Videobeitrag: Aktuelle Operationstechniken Orthopäde 2015 · 44:189–192 DOI 10.1007/s00132-015-3079-y Online publiziert: 5. März 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

S. Rehart · A. Lust Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS, Akademisches Lehr-KH der Goethe-Universität, Frankfurt a.M., Deutschland

Endoprothetischer Ersatz des Ellenbogengelenks bei rheumatoider Arthritis Videobeitrag Video online Dieser Beitrag enthält ein Video zu einem endoprothetischen Ersatz des Ellenbogengelenks bei rheumatoider Arthritis. Dieses Supplementarymaterial finden Sie unter doi: 10.1007/s00132-015-3079-y oder unter springermedizin.de Weitere Informationen hierzu finden Sie am Beitragsende.

Einführung Der endoprothetische Ersatz des Ellenbogengelenks (. Abb. 1a, b) ist mit wenigen hundert Fällen pro Jahr in Deutschland vergleichsweise selten. Patienten des rheumatischen Formenkreises (Befallsrate der Ellenbogengelenke bei rheumatoider Arthritis: 20–70 %) stellen dabei den größten Anteil und zeigen zudem die signifikant besten Ergebnisse. Seltener werden auch Betroffene mit primärer oder posttraumatischer Arthrose mit einer Ellenbogengelenktotalendoprothese (-TEP) versorgt [3]. Die Indikation erfolgt stadienadaptiert und hängt u. a. von der Stabilität (gel. „Dreschflegel-Situation“ mit absolutem Kontrollverlust über den Unterarm) und dem knöchernen Destruktionsgrad ab [radiologische Darstellung mit Einteilung nach Larsen, Daale und Eek (LDE)]. Die Einteilung der Prothesentypen erfolgt anhand des Kopplungsgrades (nicht gekoppelt, teilgekoppelt, voll verblockt); der Kongruenz (kongruent – inkongruent); der Verankerung (zementiert – nicht-zementiert) und der Komponentenanzahl (2 vs. 3 Komponenten).

Operationsziele

Fallbeschreibung

Wie bei allen endoprothetischen Verfahren ist auch am Ellenbogen Schmerzreduktion bzw. Schmerzfreiheit das Ziel. Zudem ist das Vermeiden einer schnellen weiteren Progredienz destruktiver Vorgänge bei den progredient verlaufenden entzündlichen Systemerkrankungen von Bedeutung. Eine akzeptable Funktion dieses zwar nicht lasttragenden, aber hohe Kräfte transportierenden Gelenks wird angestrebt [2]. Da die Standzeiten bislang noch nicht der von TEP an Hüfte und Knie entsprechen, eignet sich der endoprothetische Ersatz des Ellenbogengelenks nicht für Personen, deren Lebensstil in Beruf und Sport einen hohen Kraftaufwand verlangt.

Im beigefügten Videobeitrag wird die Implantation einer Ellenbogen-TEP demonstriert. Es handelt sich um eine 64-jährige Patientin mit sekundärer Destruktion des linken Ellenbogens im Stadium 5 nach LDE auf dem Boden einer rheumatoiden Arthritis [Medikamente: MTX (perioperativ durchgehend weiter eingenommen), Enbrel (4 Wochen präoperativ abgesetzt), Prednisolon 7,5 mg].

Operationsverlauf Zu sehen ist der Operationsbeginn mit humeraler Palpation der anatomischen Regionen und Anzeichnen des Hautschnitts. Anschließend erfolgt die Inzision über Humerus und Ulna unter Aussparen des

Abb. 1 8 Morphologie der Sehen und Bänder im Ellenbogengelenk: a Ansicht von hinten-medial. b Ansicht von lateral. (Aus [5]) Der Orthopäde 3 · 2015 

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Videobeitrag: Aktuelle Operationstechniken

Abb. 2 8 Vorbereitende Osteotomie des Olecranons vor der Implantation einer Endoprothese am Ellenbogengelenk (Patientin des rheumatischen Formenkreises)

Abb. 3 8 Aufsetzen der Humerussägelehre

Abb. 4 8 Einbringen der Probeprothese am Humerus

Abb. 5 8 Zustand nach Einbringen der Prothese samt humeroulnarer Konnektion vor Verschluss des Trizepsfaszienstreifens

Abb. 6 8 Implantation des humeralen Prothesenanteils

Abb. 7 8 Implantation des ulnaren Prothesenanteils

Epikondylus und der Eingang in die Tiefe auf die Sehne des M. triceps brachii. Nun wird ein gestielter Faszienstreifen mobili-

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siert (ggf. Resektion der synovialen Wucherungen im Gelenk). Der Schutz des dargestellten N. ulnaris erfolgt durch die

gesamte Operation. Das Radiusköpfchen und die Resektion desselben wird unter Schutz der Müller-Hebel dargestellt (ggf.

Zusammenfassung · Abstract Synovialektomie der ventralen Gelenkanteile) und die Olecranonspitze entfernt (. Abb. 2). Nach Ankörnen des Knorpels mit dem Luer/Bohrer und Aufsuchen der Humeruslängsachse wird der SteinmannNagel für die Bestimmung der Längsachse eingebracht und die humerale Sägelehre auf den Nagel aufgesetzt (. Abb. 3) und durch Vorbohren und Befestigen der Lehre mit Pins in der gewünschten Position gehalten. Eine Fraktur der Kondylen (Cave: Osteoporose!) ist nach Möglichkeit zu vermeiden! Die Resektion der dorsalen Epikondylenanteile erfolgt mit der oszillierenden Säge. Nach Entfernen der Sägelehre unter Belassen der Pins und Aufsetzen der vorbereitenden Anteile des Kastens wird der Kondyleninfraktionsschutz eingebracht, der Kasten unter Schutz der Weichteile ausgesägt (v. a. ventral) und entnommen (ggf. Vervollständigung der Synovektomie), und es erfolgt das endomedulläre Einbringen der humeralen Achse und Anbohren durch die vorgegebenen Bohröffnungen. Nun werden die Raspeln unter Berücksichtigung der Größen vorbereitet. Die Probeprothese (.  Abb. 4, nach präoperativem Ausmessen und intraoperativer Verifizierung) wird bis in den Bereich der Epikondylen eingebracht. Diese sind mit der Säge zuvor so vorzubereiten, dass die Rundungen der Prothesenanteile über die knöchernen Anteile der Kondylen hinwegragen und diese überdecken. Ulnar erfolgt die Entnahme der knöchernen Anteile der Ulna, die den Eingang in den Ulnamarkraum maskieren. Dabei wird definitiv vermieden, das Olecranon zu sehr auszudünnen (häufig sklerosiert). Nach dem Aufsuchen des ulnaren Markraums (dieser liegt meist weiter dorsal und ulnar, als ursprünglich erwartet) wird dieser aufgeraspelt und aufgefräst und die Probeprothese eingebracht. Es folgt die Probereposition und das Festlegen der Spannung und der Tiefe des Einbringens der ulnaren Komponente (ggf. Bestimmen der maximal erlaubten Beugung, Flexionsgrad bis zum Beginn des Heraushebelns der humeralen Prothesenkomponente) bei kontrakten/auftragenden Weichteilen. Nun erfolgt das Vorbereiten und Einbringen des Zementstoppers in den Humerus-

markraum, das Vorbereiten des Palakoszements und getrenntes Einzementieren beider Anteile der endgültigen Prothese, humeral mit einem Zementschutz im Gelenk (.   Abb. 5, 6, 7). Dabei wird auch auf die gewünschte Rotation geachtet. Nach dem Aushärten des Zements. Nach der Reposition mit Hilfe des Aufsatzes (. Abb. 8) wird die klinische Kontrolle der Beweglichkeit und der Komponentenstellung durchgeführt (Spülung). Schließlich erfolgen die Adaptation und Naht der Trizepssehne, Einlegen der Redon-Drainage, Subkutannaht und Hautnaht, der Verband und die Röntgenkontrolle.

Postoperative Nachbehandlung Das Hauptziel der Nachbehandlung ist die Erhaltung und die Verbesserung der Beweglichkeit sowohl in der der Extension/Flexion als auch in der Innen-/ Außenrotation. Diese sollten vom Operateur festgelegten maximalen Flexionswert nicht übersteigen. Auch die Förderung der Koordination erfordert die intensive frühzeitige passive und aktive Bewegung. Zum Schutz der Wunde vor Dehiszenzen sollte die Extremität nachts bis zum Entfernen des kutanen Nahtmaterials für ca. 2 Wochen in einer Oberarmschiene bei ca. 30° gelagert werden. Selbstverständlich dürfen die angrenzenden Gelenke bei der Physiotherapie nicht vernachlässigt werden. Passive Bewegungsübungen ab dem 1. Tag postoperativ, zunächst aus der Schiene heraus, kombiniert mit Pronations- und Supinationsübungen. Aktive Bewegungsübungen finden ab dem 5. Tag postoperativ statt. Diese sollen später auf die Wiederherstellung der Kraft bei der aktiven Streckung ausgerichtet sein. Ergänzend: Ergotherapie [1].

Fehler, Gefahren und Komplikationen Bereits im Aufklärungsgespräch sollten mit dem Patienten die operativen Ziele und postoperativen Limitationen des Verfahrens definiert werden. So sollte – neben den üblichen Operationsrisiken – dem Patienten unmissverständlich klar gemacht werden, dass zur Vermei-

Orthopäde 2015 · 44:189–192 DOI 10.1007/s00132-015-3079-y © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 S. Rehart · A. Lust

Endoprothetischer Ersatz des Ellenbogengelenks bei rheumatoider Arthritis. Videobeitrag Zusammenfassung Der endoprothetische Ersatz des Ellenbogengelenks ist mit wenigen 100 Fällen pro Jahr in Deutschland vergleichsweise selten. Patienten des rheumatischen Formenkreises stellen dabei den größten Anteil und zeigen zudem die signifikant besten Ergebnisse. Die Indikation erfolgt stadienadaptiert und hängt u. a. von der Stabilität und dem knöchernen Destruktionsgrad ab. Eine akzeptable Funktion dieses zwar nicht lasttragenden, aber hohe Kräfte transportierenden Gelenks wird angestrebt. Im beigefügten Videobeitrag wird die Implantation einer Ellenbogentotalendoprothese demonstriert. Schlüsselwörter Schmerzreduktion · Schmerzfreiheit · Osteotomie · Nachbehandlung, postoperative · Medikation, antientzündliche

Endoprosthetic replacement of the elbow joint in rheumatoid arthritis. Video article Abstract Endoprosthetic replacement of the elbow joint is comparatively rare with less than 100 cases per year in Germany. Patients with forms of rheumatism constitute the major proportion and they also show the significantly best results. The indications are assessed in a stage-adapted manner and depend mostly on the stability and the grade of bony destruction. An acceptable function of this joint, which transmits high strength but is not load bearing, is the main target. The accompanying video demonstrates the implantation of a total elbow endoprosthesis. Keywords Pain reduction · Analgesia · Osteotomy · Treatment, postoperative · Anti-inflammatory agents

dung einer frühen Lockerung das Tragen schwerer Lasten (maximal 2–5 kg dauerhaft) postoperativ nicht angeraten ist. Gerade im rheumatologischen Patientenkollektiv besteht osteoporosebedingt ein erhöhtes intraoperatives Risiko für Der Orthopäde 3 · 2015 

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Videobeitrag: Aktuelle Operationstechniken

Abb. 8 9 Situation direkt vor der Konnektion der beiden Prothesenanteile

Frakturen, Kondylenabrisse oder für eine Perforationen der Raspeln [3]. Topographisch bedingt können Nervenläsionen auftreten, z. B. des N. ulnaris durch das Skalpell oder Hakendruck. Die operationsbedingte Armpositionierung in Bauchlage kann für eine Medianusschädigung verantwortlich sein. Bei einem ausgeprägten Weichteilmantel im ventralen Ellenbogenbereich wird die implantierte Prothese ab einem bestimmten Flexionsgrad aufgrund eines Hypomochlioneffekts im humeralen Anteil mit einer erhöhten Zugbelastung beansprucht. Dies kann eine vorzeitige Lockerung fördern. Diese kritische Grenze ist intraoperativ zu erkennen und sollte vom Operateur notiert werden. Die postoperative Krankengymnastik und die eigenständigen Bewegungsübungen sollten diesen Flexionswert, der vielfach jenseits von 120° liegt, nicht übersteigen.

schmerzhaften sekundären Destruktionen. 55Sie ist Domäne spezialisierter Zentren, die mit dem perioperativen Management der besonderen antientzündlichen Medikation vertraut sind.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. S. Rehart Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS Akademisches Lehr-KH der Goethe-Universität Wilhelm-Epstein-Str. 4, 60431 Frankfurt a.M. [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenskonflikt.  S. Rehart und A. Lust geben an, dass kein Interessenskonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren

Ergebnisse

Literatur

Die 10-Jahres-Überlebensraten moderner Ellenbogen-TEP liegen laut norwegischem Endoprothesenregister derzeit bei ca. 90 % [4]. Wichtig ist die Wahl eines geeigneten Patienten.

1. Sell S, Rehart S (2013) Operationsatlas Orthopädische Rheumatologie Thieme, S. 65 2. Rehart S, Lehr A, Schöniger A, Sachs A, Henniger M AE-Manual: Besondere OP-Indikationen, Ellenbogenendoprothetik 3. Fa. Zimmer Coonrad/Morrey Ellenbogenendoprothese Operationseinleitung S. 2.  http://www.zimmer.com 4. Universimed.com, „Aktueller Stand der Endoprothetik von der Hand bis zum Ellenbogen“ Stand: 07.03.2013.  http://universimed.com/christine-dominkus 5. Tillmann (2005) Atlas der Anatomie – Die Bilder CD-ROM. Springer, Berlin Heidelberg New York. ISBN 6-540-21964-1

Fazit für die Praxis 55Die endoprothetische Versorgung des Ellenbogengelenks eignet sich besonders für Patienten des rheumatischen Formenkreises mit Instabilitäten oder

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Video zum Beitrag springermedizin.de Online steht Ihnen das Video zum endoprothetischen Ersatz des Ellenbogengelenks bei rheumatoider Arthritis zur Verfügung. Dieses finden Sie kostenfrei unter 7 http://www.springermedizin.

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[Endoprosthetic replacement of the elbow joint in rheumatoid arthritis : Video article].

Endoprosthetic replacement of the elbow joint is comparatively rare with less than 100 cases per year in Germany. Patients with forms of rheumatism co...
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