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Clinical Letter Hydroxychloroquin-induzierte Hyperpigmentierung Hydroxychloroquine-induced hyperpigmentation

tiv war, sowie sporadisch perivaskuläre Lymphozyten und verstärkte Pigmentierung der Basalschicht (Abbildung 2). In der Eisenfärbung waren keine Hämosiderinablagerungen zu erkennen. Insgesamt deuteten Anamnese, klinische Untersuchung, histopathologische Befunde und fehlende Alternativerklärungen darauf hin, dass Hydroxyychloroquin die Hyperpigmentierung verursacht hatte. Zehn Monate nach Absetzen von Hydroxychloroquin war eine partielle Rückbildung der Hyperpigmentierung zu beobachten.

DOI: 10.1111/ddg.12232 English online version on Wiley Online Library

Sehr geehrte Herausgeber, Medikamente gegen Malaria sind in der Medizin weit verbreitet. Während des Zweiten Weltkriegs war Chloroquin ein populäres Mittel zur Vorbeugung und Behandlung von Malaria. Sein Derivat Hydroxychloroquin wurde in den 50er Jahren entwickelt und kommt heute weitgehend in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen, z.B. bei systemischem Lupus erythematodes und chronischer Polyarthritis, sowie bei Photodermatosen zum Einsatz. Zu den häufigsten, meist milden Nebenwirkungen zählen gastrointestinale Symptome, Kopfschmerzen, EEG-Veränderungen, Sehstörungen, Photosensibilität, Urtikaria und Hautausschlag [1]. Hyperpigmentierung nach mehr als viermonatiger Einnahme von Chloroquin ist eine bekannte Nebenwirkung [2]. Dennoch tritt sie unter Hydroxychloroquin sehr selten auf und ist nur wenig berichtet worden. Bei einer 49-jährigen südamerikanischen Patientin, Fitzpatrick-Hauttyp IV, 155 cm groß und 52 kg schwer, wurde im Februar 2010 eine rheumatoide Arthritis (Rheumafaktor positiv, Anti-CCP-Antikörper negativ) diagnostiziert. Unter niedrig dosiertem Prednisolon (10 mg täglich mit Ausschleichen auf Null) und NSAR (Diclofenac 75 mg zweimal täglich) ging die Polysynovitis innerhalb von drei Monaten zurück. Wegen eines zweiten Schubs im Mai 2010 wurde eine immunmodulatorische Therapie mit Hydroxychloroquin eingeleitet (einmal täglich 400 mg, 8,6 mg pro Kilogramm Idealgewicht). Die ophthalmologische Untersuchung war normal. Siebzehn Monate später wurde die Patientin an das Dermatologische Ambulatorium überwiesen wegen seit vier Monaten bestehender asymptomatischer, zunehmend ausgedehnter graubrauner fleckförmiger Pigmentierung (Abbildung 1). Betroffen waren Gesicht, Hals, Schultern, oberer Rücken, Arme und Hände, nicht jedoch Mundschleimhaut und Nägel. Anamnestisch war weder eine vorausgegangene Entzündung noch die Einnahme anderer Medikamente als mögliche Ursache der Hyperpigmentierung festzustellen. Die Untersuchung der Hautbiopsie zeigte Melanophagen und Ablagerung von teilweise extrazellulärem körnigem braunem Pigment im oberen Korium, das in der Masson-Fontana-Färbung posi-

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Abbildung 1  Ausgedehnte umschriebene graubraune ­fleckförmige Pigmentierung an Gesicht, Schultern und ­Unterarmen.

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Abbildung 2  Hämatoxylin-Eosin- (oben) und Masson-Fontana-Färbung (unten) zeigen Melanophagen und Ansammlung von teilweise extrazellulärem körnigem braunem Pigment in der oberen Dermis, sporadisch perivaskuläre Lymphozyten und verstärkte Pigmentierung der Basalschicht; das Pigment ist bei der Masson-Fontana-Färbung positiv. (Danksagung: Prof. Dr. med. W. Kempf für die zur Verfügung gestellten histopathologischen Aufnahmen).

Erworbene Hautpigmentierungen können generalisiert oder lokalisiert auftreten und vielerlei Ursachen haben. Differenzialdiagnostisch sind u.a. Melasma, Morbus Addison, Hämochromatose, Hyperthyreose, Nikotinsäure- und Vitamin B12-Mangel sowie Erythema dyschromicum perstans in Erwägung zu ziehen. Die Einnahme von Schwermetall verursacht schiefergraue (Quecksilber, Silber), blaugraue (Bismut, Gold) oder bronzefarbene (Arsen) Pigmentierungen. Eine graue Verfärbung in sonnenexponierten Arealen kann nach topischer Anwendung von Silbersulfadiazin auftreten. Übermäßiger Verzehr von Beta-Carotin kann eine gelbe Hauttönung verursachen. Arzneimittelbedingte Hyperpigmentierung ist eine bekannte Nebenwirkung bei einigen Psychotropika, Amiodaron, Chemotherapeutika und Tetrazyklinen. Bei bis zu 25 % aller kaukasischen Patienten, die mindestens 4 Monate lang Antimalariamittel wie Chloro-

quin, Quinacrin oder Amodiaquin erhalten, entwickelt sich eine Hyperpigmentierung [3, 4]. Hyperpigmentierung nach Hydroxychloroquin ist nur selten beschrieben. Der erste Fall von Hyperpigmentierung nach Hydroxychloroquin allein wurde 1992 veröffentlicht [5]. Seitdem gibt es Berichte über Hyperpigmentierung an mehreren Körperstellen (Tabelle 1). Die Hyperpigmentierung scheint lokalisiert und weniger ausgeprägt zu sein als bei anderen Antimalariamitteln. Das Alter der Patienten variierte zwischen 28 und 92 Jahren, sie hatten tägliche Dosen von 400 mg Hydroxychloroquin erhalten und waren nach 7 bis 36 Monaten (Median 9 Monate) von der Hyperpigmentierung betroffen. Für die Mehrzahl arzneimittelbedingter Hyperpigmentierungen sind vier pathogenetische Mechanismen verantwortlich: Ansammlung von Melanin, Akkumulation

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Tabelle 1  Übersicht über veröffentlichte Fälle von Hyperpigmentierung durch Hydroxychloroquin (kD=keine Daten, MCTD= gemischte Bindegewebserkrankung, SLE=systemischer Lupus erythematodes, RA=rheumatoide Arthritis). Autoren

Jahr Diagnose

Veraldi Cutis. 1992;49: 281–2

1992 Diskoider Lupus Zahnfleisch erythematodes

True Arthritis Rheum. 2002;46:1698

2002 RA

Beine

Verzöge- Dosis in Alter bei Histopathologie rung in mg DiagnoseMonaten stellung 7

2 Monate lang 400, danach 200

28

kD

kD

kD

kD

Bananenförmiges Gebilde, rotbraune Fasern in der ­tiefen Dermis

2004 MCTD Millard Clin Exp Dermatol. 2004;29:92–3

Gesicht, Hals, Stamm, Axillen, Schenkel

9

400

48

Pigmentinkontinenz

Reynaert J Eur Acad Dermatol Venereol. 2006;20:487–8

2006 A+B) SLE

A) Beine B) Stirn, Kinn, Wangen

18

200–400

kD

A) Perivaskulär und periadnexal dermales hyperchromatisches Pigment B) kD

Amichai J Clin Rheumatol. 2007;13:113

2007 RA

Beine

7

400

37

kD

Vorderarm

8

400

92

Verstärkte basale Pigmentierung, dermale Melanophagen und Melanin-/Hämosiderina ablagerungen Dermale Melanophagen und extrazelluläres Melanin

2008 RA Rood Scand J Rheumatol. 2008;37:158

160

Lokalisation

Puri J Cutan Pathol. 2008;35:1134–7

2008 A) MCTD B) SLE and RA

A) Oberer Rücken und Schulter B) Rechte Schläfe

kD

400

50/78

Melikoglu J Clin Pharm Ther. 2008;33:699–701

2008 SjögrenSyndrom

Hände

21

400

48

kD

Morrison Dermatol Online J. 2009;15:15

2009 Subakuter Beine, ­kutaner Lupus ­Vorderarme erythematodes

7

400

67

kD

Jallouli Rev Med Interne. 2010;31:566–7

2010 SLE

9

400

kD

kD

Kalabalikis Acta Derm ­Venereol. 2010;90: 657–9

2010 Kutaner Lupus Vorderarme, erythematodes Nägel

kD

400

75

Verstärkte basale ­Pigmentierung, dermale Ablagerung von ­Hämosiderin und Melanin

Cho J Dermatol. 2012;39:859–60

2012 RA

Hals, oberer Stamm

36

200

58

Epidermales Melaninpigment, dermale Melanophagen und extrazelluläre Pigment- ablagerung

2012 SjögrenKalampalikis Syndrom J Dtsch Dermatol Ges. 2012;10:921–2

Mundschleimhaut

8

200

55

Verstärkte basale ­Pigmentierung, dermale Melanophagen

Unser Fall

Gesicht, Hals, Schulter, Arme, Hände

13

400

49

Verstärkte basale ­Pigmentierung, dermale Melanophagen und ­extrazelluläres Melanin

2013 RA

Beine

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der a­uslösenden Medikamente selbst, Synthese besonderer ­Pigmente und Ablagerung von Eisen [4]. Die  Affinität für Melanin ist bei Chloroquin und Hydroxychloroquin bekannt. Ihre Konzentrationen sind etwa fünfmal höher in der Epidermis als in der Dermis [1]. Es wird diskutiert, ob die Pigmentgranula aus Melanin oder Hämosiderin bestehen [6]. Histologisch war das von uns gefundene pigmentierte Material höchstwahrscheinlich Melanin; es gab keinen Hinweis auf Hämosiderin. Unsere Ergebnisse decken sich mit denen von Puri et al. [6], die beobachteten, dass die Granula nur Melanin enthielten. Bei unserer Patientin war das Verteilungsmuster mit den sonnenexponierten Arealen vereinbar. Es sind phototoxische und photoallergische Reaktionen bei herabgesetzter minimaler Erythemdosis (MED) durch Hydroxychloroquin beobachtet worden [7], was nahelegt, dass es sich um eine durch Medikamente getriggerte lichtinduzierte Pigmentierung durch körnige Melaninablagerungen handelt. Es ist jedoch auch eine verstärkte Pigmentierung des Zahnfleisches nach Einnahme von Hydroxychloroquin berichtet worden [8], allerdings bei einer Raucherin. Hämosiderinablagerungen wurden in zwei zuvor veröffentlichten Fällen beobachtet [9, 10]. Somit bleiben Beschaffenheit und Zusammensetzung der Pigmentgranula unklar. Abschließend ist festzustellen, dass beim Verschreiben von Hydroxychloroquin die seltene Möglichkeit einer Hyperpigmentierung in Erwägung gezogen werden sollte, vor allem weil diese Nebenwirkung scheinbar dauerhaft anhält. Neben regelmäßigen ophthalmologischen Untersuchungen sollten dermatologische Kontrollen durchgeführt werden; bei Auftreten von Pigmentierung ist das Präparat ggf. abzusetzen. Die Häufigkeit von Nebenwirkungen scheint dosisabhängig zu sein, daher wird eine tägliche Höchstdosis von 6,5 mg pro Kilogramm Idealgewicht empfohlen [2]. Da Sonnenstrahlung offenbar eine pathogenetische Rolle spielt, sind entsprechende Schutzmaßnahmen zu empfehlen.

Korrespondenzanschrift Dr. med. Siegfried Borelli Dermatologisches Ambulatorium des Stadtspitals Triemli Herman-Greulich-Strasse 70 8004 Zürich, Schweiz E-Mail: [email protected]

Literatur  1 Ruiz-Irastorza G, Ramos-Casals M, Brito-Zeron P et al. C ­ linical efficacy and side effects of antimalarials in systemic lupus erythematosus: a systematic review. Ann Rheum Dis 2010; 69: 20–8.  2 Ochsendorf FR. Use of antimalarials in dermatology. J Dtsch Dermatol Ges 2010; 8: 829–45.  3 Hendrix JD Jr, Greer KE. Cutaneous hyperpigmentation caused by systemic drugs. Int J Dermatol 1992; 31: 458–66.  4 Dereure O. Drug-induced skin pigmentation. Epidemiology, diagnosis and treatment. Am J Clin Dermatol 2001; 2: 253–62.  5 Veraldi S, Schianchi-Veraldi R, Scarabelli G. Pigmentation of the gums following hydroxychloroquine therapy. Cutis 1992; 49: 281–2.  6 Puri PK, Lountzis NI, Tyler W et al. Hydroxychloroquineinduced hyperpigmentation: the staining pattern. J Cutan Pathol 2008; 35: 1134–7.  7 Lisi P, Assalve D, Hansel K. Phototoxic and photoallergic ­dermatitis caused by hydroxychloroquine. Contact Dermatitis 2004; 50: 255–6.  8 Kalampalikis A, Goetze S, Elsner P. Isolated hyperpigmentation of the oral mucosa due to hydroxychloroquine. J Dtsch ­Dermatol Ges 2012; 10: 921–2.  9 Rood MJ, Vermeer MH, Huizinga TW. Hyperpigmentation of the skin due to hydroxychloroquine. Scand J Rheumatol 2008; 37: 158. 10 Kalabalikis D, Patsatsi A, Trakatelli MG et al. Hyperpigmented forearms and nail: a quiz. Acta Derm Venereol 2010; 90: 657–9.

Interessenkonflikt Keiner.

Romano Silvio Kasper 1, Beat Flueckiger2, Sharon Gobbi1, Stephan Lautenschlager 1, Siegfried Borelli1 (1) Dermatologisches Ambulatorium, Stadtspital Triemli, ­Zürich, Schweiz (2) Klinik für Rheumatologie, Stadtspital Triemli, Zürich, Schweiz

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