Langenbecks

ArchvfurChirurgie © Springer-Verlag1992

LangenbecksArch Chir (1992) 377:257

Wirksamkeit und Sicherheit niedermolekularer Heparine A. Encke

Klinik ffir Allgemeinchirurgie(Leiter: Prof. Dr. A. Encke), Universit/itsklinikum,Theodor-Stein-Kai7, W-6000 Frankfurt

Niedermolekulare Heparine (NMH) werden aus unfraktioniertem Heparin dutch Gelchromatographie, Alkoholf/illung oder enzymatische Depolymerisation gewonnen. Sie zeichnen sich gegen/iber dem Heparin dutch eine lfingere Halbwertszeit, eine h6here Bioverfiigbarkeit und eine im Verh/iltnis zur Thrombinhemmung st/irker ausgeprfigte Anti-Faktor-Xa-Aktivit/it aus. In randomisierten, kontrollierten klinischen Studien zur postoperativen Thrombembolienprophylaxe haben sich die NMH dem unfraktionierten Heparin gegeniiber als ebenbiirtig oder sogar als wirksamer zur Vermeidung tiefer Venenthrombosen erwiesen. Die gr613te Reduktion des relativen thrombembolischen Risikos gelingt dabei offenbar bei Patienten mit einem hohen Risiko (H/iftund Unfallchirurgie). Studien mit dem Endpunkt der t6dlichen Lungenembolie liegen nicht vor. Sie scheiterten bisher an der niedrigen Autopsierate der untersuchten Kollektive. Der exakte Wirkungsmechanismus der NMH ist nicht geklfirt. Unklar bleibt auch, ob die antikoagulatorischen Eigenschaften der NMH deren antithrombotische Wirksamkeit widerspiegeln. Eindeutig belegt ist dagegen, dab die verschiedenen NMH ein unterschiedliches pharmakologisches Profil mit unterschiedlicher antithrombotischer Wirksamkeit und Blutungsgefahr haben. Dies bedeutet, dab jedes neue NMH-Pr/iparat vor seiner klinischen Einf/ihrung individuell und vollst/indig getestet werden mug. Jede Heparinprophylaxe geht mit einer leicht erh6hten Blutungsneigung einher. Die NMH wurden unter der Pr/imisse entwickelt, dab die Hemmung des Faktors Xa gr6Bere Bedeutung fiir die antithrombotische Wirkung

nabe, die Inhibition des Thrombins dagegen eher mit einer erh6hten Blutungsneigung verkntipft sei. Die aus Tierversuchen abgeleitete Hypothese, dab NMH deshalb ein geringeres Blutungsrisiko haben, konnte durch sp/itere klinische Studien nicht best/itigt werden. Allerdings ist die Blutungsgefahr in vergleichenden Studien mit unfraktioniertem Heparin auch nicht gr6Ber. Hoffmann u. Largiad6r haben in einer doppelblinden, prospektiven, randomisierten Studie an knapp 600 Patienten aufgezeigt, dab postoperative Blutungskomplikationen weniger auf die Thrombembolieprophylaxe mit niedermolekularem Heparin (Sandoparin ~) als auf den Operateur zurfickzuffihren sind. In ihrer Untersuchung differierten die postoperativen Blutungskomplikationen je nach dem Operateur zwischen 2,7 und 19,2%. Sie pl/idieren zu Recht dafiir, dab ein Patient nicht wegen der objektiv ungerechtfertigten ,,Blutungsangst" des Operateurs, sondern nur bei echten Kontraindikationen von der Thrombemboliephrophylaxe ausgeschlossen werden sollte. Dies erscheint als eine wichtige Aussage, die in den bisherigen klinischen Studien eigentlich nie ber/icksichtigt wurde. Sie belegt einmal mehr auch die alte Erfahrung, dab Blutungen in der Chirurgie h/iufiger operations- als gerinnungsbedingt sind.

Literatur

1. Encke A, Breddin HK, Haas S (1992) Gegenw/irtigerStand der Thromboembolieprophylaxe in der Chirurgie. Aktual Chir 27:110-116

[Effectiveness and safety of low molecular weight heparin].

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