So wird’s gemacht

Abnahme von Blutkulturen Johannes P. Borde, Michaela Ruhnke, Marc Fabian Küpper, Johannes Hübner, Winfried V. Kern

Besteht bei einem Patienten der Verdacht auf eine Infektion der Blutstrombahn, ist die Blutkultur der diagnostische Goldstandard. Mit ihr können Krankheitserreger nachgewiesen, identifiziert und im Anschluss gezielt behandelt werden. Lesen Sie hier, wann das Verfahren indiziert ist und worauf Sie bei der Blutentnahme achten sollten.

Allgemeines | Der Goldstandard in der Diagnostik von Infektionen der Blutstrombahn (Bloodstream infections, BSIs) ist die Abnahme von Blutkultu­ ren [1]. Gelingt es, Bakterien bzw. Pilze aus ­einer Blutprobe zu isolieren und zu kultivieren, spricht man von einer Bakteriämie oder Fungämie. Eine Blutkultur – umgangssprachlich häufig als „Blut­ kulturpärchen“ oder „Blutkulturset” ­bezeichnet – umfasst einer anaerobe und eine a ­ erobe Blut­ kulturflasche. Das Blut, das man durch eine ein­ zelne Gefäßpunktion gewinnt, wird auf beide Blutkulturflaschen verteilt. Die Empfehlungen in diesem Beitrag beziehen sich auf handelsübliche Blutkulturflaschen der heutzutage automatisier­ ten Blutkultursysteme. Gezielt gegen Erreger vorgehen | Die große Be­ deutung der diagnostischen Methode liegt darin, den ­ursächlichen Erreger einer bakteriellen oder Pilzinfektion nachzuweisen und zu identifizieren. Erregernachweis und Antibiogramm ermöglichen es, antiinfektiv wirksame Substanz gezielt einzu­ setzen. Die Entscheidung über den Beginn, das Einstellen oder Anpassen einer antiinfektiven The­ rapie wird durch Blutkulturergebnisse geleitet. Negative Blutkulturen können eine Bakteriämie ausschließen bzw. erreichte Blutkultursterilität dokumentieren. Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst die Aussagekraft der blutkulturellen Diagnostik. Einschränkungen bestehen hinsichtlich der Sensitivität und Spezifität der Methode und der Kulturvierbarkeit des Erregers.

Wie viel Blut abnehmen? | Zwischen Blutvolu­ men und Isolierungsrate besteht ein proportio­ naler Zusammenhang [2, 3]. In der Regel werden die Blutvolumina pro Blutkultur von den Herstel­ lern vorgegeben. Die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) und andere nationale und internationale Fachgesellschaften empfehlen bei Erwachsenen 20 ml Blut zu aspi­ rieren und jeweils 8–10 ml Blut in die aerobe bzw. anaerobe Blutkulturflasche zu verimpfen [1, 4–6]. Die Gefahr einer iatrogenen Anämie ist, Borde JP et al. Abnahme von Blutkulturen  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 666–669

außer bei pädiatrischen Patienten, eher zu ver­ nachlässigen. Bei ihnen sollte man, insbesondere bei Neugeborenen, das entnommenen Blutvolu­ men vom Gewicht abhängig machen [7]. Bei älte­ ren Kindern kann man ebenfalls 20 ml Blut ent­ nehmen. Für die Blutentnahme wird eine periphere Vene punktiert. Arterielles Blut bringt weder bei Endokarditiden noch bei vermuteten Fungämien Vorteile.

Häufig werden zu geringe Blutvolumina verimpft [9]. Die Isolierungsrate nimmt laut Literaturan­ gaben pro ml Blut um 3–5 % zu. Diese Ergebnisse beruhen im Wesentlichen auf Untersuchungen aus den 1970 er Jahren – sie behalten aber auch im Zeitalter der automatisierten Blutkultursyste­ me ihre Gültigkeit [2, 3]. Der lineare Zusammen­ hang zwischen Volumen und Isolierungsrate scheint allerdings nicht für alle Erregerspezies gleich ausgeprägt zu sein.

Vor dem Start Indikationen | Die Abnahme von Blutkulturen ist immer dann indiziert (Indikation für Blutkultu­ ren im modifizierten Wortlaut der DGHM [9]), wenn: ▶▶ die klinischen Kriterien für eine Sepsis, eine schwere Sepsis oder einen septischen Schock vorliegen ▶▶ der Verdacht auf eine systemische Beteiligung bei einer lokalisierten Infektion besteht ▶▶ der Verdacht auf eine zyklische Infektions­ krankheit wie beispielsweise Typhus oder Bru­ cellose besteht, auch wenn diese klinisch nicht immer eine Sepsis darstellt ▶▶ der Verdacht auf eine Bakteriämie oder Fungä­ mie beispielsweise im Rahmen einer subakuten Endokarditis oder einer Katheter-assoziierten Infektion (Central line-associated blood stream infection, CLABSI) besteht ▶▶ wenn Fieber unklarer Genese (fever of un­ known origin, FUO) vorliegt

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So wird’s gemacht

Risikokonstellationen | Patienten mit einliegen­ dem Fremdmaterial (Endoprothesen, Kunstklap­ pen, Katheter) sind durch Bakteriämien und ­Biofilmbildungen auf der Fremdoberfläche be­ sonders bedroht [5]. Die Indikation zur Abnahme von Blutkulturen sollte in derartigen Risiko­ konstellationen großzügig gestellt werden. Zur Risikogruppe zählen insbesondere: ▶▶ Neugeborene ▶▶ geriatrische Patienten ▶▶ immunsupprimierte Patienten ▶▶ Kranke auf Intensivstationen Proben vor Therapiebeginn entnehmen | Epide­ miologische Daten zu BSIs zeigen, dass die meis­ ten Bakteriämien und Fungämien nosokomialen Ursprungs sind. Unabhängig von einer bestimm­ ten Fieberhöhe sollte man bei klinischem Ver­ dacht auf eine BSI Blutkulturdiagnostik v ­ eranlassen [4]. Die Proben sollten vor Beginn bzw. vor Anpas­ sen der antiinfektiven Therapie abgenommen werden, da der mikrobiologisch-kulturelle Erre­ gernachweis durch eine antiinfektive Therapie ­erschwert oder unmöglich gemacht wird. Kontrollblutkulturen bei laufender Therapie | Doch auch unter laufender Therapie kann es – bei ent­ sprechender Symptomatik – sinnvoll sein, eine Blutkultur anzulegen. So können eine persistieren­ de Bakteriämie oder resistente Erreger nachgewie­ sen werden. Kontrollblutkulturen sind innerhalb von 72 h nach Beginn der antibiotischen Therapie u. a. indiziert bei: ▶▶ Endokarditis ▶▶ S.aureus-Bakteriämie ▶▶ nachgewiesener Fungämie ▶▶ Katheter-assoziierten Infektionen Kontrollblutkulturen können, auch bei einem An­ sprechen der Therapie, wertvolle Hinweise auf Abs­ zesse oder bakteriämische Superinfektionen geben. Eine ist keine | Generell sollte man bei Erwachse­ nen initial mindestens 2 und maximal 4 Blutkultur­ sets abnehmen – je nach klinischer Situation und Dringlichkeit. Cave  Entnehmen Sie möglichst nie nur eine einzige Blutkulturflasche oder ein einziges Set (Merke: „Eine ist keine“).

Nimmt man zwei oder mehr Blutkulturen ab, ist das Blutvolumen und damit die Sensitivität höher. Außerdem lassen sich Interpretationsschwierig­ keiten des Kulturergebnisses bei Kontaminationen vermeiden. Kontaminationen | Die häufigste Ursache von Kontaminationen sind Mikroorganismen, die die Haut kolonisieren. In seltenen Fällen sind sie je­ doch relevante Erreger bei septischen Krankheits­ bildern (z.  B. eine Kunstklappenendokarditis durch S. epidermidis). Nur bei zwei unabhängig voneinander ­abgenommenen, mit gleichen Spezies positiven Blutkultursets gilt eine Kontamination als weitgehend ausgeschlossen.

Wie oft abnehmen? | Wie oft und in welchem ­Abstand die Blutkulturen abgenommen werden sollten, hängt vom Verlauf der Erkrankugn ab: ▶▶ Bei perakut verlaufenden Krankheitsbildern sind 3 Blutkultursets innerhalb kurzer Zeit (

[How to do: Blood culture].

The detection of living microorganisms in the blood of a patient is of major diagnostic and prognostic importance. Blood cultures are the goldstandard...
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