Langenbecks Arch. Chir. 345 (KongreBbericht 1977)

~ngenbecksAmhiv for Chirurgie © by Springer-Verlag1977

48. Die Endoskopie in Diagnostik und Therapie chirurgischer Erkrankungen Coloskopische Diagnostik P. Fr6hmorgen Medizinische Klinik mit Poliklinik der Universit/it Erlangen-Ntirnberg (Prof. Dr. med. L. Demling), Krankenhausstr.12, D-8520 Erlangen

Endoscopy in the Diagnosis and Therapy of Surgical Diseases Colonoscopic Diagnosis Summary. Fibroscopes and the techniques of introducing them are now so highly developed that, except for an impassable stenosis, the entire colon can be inspected in every case and the adjacent small intestine in 90% of the cases. Indisputable advantages as compared with indirect methods such as radiology are the direct inspection of the mucosa, the possibility of reliably differentiating between pathological findings and residual stool, the detection of minute lesions that escape radiological examination, and the possibility of removing tissue samples (forceps biopsy, big-particle biopsy, polypectomy). Thus it is possible for the first time to confirm diagnosis morphologically prior to surgery. Key words: Colonoscopy - Endoscopy of the colon - Forceps biopsy Polypectomy.

Zusammenfassung. Fiberendoskope und deren Einfiihrungstechniken haben einen solch hohen Entwicklungsstand erreicht, daB, eine nicht iiberwindbare Stenose ausgeschlossen, in jedem Fall der gesamte Dickdarm, in ca. 90 % zus~itzlich der angrenzende Diinndarm inspiziert werden kann. Unbestreitbare Vorteile gegeniiber indirekten Methoden, wie der Radiologie, sind die direkte Inspektion der Schleimhaut, die sichere Differenzierbarkeit pathologischer Befunde von Stuhlresten, das Auffinden kleinster radiologisch nicht darstellbarer L/isionen (Friiherkennung) sowie die M6glichkeit der Gewebeentnahme (Biopsie, Schlingenbiopsie, Polypektomie), wodurch erstmals pr/ioperativ eine morphologische Sicherung der Diagnose m6glich geworden ist.

Schliisselwiirter: Coloskopie - Endoskopie des Dickdarms - Zangenbiopsie Polypektomie. Die endoskopische Dickdarmdiagnostik steht der chirurgischen Diagnostik in Form der Probelaparotomie n~iher als anderen internistischen Methoden, wie beispielsweise der R6ntgenuntersuchung. Coloskopie und Probelaparatomie bzw. Colotomie

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sind direkte Methoden mit der M6glichkeit einer Inspektion und morphologischen Sicherung der Diagnose, w~ihrend die Radiologie ein indirektes Verfahren darstellt, das im Colon in einem gewissen Prozentsatz pathologische Befunde erkennen, aber nicht immer pathologisch-anatomisch deuten l~il3t. Indikationen-Kontraindikafionen

Die Indikation zur endoskopischen Dickdarmdiagnostik ist immer dann gegeben, wenn mit personell und finanziell weniger aufwendigen und noch risikoiirmeren Methoden das diagnostische Ziel nicht erreichbar ist, wobei der frfihzeitigen Diagnose in einem kurablen Stadium besondere Aufmerksamkeit zukommt. Als absolute Indikation miissen fragliche oder unklare R6ntgenbefunde, negative R6ntgenbefunde bei anhaltenden abdominellen Beschwerden sowie Verlaufsbeobachtungen nach Operation maligner Colontumoren gelten. Weiterhin ist pfiioperativ die histologische Sicherung der Diagnose sowie die Kl/irung des Schweregrades und der Ausdehnung pathologischer Prozesse anzustreben. Die endoskopische Abtragung von Polypen ist prim/ir ein diagnostisches Vorgehen. Sie soil zu einer morphologischen Diagnose ffihren und nach M6glichkeit einen operativen Eingriff vermeiden. Peranale Blutungen sind erst dann einer Coloskopie zuzufiihren, wenn eine intestinale Blutungsquelle in proximalen Darmabschnitten ausgeschlossen ist. W~ihrend Patienten mit einer Erkrankung, von denen eine erh6hte Carcinomincidenz bekannt ist, endoskopisch iiberwacht werden sollten, stellen Verlaufsbeobachtungen benigner Erkrankungen und Therapiekontrollen relative Indikationen dar. Kontraindikationen sind selten. Allein fiorid-entzfindliche Dickdarmerkrankungen, das toxische Megacolon sowie Peritonitiden sind als absolute Kontraindikationen zu werten. Als relative Kontraindikationen gelten h~imorrhagische Diathesen sowie schwere Formen einer kardialen oder pulmonalen Insuffizienz. lnstrumentarium

Ffir die endoskopische Dickdarmuntersuchung stehen je nach Untersuchungsziel kurze (Sigmoidoskopie), mittellange (partielle Coloskopie) sowie lange Coloskope (hohe Coloskopie, Colo-Ileoskopie) zur Verfiigung. Diese vollflexiblen Ger~ite verfiigen 0ber einen oder auch zwei Instrumentierkanfile sowie eine stufenlose Abwinkelbarkeit der Instrumentenspitze bis zu 190 °. Alle Ger~ite verfiigen fiber eine automatische bzw. halbautomatische Saug- und Spfilvorrichtung sowie eine Luftinsufflation. Als Zusatzinstrumente stehen unter anderem Probeexcisionszangen, Biirsten zur Materialgewinnung fiir cytologische Untersuchungen, Elelektrokoagulationssonden sowie Hochfrequenzdiathermieschlingen zur Polypektomie zur Verfiigung. Technik

Die Einffihrung des Coloskopes durch ein windungsreiches Sigma und h~iufig Uf6rmig verlaufendes Colon transverum erfordert eine besondere Technik, die standardisiert und erlernbar ist. Fiir den gefibten Untersucher ist unter der Voraussetzung, dab keine Lumenstenose die Passage des Instrumentes verhindert, in jedem Fall das Coecum, in etwa 90 % zus~itzlich das terminale Ileum erreichbar. Beziiglich

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der Einzelheiten coloskopischer Einfiihrungstechniken mul3 auf weiterffihrende Literatur verwiesen werden [1,2].

Diagnostische Miiglichkeiten Die Fiberendoskopie des Dickdarrns erm6glicht eine liickenlose Inspektion der Schleimhaut und gestattet durch die zus/itzlich rn6gliche gezielte Entnahme von Gewebeproben mit Hilfe von Biopsiezangen, Schlingen oder Biirsten eine morphologische Sicherung der Diagnose. Dabei steht die Friiherkennung von Malignomen [1], die Diagnose und Differentialdiagnose entziJndlicher Darmerkrankungen [3-5, 8], sowie die Polypendiagnostik [1, 9, 10] im Vordergrund des Interesses. Die Grenzen der endoskopischen Dickdarmuntersuchung und damit deren Aussagef~ihigkeit sind durch die Person des Untersuchers und die des Patienten gegeben. Eine unzureichende Beherrschung der Technik l~il3t im Einzelfall das Untersuchungsziel ebensowenig erreichen wie ein nicht kooperativer Patient oder eine das Einfiihren des Endoskopes unm6glich machende organische Stenose des Darmlumens.

Komplikationen Bei Beachtung und Beherrschung der nunmehr standardisierten Techniken sind gravierende Komplikationen, wie starke Blutungen und Pefforationen, mit 0,21-2,3% ~iuSerst selten und fast ausnahmslos auf eine fehlerhafte Technik zuriickzufiihren [6, 7]. Die Coloskopie stellt ein praktikables Untersuchungsveffahren von grol3er Effektivit~it dar, wie sie von keiner anderen pr/ioperativen Methode erreicht wird. Durch ihren Einsatz k6nnen Probelaparotomien vielfach vermieden, notwendige Operationen gezielt und rechtzeitig durchgefiihrt werden.

Literatur 1. Demling, L., Friihmorgen, P., Koch, H., R6sch, W.: Operative Endoskopie. Stuttgart: Schattauer 1976 2. Friihmorgen, P., Classen, M.: Endoskopie und Biopsie in der Gastroenterologie. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1974 3. Geboes, K., Vantrappen, G.; The value of colonoscopy in the diagnosis of Crohn's disease. Gastrointest. Endosc. 1, 18 (1975) 4. Lux, G., Friihmorgen, P., Zeus, J., Phillip, J., Demling, L.: Diagnostik entziindlicher Dickdarmerkrankungen - vergleichende endoskopische und rrntgenologische Untersuchungen. (In Vorbereitung) 5. Myren, J., Eie, H., Serck-Hanssen, A.: The diagnosis of colitis by colonoscopy with biopsy and X-ray examination. Scand. J. Gastroenterol. 11, 141 (1976) 6. Otto, P., Huchzermeyer, H., Miiller, H.: Komplikationen bei der Koloskopie. Ergebnisse einer Umfrage an gastroenterologiseh-endoskopischen Zentren in der BRD. In: Fortschritte in der Endoskopie (Hrsg. W. R6sch). Straube-Verlag 1976 7. Rogers, B. H. G., Silvis, St. E., Nebel, O. T., Sugawa, Ch., Mandelstam, P.: Complications of flexible fiberoptic colonoscopy and polypectomy. Gastrointest. Endosc. 2, 73 (1975) 8. Tawile, N. T., Priest, R. J., Schuman, B.M.: Colonoscopy in inflammatory bowel disease. Gastrointest. Endosc. 1, 11 (1975) 9. Weidenhiller, S., Friihmorgen, P., Zeus, J., Demling, L.: Koloskopische Polypendiagnostik. Dtsch. med. Wochenschr. 99, 1671 (1974) 10. Williams, Chr.: Evaluation of the colonoscopicexamination. Dis. Colon Rectum. 5, 366 (1975)

[Endoscopy in the diagnosis and therapy of surgical diseases. Colonoscopic diagnosis (author's transl)].

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