke in der Streekungszone zum differentiellen Waehstum zu induzieren (Audus, 1971). Bei genauerer Kenntnis der cytologischen Daten erfibrigt sieh die zu Fehlsehltissen verleitende Hilfskonstrnktion eines besonders sensitiven Cytoplasmas nahe der /~ugeren tangentialen Zellw/inde (Audus, 1971; Larsen, 1971). Es genfigt wahrseheinlieh (aueh w/~hrend der Krfimmungsphase) die Annahme einer differentiellen Druekempfindliehkeit des EI{-

Endomembrancn und Geoperzeption

171

Komplexes an den morphologiseh unteren Querw/~nden, die im peripheren Colnmellabereich keineswegs senkreeht, sondern als Xste einer Parabel schr/~g zur Organaehse verlaufen (Abb. 1). Da Wurzeln, deren Calyptra entfernt wurde, normal weiterwaehsen (Juniper et al., 1966), mug man annehmen, da$ die Wurzelhaube und damit der allseitig gleiehm/~$ig wirkende Druck auf die ER-Komplexe das Waehstum der Wurzel in Normallage nieht beeinflussen. Demnaeh kann also ein differentielles Signal yon der Calyptra zur Streekungszone onur bei Abweiehnng veto Lot gemeldet werden. Da dabei eine wesentfiche Druekminderung nur in den peripheren Columellazellen der physikalischen Oberseite zu erwarten ist, sollte man annehmen, da$ dadureh letzten Endes das Waehstum der oberen •lanke in der Streekungszone eine X~6rderung erf/~hl% Wie allerdings schon die normale Waehstumsregulation tier Wurzel erfolgt, ist derzeitig noeh reeht ungewi$ (Wflkins, 1971). Sie seheint nicht v o n d e r Calyptra aus gesteuert zu werden. Bereits die Begriinder tier Statolithentheorie batten die M6gliehkeit einer differentiellen Druekwirkung der Amyloplasten auf ihrer ursprfinglichen Unterlage nieht ausgeschlossen. Insbesondere beobachtete N~mec (1900, 1901, 1964) einen in seiner Position stabilen, diehten Plasmabelag aus ..... dieken Lamellen oder F/~den, die der Zellwand parallel verlaufen und yon zahlreichen KSrnern umgeben sind ..." an der morphologischen Unterseite tier Columellazellen, also alert, we der ER-Komplex liegt, allerdings nut dann, wenn die Querw/~nde nieht yon Amyloplasten belegt waren. M6glieherweise entzog sich der Plasmabelag nut der Darstellung mit den damals angewandten Methoden, wenn er mit den Amyloplasten belegt war. Wenn die Amyloplasten in den Golumellazellen tier Wurzeln tats/~ehlieh als Statolithen fungieren, so diirfte also nieht in ihrer einseitigen Ansamralung, sondern in einer Veranderung ihrer Druekwirkung (Brauher, 1962) auf den ER-Komplex die Geoperzeption zu suehen sein. Eine direktere Regulation des differentiellen Flankenwaehstums dutch Statolithen, wie sie an Einzelzellen m6glieh ist (Sievers und SehrSter, 1971; Hejnowiez und Sievers, 1971), ist in Organen, in denen Perzeptions- und Reaktionsort getrennt sind, ohnehin nieht zu erwarten. Mit Unterstatzung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaftund die Stiftung Volkswagenwerk. Literatur Audus, L. J. : The mechanism of the perception of gravity by plants. Symposia of the Society of Experimental Biology, No 16, Biological receptor mechanisms, p. 197--226, ed. J. W. L. Beament. Cambridge: University Press 1962. - - Linkage between detection and the mechanisms establishing differential growth factor concentrations. Gravity and the organism, p. 137--150, ed. S. A. Gordon and l~I. J. Cohen. Chicago and London: The University of Chicago Press 1971. 12 Planta (Berl.), Bd. 102

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A. Sievers und D. Volkmann: Endomembranen und Geoperzeption

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Prof. Dr. A. Sievers, D. Volkmann Abteilung ffir Cytmlogie, Botanisches Institut der Universit~t D-5300 Bonn, Venusbergweg 22 Deutschland

[Does differential pressure of amyloplasts on a complex endomembrane system cause geoperception in roots?].

In the root cap of Lepidium sativum a complex of multiple rough endoplasmic reticulum develops above the morphological lower transverse cell walls dur...
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