AKTUELL _ MAGAZIN

Umsichtige Beratung

Bis zu 80% der Urlauber, die wegen einer Reisediarrhö ein Antibiotikum eingenommen haben, sind bei ihrer Rückkehr mit Betalaktamase produzierenden Darmbakterien kontaminiert, wie eine finnische Studie ergeben hat.



430 Probanden lieferten vor und nach dem Urlaub eine Stuhlprobe zur Untersuchung auf Betalaktamase und Carbapenemase produzierende Enterobakterien (ESBLPE bzw. CPE) ab. Zwei Drittel der Reisenden hatten im Urlaub mit einer Darminfektion zu kämpfen, 15% nahmen ein Antibiotikum (79% Fluorchinolone, 13% Makrolide) ein, meist wegen der Darminfektion. Die mikrobiologischen Untersuchungen ergaben, dass 21% der Urlauber nach der Reise mit ESBL-PE kolonisiert waren, keiner mit CPE. Als unabhängige Risikofaktoren für eine solche Besiedelung zeigten sich in der multivariaten Analyse das Reiseziel, eine Reisediarrhö sowie die Einnahme von Antibiotika. Außerdem stieg ab 18 Jahren das Risiko an.

Während nur bei 11% der Reiserückkehrer ohne Darminfektion und Antibiotikaeinnahme ESBL-PE aus dem Stuhl isoliert wurden, lag die Quote bei Durchfallpatienten, die kein Antibiotikum eingenommen hatten, bei 21% und bei antibiotischer Behandlung der Diarrhö erreichte sie 37%. Am höchsten war das Risiko für eine ESBL-PE-Besiedelung in Südasien. Von hier brachten 46% die resistenten Keime mit nach Hause. Ohne Reisediarrhö und Antibiotikum hatten sich bei 23% der Südasienheimkehrer ESBL-produzierende Enterobakterien niedergelassen, von denjenigen mit unbehandelter Durchfallerkrankung waren 47% befallen und von denen, die die Darminfektion mit einem Antibiotikum therapiert hatten, 80%. Relativ gering war das Risiko in

© Nobilior/fotolia.com

Reisediarrhö: Nicht immer gleich mit dem Antibiotikum zuschlagen

Oft geht es ohne Antibiotika. Lateinamerika, und bei Reisenden innerhalb Europas, Australiens oder Amerikas wurden keine ESBL-Keime nachgewiesen. Als wichtigste Maßnahmen gegen eine Kolonisierung mit resistenten Darmbakterien im Urlaub sehen die Autoren die Prävention von Reisediarrhöen sowie einen restriktiveren Umgang mit Antibiotika bei der Behandlung von Darminfektionen. (Siehe auch nebenstehendes Interview) St ■ ■ Kantele, A. et al. Clin Infect Dis. online 21. Januar 2015, doi:10.1093/cid/ciu957

Infektionen vorbeugen

Hundebiss: Wer braucht prophylaktisch Antibiotika?



© Ruchos / iStock / Thinkstock

Notfallmäßig zu versorgende Bisswunden stammen am häufigsten von Hunden. Solchen Wunden sagt man nach, mehr als andere zu Infektionen zu neigen. Insofern

Bloß nicht reizen!

6

könnten jedenfalls solche Patienten von der vorbeugenden Gabe eines Antibiotikums profitieren, bei denen das Infektionsrisiko besonders hoch zu veranschlagen ist. An welchen Merkmalen solche Risikokandidaten zu erkennen sind, haben Forscher um Meg Tabaka von der Stanford School of Medicine an rund 500 Patienten, die von Hunden gebissen worden waren, untersucht. Die Infektionsrate der Wunden lag bei 5,2%. Sie war damit deutlich niedriger als in früheren Untersuchungen, wo Raten bis zu 45% errechnet worden waren. Es zeigte sich, dass vor allem stichartige Bisse zu Infektionen führten – also Bisswunden, die bis in die Lederhaut reichen und deren Tiefe ihre Breite übersteigt. Die Infektionsrate betrug hier 10,5% im Vergleich zu 3,7% bei allen anderen Wunden.

Allerdings spielte es auch eine Rolle, wo die Bisse lokalisiert waren und ob die Wunde verschlossen wurde oder nicht. Bisse im Kopf-Hals-Bereich etwa wiesen ebenfalls eine überdurchschnittliche Infektionsrate auf (7,7%). Gleiches galt für Wunden, die genäht wurden (7,0%). Hinzu kam, dass Bisse ins Gesicht aus kosmetischen Gründen häufig verschlossen wurden, sodass beide Faktoren zusammenwirkten. „Stichartige und während der Behandlung verschlossene Bisswunden sind hoch infektionsgefährdet“, folgern Tabaka und Kollegen aus ihren Ergebnissen. Bei solchen Wunden solle daher eine prophylaktische Gabe von Antibiotika erwogen werden. rb ■ ■ Tabaka ME et al. Emerg Med J 2015, online 29. Januar; doi: 10.1136/emermed-2014-204378

MMW-Fortschr. Med. 2015; 157 (7)

[Dog bite: who needs preventive antibiotics?].

[Dog bite: who needs preventive antibiotics?]. - PDF Download Free
118KB Sizes 2 Downloads 12 Views