Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten | Commentary

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Übertragung von Darmflora („Stuhltransplantation“): wann und für wen? Fecal microbiota transplantation: When and for whom?

3Methodik: Die Übertragung von Stuhl eines gesunden Spenders in den oberen oder unteren Gastrointestinaltrakt eines Patienten ist technisch einfach. Voraussetzung sind Voruntersuchungen des Spenders in Bezug auf infektiöse Erkrankungen. Ein gesunder verwandter Spender erleichtert die Rekrutierung. Die Auswahl einer individuell abgestimmten Spenderflora (Mikrobiom) wird außerhalb von Studien noch nicht berücksichtigt. Ein standardisiertes Verfahren für die Stuhltransplantation fehlt bisher. 3Indikationen: Die Stuhltransplantation kann bei der chronisch rezidivierenden Clostridium-difficile-assoziierten Kolitis nach dem 2.  Rezidiv eingesetzt werden. Eine antibiotische Therapie ist unverändert Therapie der Wahl bei symptomatischer Clostridieninfektion. Andere Erkrankungen mit pathologisch verändertem Mikrobiom scheinen attraktive Indikationen, bedürfen aber einer weiteren Evaluierung. 3Haftungsrechtlicher und methodischer Optimierungsbedarf: Rechtlich befindet sich der durchführende Arzt auf der Ebene eines individuellen Heilversuches. Um dieses Dilemma zu beseitigen, wäre ein Lösungsansatz, industriell herstellbare, standardisierte Applikationsformen zu schaffen.

Einleitung ▼ Die Darmflora ist in den letzten Jahren in den wissenschaftlichen Fokus gerückt. Sie gehört zum „Mikrobiom“, der Gesamtheit aller Mikroorganismen, die den Menschen besiedeln. Jahrzehntelang reduziert auf nicht vermeidbare Trabanten mit pathogenem Potenzial, vollzog sich ein entscheidender Bedeutungswandel hin zum komplexen Ökosystem mit wechselseitigem Einfluss auf den Menschen. Das Mikrobiom setzt sich aus Bakterien, Pilze, Viren und Protozoen zusammen und wird durch Bakterien dominiert. Diese interagieren mit der intestinalen Mukosa und können deren Permeabilität beeinflussen. Sie nehmen an Absorption. Metabolismus und Ausscheidung von Nährstoffen und Medikamenten teil und können (Auto)Immunität triggern. Der Mensch wird von ca. 10 Billiarden Bakterien besiedelt, dies entspricht bis zu 1,5 kg des Körpergewichts und 100-mal mehr Genen als das menschliche Genom. Es dominieren die strikten Anaerobier. In einer Stuhlanalyse von 124 Euro-

päern wurden mehr als 1000 verschiedene Bakterienarten identifiziert. Pro Individuum fanden sich rund 160 verschiedene Bakterienspezies [9]. Die Erstbeschreibung einer Stuhlübertragung eines gesunden Spenders auf einen kranken Empfänger bei Lebensmittelvergiftung oder schweren Diarrhoen erfolgte im 4.  Jahrhundert n.  Chr. in China (Ge Hong, Handbuch der Notfallmedizin) [16], allerdings musste der Stuhl damals getrunken werden und wurde euphemistisch „Gelbe Suppe“ genannt. Die erste erfolgreiche Stuhltransplantation bei Clostridien-assoziierter Kolitis wurde 1958 publiziert [3]. Es ist nachvollziehbar, warum sich dieses wenig ästhetische Verfahren in der Antibiotikaära lange nicht durchgesetzt hat. Erst das Auftreten therapierefraktärer Clostridieninfektionen und die Suche nach Alternativen jenseits einer Antibiotikatherapie gab der Methode den entscheidenden Schub.

R. Schmelz1 J. Hampe1 Gastroenterologie, Infektiologie Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten | Commentary

Schlüsselwörter Stuhltransplantation Clostridum difficile

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Keywords fecal microbiota transplantation Clostridium difficile

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Methodik ▼ Vorbereitung und Durchführung Bei einer Stuhltransplantation wird suspendierter Stuhl eines gesunden Spenders in den Gastrointestinaltrakt eines kranken Empfängers appliziert. Es existiert hierfür kein Standard im eigentlichen Sinne. Die folgenden Ausführungen sind als Empfehlung zu sehen, die sich aus der Literatur (meist Fallserien) und Expertenmeinungen zusammensetzt.

Spenderauswahl Die dominierende Spezies im Stuhl sind Firmicuten und Bacteroidetes; eine Minderheit bilden potenziell pathogene Proteobacterien wie z. B. E.coli, Campylobacter, Salmonellen sowie Actinobacterien. In Tierversuchen und Fallserien gibt es Hinweise, dass die individuelle Zusammensetzung des Mikrobioms einen relevanten Einfluss auf bestimmte Erkrankungen hat, z. B. Enterotyp 3: Firmicuten-dominant bei Adipositas [2]. Eine Testung des Enterotyps bzw. die Genotypisierung des Mikrobioms ist aber außerhalb von Studien nicht etabliert, wegen der noch unzureichenden Evidenz und der aufwendigen, kostenintensiven Analysemethodik. Aufgrund der einfacheren Rekrutierung werden als Stuhlspender häufig gesunde Verwandte des Patienten angefragt. In einem systematischen Review von 317 Patienten mit Clostridium difficile assoziierter Kolitis fand sich bei verwandten Spendern ein etwas besseres Ansprechen von 93 % gegenüber 84 % bei unverwandten Spendern [4].

Institut Medizinische Klinik und Poliklinik 1, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1370032 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 0:1237–1239 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Dr. med. Renate Schmelz Medizinische Klinik und Poliklinik 1, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden Fetscherstr. 74 01307 Dresden Tel. 0351 458 5643 Fax 0351 458 7236 eMail renate.schmelz@ uniklinikum-dresden.de

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Was ist neu?

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Tab. 1

Gesamtzeit von 6 Stunden soll dabei nicht überschritten werden.

Voruntersuchungen des Stuhlspenders.

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Darmerkrankungen ( CED, Reizdarm, usw.) Antibiotikagabe 

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