Blur, Band 32, Seite 29-36 (1976) Abteilung fiir Innere Medizin und Hfimatologie (Professor Dr. H. Heimpel) des Zentrums ftir Inhere Medizin und Kinderheilkunde und Abteilurlg fiir Pathologie I (Professor Dr. O. Haferkamp) der Universitfit Ulm

Immunoblastische Lymphadenopathie mit pseudoleuk~imischem Blutbild Alfred Schoengen, Manfred Dietrich, Bernhard Kubanek, Otto Haferkamp und Hermann Heimpel

Zusammenfassung Ein Fall einer immunoblastischen Lymphadenopathie mit einem leuk~moiden peripheren Blutbild wird mitgeteilt. AIR ftir dieses kiirzlich beschriebene Krankheitsbild typischen klinischen, histologischen und immunologischen Befunde wurden beobachtet. Der Verlauf der Erkrankung im vorliegenden Fall ist seit Jahren gekennzeichnet durch immer wieder rezidivierende Schfibe mit Spontanremissionen. Der letzte Schub war ungew6hnlich schwer und verbunden mit einer leukfimoiden Reaktion mit Zellzahlen yon fiber lO0000/bd , an welcher sowohl das h~tmopoetische als auch das lympho-plasmazellul~ire System beteiligt war. Trotzdem deutete sich auch diesmal eine Spontanremission unter einer supportiven Therapie an, die endgfiltige Besserung mit Verschwinden fast aller pathologischen Symptome trat unter Therapie mit Nebennierenrindensteroiden ein. Befunde, Differentialdiagnose und Therapie der Erkrankung werden diskutiert. Summary The case of an immunoblastic lymphadenopathy with a leukaemoid reaction has been observed. All the clinical, serological and histological features described by previous authors were present. In addition, there were more than 100000/~zl nucleated peripheral cells, consisting of mature and a few immature granulocytes, a small number of normoblasts and many lymphocytes, "immunoblast-like" lymphoid cells and plasma cells. Polyclonality of the latter was demonstrated by serological methods. Spontaneous remission occurred and was apparently enhanced by the application of corticosteroids. Schliisselw6rter: Immunoblastische Lymphadenopathie - Pseudolymphom

In den vergangenen Jahren konnten wir mehrere Pafienten mit einem Krankheitsbild beobachten, das von pathologisch-anatomischer Seite 1973 erstmals beschrieben und als immunoblastische Lymphadenopathie (I.L.) bezeichnet wurde [5,6]. Die Erkrankung itul3ert sich in einer generalisierten Lymphknotenschwellung, Hepatosplenomegalie, hohem Fieber, schlechtem Allgemeinbefinden und Gewichtsabnahme. Eingegangen am 1.7. 1975

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Histologisch bietet das lymphatische Gewebe ein charakteristisches Bild mit einer Trias aus 1. Proliferation von postkapilliiren Venolen mit stark prominenten Endothelien, 2. diffuse Infiltration mit ,,Immunoblasten", Plasmazellen und ihren Zwischenformen, 3. Interstitielle Ablagerung yon amorphem, eosinophilem Material. AuBerdem finden sich Zeichen einer abnormen Reaktion des B-Zellsystems, z. B. eine massive polyklonale Hypergammaglobulin/imie und ein Niufig positiver Coombstest. Die vorliegende Arbeit beschreibt eine solche Patientin, die zusfitzlich zu den bisher beschriebenen Befunden eine leuk~moide Reaktion zeigte, die Untersuchungen der immunologischen Eigenschaften der im Schub ausgeschwemmten Zellen erlaubte. Kasuistik 51j~ihrige starke Raucherin, Symptomatik einer chronischen asthmoiden Bronchitis seit fiber 10 Jahren, 1966 w~ihrend Urlaubsaufenthalt in Jordanien unklare geschwfirige Hauterkrankung, die mit groBen depigmentierten Narben ausheilte. Seit 1968 rezidivierendes Auftreten yon generalisierten Lymphknotenschwellungen, Hepatosplenomegalie und Fieber. Trotz mehrerer Untersuchungen konnte keine sichere Diagnose gestellt werden. Obwohl der Verdacht auf eine maligne lymphoproliferatire Erkrankung gegeben war, wurde nie eine zytostatische Therapie durchgeffihrt, da sich stets Spontanremissionen einstellten; allerdings wurde beobachtet, dab die Schfibe mit jedem Auftreten heftiger wurden. Im Januar 1975 kam es erneut zu einem besonders schweren Schub, die Patientin wurde mit einer Leukozytose yon fiber 50000/mm 3 und einer zunehmenden Thrombopenie unter der Verdachtsdiagnose akute Leuk{imie in unsere Klinik aufgenommen. Bei der Erstuntersuchung war die Patientin in deutlich reduziertem Allgemeinzustand, sie litt unter schwerer Dyspnoe, zeigte eine ausgepr~igte Zyanose und schwitzte stark. Die Temperatur war auf fiber 39 ~ C erh/Sht. Es fanden sich generalisierte, etwas schmerzhafte Lymphknotenschwellungen bis zu einer Gr6Be yon 4 cm im Durchmesser, die Milz war 6 cm, die Leber 8 cm unter dem Rippenbogen tastbar. An beiden Armen bildete sich ein makulopapul6ses, sp~iter h/imorrhagisches Exanthem aus. R6ntgenaufnahmen der Lunge zeigten ein Emphysem sowie eine vermehrte interstitielle Lungenzeichnung. Ein Infektionsherd wax nicht nachweisbar. Laboratoriumsuntersuchungen ...'~

R e pathologischen Bes sind in Tab. 1 zusammenges Einen repr~isentativen ~usschnitt aus dem peripheren Blutbild zeigt Abb. 1. Die Granulozyten waren linksgerschoben bis zu Promyelozyten, es fiel eine deutliche Eosinophilie auf, vereinzelt wurden Normoblasten ges Die atypischen lymphozyt~iren Zellen waren unterschiediich gestaltet, besagen groBe, zum Teil eingebuchtete Kerne mit meist dichtem

Immunoblastische Lymphadenopalhie mit flseudoleukdmischemBlulbild

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Chromatin und gelegentlich prominenten Nukleolen. Das Zytoplasma war basophil und nicht granuliert. Ein Teil glich am ehesten transformierten Lymphoblasten, die iibrigen stellten alle {0bergangsformen yon diesen bis hin zu Plasmazellen dar. Antik6rper gegen folgende mikrobielle Antigene waren nicht nachweisbar: Coxsackie, Zytomegalie, Ornithose, Psittakose, Fleckfieber, Q-fieber, Leptospirose, Brucellose, Listeriose. Die Toxoplasmose-KBR war mit einem Titer yon 1 : 5 positiv.

bei Aufnahme Leukozyten 1/mma Granulozyten % Lymphozyten % (Lymphozyten atypische %) davon PAS-positiv ATPase-positiv Plasmazellen % Eosinophile % Normoblasten ~ Thrombozyten 1/mm3 Retikulozyten ~ H~imoglobin g/100 ml GesamteiweiB g/L gamma-Globuline g/L Ig-G mg/100 ml Ig-A mg/100 ml lg-M mg/100 ml Immunelektrophorese Viskosit~it EiweiBausscheidung g/Tag Bence-Jones-Eiweil3 im Urin Papierelektrophorese im Urin Immunelektrophorese im Urin

Fibrinogen mg/lO0 ml (Hitzekoagulation) (nach Clauss) BSG Coombstest direkt indirekt ANF Anti-DNA

bei Entlassung

117000 10000 32 55 49 41 (46) (9) (11%) -(52%) -10 2 8 2 2 0 56000 347000 9 72--31 10,7--8,2 10,6 104 74 50,3 24,3 6635 2740 481 219 429 279 kein Paraprotein kein Paraprotein erh6ht normal 1,9 0 negativ negativ Albumin/gamma-Globulin - =1:2 Albumin, Ig-G, Ig-A, -Ig-G mit K- und L-Leichtketten, keine freien Leichtketten 80--20 150 110/138

150 -15/35

1:128 (Ig-G, K, C3) negativ positiv negativ

negativ negativ positiv negativ

Tab. 1 : Pathologische Befunde bei Aufnahme und Entlassung.

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Abb. 1: Peripheres Blut, Pappenheim-F~irbung, (1:500) Geldrollenbildung der Erythrozyten. 1 = Normoblast, 2 = Plasmazelle, 3 = Lymphoblast. Histologie und Zytologie Die Knochenmarkshistologie zeigte eine normale Markarchitektur und Zelldichte. Die Zellsysteme der H~imopoese waren quantitativ und qnalitativ unauff~illig. Auffallend war eine deutliche Vermehrung yon Plasmazellen, die zum Teil in gr6Beren Ansammlungen, gelegentlich in regelrechten Verbitnden, meist ausgehend yon Gef/igen, vorkamen. Daneben lag eine Vermehrung mononukle~irer Zellen vor, die am ehesten in die lymphozytitre Reihe einzuordnen waren. Im zytologischen Pr~iparat wurden entsprechende Befunde erhoben, wobei die Morphologie der atypischen lymphozyt/iren Zellen derjenigen der Zellen im peripheren Blur entsprach, lm Lymphknoten fanden sich folgende histologische Ver~inderungen (Abb. 2): Weitgehende Zerst6rung der normalen Lymphknotenstruktur, massive Vermehrnng yon kleinen Gefiigen mit sehr prominenten Endothelien, diffuse Infiltration mit Plasmazellen, ,,Immunoblasten" und deren Obergangsformen bei Verminderung der normalen Lymphozyten, eine hohe Zahl yon Mitosen sowie interstitielle Ablagernng eines amorphen, eosinophil anf~irbbaren Materials. Bemerkenswert war die Tatsache, dab s~imtliche der oben beschriebenen proliferierten Gef~ige leer, die Vasa afferentia des Lymphknotens jedoch voller Zellen waren. Die Kapsel des Lymphknotens war erhalten, an verschiedenen Stellen fanden sich unspezifische entziindliche Infiltrate in der Umgebung yon GefiiBen. Immunologische Untersuchungen Die Untersuchung von Oberflitchenmarkern an den mononukle~tren Zellen des peripheren Blutes zeigte eine deutlich verminderte Spontanrosettenbildung sowie eine verminderte PHA-Stimulierbarkeit. Die Zahl der Zellen mit immunfluoreszenztechnisch nachweisbaren, membra.ngebundenen Immunglobulinen war im Vergteich

Immunoblastische Lymphadenopatbie mit pse~doleukiimischem BIutbild

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Abb. 2: Lymphknoten-Histologie, Giemsa-F~rbung nach Methacrylat-Einbettung, a) Ubersicht (1 : 300) ; b) prominente Endothelien, Plasmazellen; (1 : 1000), c) Plasmazel[er~, Immunoblasten urid Zwischenformen; (1 : 1000), d) InterstitielI abgelagertes arnorphes Material (1 : 1000).

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zur Norm ebenfalls vermindert, wobei alle Immunglobulinklassen sowie beide Leichtkettentypen nachweisbar waren. 10 bis 15% der Zellen im peripheren Blut, Knoehenmark und Lymphknoten erwiesen sich mit immunfluoreszenztechnischen Methoden als Immunglobulin produzierend. Auch hier wurden alle Immunglobulinklassen und beide Leiehtkettentypen in einer ann~ihernd normalen Verteilung gefunden. Das Serum der Patientin wurde auf lymphozytotoxische Eigenschaften hin untersucht, indem es gegen Lymphozyten einer Gruppe yon 25 ausgew~ihlten Spendern getestet wurde, die das gesamte Spektrum der HLA-Antigene beinhaltete. Eine positive Reaktion wurde in 11 F~illen gefunden, nach Eintreten der Remission jedoch nur noch in 5, wobei jeweils zus~itzlich ein Titerabfall beobachtet wurde. Verlauf Da zun~chst eine sichere Diagnose nicht gestellt werden konnte, eine akute Leuk~imie wegen tier vielf~ltigen Morphologie der peripheren Zellen und des Knochenmarkbefundes ausschied und eine Plasmazelleuk~imiedutch die eindeutigen Fluoreszenzuntersuchungen ausgeschlossen werden konnte, wurde eine rein supportive Behandlung mit Sauerstoff, Antibiotika, Digitalis und Euphyllin durchgefiihrt. Hierunter deutete sich bereits eine spontane Besserung des Krankheitsbildes an, Lymphknotenund Milzgr6Be nahmen ab, die Leukozyten im peripheren Blut sanken auf Werte bis 40000/bd. Hierbei verschwanden zuerst die atypischen lymphozyt~ren Zellen, w~thrend reife Plasmazellen weiterhin bis zu 10~o nachweisbar blieben. Die Thrombopenie blieb unbeeinfluBt, es entwickelte sich eine Retikulozytose mit Werten bis zu 72%0 bei gleichzeitigem Abfall des H~imoglobins aufWerte um 8g% ohne nachweisbare Blutung. Zu diesem Zeitpunkt zeigte ein erneutes Knoehenmarkaspirat vermehrt Megakaryozyten und eine Steigerung der Erythropoese. Nachdem klargeworden war, dab die vorliegende Erkrankung am ehesten in den Formenkreis der I.L. geh6rte, wurde unter dem Verdacht auf eine komplizierende AutoimmunMmolyse und Immunthrombopenie eine Steroidtherapie eingeMtet. Daraufhin normalisierten sich a11e pathologischen Ver~inderungen rasch, der Coombstest wurde negativ, die gamma-Globuline sanken deutlich ab, die Proteinurie verschwand, die Lymphknotengr6Be nahm welter ab, die Milz war nicht mehr palpabel, das subjektive Befinden der Patientin war gut bis auf eine m~tBige Atemnot im Rahmen des bereits friiher bekannten Lungenemphysems. Dieser Zustand hat bisher unter einer niedrig dosiert fortgesetzten Steroidtherapie angehalten. Diskussion Der vorliegende Fall ist mit dem yon Lukes und Tindle beschriebenen Krankheitsbild der immunoblastischen Lymphadenopathie klinisch und histopathologisch identisch [5,6]. Das gleiche Krankheitsbild wurde yon Frizzera et al. als angio-immunoblastische Lymphadenopathie mit Dysproteinitmie und yon Radaszkiewic z und Lennert Ms Lymphogranulomatosis X bezeichnet [3,8]. Neben den yon diesen Autoten geforderten histologischen Merkmalen fanden wit auch alle bisher erw~hnten klinischen und laborchemischen Parameter [1-10]. Im Gegensatz zu den Fallbeschreibungen einiger Autoren [1,6,9], die iiberwiegend Leuko-, besonders Lymphopenien beobachteten, fanden wir jedoch ein leuk~imoides Blutbild mit einer

Immunoblasfische Lymphadenopalhiemit pseudoleukdmischem Blutbild

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auffallenden Lympho-Plasmozytose, deren Polyklonalit~it durch Immunfluoreszenz nachgewiesen werden konnte. Plasmazellen im peripheren Blur wurden bisher nur gelegentlich erw~thnt [ 1,9] ; sie scheinen aber ein wesentlicher Bestandteil des Befundmusters der I.L. zu sein, wie eigene Beobachtungen bei mehreren anderen Patienten mit dieser Erkrankung zeigten. Als weitere pathologische immunologische Reaktion fanden wir positive antinukle~ire Faktoren. Auch die Thrombopenie m6chten wir als Immunthrombopenie im Rahmen des Krankheitsbildes auffassen. Ebenso wie s und Tfndle [6] fanden wir zus/ttzlich Hinweise auf das Vorliegen eines antilymphozyt/iren Faktors im Serum der Patientin. Ein leuk~tmoides Blutbild ist bisher bei der I.L. nicht beschrieben worden. Eine einheitliche pathophysiologische Erkl/irung ftir diese Reaktion ist vor allem deswegen schwierig, weil es sich um eine Vermehrung der Zellen sowohl des lymphatischen Systems als auch der Hfimopoese im engeren Sinne handelte. Eine einfache Verschiebung zwischen dem marginalen und dem zirkulierenden Pool kernhaltiger Zellen kann den Zellanstieg auf iiber 100000/bd nicht erkl~tren, ebensowenig das Vorkommen yon Zellformen sowohl der lymphatischen als auch der erythropoetischen und granulopoetischen Entwicklungsreihe, welche normalerweise nur in den Bildungsst~itten dieser Zellsysteme zu finden sind. M6glicherweise sind in den beiden Zellsystemen verschiedenartige Pathomechanismen wirksam, welche zu gleichen Resultaten, n~imlich der Zellvermehrung in der Peripherie ftihren. Beim lymphatischen System ist dabei neben der erh6hten Zellbildung an eine Rezirkulationsst6rung zu denken, die mit den histologischen Ver~inderungen im Lymphknoten dnrchaus vereinbar ist. Ftir die starke Vermehrung der Granulozyten mit Linksverschiebung, die Eosinophilenvermehrung und die Normoblastenausschwemmung muB die Erkl~irung offenbleiben. Die ftir derartige leukfimoide Reaktionen bekannten Pathomechanismen, wie extramedulliire Blutbildung, Zerst/Srung der Sinusstrukturen des Knochenmarks oder massiver Zellverbrauch in der Peripherie durch Blutung oder Hiimolyse lieBen sich weitgehend ausschlieBen. Hinweise ftir eine Hfimolyse fanden sich in unserem Falle erst zu einem sp~teren Zeitpunkt. Fokale Knochenmarkveriinderungen k6nnen bei der I.L. zwar beobachtet werden [8], sind in unserem Fall jedoch nicht gefunden worden. M6glicherweise liegt eine Knochenmarkreaktion wie bei bakteriell bedingter Sepsis vor, bei welcher ebenfalls gelegentlich passagere leuk/imoide Blutbildver~inderungen vorkommen k6nnen. Wie der r6ntgenologische Befund der vermehrten interstitiellen Lungenzeichnung in Verbindung mit der massiven Atemnot der Patientin in das Krankheitsbild eingeordnet werden kann, ist im Augenblick nicht klar, ebenso nicht, ob dieses Symptom tiberhaupt zum Krankheitsbild geh6rt. Wegen des atypischen Differentialblutbildes in Verbindung mit Thrombopenie und An~imie wirft die Differentialdiagnose der Erkrankung tiber die schwierige Abgrenzung zu den malignen Lymphomen hinaus zus~itzliche Probleme auf. Ein Morbus Hodgkin, Nicht-Hodgkin-Lymphome vor allem histiozytfiren (immunoblastischen) Typs sowie lymphotrope Virusinfekte konnten morphologisch und serologisch ausgeschlossen werden. Da es sich bei den atypischen mononukle~tretl Zellen im peripheren Blur meist nicht um unreife myeloische Vorstufen, sondern um Immunoblasten sowie Plasmazellen mit ihren l~bergangsformen handelte, hielt die Diagnose akute Leuk~imie einer n~iheren morphologischen und zytochemischen

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Analyse nicht stand; eine Plasmazelleukitmie konnte durch den Nachweis der Polyklonalit~it der peripheren Zellen, dutch den Ausschlug eines Paraproteins, sowie anhand des sp/iteren Verlaufs ausgeschlossen werden. Der vorliegende Fall zeigt, wie selbst massive Manifestationen der I.L. spontan remittieren k6nnen, wobei die Gabe von Prednison m6gUcherweise die Besserung beschleunigen kann, eine prim~ire zytostatische Therapie jedoch nicht indiziert ist. Wir halten rein supportive Magnahmen wiihrend eines Schubes der I.L. als erste MaI~nahme fiir die Therapie der Wahl. Der Einsatz yon Steroiden oder sogar Zytostatika sollte beim Nachweis klinisch relevanter und lebensbedrohlicher immunologischer Aberrationen, z. B. Autoimmunh~imolyse, Immunthrombopenie, diskutiert werden. Voraussetzung fiir ein solches therapeutisches Vorgehen ist allerdings die exakte Sicherung der Diagnose. Dazu geh6rt u. E. neben der typischen Histologie ein eindeutiges klinisches Bild mit generalisierter Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie und schlechtem subjektivem Befinden der Patienten sowie der laborchemische Nachweis abnormer Reaktionen des B-Zellsystems, wie gamma-GlobulinVermehrung, positiver Coombstest, positive antinukle/ire Faktoren, Immunthrombopenie, Auftreten yon Plasmazellen im peripheren Blut u. a. Fehlt einer dieser drei Kriterienkomplexe, mug die Diagnose sehr kritisch iiberpriift werden. Eine Radiooder Chemotherapie auf Grund der falschen Diagnose einer I.L. zu unterlassen, h/itte vor allem bei frtihen Stadien maligner lymphoproliferativer Erkrankungen weitreichende Folgen. Andererseits sollte bei prim~ir generalisierten Lymphknotenerkrankungen mit Hepatosplenomegalie und Hypergammaglobulin~imie an eine immunoblastische Lymphadenopathie gedacht werden, bei der eine prim~ire Radiotherapie oder zytostatische Chemotherapie nach Angaben aller Autoren kontraindiziert ist [1,3,8,10], die sich bisher mit diesem Krankheitsbild besch~iftigt haben. Weitere Beobachtnngen hinsichtlich der Therapie mtissen zeigen, ob eine friihzeitige Gabe yon Steroiden ohne besondere immunologische Indikation eine echte Besserung gegeniiber dem Spontanverlauf erbringt. Ftir die Untersuchung der lymphozytotoxischen Eigenschaften des Patientensernms danken wir Herrn Dr. S. Goldmann, Abteilung ftir klinische Physiotogie (Prof. Dr. T. M. Fliedner) der Universit~it Ulm.

Lileratur: 1 Abu-Zahra H. T., McDonald D. B. & Home W. I. : Angio-immunoblastic lymphadenopathy with dysproteinaemia. Lancet 1975, I, 114. - - 2 Dorfman R. F. & Warnke R. : Lymphadenopathy simulating the malignant lymphomas. Hum. Path. 5, 519 (1974). - 3 Frizzera G., Moran E. M. & Rappaport H. : Angio-immunoblastic lymphadenopathy with dysproteinaemia. Lancet 1974, I, 1070. - - 4 Itorne C. H. W., Fraser R. A. & Petrie J. C. : Angio-immunoblastic lymphadenopathy with dysproteinaemia. Lancet 1974, II, 291. - 5 Lukes R. J. & Tindle B. H. : Immunoblastic lymphadenopathy. Presented at the Pathology Panel for Clinical Trials. National Cancer Institute, Jan. 26, 1973. - - 6 Lukes R. J. & Tindle B. H. : Immunoblastic lymphadenopathy. A hyperimmune entity resembling Hodgkin's disease. New Engl. J. Med. 292, 1 (1975). - - 7 Nomanbhoy Y.T. & Prager P. R.: Angioimmunoblastic lymphadenopathy with dysproteinaemia. Lancet 1974, II, 409. - - 8 Radaszkiewicz T. & Lennert K.: Lymphogranulomatosis X. Dtsch. med. Wschr. 100, 1157 (1975). - - 9 Tangtin Y., Saracbasi Z., Pekcelen Y. & Inceman S. : Angio-immunoblastic lymphadenopathy with dysproteinaemia. Lancet 1974, I, 1345. - - 10 Twomey J. J. : Angioimmunoblastic lymphadenopathy with dysproteinaemia. Lancet 1974, I, 1345. Anschr. d. Verf. : Dr. A. Schoengen, Dept. inhere Medizin der Universit~it, 79 Ulm/Donau, SteinhoevelstraBe 9.

[Immunoblastic lymphadenopathy with a pseudoleukemic blood picture].

The case of an immunoblastic lymphadenopathy with a leukaemoid reaction has been observed. All the clinical, serological and histological features des...
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