Neues aus der Forschung Z Rheumatol 2014 · 73:636–638 DOI 10.1007/s00393-014-1388-x Online publiziert: 20. August 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Redaktion

A. Radbruch, Berlin H. Schulze-Koops, München

Im Gegensatz zu genetischen Mutationen sind epigenetische Modifikationen zelltypspezifisch und per Definition alle mitotisch und meiotisch vererbbaren Modifikationen, die nicht von der Nukleotidsequenz der Gene beeinflusst werden [1]. Der genaue Mechanismus der Vererbung epigenetischer Modifikationen ist nur wenig geklärt. Wahrscheinlich können nur wenige genetische Loci, die in der differenzierten Zelle durch Histonmodifikation und/oder DNA-Methylierung reguliert werden, die relevanten Modifikationen durch die epigenetische Reprogrammierung des paternalen und maternalen Genoms in der Zygote retten [2]. Epigenetische Modifikationen umfassen definierte chemische Markierungen am Chromatin, die die Expression von Genen und Proteinen regulieren. Die Informationen dieses epigenetischen Codes werden an die nächste Generation weitervererbt. Sie unterliegen jedoch einer Dynamik, werden durch Ernährungsgewohnheiten und Umweltfaktoren beeinflusst und sind daher generell reversibel. Durch die negative Ladung der DNA wirken elektrostatische Kräfte, die die enge Verknüpfung zwischen Histonproteinen und DNA induzieren. Die ­kleinste Verpackungseinheit der komprimierten DNA ist ein Nukleosom, das sich aus 8 Histonen zusammensetzt, je zwei Histone H2A, H2B, H3 und H4. Das verbleibende Histon H1 verknüpft die einzelnen Nukleosomen, die aus je etwa 146 Basenpaaren bestehen. Modifikationen der DNA und/oder der Histone induzieren eine Reorganisation des Chromatins und

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Zeitschrift für Rheumatologie 7 · 2014

A. Ramming1 · J.H.W. Distler1 · G. Schett1 · S. Gay2 · A. Jüngel2 1 Medizinische Klinik III und Institut für klinische Immunologie, Universitätsklinikum Erlangen 2 Klinik für Rheumatologie, Universitätsspital Zürich

Epigenetische Modifikationen bei Autoimmunerkrankungen beeinflussen auf diese Weise lokal die Bindungsmöglichkeit von Transkriptionsfaktoren an die DNA. Hierdurch kontrollieren epigenetische Modifikationen die Transkription und übernehmen regulatorische Funktionen. Eine zunehmende Anzahl evidenzbasierter Daten zeigen eine besondere Bedeutung epigenetischer Modifikationen bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen.

Epigenetische Modifikationen DNA-Methylierungen sind dynamische epigenetische Modifizierungen, die sich zwischen einzelnen Zelltypen unterscheiden und sich während der Zellentwicklung ändern können. DNA-Methylierung findet ausschließlich an der Nukleotidbase Cytosin (C) und meist in Nachbarschaft zur Nukleo­ tidbase Guanin (G), an sog. CpG-Motiven, statt. Mehrere dieser Modifikationen in einem Promotorbereich verhindern das Binden von Transkriptionsfaktoren. Methylierte CpG-Regionen können von spezifischen Methylgruppenbindungsproteinen („MBP family“, „zinc finger family“, „SRA family“) erkannt und gebunden werden. Sie rekrutieren ihrerseits Histondeacetylasen. Diese Prozesse resultieren in einer starken Kondensation des Chromatins und führen zu einer Repression der Transkription. Epigenetische Histonmodifikationen umfassen F Mono-, Di- und Trimethylierungen und Acetylierungen von Lysinen,

F Monomethylierungen und asymme­ trische und symmetrische Dimethylierungen von Argininen, F Phosphorylierungen von Serinen, ­Tyrosinen und Threoninen sowie F Ubiquitinylierungen, ­Sumoylierungen (sumoyl: „small ubiquitin-like ­modifier“) und ADP-Ribosylierungen sowie deren Umkehrreaktionen. Einige Modifikationen sind mit einer Aktivierung, andere mit einer repressiven Funktion für das Ablesen der Gene verbunden. Zum Beispiel werden Acetylierungen von Lysinen und Phosphorylierungen von Serinen bzw. Threoninen häufig mit der Aktivierung assoziiert. Dagegen werden den Sumoylierungen meist repressive Funktionen zugeschrieben. Methylierungen und Ubiquitinylierungen haben diverse Effekte, die stark von der Lokalisation der Modifikation bestimmt werden. Zum Beispiel sind Trimethylierungen an H3K4me3 und H3K36me3 eher an transkriptionell aktiven Genbereichen zu finden, wohingegen Trimethylierungen an H3K9me3 und H3K27me3 in inaktiven Bereichen vorkommen. Diese Histonmodifikationen werden von Enzymen katalysiert. Obwohl heute schon viel über diese Enzyme bekannt ist, wird immer noch nicht ausreichend verstanden, warum nur spezifische Genloci bestimmte Histonmodifikationen oder -varianten tragen. Diese epigenetischen Modifikationen beeinflussen direkt die Struktur des Chromatins durch Veränderungen von elektri-

schen Ladungen. Indirekt agieren sie auch als Rekrutierungshilfe und ermöglichen so das Binden von weiteren Protei­nen.

Nichtproteinkodierende RNA Das menschliche Genom erweist sich nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand als weit komplexer und umfangreicher als bisher angenommen. Nur etwa 2% des humanen Genoms kodiert für Proteine. RNA-Transkripte können aber sowohl von kodierenden als auch von nichtkodierenden Bereichen des Genoms produziert werden. Nach bisherigen Erkenntnissen können etwa 2/3 des humanen Genoms in nichtproteinkodierende Sequenzen („non-coding RNA“; ncRNA), also RNA umgeschrieben werden. Aufgrund der Größe werden diese in lange und kurze ncRNA-Moleküle eingeteilt: LncRNA.  LncRNA („long non-coding RNA“) umfasst sämtliche nichtkodierenden RNA mit einer Länge von über 200 Nukleotiden. LncRNA ist an vielen Prozessen beteiligt, wie z. B. Veränderung der Chromatinstruktur (Chromatin-Remodeling), Aktivierung und Inhibierung der Genexpression, Modulation von Spleißen, RNA-Stabilität und Translationseffizienz, aber auch Holoenzymbildung und Zellkerntransfer. MiRNA.  Zu der kurzen nichtkodierenden RNA (

[Epigenetic modifications in autoimmune diseases].

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