Leitthema Ophthalmologe 2014 · 111:614–623 DOI 10.1007/s00347-014-3033-0 Online publiziert: 25. Juni 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

H.B. Dick · T. Schultz Universitäts-Augenklinik, Bochum

Femtosekundenlaser- 

assistierte Kataraktchirurgie In Deutschland werden pro Jahr rund 700.000 Kataraktoperationen durchgeführt. Die Ansprüche vieler Patienten an die postoperative visuelle Funktion sind gestiegen. Vor allem bei Patienten mit Interesse an einer Premiumintraokularlinse (aber nicht nur bei diesen) kommt es besonders auf einen komplikationsarmen Verlauf mit sehr gutem refraktivem Ergebnis an. Eine Voraussetzung hierfür ist eine hohe Präzision der einzelnen Schritte bei der Operation. Der Einsatz des Femtosekundenlasers in der Kataraktchirurgie eröffnet eine neue Dimension – auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Operation der Linse eine Maßnahme der refraktiven Chirurgie ist. In den 1970er-Jahren wurde zaghaft versucht, den Laser als Instrument für kleine Inzisionen und zur Laserphakopunktur in die Kataraktchirurgie einzuführen [1]. Die vordere Laserkapsulotomie hat sich indes vor allem aufgrund von Entzündungsreaktionen und Augeninnendruckanstiegen nicht durchsetzen können und wurde wieder verlassen. Zu Beginn dieses Jahrhunderts hatte der Femtosekundenlaser in der Ophthalmochirurgie seine Premiere, vornehmlich bei der Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK), wo sich Femtosekundenlaser-geschnittene Hornhautdeckel (sog. Flaps) als reproduzierbar, uniform und erfreulich nah an der beabsichtigten Dicke und Zentrierung liegend erwiesen [2]. In der Ophthalmologie werden bereits seit Längerem etablierte Laser wie Argon und Neodym:YAG mit Impulsen in der Größenordnung von 10−9 s eingesetzt [3]. Der Femtosekundenlaser arbeitet mit ul-

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trakurzen Lichtimpulsen, die im Bereich von Femtosekunden liegen (eine Femtosekunde entspricht 10−15 s). Die hohe Energiedichte lässt im Gewebe Tausende kleiner Kavitationsbläschen aus Wasser und Kohlendioxid entstehen, die die betreffende Schicht sauber und an einer präzise vorherberechneten Stelle auseinandertrennen, ohne eine thermische Schädigung von Nachbargeweben zu erzeugen. Die erste Kataraktoperation mit einem bildgesteuerten Femtosekundenlaser wurde 2009 von Zoltan Nagy in Budapest durchgeführt [4].

Visualisierung des vorderen Augenabschnitts Aktuell werden weltweit 6 verschiedene Lasersysteme eingesetzt: F LenSx, Fa. Alcon, F Catalys, Fa. Abbott Medical Optics, F Victus, Fa. Bausch und Lomb, F LensAR, Fa. LensAR, F Femto LDV Z8, Fa. Ziemer Ophthalmology und F LenSurgeon, Fa. ROWIAK. Die einzelnen Geräte weisen eine Reihe von Besonderheiten auf und unterscheiden sich unter anderem im Ansaugverfahren, dem bildgebenden System [optische Kohärenztomographie (OCT) oder Scheimpflug], der Steuerungssoftware, der eingesetzten Energie, den zur Verfügung stehenden Behandlungsmustern und -optionen sowie der Mobilität. So war das LenSx-System der erste kommerziell erhältliche Laser und wurde über die letzten Jahre kontinuierlich aktualisiert. Unter anderem wurde eine biomorphologische Erkennung integriert und eine Gellinse zur Verringe-

rung von Laserstrahlen blockierenden bzw. ablenkenden Hornhautfalten entwickelt. Das LensAR-System ist der einzige Laser, der zur Visualisierung des vorderen Augenabschnitts kein OCT, sondern die Scheimpflug-Kameratechnologie einsetzt. Weiterhin ist das System mit Rollen unter dem Laser ausgestattet, und somit kann der Laser auch bewegt werden. Das Victus-Lasersystem bietet neben Behandlungsmöglichkeiten in der Kataraktchirurgie auch beispielsweise die Möglichkeit, Flaps für die LASIK zu schneiden. Der Femto LDV Z8 ist ebenfalls ein mobiles OCT-gesteuertes Lasergerät, das mit einem Touchscreen bedient wird, und der LenSurgeon verspricht eine gute Bildgebung mittels OCT sowie eine besonders gute Schnittqualität. Die eigenen Erfahrungen wurden mit dem Catalys-Femtosekundenlaser (vormals Fa. OptiMedica, Sunnyvale, CA, USA; jetzt Abbott Medical Optics, Santa Ana, CA, USA) gewonnen. In Bochum erfolgt die Laseranwendung im gleichen Operationssaal und auf der gleichen Operationsliege wie die anschließende Phakoemulsifikation bzw. Linsenabsaugung. An anderen Kliniken wird der Patient mitunter aus dem Laserraum in den meist wenige Schritte entfernten Operationsraum geleitet (. Abb. 1). Das System besitzt einen flüssigkeitsgefüllten Ansaugring und ein integriertes VorderabschnittsSpectral-Domain-3D-OCT. Der Operateur setzt – während sich der Patient in bequemer Rückenlage befindet – das aus 2 Teilen bestehende Liquid Optics Interface (LOI) auf das Auge auf (. Abb. 2). Die exakte Ausrichtung des Patientenauges mit den dazugehörigen Kräften in allen Richtungen wird über einen Groß-

Abb. 1 8 Aufstellung der Gerätschaften in dem Operationssaal für die Femtosekundenlaser-assistierte Kataraktchirurgie in der Universitäts-Augenklinik Bochum. A Phakoemulsifikationsmaschine, B Operationsmikroskop, C Femtosekundenlaser mit integrierter Bildgebung, D HD-Videoaufnahmesystem

nehmen (. Abb. 5). Die beabsichtigte Laserbehandlung wird dabei auf der Basis der aktuellen anatomischen Situation auf dem SD-OCT-Bild zur Verifikation abgebildet und anschließend von dem Operateur zur Behandlung freigegeben.

Pneumodissektion der Linse mit kleinen Gasbläschen

Abb. 2 8 Flüssigkeitsgefülltes nicht applanierendes Patienteninterface. a Ansaugring von oben. b Ansaugring mit eingelassener Wechsellaseroptik von der Seite

bildvideoschirm kontrolliert. Die Optik des Lasers wird in den Ansaugring eingefahren und berührt das Auge des Patienten nicht. Überschüssige Flüssigkeit fließt über kleine, offene Kanäle ab. Die Steuerung dieses Andockprozesses übernimmt der Chirurg mit einem Joystick am Patientenbett. Nachdem die Ansaugung bestätigt wurde, beginnt das hochauflösende OCT mit der Identifizierung der okularen Oberflächen und legt die Sicherheitszonen der Laserapplikation automatisch fest. D Kritischer Punkt ist die Ver-

messung der Hinterkapsel, die gut erkannt werden muss. Zur Verifizierung der Vermessung werden dem Operateur die entsprechenden OCT-Aufnahmen in sagittaler und axialer Ansicht auf einem Display angezeigt (. Abb. 3). Die Auswahl der Behandlungsparameter kann bereits vor dem Ansaugen voreingestellt werden.

Die Zentrierung der Kapsulotomie kann wahlweise auf die Pupille, den Limbus, den Apex der gescannten Kapsel oder individuell vorgenommen werden. Besonders bei einer dezentrierten Ansaugung des Auges ist die Option „gescannte Kapsel“ von großer Hilfe. Bei dieser Funktion wird nicht die Pupille zur Zentrierung der vorderen Kapsulotomie verwendetet, sondern das Zentrum des Kapselsacks aus den OCT-Daten berechnet. Dies hat zur Folge, dass die Lage der Kapsulotomie auch sicher zentriert erfolgt (. Abb. 4). Die am häufigsten eingestellte Kapsulotomiegröße ist 5,0 mm bei einem Optikdurchmesser der Intraokularlinse (IOL) von 6,0 mm. Für die Linsenfragmentation kann der Chirurg vor Beginn der Behandlung eine der Kernhärte entsprechende Einstellung wählen oder die Fragmentation individuell anpassen. Falls notwendig, kann er auch nach dem Andocken über das sog. „graphical user interface“ (GUI) Änderungen aller Parameter vor-

Zur Linsenfragmentierung mit dem Femtosekundenlaser wird in Abhängigkeit von der präoperativen Linsenhärte (LOCS III) in aller Regel ein Standard-Grid-Muster mit Vierteilung des Kerns benutzt. Der Grid-Abstand wird mit zunehmender Kernhärte kleiner gewählt. Bei Kernhärten von Grad 1 und 2 reicht in der Regel ein 500-μm-Grid aus, bei Kernhärte von 3 und 4 wird entsprechend enger fragmentiert, also ein GridAbstand von 300 μm gewählt (. Abb. 6). Die Femtosekundenlaserpulse beginnen in einem vorher festgelegten Abstand von der Hinterkapsel („posterior safety margin“, 500–1000 μm). Die Laserpulse werden durch die Linse hindurch sich nach vorn bewegend gesetzt. Die Sicherheitsareale erscheinen auf dem Display des Systems als knallrot eingefärbte Zonen. Ein Linsentilt wird vom System automatisch kompensiert, indem auch die Behandlungsbereiche entsprechend gekippt werden. Das durch den Laser freigesetzte Gas führt zu kleinen Kavitationsbläschen, die – einer Pneumodissektion vergleichbar – die Linse überwiegend entlang ihren natürlichen lamellären Strukturen zerteilen. Dadurch wird die Notwendigkeit einer Hydrodissektion vor der Phakoemulsifikation deutlich reduziert bzw. häufig gar nicht mehr notwendig, da die Linse bereits frei drehbar im Der Ophthalmologe 7 · 2014 

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Zusammenfassung · Abstract Kapselsack ist (sog. Pneumodissektion). Die Fragmentierung der Linse mit dem charakteristischen Grid-Muster, das ein wenig an ein Schachbrett erinnert, kann der Operateur zusammen mit dem übrigen OP-Personal auf dem Videobildschirm verfolgen. Jede Operation wird in Bochum in HD-Qualität komplett aufgezeichnet, sodass eine ausgezeichnete und detailgetreue Dokumentation der Intervention vorliegt. Dem einen oder anderen an der Technologie interessierten Patienten kann eine CD der eigenen Kataraktoperation zur Erinnerung mitgegeben werden, was in der Regel sehr positiv aufgenommen wird.

Zweieinhalb Minuten für alle Schritte der Laserbehandlung Die durchschnittliche Zeit vom Ansaugen des Auges bis zum Beenden der Femtosekundenlaserbehandlung beträgt im Durchschnitt rund 2 1/2 min (. Abb. 7). Der Patient wird daraufhin abgedockt und (bei unserer Logistik) auf seiner Unterlage liegend unter das Operationsmikroskop zur eigentlichen Linsenoperation rotiert. In den meisten Fällen zeigt sich nur eine leichte Rötung der Bindehaut als Hinweis auf die geringe Deformation des Bulbus durch den Ansaugring [5]. Nach homogener Injektion des Viskoelastikums (z. B. Healon 1%, Abbott MO, Santa Ana, USA) in die Vorderkammer wird die Vorderkapsel mit einer stumpfen Kanüle zentral leicht nach inferior gedrückt (sog. Dimple-down-Manöver) oder bei intumeszenter weißer Katarakt mit einer Mikrokapsulorhexispinzette nach Koch (Geuder, Heidelberg) entfernt. Der supranukleäre Linsenkortex wird abgesaugt, um einen guten Einblick zu erlangen. Anschließend wird mit dem Phako-Tip (thin tip, Bausch & Lomb) in die vorfragmentierte Linse eingegangen. Die Linsenkortexteile können meist problemlos mobilisiert werden. In sehr vielen Fällen bleibt es bei einer reinen Irrigation/Aspiration, bei der das Display als effektive Phakoemulsifikationszeit (EPZ) „0:00.00“ anzeigt. In unserem gesamten Patientenkollektiv konnte die effektive Phakoemulsifikationszeit um 96% reduziert werden. Bei immer mehr Augen ist gar kein Ultraschall mehr notwendig. Von

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dieser sehr geringen oder gar gegen null gehenden reinen EPZ profitieren möglicherweise vor allem Patienten mit Hornhautproblemen, wie z. B. Fuchs-Endotheldystrophie oder Cornea guttata. Verbliebene Linsenfaseranteile werden per Hydropolitur entfernt. Ohne dass eine manuelle Erweiterung des kornealen Tunnels notwendig ist, wird die IOL unter Viskoelastikumschutz in den Kapselsack injiziert. Als letzter Schritt des Eingriffs wird das Viskoelastikum wieder abgesaugt. Neuere Erfahrungen deuten darauf hin, dass in einigen Fällen die Operation auch ganz ohne Viskoelastikum möglich ist [6]. Routinemäßig werden in den 5 postoperativen Tagen Ofloxacin- und Dexamethason-Augentropfen 4-mal täglich gegeben. Das Antibiotikum wird dann abgesetzt, und die Applikationshäufigkeit der Dexamethason-Augentropfen wird in den folgenden 4 Wochen kontinuierlich reduziert.

Ophthalmologe 2014 · 111:614–623 DOI 10.1007/s00347-014-3033-0 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 H.B. Dick · T. Schultz

Femtosekundenlaserassistierte Kataraktchirurgie Zusammenfassung Die Kataraktoperation mit Einsatz des Femtosekundenlasers für die Kapsulotomie, die Linsenfragmentierung und ggf. korneale Inzisionen hat das Potenzial, die klassische Phakoemulsifikation zu verdrängen und zu noch besseren Ergebnissen bei der Funktion und den Sicherheitsparametern zu führen. Neben der Präzision und der Vorhersagegenauigkeit der klinischen Ergebnisse beeindrucken die geringen Komplikationen – vor allem bei jenen Systemen, die potenzielle Gefahrenquellen wie eine Applanation mit zu hohem Intraokulardruck während des Ansaugens vermeiden. Schlüsselwörter Katarakt · Kapsulotomie · Linsenfragmentierung · Korneale Inzision · Sicherheit

Perfekte Kapsulotomien Die vom Femtosekundenlaser angelegten Kapsulotomien sind perfekt hinsichtlich Durchmesser, Positionierung, Form und Zentrierung. Sie sind die ideale Voraussetzung für die Implantation einer PremiumIOL, also von asphärischen, torischen, potenziell akkommodativen und multifokalen IOL [7]. Da die Kapseleröffnung bei der Femtosekundenlaser-assistierten Kataraktchirurgie nicht mehr manuell gerissen wird, sollte in diesem Zusammenhang von einer Kapsulotomie statt einer Kapsulorhexis gesprochen werden [8]. In rund 99% aller Operationen (>2800) waren die Kapsulotomien in allen Lokalisationen frei flottierend. Weiterhin konnte in Studien an Schweine- und Kadaveraugen eine höhere Reißfestigkeit der Kapseleröffnungen mit verschiedenen Lasersystemen gemessen werden [7, 9]. Der Femtosekundenlaser vermag auch in schwierigen Situationen zuverlässig präzise Kapsulotomien zu erzeugen: bei sehr flacher Vorderkammer, bei fortgeschrittenen oder gar maturen Katarakten, MarfanSyndrom, bei traumatischen Kapselverletzungen, nach penetrierender Keratoplastik und bei pädiatrischen Katarakten [10, 11, 12, 13, 14, 15].

Femtosecond laser-assisted cataract surgery Abstract Employing a femtosecond laser as an initial step in cataract surgery has the clear potential to provide more precise capsulotomies and full lens fragmentation in cases of preexisting astigmatism in conjunction with relaxing corneal incisions. In the long run femtosecond laser-assisted cataract surgery might replace phacoemulsification which has been the standard in cataract surgery over the last 20 years. Besides precision and predictability, the low rate of complications impresses surgeons working with the technology, particularly those employing a laser with a fluid-filled interface which seems to prevent major complications including increases in intraocular pressure. Keywords Cataract · Capsulotomy · Lens fragmentation · Corneal incisions · Safety

Die optische Qualität nach einem Femtosekundenlaser-assistierten Eingriff scheint nicht zuletzt deswegen höher, da nach einer Kapsulotomie mit dem Laser eine bessere Zentrierung, weniger Verkippungen und weniger interne Aberrationen vorlagen [16].

Leitthema

Abb. 3 9 Axialer Vorderabschnittscan mittels hochauflösender 3D-SpektralDomain-OCT. a Ohne automatische Strukturerkennung. b Mit automatischer Strukturerkennung: rot Sicherheitszone, grün Behandlungszone der Linse

Abb. 4 8 Darstellung der Behandlungszentrierung. Die in Lila dargestellte Kapsulotomie ist auf die sog. „Scanned Capsule“ zentriert, also nicht auf die Pupille. Die Linsenfragmentation (grün) hingegen ist auf die Pupille zentriert. Ein einzelnes Fragmentationskästchen ist 350 μm breit

Massive Reduktion der effektiven Phakoemulsifikationszeit Die bei der Phakoemulsifikation zugeführte Ultraschallenergie hat sich in der Kataraktchirurgie als sehr hilfreich erwiesen – sonst hätte sich die von Charles Kelman [17] Ende der 1960er-Jahre eingeführte Zertrümmerung der Linse mit dem Phako-Tip nicht so schnell durchgesetzt. Doch die (Ultra-)Beschallung der feinen anatomischen Strukturen im Augeninneren geht auch mit Nachteilen einher. Vor allem Kapselkomplikationen und Belastungen des Hornhautendothels wurden häufig beschrieben [18]. Dieses Gefahrenpotenzial korreliert unter anderem mit dem eingesetzten Flüssigkeitsvolumen,

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Abb. 5 8 Bildschirmfoto einer konkreten Planungsmaske für die Femtolaserbehandlung. Mittels Templates wurden individualisiert diverse Behandlungsoptionen bereits angelegt, hinterlegt und nun aufgerufen

der Phakoemulsifikationszeit und der insgesamt aufgewendeten Ultraschallenergie, die bei harten Kernen beide erfahrungsgemäß relativ hoch sind. In einer frühen prospektiven Vergleichsstudie wurden Patienten mit Kernkatarakten nach LOCSIII-Graduierung (Lens Opacities Classification System) entweder mit Femtosekundenlaser-assistierter Methode (n=57) oder mit konventioneller Phakoemulsifikation (n=52) operiert. Sowohl im Alter (70 vs. 72 Jahre) als auch im Opazifikationsgrad (LOCS 3,4 vs. 3,2) unterschieden sich die Behandlungsgruppen nicht signifikant voneinander. Die EPZ bei Einsatz der Stellaris Phakomaschine (Bausch & Lomb) betrug in der Femtosekundenlasergruppe 0,16 s, in der standardmäßig operierten Gruppe 4,07 s. Bei 26% der mit dem Femtosekundenlaser behandel-

ten Augen war gar keine Phakoemulsifikation mehr notwendig, bei 53% dieser Augen betrug die EPZ 0,05 s oder weniger. Nennenswerte intra- oder postoperative Komplikationen wurden in den Kollektiven nicht beobachtet. Eine geringere EPZ war in verschiedenen Studien mit einer schnelleren visuellen Rehabilitation nach dem Eingriff assoziiert [19]. Mit zunehmender Erfahrung und nach diversen Optimierungen (u. a. Einstellungen am Laser und der Phakoemulsifikationsmaschine, Instrumente, Phako-Tip) sank die Notwendigkeit, überhaupt noch Ultraschall zur Zertrümmerung der Linsenreste zu brauchen. In einer jüngeren prospektiven Serie von 100 Operationen in unserer Klinik war bei 93 Operationen überhaupt kein Einsatz von Ultraschallenergie mehr notwendig. Die 7 Augen, bei denen

noch Ultraschall (im Median unter 0,4 s) erforderlich war, wiesen allesamt eine Kernhärte von Grad 4 (LOCS III) auf.

Antiastigmatische Entlastungsschnitte

Abb. 6 9 Vollfragmentation der Linse unter Einsatz eines 350 μm breiten Grids

Abb. 7 8 Beispiel einer Femtosekundenlaserbehandlung mit Kapsulotomie, Linsenfragmentation, Hauptschnitt, Parazentesen und arkuaten Inzisionen. Die Behandlungszeit vom Ansaugen des Auges bis zum Ende der Behandlung beträgt 2:31 min

Der Femtosekundenlaser kann im Rahmen einer Kataraktoperation zu einer weiteren refraktiven Maßnahme, den kornealen Entlastungsschnitten, benutzt werden. Die Position, Lage, Bogenlänge, Schnittgestaltung (uni- vs. multiplanar), der Sicherheitsabstand zum Endothel und die Abwinkelung der kornealen Entlastungsschnitte können auf der Basis der aktuellen anatomischen Gegebenheiten unter Zuhilfenahme des 3D-SD-OCTs exakt vorgenommen werden [20]. Durch die von dem Laser durchgeführten limbusnahen und kornealen relaxierenden Inzisionen konnten durch Abflachung des steilsten Hornhautmeridians bis zu 3,5 dpt Astigmatismus ausgeglichen werden [21]. Es besteht die Möglichkeit, die Inzisionen postoperativ an der Spaltlampe mit einem Spatel unter Tropfanästhesie aufzuweiten und damit im Bedarfsfall den Effekt der Inzision weiter zu verstärken. Auch können nunmehr rein intrastromale Inzisionen zur Astigmatismusreduktion vorgenommen werden, eben ohne die Nachteile der penetrierenden Inzisionen wie Infektion, Fremdkörpergefühl und verzögerte Wundheilung. Die In-vivo-Genauigkeit der Inzision konnte kürzlich histologisch in einem Fallbericht an einem Auge, das vor Enukleation behandelt wurde, gezeigt werden [22]. Mit einer rein intrastromalen kornealen Inzision kann aber nur ein moderater antiastigmatischer Effekt (von bis zu 1,5 dpt) erreicht werden, der nicht so hoch ist wie der der penetrierenden Inzisionen (. Abb. 8).

Mit flüssigkeitsgefülltem Interface lassen sich Augeninnendrucksteigerungen in Grenzen halten Abb. 8 8 Planungsbildschirm einer intrastromalen arkuaten Inzision. Während der Behandlung kann die jeweilige Lage der Inzision in Abhängigkeit von den aktuellen anatomischen Gegebenheiten in Echtzeit unter anderem hinsichtlich der exakten Lage und Position unmittelbar vor der Behandlungsfreigabe überprüft und freigegeben werden

Vor allem bei den Femtosekundenlasern der ersten Generation wurden in In-vivoals auch in Ex-vivo-Modellen beträchtliche Anstiege des IOD als Folge des Applanationsprozesses beim Andockvorgang dokumentiert [23]. Derartige IOD-SteigeDer Ophthalmologe 7 · 2014 

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Leitthema rungen erscheinen bei zahlreichen älteren Menschen bedenklich, bei denen als Komorbidität ein Glaukom oder ein Problem der Netzhautperfusion vorliegt. Auch eine intraokulare Blutung muss bei Exposition gegenüber massiven, auf den Bulbus wirkenden Drücken als denkbare Komplikation in Erwägung gezogen werden. In den USA sind beispielsweise 39% der Patienten über 65 Jahre unter einer permanenten Antikoagulation durch Acetylsalicylsäure (Aspirin; [24]). Dass das flüssigkeitsgefüllte Personal Interface dieses Gefahrenpotenzial deutlich reduzieren kann, wurde jüngst gezeigt [5]. Bei 100 Augen wurde mit dem Schiötz-Tonometer zu verschiedenen Zeitpunkten der IOD im Rahmen der Femtosekundenlaser-assistierten Operation ermittelt. Im Schnitt betrug der IOD in diesem Patientenkollektiv (mittleres Alter 70 Jahre) direkt präoperativ 15,6 mmHg. Nach Ansetzen des Saugringes und Aktivierung des Vakuums stieg der Durchschnitts-IOD bei den Augen auf 25,9 mmHg; in dieser Höhe blieb er weitgehend während der gesamten Laserprozedur (bei noch bestehender Saugung nach der Laserung: 27,6 mmHg). Direkt nach Entfernung des Saugringes wurden 19,1 mmHg gemessen. Eine Stunde nach der Operation unterschied sich der IOD nicht signifikant von dem kurz vor dem Eingriff gemessenen IOD. Diese klinischen Studienergebnisse wurden von einer australischen Arbeitsgruppe wenig später bestätigt [25]. Das sterile Personal Interface (Ansaugring) des Catalys-Lasersystems steht in 2 verschiedenen Durchmessern (Innendurchmesser 12 oder 14,1 mm) zur Verfügung und dockt das Auge nur an der Sklera an, ohne die Hornhaut und den Limbus zu berühren. Es konnte gezeigt werden, dass es bei diesem die Hornhaut nicht applanierenden Verfahren zu weniger die Schnittqualität herabsetzenden Hornhautfalten kommt [26]. Weiterhin kann überflüssiges BSS („balanced solt solution“) über Aussparungen im LOI („liquid optics interface“) herauslaufen. Der damit verbundene geringfügige IOD-Anstieg eröffnet viele neue operationstechnische Möglichkeiten. So kann z. B. erst intraokular operiert werden, um die Pupille zu weiten, oder es kann nach dem initialen Lasern und der

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intraokularen Chirurgie erneut gelasert werden, um beispielsweise eine hintere Kapsulotomie unter Erhalt der intakten vorderen Glaskörpergrenzmembran anzulegen [27]

Makulaschonendes Verfahren Etwaige intra- oder postoperative IODAnstiege können Rückwirkungen auch auf Strukturen am Fundus haben. Vor allem beim Anlegen des Saugringes wurden beträchtliche Fluktuationen des IOD beschrieben, was auch am hinteren Augenabschnitt potenzielle Folgen wie ein Sistieren der Perfusion, eine Glaskörperabhebung oder eine Makulahämorrhagie zur Folge haben kann. Auch die Phakoemulsifikation an sich kann einen traumatischen Effekt ausüben und wird mit dem zystoiden Makulaödem in Zusammenhang gebracht, dessen Inzidenz nach Kataraktoperationen in der Literatur in einer weiten Spanne von 0,1 bis maximal 12% angegeben wird [28]. Mit dem OCT wurden die Makulabefunde an Augen nach Kataraktoperationen mit dem Femtosekundenlaser und nach konventioneller Phakoemulsifikation erhoben. Bei 20 Augen wurde die Kataraktoperation mit dem Femtosekundenlaser durchgeführt, bei 20 Kontrollaugen in konventioneller Weise. Die Dicke und das Volumen der Makula wurden präoperativ sowie 1 Woche und 1 Monat nach der Operation ermittelt. Die Dicke des inneren Makularings war nach statistischer Angleichung für das Alter und die präoperativen Ergebnisse in der Kontrollgruppe im Schnitt um 22 μm dicker als in den mit dem Femtosekundenlaser operierten Augen; nach 1 Monat war der Unterschied auf 18 μm zurückgegangen. Die foveale Dicke zeigte in beiden Gruppen vergleichbare Anstiege, von 170 μm präoperativ auf 218 μm nach 1 Monat (Laser) bzw. von 175 auf 210 μm (Kontrollgruppe). Die Makula bleibt also offenbar bei der Operation unter Einsatz des Femtosekundenlasers von den Druckfluktuationen weitgehend unbeeinflusst. Diese können – wie geschildert – durch ein flüssigkeitsgefülltes Interface in Grenzen und die theoretische Möglichkeit einer Makulaschädigung damit noch weiter minimiert werden.

Immer geringere Komplikationen bei Erklimmen der Lernkurve Wie bei anderen chirurgischen Techniken ist der Operationserfolg – in der modernen Kataraktchirurgie grundsätzlich auf sehr hohem Niveau – auch von der Erfahrung des oder der Chirurgen abhängig. Eine australische Studiengruppe, die sich auf insgesamt 1500 Femtosekundenlaserassistierte Eingriffe stützte, hat zwischen den ersten 200 Eingriffen mit dieser Technologie und den nächsten 1300 Operationen, durchgeführt von denselben Chirurgen, differenziert. Zwar gab es kaum schwerwiegende Komplikationen, doch in puncto suboptimaler Ergebnisse lag das Schwergewicht auf den 200 “Pionieroperationen“. In dieser Gruppe waren die vorderen Kapselrupturen (4 vs. 0,31%), die hinteren Kapselrupturen (3,5 vs. 0,31%), posteriore Linsendislokationen (2 vs. 0%), postoperative Einschränkungen der Pupillenbeweglichkeit (9,5 vs. 1,2%) und auch die Zahl der Andockversuche (1,5 vs. 1,05) höher. Die meisten Komplikationen der Methode waren nach Ansicht der Autoren vorhersagbar und vermeidbar. Insgesamt war nach Ansicht der Autoren die Komplikationsrate nicht höher als nach konventioneller Linsenchirurgie [29].

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Der Operationserfolg ist auch von der Erfahrung des oder der Chirurgen abhängig Der postoperative Entzündungszustand war am ersten postoperativen Tag nach Femtosekundenlaserapplikation gegenüber der manuellen Phakoemulsifikation in einer prospektiven, randomisierten intraindividuellen Vergleichsstudie mit 152 Augen von 76 Patienten um 19% signifikant geringer, unterschied sich aber in dem weiteren Verlauf nicht signifikant. Ähnliche Ergebnisse konnten Abell et al. [30] in einer konsekutiven Fallserie zeigen. Der Einsatz des Femtosekundenlasers scheint nach gegenwärtigem Stand auch korneafreundlicher als die herkömmliche Phakoemulsifikation zu sein. Bei einem direkten Vergleich der Hornhautdicke am ersten postoperativen Tag lag bei Pa-

Abb. 9 9 Foto der Situation im Augenoperationssaal während der Durchführung einer kindlichen Kataraktoperation in Intubationsnarkose

tienten, die mit dem Femtosekundenlaser operiert worden waren, eine geringere Hornhautschwellung (mittlere korneale Dicke 580 μm) vor als bei Patienten, die mittels konventionellem Eingriff (mittlere korneale Dicke 607 μm) operiert wurden [31].

Erste Erfahrungen bei kongenitalen Katarakten Kataraktchirurgie ist prinzipiell eine kurative Maßnahme bei älteren Menschen. Nicht vergessen werden darf indes, dass auch die allerjüngsten Patienten gelegentlich eines linsenchirurgischen Eingriffs bedürfen: Kinder mit kongenitaler Katarakt. Bei diesen kindlichen Augen stellen die anteriore und die posteriore Kapsulorhexis u. a. aufgrund der hohen Kapselelastizität den Operateur oft vor eine große chirurgische Herausforderung. Bei Unterlassen der primären hinteren Kapsulorhexis tritt der Nachstar in einer Häufigkeit von bis zu 100% auf [32]. Der grundsätzliche Vorzug der Femtosekundenlaser-assistierten Technik beim Erwachsenen, die aus einer exakt zirkulären und optimal angelegten vorderen Kapsulotomie resultiert, ist auch bei Kindern hochgradig erwünscht.

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Eine exakt zirkuläre und optimal angelegte vordere und hintere Kapsulotomie ist auch bei Kindern erwünscht Wir haben „off label“ das Catalys-System bislang bei 25 kindlichen Katarakten zur vorderen Kapsulotomie einge-

setzt (. Abb. 9). Nach der Linsenabsaugung, gefolgt von dem Stellen der Vorderkammer und des Kapselsacks mit Viskoelastikum, erfolgte ein erneutes Andocken unter sterilen Bedingungen mit Rescan und erfolgreichem Anlegen der hinteren Kapsulotomie, je nach Operationsplanung mit oder ohne Schonung der vorderen Glaskörpergrenzmembran. Die hintere Kapsulotomie kann in Größe und Position auf die vordere Kapsulotomie ausgerichtet werden. Da die Rückstellelastizität der kindlichen Kapsel hoch ist, wird bei sehr jungen Augen die Kapsulotomie etwas größer als geplant. Daher entwickeln wir aktuell einen altersabhängigen Korrekturfaktor, um die gewohnt geringe Abweichung von dem Zieldurchmesser zu erhalten. Aufgrund der anatomischen Verhältnisse war besonders bei den wenige Wochen alten Augen eine kleine laterale Kantholyse zum Andocken noch notwendig. Nunmehr steht auch ein Ansaugring mit kleinerem Außendurchmesser zur Verfügung, sodass das Anlegen einer Kantholyse seltener werden wird. Die Behandlungszeit lag zwischen 4 und 59 s. In allen Fällen war nach Laserkapsulotomie die Linse problemlos abzusaugen, einmal musste vor der Kapsulotomie zunächst die Pupille mit einem Pupillenexpander nach Malyugin (MST, Redmont, WA, USA) geweitet werden. Es kam bei keiner Operation zu signifikanten intra- oder postoperativen Komplikationen [10].

Kritische Aspekte Die Femtosekundenlaser-assistierte Kataraktoperation kann prinzipiell ohne Assistenten am Laser vorgenommen

werden. Sollte die Operation unter sterilen Bedingungen durchgeführt werden, was bei Anlage der Hornhautschnitte (Hauptschnitte, Parazentesen) mit konsekutiver Eröffnung des Auges gefordert wird, erweist sich eine Assistenz am Laser jedoch als hilfreich und sinnvoll. Die Kataraktoperation mittels Laser unterscheidet sich von der konventionellen Operationsmethode in einigen Aspekten, sodass es eine Lernkurve gibt, die kurz und relativ steil ist, besonders wenn bereits Vorerfahrungen mit dem Femtosekundenlaser bei der LASIK oder Keratoplastik bestehen. Im Fall einer Sedation des Patienten darf diese nicht zu tief vorgenommen werden, da sonst zum einen keine Kooperation mehr möglich ist und andererseits ein plötzliches Aufwachen bzw. spontane Bewegungen unerwünscht sind. D Die Operation kann in jeder Form

der Anästhesie vorgenommen werden, wobei die Tropfanästhesie die Regel ist. Alternativ ist bei einigen Systemen auch eine Peribulbär- oder Retrobulbäranästhesie oder auch Vollnarkose möglich, sofern die Infrastruktur im Operationssaal hierfür vorhanden ist. Patienten mit ausgeprägtem Kopftremor, Restless-legs-Syndrom oder beispielsweise Parkinson könnten eventuell nur in Vollnarkose operiert werden. Anatomisch können sehr tief in der Orbita liegende Augen oder eine sehr enge Lidspalte Probleme bei der Ansaugung bereiten. Bei den Lasergeräten mit in dem System integrierten Operationsliegen kann sich eine Lagerungsschwierigkeit besonders bei Patienten mit ausgeprägter Kyphose (z. B. Morbus Bechterew) ergeben. Ein sehr dichter und breiter Arcus senilis blockiert möglicherweise die Laserung und macht die Durchführung von Hauptschnitt/Parazentesen doch von Hand erforderlich. Bei bestehenden Hornhautnarben besteht grundsätzlich ein potenzielles Risiko für Kapselprobleme durch eine inkomplette Kapsulotomie, was aber durch eine präoperative Markierung der Hornhautnarbe und eine nachfolgende Anpassung der Kapsulotomielage und -durchmesser nach dem Andocken des Auges Der Ophthalmologe 7 · 2014 

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Leitthema am Monitor entsprechend umgangen werden kann. In seltenen Fällen (

[Femtosecond laser-assisted cataract surgery].

Employing a femtosecond laser as an initial step in cataract surgery has the clear potential to provide more precise capsulotomies and full lens fragm...
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