Originalarbeit

Ann Nutr Metab 1992; 113-120

Institut für Ernährungsphysiologie, Technische Universität München, Freising-Weihenstephan, BRD

KeyWords Osmotic fragility of erythrocytes Essential fatty acids deficiency Supplementation of linoleic acid and eicosapentaenoic acid

Einfluss verschiedener ungesättigter Fettsäuren auf die Stabilität der Erythrozytenmembran bei der Ratte

Abstract

In rats restrictive feeding of a half-synthetic diet, with coconut fat as the dietary fat, caused an essential fatty acid deficiency with increased osmotic fragility of erythrocytes against hypo­ tonic saline solutions. A 60% replacement of the coconut fat in the basal diet by pure oleic acid (18:1 n-9) or linoleic acid (18:2 n-6) by 0.6% a-linolcnic acid (18:3 n-3), eicosatrienoic acid (20:3 n-3) or eicosapentaenoic acid (20:5 n-3) led, in the case of linoleic acid and eicosapentaenoic acid, to a significant decrease in the fragility of rat erythrocytes in comparison with the basal diet. The inefficacy of the a-linolenic acid treatment is possibly the consequence of a too low dietary supplementation.

Die Verwendung von Kokosfett in einer halbsynthetischen Diät führt nach restriktiver Futteraufnahme bei Ratten zu einem Mangel an essentiellen Fettsäuren, der sich in einer um bis zu 100% erhöhten Fragilität der Ery­ throzytenmembran gegenüber hypotonen Kochsalzlösungen äussert [1], Wurde in der gleichen Diät der Anteil an Kokosfett (2% Linolsäure) gegen Sonnenblumenöl (69% Li­ nolsäure) ausgetauscht, führte dies zu einer Normalisierung der Hämolyseresistenz [2], In einem neuen Versuch sollte nun als Scree­ ning-Test für weitere Untersuchungen durch Zulage verschiedener reiner ungesättigter Fettsäuren in physiologischen Konzentratio­

Erhalten: 22. Juli 1991 Angenommen: 30. November 1991

nen zu einer Basisdiät mit Kokosfett geklärt werden, durch welche spezielle Fettsäure die erhöhte Hämolyseempfindlichkeit der Ery­ throzytenmembran bei restriktiv gefütterten Ratten zu beheben ist. Material und Methodik 54 männliche Sprague-Dawley-Ratten mit einem durchschnittlichen Körpergewicht von 61 g wurden in 6 Gruppen zu je 9 Tieren eingctcilt. Gruppe 1 erhielt die mit Vitaminen und MineralstofTen ergänzte halb­ synthetische Basisdiät (Tab. 1) mit 8,7% Kokosfett als Diätfett. In Gruppe 2 wurden 60% des Kokosfettes durch Ölsäurc (18:1, co-9) und in Gruppe 3 durch 60% Linolsäure (18:2, co-6) ersetzt (Tab. 2). Bei den weite-

Prof. Dr. M. Kirchgessner Technische Universität München Institut für Emährungsphysiologie D-W-8050 Freising-Weihenstephan (BRD)

© 1992 S. Karger AG, Basel 0250-6807/92/ 0362-0113S2.75/0

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Hans-Peter Roth Manfred Kirchgessner

Komponenten

Menge, g/kg

Protein (Kasein) Stärke Saccharose Kokosfett Zellulose DL-Methionin Vitaminmischung1 Mineralstoffmischung2 Gesamt

200 300 321 87 30 2 20 40 1000

Tabelle 2. Fettkonzentrationen und Fcttsäurcarten in den verwendenten Versuchsdiäten

Gruppe Versuchsdiät

1 Basisdiät 2 Ölsäurc 3 4 5

1 Vitamine pro kg Diät: 5000 IE Retinol. 300 IE Cholekalziferol, 100 mg a-Tokopherolazetat, 5 mg Menadion-Natriumbisulfit. 5 mg Thiaminiumdichlorid, 10 mg Riboflavin, 6 mg Pyridoxinhydrochlorid: 50 mg Ca-D-Pantothenat, 20 mg Nikotinsäure. 1000 mg Cholinchlorid. 200 pg Folsäure. 25 pg Vita­ min B | 2, Stärke ad 20 g. 2 Mineralstoffc pro kg Diät: 1,148 g NaCl, 1.224 g NaHCO,. 6.6 g CaC03. 13.5 g Ca(C3H50 3)2• 5H20 , 9.0g Ca5(P 0 4)r 0H . 4.4g MgS04-7H20 . 10.25 g KH2P 0 4, 3.84 gN aH 2P 0 4-H20 . 257 mgFeCl3-6H20 . 39.4 mg CuSO4-5H20 , 144.1mg MnCl2-4H20 , 264 mg ZnS04- 7H20 . 36 mg KJ. 1.2 mg NaF.

ren Gruppen wurden jeweils 0.6% des Diätfettes durch (0-3 Fettsäuren, wie a-Linolensäure (18:3. (u-3. Grup­ pe 4). Eikosatriensäure (20:3. co-3. Gruppe 5) und Eikosapentaensäure (20:5, (o-3, Gruppe 6) ausgetauscht. Die einzelnen Fettsäuren wurden mit einer Reinheit von 99% bei der Firma Sigma-Chemie bezogen. Alle 6 Gruppen erhielten die unterschiedlichen Diäten in gleichen restriktiven Mengen, die etwa 50% der nor­ malen Aufnahme entsprachen, da nur bei restriktiver Fütterung der Basisdiät ein symptomatischer Mangel an essentiellen Fettsäuren beobachtet werden konnte [1], Dennoch war auf diese Weise ein Gewichtszu­ wachs von mindestens 2 g/Ticr und Tag zu erreichen. Die Haltung der Tiere erfolgte in metallfreien Kunst­ stoffkäfigen (3 Tiere/Käflg) auf Glasrosten in einer vollklimatisierten Kammer bei 23 °C, 60% relativer Luftfeuchte und 12stündigcm Hcll-Dunkel-Zyklus. Die Tiere wurden täglich käfigweise gewogen und die Käfige gereinigt. Als Trinkwasscr stand deionisiertes Wasser zur Verfügung, das durch Zusatz von 0,014% NaCl p.A. auf die durchschnittliche Osmolarität von

I 14

Roth/Kirchgessner

Fettsäurekonzentrationen und Fettsäurearten

6

100% Kokosfett 40,0% Kokosfett + 60.0% Ölsäure 40.0% Kokosfett Linolsäure + 60,0% Linolsäure 99.4% Kokosfett a-Linolensäure + 0.6% a-Linolensäure 99.4% Kokosfett Eikosatricnsäurc + 0.6% Eikosatriensäure Eikosapentacnsäure 99,4 % Kokosfett + 0.6% Eikosapentacnsäure

Leitungswasser gebracht wurde. Nach 28 Versuchs­ tagen wurden alle Versuchstiere unter Äthernarkosc dekapitiert und das Blut in heparinisierten Polyäthylenröhrchen gesammelt. Ein Teil des heparinisierten Blutes wurde sofort zur Bestimmung von Erythrozy­ tenzahl. Hämoglobinkonzentration. Hämatokrit und Leukozytenzahl an einem Coulter Counter mit Hä­ moglobinometer und Hämatokritzusatzgerät einge­ setzt. Die osmotische Hämolyseresistenz der Erythrozy­ ten wurde wie bei Roth und Kirchgessner [1,2] nach der von O'Dell et al. [3] modifizierten Methode von Cartwright [4] bestimmt. Jeweils 25 pl Blut wurden zu 2,5 ml verschiedener Kochsalzlösungen (0,30-0,40 g NaCl/lOOml in 5 m l/ Phosphatpuffer pH 7.4) gege­ ben. Lösungen mit 0,85 und 0 g NaCl/100 ml dienten als Normalwcrt bzw. Totalhämolyse. Nach 15 min In­ kubation bei Raumtemperatur wurden die Suspensio­ nen über 10 min bei 500# zentrifugiert und die Ex­ tinktion des Überstandes bei 540 nm photometrisch gegenüber dem Normalwcrt bestimmt. Die Hämolyse dereinzelncn Lösungen wurde prozentual zurTotalhämolyse (destilliertes Wasser) berechnet. Die mathematisch-statistische Auswertung erfolgte varianzanalytisch mit anschliessendem multiplem t-Test. Bei den in den Tabellen jeweils zu den Mittel­ werten angegebenen ±-Werten handelt es sich um die Standardabweichung der Einzelwertc. Signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten (p < 0.05) sind in den Tabellen mit unterschiedlichen Buchsta­ ben gekennzeichnet, auf den Abbildungen beträgt * p < 0.05.

Ungesättigte Fettsäuren und Mentbranstabilität

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Tabelle 1. Zusammensetzung der Basisdiät

Tabelle 3. Einfluss der ungesättigten Fettsäuren in der Diät auf Lebendgewichte. Zuwachsraten und Futter­ verwertung der Ratten Diätfett

Anfangs­ gewichte

e

Endgewichte nach Durchschnittliche 28 Versuchstagen tägliche Zunahme g g

Futteraufwand je Gramm Zuwachs, g

100% Kokosfett (Basisdiät)

62 ±5

128 ± 12

2.33 ±0,43

2.52 ±0.51

60% Ölsäurc (CI 8:1) 60% Linolsäure (C 18:2)

61 ± 4 61 ±3

124 ± 13 118 + 8

2,25 ±0,48 2.04 ±0.30

2.62 ±0.55 2.82 ±0.41

0.6% Linolensäure (CI 8:3) 0,6% Eikosatriensäure (C20:3) 0.6% Eikosapentaensäure (C20:5)

60 ±3 60 ± 4 63 ± 6

126 ±7 122+14 125+13

2.30 ±0.27 2.22 ±0.52 2.20 ±0.47

2.49 ±0.32 2.69 ±0.70 2,69 ±0.59

Tabelle 4. Hämatokrit. Hämoglobinkonzcntration. Erythrozyten- und Leukozytenzahl im Blut von Ratten mit Kokosfett als Diätfett bzw. teilweisem Ersatz durch Ölsäure (60%). Linolsäure (60%). ci-Linolensäure (0.6%). Eikosatriensäure (0,6%) und Eikosapentaensäure (0.6%)

Diätfett

Hämatokrit %

Hämoglobin g/100 ml

Blut Erythrozyten lOVpl

Leukozyten lOVgl

100% Kokosfett (Basisdiät)

44.7 ±2.4

15.0 ± 0.8a

7.7 ±0,3“

3,68± l,07a

60% Ölsäure (CI 8:1) 60% Linolsäure (CI8:2)

44.3 ±2,9 40.5 ±3,3

15.3 ± 0.5a 14.1 ± 0 .7 b

7,7±0.2a 7.3±0,3b

3.76 ± 1.10a 2.62±0.60b

0.6% a-Linolensäure (CI 8:3) 0.6% Eikosatricnsäure (C20:3) 0.6% Eikosapentaensäure (C20:5)

42.0 ± 3.0 42.3 ±3.6 41.6 ±3.4

14.7±0.8ab 14.9±0.9a 14.8±0.9ab

7.4±0.3ab 7.5 ± 0,4+b 7.8±0.3a

3.32±0.65a 3.34±0.69a 5,85 ± 1,62c

Ergebnisse

Die Entwicklung der Lebendgewichte, die Zuwachsraten und die Futterverwertung der Ratten bei verschiedenen ungesättigten Fett­ säuren in der Diät sind in Tabelle 3 aufgefiihrt. Der teilweise Ersatz des Kokosfettes in der Diät durch Öl-, Linol-, a-Linolen-, Eiko­

satrien- und Eikosapentaensäure führte zu keinen signifikanten Unterschieden in den Zuwachsraten und der Futterverwertung bei den Ratten gegenüber den Basistieren. Auch der Hämatokrit zeigte keine signifi­ kanten Veränderungen (Tab. 4). Der Linol­ säurezusatz verminderte signifikant den Hä­ moglobinwert bzw. die Erythrozyten- und

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Bei den zu den Mittelwerten angegebenen ± -Werten handelt es sich um die Standardabweichung der Einzelw'erte (n = 9). Unterschiedliche Hochbuchstaben in vertikaler Reihe bedeuten signifikante Unterschiede (p < 0.05).

100 -1

Na CI. %

Abb. 1. Hämolyseresistenz der Rattcncrythrozyten mit Kokosfett als Diätfett bzw. teilwei­ sem Ersatz durch Ölsäurc (60%) oder Linolsäure (60%) (* p < 0,05).

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Roih/Kirchgessner

Diskussion

Ein Mangel an essentiellen Fettsäuren er­ höht die osmotische Fragilität der Erythrozy­ tenmembran [1. 5-7]. Im vorliegenden Ver­ such sollte gezeigt werden, durch welche spe­ zielle ungesättigte Fettsäure eine Verbesse­ rung der Hämolyseresistenz zu erreichen ist. Hierzu wurde in der Basisdiät das Kokosfett zu 60% durch reine Öl- oder Linolsäure er­ setzt bzw. zu 0,6% durch die w-3-Fettsäuren a-Linolen-, Eikosatrien- oder Eikosapentaensäure. Der Einsatz von 60% Linol- (18:2, co-6) bzw. 0.6% Eikosapcntacnsäure (20:5. to-3) verbesserte die Hämolyseresistenz der Rattenerythrozyten signifikant um zum Teil mehr als 100%, während der Austausch von

Ungesättigte Fettsäuren und Membranstabilität

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Leukozytenzahl/pl Blut, während Eikosapentaensäure die Leukozytenzahl erhöhte. Die Hämolyseresistenz der Rattenerythro­ zyten gegenüber hypotonen Kochsalzlösun­ gen war bei den Tieren mit 60% Linolsäure(Abb. I) und 0,6% Eikosapentaensäureanteil (Abb. 2) im Vergleich zu den Basistieren mit Kokosfett als alleinigem Diätfett teilweise um mehr als 100% verbessert. Der 60%ige Aus­ tausch von Kokosfett durch Ölsäure (Abb. 1) bzw. von 0,6% an ct-Linolen- oder von 0,6% an Eikosatriensäure (Abb. 2) hatte keinen si­ gnifikanten Einfluss auf die Fragilität der Rat­ tenerythrozyten.

100 -|

NaCl, %

Kokosfett durch 60% Öl- (18:1, co-9) bzw. 0.6% a-Linolen- (18:3, co-3) oder 0,6% Eiko­ satriensäure (20:3, co-3) ohne Einfluss auf die Fragilität der Rattenerythrozyten blieb. Vom Fettsäuremuster der Membran­ phospholipide hängen zahlreiche Membran­ eigenschaften ab, vor allem deren Fluidität, die Permeabilität für den Stoffaustausch, die Aktivität membrangebundener Enzyme und Rezeptoren sowie die elektrische Reizantwort [8], Bislang ging man allgemein davon aus, dass die Zufuhr der beiden klassischen essen­ tiellen Fettsäuren (Linol- und a-Linolensäure) aufgrund ihrer Funktion als Substrate der langkettigen Polycnsäurcn den menschlichen Bedarf an mehrfach ungesättigten Fetten voll­ ständig decken können.

Bei Ratten mit Mangel an essentiellen Fettsäuren ist der Gehall an Linolsäure (18:2, co-6) und Arachidonsäure (20:4. co-6) in den Erythrozyten erniedrigt [5. 6], In der hier gezeigten Untersuchung erbrachte die Supple­ mentierung der Basisdiäl mit Linolsäure eine völlige Normalisierung der Hämolyseresi­ stenz der Rattenerythrozyten, was beweist, dass die Linolsäure eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung der Integrität der Zell­ membran, wie Fluidität, Deformierbarkeit und Stabilität, spielt. Es ist auch möglich, dass erhöhte Anteile von Linolsäurederivaten die Permeabilität der Zellmembranen verändern können [9] und damit die Hämolyseresistenz der Ratten mit Mangel an essentiellen Fett­ säuren verbessern.

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Abb. 2. Hämolyseresistenz der Rattenerythrozyten mit a-Linolensäure- (0.6%), Eikosatriensäure- (0,6%) oder Eikosapentaensäurezusatz (0,6%) zum Diätfett (* p < 0,05).

118

Roth/Kirchgcssncr

plementation auf die Fragilität der Erythrozy­ ten darf aber nicht dahingehend interpretiert werden, dass sie generell keine Bedeutung für physiologische Funktionen hat. Die «-Lino­ lensäure kann wie die Linolsäure vom Säuge­ tierorganismus nicht synthetisiert werden und muss mit der Nahrung zugeführt werden. Eine De-novo-Synthese der höheren co-3Fettsäuren durch Desaturierung und Elonga­ tion ist nur möglich, wenn das unterste Glied dieser Fettsäurenfamilie in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Der Grund für die Wirkungslosigkeit der a-LinolensäureZulage in der vorliegenden Untersuchung könnte zweierlei Ursachen haben. Zum einen erfolgt die Umsetzung von a-Linolensäure (18:3, (0- 3) in Eikosapentaensäure (20:5, (0- 3) sehr langsam und nur in bescheidenem Masse, so dass innerhalb der Versuchszeit wahrscheinlich keine ausreichenden Mengen an Eikosapentaensäure synthetisiert werden konnten. Zum anderen ist die biologische Wirksamkeit der a-Linolensäure wesentlich geringer als die der Eikosapentaensäure. wes­ halb Für diese (o-3-Fettsäuren unterschiedli­ che Bedarfszahlen, d.h. die Verwendung von Äquivalentdosen, diskutiert werden [13]. So war der Einfluss der a-Linolensäure auf die Thrombozytenaggregation beim Menschen mit einem Zehntel der Dosis an Eikosapenta­ ensäure zu erreichen [ 14], Es ist möglich, dass auch bei der Hämolysercsistenz der Erythro­ zyten ähnliche Unterschiede gelten und daher die Diätsupplementierung mit 0,6% a-Linolensäure nicht die gleiche Wirkung hervorrufen konnte wie 0,6% Eikosapentaensäure. Holman et al. [ 15] berechneten den Bedarf an a-Linolensäure für das Kind mit 44 mg/kg Körpergewicht und Tag. Die Versorung der Ratten mit a-Linolensäure betrug aber unter den vorliegenden Versuchsbedingungen nur 25-30 mg/kg und Tag und bewegte sich damit möglicherweise im marginalen Bereich. Aller­ dings müsste noch durch gestaffelte Zulagen

Ungesättigte Fettsäuren und Mcmbranstabililät

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Da möglicherweise die aus der Linolsäure (18:2, (0- 6) gebildete Arachidonsäure (20:4. (0- 6) wichtiger ist für die Aufrechterhaltung der physikalischen Charakteristiken der roten Blutzcllen als Linolsäure selbst [10], lassen sich die Versuchsergebnisse dahingehend in­ terpretieren. dass die Ratten in der Lage wa­ ren. die supplementierte Linolsäure schnell in Arachidonate umzuwandeln und somit die Aktivität der A6-Desaturase bei diesen Tieren nicht geschwächt war. Da bereits durch den Einsatz von Linolsäu­ re, trotz Abwesenheit von (o-3-Fettsäuren, die Hämolyseempfindlichkeit verbessert wurde, könnte man annehmen, dass die (o-3-Fettsäuren für die Aufrechterhaltung der Membranin­ tegrität nicht essentiell sind. Dennoch verbes­ serte aber auch der Austausch von 0,6% Eikosapentaensäure die Hämolyseresistenz der Erythrozyten in ähnlichem Umfang wie die Linolsäure. Der Bedarf an Eikosapentaensäure wird für den Menschen mit 350-400 mg/ Tag angegeben [11], was auf das metabolische Körpergewicht bezogen etwa 14.5 mg/kg0-75 und Tag entspricht. Die tägliche Aufnahme von 25 bis 30 mg Eikosapentaensäure/kg Kör­ pergewicht dürfte demnach bei den Ratten für eine ausreichende Versorgung genügt haben. (o-3-Fettsäuren werden in die Zellmembran der Erythrozyten eingebaut und verbessern die Verformbarkeit der roten Blutkörperchen und deren Fliesseigenschaft, die damit die Veren­ gungen im Blutkreislauf besser passieren kön­ nen. Ihre genaue Rolle in der Aufrechterhal­ tung der physiologischen Charakteristiken der normalen roten Blutkörperchen ist aber noch nicht geklärt. Überraschenderweise hatte die Supple­ mentierung mit 0,6% a-Linolensäure keiner­ lei Wirkung auf die Hämolyseresistenz der Erythrozyten. Dies scheint die Annahme von Tinoco et al. [12] zu bestätigen, dass a-Linolensäure nicht essentiel für Ratten ist. Die Wirkungslosigkeit der a-Linolensäure-Sup-

an a-Linolensäure bestimmt werden, ab wel­ cher Versorgungshöhe eine ähnliche Verbes­ serung der Hämolyseresistenz der Erythrozy­ ten zu erzielen ist wie bei der Eikosapentaensäure und ob sich dabei ähnliche Äquivalent­ dosen ergeben. Die Diätsupplcmentierung mit Ölsäurc (18:1. (ü-9) und Eikosatriensäure (20:3, oo-3) erbrachte keine Verbesserung der Hämoly­ seresistenz der Erythrozytenmembran gegen­ über der Basisgruppe mit einen Mangel an essentiellen Fettsäuren. Entweder hat Eiko­ satriensäure keine Wirkung auf die Hämoly­ seresistenz der Rattenerylhrozyten bei essen­ tiellem Fettsäuremangel, oder ihre biologi­ sche Wirksamkeit ist geringer als die von Eikosapentaensäure und ähnlich der von aLinolensäure. Dann wäre die zugesetzte Menge (0,6%) wie bei der a-LinolensäureGruppe zu gering gewesen. Da die Ölsäure nicht zur Synthese essentieller Fettsäuren ver­ wendet werden kann, führte auch eine hohe Diätsupplementierung von 60% zu keiner Verbesserung. Abschliessend kann aufgrund der vorlie­ genden Ergebnisse gesagt werden, dass sowohl durch einen Anteil von 60% Linolsäure (18:2, co-6) als auch von 0,6% Eikosapentaensäure (20:5, co-3) im Futterfett die hohe osmotische Fragilität der Erythrozyten von Ratten mit essentiellem Fettsäuremangel behoben wer­ den kann, ohne dass gleichzeitig die Depletion an co-3- bzw. oo-6-Fettsäuren aufgehoben

werden muss. Die spezifische Wirkung des Mangels an essentiellen Fettsäuren und die damit verbundene Änderung des Fettsäuren­ musters auf die Struktur und Funktion der Erythrozytenmembran ist aber noch nicht ge­ nau bekannt. Da jede Veränderung der Mem­ branzusammensetzung zu Funktionscinbussen und Stoffwechselveränderungen führt, wäre es interessant, in einem weiteren Ver­ such zu bestimmen, inwieweit die Basisdiät und die damit verbundene erhöhte Fragilität der Erythrozyten von Einfluss auf die Zusam­ mensetzung essentieller Fettsäuren der Ery­ throzytenmembran ist bzw. welche Verände­ rungen die Diätsupplementierung mit essen­ tiellen Fettsäuren hervorruft.

Zusammenfassung Eine halbsynthetische Versuchsdiät mit Kokosfett als Diätfett führte bei restriktiver Fütterung der Ratten zu einem Mangel an essentiellen Fettsäuren, der sich in verschlechterter Hämolyseresistenz der Erythrozyten gegenüber hypotonen Kochsalzlösungen äusserte. Ein 60%igcr Ersatz des Kokosfettes durch reine Ölsäure (18:1. (o-9) der Linolsäure (18:2, co-6) bzw. von 0,6% Kokosfett durch a-Linolensäure (18:3. co-3), Eikosatriensäurc (20:3. co-3) oder Eikosapentaensäure (20:5. co-3) führte im Falle der Linol- und Eikosapentaen­ säure zu einer signifikant besseren Hämolyseresistenz der Erythrozyten im Vergleich zur ßasisdiät. Die Wir­ kungslosigkeit der a-Linolensäure dürfte möglicher­ weise auf eine zu geringe Zulage zurückzuführen sein.

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Roth/Kirchgessner

Ungesättigte Fettsäuren und Membranstabilität

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