Beiträge zum Themenschwerpunkt Z Gerontol Geriat 2014 · 47:379–384 DOI 10.1007/s00391-014-0666-1 Eingegangen: 9. März 2014 Überarbeitet: 2. Mai 2014 Angenommen: 26. Mai 2014 Online publiziert: 9. Juli 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

K. Hager · M. Brecht · O. Krause · V. Grosse Zentrum für Medizin im Alter, Diakoniekrankenhaus Henriettenstiftung gGmbH, Hannover

Einfluss der Kognition auf die Behandlungsergebnisse in der Geriatrie Zusammenhang von MMSE und Zugewinn in den Alltagsaktivitäten

Bei der Entscheidung über die Aufnahme eines Patienten in die Geriatrie bzw. der Übernahme der Behandlungskosten durch den Kostenträger wird gelegentlich die Frage gestellt, ob Patienten mit (schwerer) Demenz überhaupt erfolgreich rehabilitiert werden können. Die vorliegende Arbeit prüft, inwieweit kognitive Störungen bzw. demenzielle Syndrome bei Aufnahme einen Einfluss auf den Therapieerfolg, insbesondere auf die Verbesserung der Aktivitäten des täglichen Lebens, haben. Kognitive Defizite oder eine Demenz zählen zu den häufigsten Komorbiditäten bei Patienten in der Geriatrie. Bei Aufnahme in eine Geriatrie in Deutschland wird daher in der Regel ein Test zur Bewertung der kognitiven Leistungen durchgeführt. Zu den am weitesten verbreiteten Tests zählt der MMSE („mini mental status examination“) bzw. der MMST („mini mental status test“) [4]. Die Schwere der kognitiven Einschränkungen kann anhand der erzielten Punkte im MMSE abgeschätzt werden und z. B. nach der 2009 publizierten S3-Leitlinie Demenz in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden [3]. Bei einem MMST von 20−26 Punkten wird von einer leichten Demenz ausgegangen, bei 10−19 Punkten von einer moderaten bzw. mittelschweren und bei weniger als 10 Punkten von einer schweren Demenz.

Die Selbstständigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs) spielt eine große Rolle für das Ergebnis der geriatrischen Behandlung und die Möglichkeit der Rückkehr nach Hause. Der funktionale Unabhängigkeitsindex („functional independence measure“, FIM) [9] stellt ein weitverbreitetes, international bekanntes Instrument zur Messung der Aktivitäten des täglichen Lebens sowie einiger darüber hinausgehender Fähigkeiten des Patienten dar (. Tab. 1). Die einzelnen Items des FIM werden zu Kategorien zusammengefasst. Die Kategorien können wiederum zu einem sog. motorischen FIM und einem kognitiven FIM summiert werden (. Tab. 1). Der kognitive FIM beinhaltet keine konkrete kognitive Testung, sondern bewertet alltagsrelevante Aktivitäts- und Teilhabebeeinträchtigungen, die wesentlich auf kognitive Faktoren zurückzuführen sind. Der MMSE weist zwar eine Korrelation zum kognitive FIM auf, diese ist aber schwächer als mit anderen kognitiven Tests, z. B. mit dem CAMCOG [17].

Studiendesign und Untersuchungsmethoden Datenerhebung.  In der Zeit 2006−2009 wurden die Daten der Patienten der Klinik für Medizinische Rehabilitation und Geriatrie, mittlerweile umbenannt in Zentrum für Medizin im Alter, am Diakoniekrankenhaus Henriettenstiftung gGmbH in

Hannover für den FIM sowie den MMSE in einer Excel-Datei zusammen mit anderen Assessmentdaten ausgewertet. Ausgangspunkt waren diejenigen Patienten, für die ein kompletter FIM bei Aufnahme und Entlassung sowie ein MMSE bei Aufnahme dokumentiert war. Der MMSE wurde von den Ergotherapeuten innerhalb von 3 Tagen nach Aufnahme des Patienten erhoben. Der FIM wurde von der Pflege sowie den Physio- und Ergotherapeuten ebenfalls innerhalb der ersten 3 Tage nach Aufnahme sowie in den letzten 3 Tagen vor der Entlassung erstellt. Ein MMSE bei Entlassung wurde nur bei einem kleinen Teil der Patienten durchgeführt, sodass diese Daten nicht ausgewertet werden können. Statistik.  Die Daten wurden mit Microsoft Excel bzw. mit SPSS, Version 13.0 (SPSS Inc., Chicago, USA) analysiert. Rechnerische Zusammenhänge zwischen metrischen Daten wurden unter der Annahme von Normalverteilung der Daten als lineare Korrelationen nach Pearson ermittelt. Zum Vergleich der Mittelwerte von binär definierten Stichproben (vorhanden/nicht vorhanden) wurde der zweiseitige T-Test für unabhängige Stichproben herangezogen. Beim Vergleich von Teilkollektiven, z. B. der Altersgruppen oder der Geschlechter hinsichtlich der Ausprägung von Merkmalen, wurde der Mann-Whitney-U-Test für unabhängige Stichproben angewendet.

Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 5 · 2014 

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Beiträge zum Themenschwerpunkt Tab. 1  Funktionaler Unabhängigkeitsindex (FIM), Kategorien und einzelne Items Gruppierte Kategorien Motorischer FIM

Kategorien Selbstversorgung



Kontinenz



Transfers



Fortbewegung

Kognitiver FIM

Kommunikation



Soziales

Einzelitems Essen/Trinken Körperpflege Baden/Duschen/Waschen Ankleiden oben Ankleiden unten Intimhygiene Blasenkontrolle Darmkontrolle Bett/Stuhl/Rollstuhl Toilettensitz Dusche/Badewanne Gehen/Rollstuhl Treppensteigen Verstehen Ausdruck Soziales Verhalten Problemlösungsfähigkeit Gedächtnis

Tab. 2  Daten der Patienten   Anzahl (n) Durchschnittliches Alter (Jahre) MMSE bei Aufnahme (Punkte) FIM bei Aufnahme (Punkte) FIM bei Entlassung (Punkte) Verbesserung im FIM (Punkte)

Ausgewertete Patienten 2527 81,6±7,7 23,8±5,5 83,7±22,5 98,0±22,9 14,3±13,4

Tab. 3  MMSE und FIM bei Aufnahme sowie die Verbesserung im FIM in Abhängigkeit vom

MMSE MMSE (Punkte) Anzahl (n [%]) Durchschnittliches Alter (Jahre) MMSE (Punkte) FIM bei Aufnahme (Punkte) FIM bei Entlassung (Punkte) Verbesserung im FIM (Punkte)

27–30 1030 (40,8) 80,0±8,0 28,4±1,0 93,4±18,8 108,3±15,6 14,9±12,4

20–26 1001 (39,6) 82,3±7,3** 23,5±2,0** 82,7±20,5** 97,8±20,3** 15,2±13,3n.s.

10–19 435 (17,2) 83,2±7,5** 15,8±2,7** 67,4±21,6** 79,2±25,3** 11,7±14,9**

0–9 61 (2,4) 83,4±7,1* 6,3±2,5** 54,5±19,9** 61,5±24,5** 7,1±15,6**

n.s. nicht signifikant*p

[Influence of cognition on treatment outcome in geriatric patients: association between MMSE and gain in activities of daily living].

Cognitive impairment or dementia influence the results of geriatric treatment. The aim of the study was to quantify this influence...
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