K]inische Wochenschrift

Ktin. Wschr. 55, 1103-1107 (1977)

©

by Springer-Verlag 1977

Die radioimmunologische Messung von Ferritin im Serum und ihre klinische Bedeutung J.P. Kaltwasser* und E. Werner (Unter technischer Mitarbeit von D. Kreuz, R. Kalkbrenner, H. Hahn und U. Tacke) Zentrum der Inneren Medizin, Abteilung Haematologie, der Johann Wolfgang Goethe-UniversitS.t (Direktor: Prof. Dr. med. H. Martin) und Gesellschaft ffir Strahlen- und Umweltforschung mbH, Abteilung Biophysikalische Strahlenforschung (Leiter: Prof, Dr. W. Pohlit), Frankfurt a.M.

Ferritin. Radioimmunological Determination in Serum and Clinical Significance Summary. Ferritin is an iron storage protein which has been shown to be present in blood serum only recently. An immunoradiometric determination of ferritin in 324 subjects with different iron stores is reported. In healthy men and women a ferritin concentration of 131 ~tg/1 (SD: 1,59) and 67 gg/l (SD: 1,79) was found respectively. In male and female blood donors as well as patients with iron deficiency and iron overload significant differences of serum ferritin concentration could be demonstrated. In clinical practice the determination of serum ferritin is a valuable method for the estimation of body iron stores. Key words. Serum ferritin -- hnmunoradiometric assay -- Body iron stores. Zusammenfassung. Ferritin ist ein EisenspeicherProtein, dessen Vorkommen im Serum erst vor wenigen Jahren nachgewiesen wurde. Es wird tiber die immunoradiometrische Messung yon Ferritin im Serum bei insgesamt 324Personen mit unterschiedlichem K6rpereisenstatus berichtet. Der Mittelwert bei gesunden Normalpersonen betrfigt ffir Frauen 67~gfl (SD:1,79) und ffir Miinner 131gg/1 (SD: 1,59). Ffir mfinnliche und weibliche Dauerblutspender sowie Patienten mit Eisenmangel bzw. Eisenfiberladung wurden davon signifikant unterschiedliche Ferritinkonzentrationen im Serum gefunden. Die Bestimmung des Ferritins im Serum kann damit als wertvoller und leicht verffigbarer Parameter zur Beurteilung der Eisenspeicher angesehen werden. Schliisselwi~rter: Serumferritin -- Immunoradiometrischer Assay - K6rpereisenstatus. * Sonderdruckanfragen an: Dr. J.P. Kaltwasser (Adresse siehe am Schlul3 der Literatur)

Das Eisen-speichernde Ferritin galt bis vor wenigen Jahren als ein intrazellul/ires Protein, das nur unter pathologischen Bedingungen im Serum nachweisbar ist [3, 19]. 1972 gelang es jedoch Addison u. Mitarb. [1] erstreals durch Anwendung eines sensiblen radioimmunologischen Mel3verfahrens, auch bei gesunden Persohen und selbst bei Patienten mit Eisenmangel, Ferritin im Serum nachzuweisen. Inzwischen sind bereits mehrere methodische Variationen der radioimmunologischen Serumferritin-Bestimmung ver6ffentlicht worden [7, 9, 14]. Der immunoradiometrische Assay (IRMA) nach Addison et al. [1] unterscheidet sich von dem konventionellen Radioimmuno-Assay (RIA) dadurch, dab anstelle einer kompetetiven Proteinbindungsanalyse mit radioaktiv markiertem und nichtmarkiertem Antigen, bei begrenzter Menge spezifischer Antik6rper, die quantitative Messung des Antigens fiber eine direkte Kombination mit markierten Antik6rpern erfotgt [28]. In der vorliegenden Arbeit wird fiber eigene methodische und klinische Erfahrungen mit der immunoradiometrischen Serumferritin-Bestimmung bei 324 Personen mit normalem Eisenhaushalt, latentem und manifestem Eisenmangel und mit Eisenfiberladung berichtet.

Material und Methoden In Abbildung 1 sind die einzelnen Schritte des IRMA einschliel31ich der Antik6rperisolierung und -markierung schematisch zusammengefagt. Der Assay wird bei Antik6rperfiberschug durchgeffihrt. Am Ende wird der nicht verbrauchte, fiberschfissige Antik6rper durch Zugabe eines Immunadsorbens (ImAd) - in diesem Fall an Diazozellulose gebundenes Ferritin - adsorbiert und durch Zentrifugieren separiert. Die im Uberstand verbleibende Radioaktivitfit ist dann eine Funktion der Konzentration des zu messenden Antigens.

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125j 1

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Anti - gerritin Serum Eluieren (pH2)

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markierter Antiktirper

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II

.~Sessung der RadioakHvit~t d. Liberslandes

ASSAY

Pr@aration yon Hurnan-Ferritin Aus autoptisch gewonnenem menschlichen Milzgewebe wurde Ferritin nach der Methode yon Drysdale und Monroe [5] isoliert. Die Reinheit des Proteins wurde mittels Polyacrylamid-Gel-Elektrophorese (Protein nnd Eisenffirbung) geprtift. Pr@aration des Ferritin-lmmunadsorbens Mit Zellulose-Puder als Grundsubstanz wurde nach der Methode yon Miles und Hales [I3] unter Verwendung yon Pferdeferritin (Koch Light Ltd.) ein Ferritin-ImAd hergestellt. Das Verh/iltnis Zeltulose/Ferritin betrfigt 1:t. Die Adsorptionskapazitfit des ImAd wirct dutch eine Verdfinnungsreihe (1:5 bis 1:60) getestet. Die Antik6rperadsorption betrug bei einer Verdtinnung yon 1:10 zwischen 70 nnd 98%. Bis zur Verwendung wird das ImAd bei 4° C aufbewahrt. Vor Gebrauch wird das ImAd 6mal mit 0,05 M Veronalpuffer (pH 8,0; 5 mg/ml Albumin) gewaschen, nm freigesetztes Ferritin zu entfernen. Gewinnung und Markierung yon Antihumanferritin-AntikSrpern Antihumanferritin-Antiserum wurde dutch Immunisierung von mfinnlichen Kaninchen (helle GroBsilber) mit hochgereinigtem

Abh. 1. Schema des immunoradiometrischen Ferritin-Assays einschlieBlich der Antik6rperisolierung und -markierung. (ImAd: Immunadsorbens)

menschlichen Ferritin (s.o.) gewonnen. Die Isolierung der spezifischen Ferritin-Antik6rper erfolgt mittels des Pferde-Ferritin-ImAd [1]. AnschlieBend werden die an das ImAd gebundenen Antik6rper mit 125j nach der Chloramin-T-Methode [6] markiert (1 mCi 125j/ 50 gg Antik6rperprotein). Durch stufenweise Elution werden die markierten Antik6rper vom ImAd abgetrennt (Abb. 1). Die hochaviden Antik6rper werden mit HC1 (pH 2) eluiert. Nach Messung der Radioaktivitfit werden die Antik6rper erneut an das treAd gebunden und in Einzelportionen mit einer Aktivit~it entsprechend 2 - 3 x 106Imp/min bei - 2 0 ° C bis zum Gebrauch aufbewahrt. Ferritin-Bestimmung 12SJ-Antik6rper-ImAd-Komplex wird aufgetaut und der Antik6rper in Abstufungen mit HCI (pH 3,0; 2,5 und 2,0) tiber einen Filter (Whatman Nr. 41) eluiert. AnschlieBend werden 50 ~tl einer Standard-Humanferritin-Verdtinnung (0,08 - 15 pg/1) bzw. Serumproben (Verdfinnung je nach erwartetem Ferritingehalt) mit 20 pl des Antik6rper-Eluates bei pH 2,0 in Polypropylen-Mikrofugenr6hrchen (200 gl) gemischt und far 24 h bei 4°C inkubiert. Zur Bestimmung des 0-Punktes der Eichkurve wird ein Leerwert aus 0,05 M Veronalpuffer (pH 8,0; 4 g/dl Albumin) angesetzt. Die Gesamtaktivit~it (12sj) wird durch Inkubation des 125J-Antik6rpers mit 50 pl Veronalpuffer (pH 8,0; 4 g/dl Albumin) anstelle der Ferri-

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tin-L6sung bestimmt. N a c h 24 h wird allen Proben, mit A u s n a h m e der ffir die Bestimmung der Gesamtaktivit/it dienenden, 50 gl verdfinntes I m A d zugesetzt, u m den iiberschtissigen Antik6rperanteil abzubinden. Der Ansatz wird 30 rain bei R a u m t e m p e r a t u r inkubiert. Anschliegend werden durch Zentrifugation (Beckmann Mikrofuge, Modell 152) der lzSJ-Antik6rper-ImAd-Komplex abgetrennt u n d 90 pl des I~berstandes zur Aktivitfitsmessung abgen o m m e n (Abb. 1),

Ergebnisse und Diskussion Eine typische Standardkurve ist in Abbildung2 wiedergegeben. Jeder Punkt der Kurve entspricht dem Mittelwert aus 4 Einzelbestimmungen. Fiir eine Serie yon 9 Assays betrug der Variationskoeffizient f~r den 0-Punkt 8,8% ffir den h6chsten Punkt der Standardkurve 2,8%. Die Intra-Assay-Variation wurde durch 10 Doppelbestimmungen von 3 verschiedenen Serumproben bestimmt. Fiir Serum A wurde ein Mittelwert yon 53,1 gg/1 mit einer Standardabweichung (SD) yon _+2,3gg/1 ermittelt. Ftir Serum B: 174,1+_9,9 ~g/1; -1 Zlmin.

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5 110 15 Human - Ferritin {pg/I) Abb. 2. Standardkurve des immunoradiometrischen Ferritin-Assays f/Jr Human-Milz-Ferritin. Gesamtradioaktivit/it: 2420 Imp/ min. 86% der Radioaktivitgt wurden im Ferritin-freien Ansatz durch das I m A d gebunden

Serum C: 415 + 32,8 gg/1. Der Variationskoeffizient dieser Bestimmungen betrug: 4,2%, 5,7% und 7,9%. Die Inter-Assay-Variation wurde in einer Serie von 6 Assays in einer Zeit von 4 Wochen untersucht. In jedem Assay wurde ein Kontrollserum aus gepooltern Normalserum gemessen. Das Kontrollserum war in Einzelportionen zu 0,5 ml bei - 2 0 ° C aufbewahrt. Die Ferritinkonzentration in diesem Serum betrug, bezogen auf die 6 untersuchten Assays, 90,4 +4,9 gg/1 - Variationskoeffizient: 5,4%. Die Variation entspricht der von Jones und Worwood [9] bei einer automatisierten Version des immunoradiometrischen Assay angegebenen Variation. Die Ferritin-Konzentration im Serum wurde bei 161 gesunden Normalpersonen (90 Frauen, 71 M/inner), 113 Dauerblutspendern (26 Frauen, 87 M/inner), 30 Patienten mit Eisenmangel und 20 Patienten mit Eisenfiberladung untersucht. Zur Abgrenzung der Eisenmangelstadien wurden die von Kuse und Hausmann [10] angegebenen Kriterien [1] pr/ilatent : Eisenreserven vermindert, intestinale Eisenabsorption erh6ht; [2] latent: zus/itzlich zu [1]: Serum-Fe vermindert, TEBK erh6ht; [3] manifest (Fe-Mangel-An/imie): zus/itzlich zu [2]: Hb vermindert, MCH und MCV normal-vermindert) herangezogen. In Abbildung 3 sind die individuellen Mel3ergebnisse zusammengefaBt. Die mittlere Ferritinkonzentration bei Normalpersonen betrug unter der Voraussetzung einer logarithmischen Normalverteilung ffir M~inner: 131 ~tg/1 (SD: 1,59), ffir Frauen: 67 pg/1 (SD: 1,79). In Ubereinstimmung mit den bisherigen Literaturangaben [1,4, 15] weisen die M/inner des Normalkollektivs eine signifikant h6here Serumferritin-Konzentration auf als normale Frauen (p

[Ferritin. Radioimmunological determination in serum and clinical significance (author's transl)].

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