578 Thoraxchirurgie 23 (1975) 578-583 © Georg Thieme Verlag Stuttgart

Isolierte Ventrikelseptumruptur nach stumpfem Thoraxtrauma Isolated Rupture of the Interventricular Septum after Blunt Chest Trauma U. Mössler, H.H. Storch, W. Schmitz, A. Ahmadi, H. Walther, J. Ostermeyer, H.P. Bayer

Zusammenfassung An Hand einer eigenen Beobachtung werden Unfallmechanismus, klinische Symptomatik und Therapie des traumatischen Ventrikelseptumdefektes diskutiert. Mitteilenswert erscheint die offenbar noch nicht beschriebene isolierte Ruptur des Septum membranaceum mit Beteiligung der Scheidewand zwischen linkem Ventrikel und rechtem Vorhof. Die Ursache der isolierten traumatischen Ventrikelseptumruptur wird durch die Entwicklungsgeschichte des Herzens zu deuten versucht. Trotz ungewöhnlich rascher Diagnosestellung und operativer Korrektur verstarb der Patient am 11. postoperativen Tag, da die ungünstige präoperative Hämodynamik mit Schocksymptomatik zu Sekundärkomplikationen führte.

Summary The mechanism, symptoms and treatment of traumatic ventricular septal defect are discussed on the basis of an own observation. To the best of our knowledge this is the first report of a rupture of the membranous septum, involving the portion between the left ventricle and the right atrium. An attempt is made to explain the mechanism of isolated traumatic ventricular septal rupture on the basis of embryological considerations. The patient died on the 11th postoperative circulatory status and inspite rather prompt diagnosis and operative treatment.

Infolge der Industrialisierung und Motorisierung sind Herzverletzungen nicht ungewöhnlich. Isolierte, traumatisch bedingte Septumrupturen stellen jedoch weiterhin eine Seltenheit dar (28). In der Rangfolge der Unfallmechanismen herrscht heute die Steuerradkontusion vor (3-5, 13, 15, 20, 22). Der klinische Verlauf ist sehr unterschiedlich. Neben hämodynamisch unbedeutenden finden sich rasch tödlich verlaufende Formen infolge von Rhythmusstörungen oder Dekompensation (16). Da eine operative Heilung selbst bei großen Defekten möglich ist, ist eine frühzeitige Diagnosestellung zu wünschen. Die erste Beschreibung eines traumatischen Ventrikelseptumdefektes erfolgte 1847 durch Hewett (12). Ein fünfjähriger Knabe wurde von einem schweren Wagen überfahren und verstarb 30 Minuten später infolge der Septumruptur. Erstmalig wurde die Diagnose eines traumatischen Septumdefektes mit Hilfe einer Herzkatheteruntersuchung im Jahre 1953 durch Guifoil (9) bestätigt. 1955 wurde von Campbell (3) die erste erfolgreiche Operation einer Septumruptur nach stumpfem Trauma durchgeführt. Seither wurden mehrere gelungene Operationen mitgeteilt (5, 13, 19, 20, 22). Da zuvor operierte Fälle frühestens 12 Tage nach dem Trauma, meist infolge verspäteter Diagnosestellung, operiert wurden (18), erscheint die eigene Beobachtung mitteilenswert. Die Diagnose wurde 5 Stunden nach dem Unfall durch Herzkatheteruntersuchung bestätigt mit direkt anschließender Operation. Bemerkenswert ist zudem die Lokalisation und Ausdehnung der Ruptur. Bisher wurden nahezu ausschließlich Defekte im muskulären Anteil des Septums, meistens in der Gegend der Herzspitze, beschrieben, während sich die Ruptur in unserem Falle auf das membranöse Septum beschränkte, wobei der Septumanteil, der den linken Ventrikel und rechten Vorhof trennt, einbegriffen war. Unserer Kenntnis nach handelt es sich bei unserer Beobachtung um den ersten Fall einer isolierten Ruptur des gesamten membranösen Septums.

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Chirurgische Universitätsklinik Heidelberg, Abteilung für spezielle Thoraxchirurgie (Direktor: Prof. Dr. W. Schmitz), Medizinische Universitätsklinik Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. Dr. G. Schettler), Pathologisches Institut der Universität Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. W. Doerr)

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Fallbeschreibung Ein 19jähriger Student erlitt während der Ferienarbeit einen Arbeitsunfall. Beim Entladen eines LKW hatte sich eine schwere Kiste aus einem Stapel gelöst und war auf den Patienten gefallen. Es trat eine kurze Bewußtlosigkeit auf mit retrograder Amnesie. Der Unfall ereignete sich gegen 13.00 Uhr, gegen 13.55 Uhr wurde der Patient in die Chirurgische Universitätsklinik Heidelberg aufgenommen.

Wegen zunehmender Schocksymptomatik wurde der Patient auf die chirurgische Wachstation verlegt. Die eingeleitete parenterale Volumensubstitution bewirkte keine klinische Änderung. Nach Untersuchung durch den zugezogenen Kardiologen wurde der Verdacht auf eine traumatische Ventrikelseptumruptur ausgesprochen, worauf gegen 18.00 Uhr eine Katheteruntersuchung des rechten und nach transseptaler Punktion auch des linken Herzens vorgenommen wurde (Abb. 1). Die gemessenen Druck- und Sauerstoffwerte (Tab. 1) bestätigten den Verdacht eines Ventrikelseptumdefektes. Der Sauerstoffsprung zwischen den Hohlvenen und dem rechten Vorhof sprach zudem für eine Kurzschlußverbindung zwischen dem linken Herzen und dem rechten Vorhof. Der Links-Rechts-Shunt betrug 4,7 1/min entsprechend 63%. Das Herzminutenvolumen des großen Kreislaufes war mit 2,7 1/min entsprechend einem Cardiac-Index von 1,4 1/min erheblich eingeschränkt. Aus diesem Grunde wurde auf eine Angiographie zur genauen Defektlokalisation verzichtet.

Abb. 1. Katheterrückzüge vom rechten Ventrikel in den rechten Vorhof und vom linken Ventrikel in den linken Vorhof (verschiedene Verstärkungsbereiche). Ausgleich des Mitteldrucks zwischen den Vorhöfen. Unterhalb der Druckwerte Elektrokardiogramm und Phonokardiogramm.

Tabelle 1. Während der Katheteruntersuchung gemessene Druck- und Sauerstoffsättigungswerte im rechten und linken Herzen

Herzkatheteruntersuchung SVC

20/5/15/6 pm 12

Druckwerte (mm Hg) Sauerstoff Sättigung (%)

RA

34

54

RV 40/4-12

74

LA 12/7/16/11 pm 12 92

LV 100/4-12 94

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Bei der Aufnahme erbrach der Patient bei weiterbestehendem Brechreiz. Neben Hautverletzungen am Kopf fanden sich Prell- und Schürfwunden über dem gesamten Thorax. Es bestand ein Thoraxkompressionsschmerz. Die Lungen waren beiderseits gut belüftet. Mit p.m. über der Herzmitte war ein lautes systolisches Geräusch zu hören. Die deutliche Einflußstauung der Halsvenen nahm kontinuierlich zu. Der Blutdruck betrug 100/80 mm Hg bei einer Herzfrequenz um 138/min. Röntgenologisch fanden sich keine Frakturzeichen des Thoraxskelettes, jedoch eine Vergrößerung des Herzens mit starker Rundung am rechten Herzrand. Elektrokardiographisch bestand eine Sinustachykardie bei Steiltyp. Die PQ-Zeit lag mit 0,14 sec im Normbereich. In den Brustwandableitungen erkannte man neben einer mäßigen rechtsventrikulären Erregungsausbreitungsstörung angedeutete ST-Streckensenkungen über dem gesamten Präcordium. Eine sichtbare Schädelverletzung wurde röntgenologisch ausgeschlossen. Das Hb betrug 15,9 g% bei einem Hk von 44%. Leukozyten 15.400/cmm.

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Postoperativ fiel der Blutdruck langsam ab, stabilisierte sich jedoch nach Volumensubstitution und intermittierender Alupentgabe bei Werten um 100 mm Hg. Bereits intraoperativ bestand eine ausgeprägte Hämoglobinurie. Die postoperativ zunächst gute Urinausscheidung verminderte sich kontinuierlich und sistierte trotz intensiver Gegenmaßnahmen 14 Stunden später, so daß eine tägliche Hämodialysebehandlung notwendig wurde. Elektrokardiographisch war postoperativ keine Typenänderung erkennbar, die geringe Rechtsverspätung sistierte. Die Erregungsrückbildung zeigte lediglich einen leichten Glykosideffekt in den linkspräkordialen Ableitungen. Blockierungen wurden erst final beobachtet. Nennenswerte Rhythmusstörungen traten nicht auf, am zweiten postoperativen Tag bestand nur vorübergehend ein supraventrikulärer Ersatzrhythmus bei einer Frequenz um 100/min. Das Herz verkleinerte sich röntgenologisch postoperativ im Transversaldurchmesser um etwa 2 cm. Am zweiten postoperativen Tag fanden sich Hinweise für eine Verbrauchskoagulopathie, weshalb Heparin und Gerinnungsfaktoren verabreicht wurden. Am 5. postoperativen Tag stieg die Temperatur an und erreichte trotz antibiotischer Therapie mit Cephalotin und Refobacin am 8. postoperativen Tag Werte um 40 C. Röntgenologisch fanden sich Zeichen einer sich weiterhin ausdehnenden beidseitigen Bronchopneumonie. Aus dem Trachealabstrich konnten wiederholt resistente Stämme von Pseudomonas aeroginosa und Aerobacter aerogenes gezüchtet werden. Am 11. postoperativen Tag verstarb der Patient nach Beginn der Hämodialyse nach einem akuten irreversiblen Herzfrequenz- und Blutdruckabfall. Autoptisch war das Herz insgesamt vergrößert (Herzgewicht 430 g). Es bestand eine frische fibrinöse EpiPerikarditis. Im Bereich des Conus arteriosus pulmonalis fand sich eine 4 cm lange, reizlose Ventrikulotomienaht. Nach Eröffnung des Herzens imponierte eine leichte Dilatation aller Herzhöhlen. In der Region unmittelbar unterhalb und dorsal der Crista supraventricularis fand sich ein mit einem Dacronpatch verschlossener, 15/12 mm messender Ventrikelseptumdefekt, der dem Septum membranaceum zugeordnet werden konnte und der unverschlossen eine Verbindung zwischen rechtem Vorhof und rechtem Ventrikel einerseits und linkem Ventrikel andererseits hergestellt hatte. Vom linken Ventrikel aus betrachtet, stellte sich der Defekt als subaortal, zwischen rechter und hinterer Semilunarklappe gelegen, dar (Abb. 2). Er befand sich inmitten eines halbmondförmigen Endokardausrisses, an dem im Bereich des Koch'schen Punktes auch das aortale Segel der Mitralklappe beteiligt war.

Abb. 2. Postmortale Darstellung des Defektes vom linken Ventrikel aus gesehen. Einriß subaortal zwischen rechter und linker Semilunarklappe mit Übergriff auf das aortale Mitralklappensegel.

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Gegen 20.00 Uhr wurde der Thorax eröffnet. Neben einem flächenhaften Hämatom an der Hinterwand der Aortenwurzel erkannte man noch einige kleinere Kontusionsherde an der Herzoberfläche. Über dem rechten Ventrikel bestand ein deutliches Schwirren. Die Arteria pulmonalis war leicht erweitert. Beim Austasten des rechten Vorhofes fühlte man im Bereich des septalen Trikuspidalsegels einen Blutstrahl. Unter Sicht des Auges erkannte man einen etwa 1,5 cm langen senkrechten Einriß der Septummuskulatur. Medial und kranial davon fand sich ein markstückgroßer Defekt mit teilweisem Abriß des septalen Trikuspidalsegels. Der Defekt setzte sich in den membranösen Septumanteil fort, der den linken Ventrikel und rechten Vorhof trennt, wodurch der zuvor diagnostizierte Kurzschluß zwischen linkem Herzen und rechtem Vorhof erklärt wurde. Nach vorübergehender Abtrennung des septalen Trikuspidalsegels wurde mit Hilfe eines markstückgroßen Patch der Defekt nahezu vollständig verschlossen. Anschließend wurde der Muskeleinriß mit zwei Gegenpatches adaptiert. Nach Entlüften begann das Herz nach einem Elektroschock mit einer Frequenz zwischen 80 und 110/min zu schlagen bei einem arteriellen Druck um 150 mm Hg.

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Unterhalb des Defektes befanden sich im anterioren Teil des Septum ventriculorum diffuse, subendokardiale Blutungen, die jedoch außerhalb des Verzweigungsgebietes des Unken AV-Schenkels lagen. Im Bereich des linksventrikulären Myokards fanden sich miliare Muskelfasernekrosen, besonders in der Innenschicht. Als weitere pathologisch-anatomische Befunde fanden sich eine akute, nekrotisierende Tracheitis, eine eitrige Bronchitis, eine Schocklunge mit beginnender pneumonischer Anschoppung, eine eitrig-fibrinöse Pleuritis beiderseits, eine vergrößerte, verfettete und ödematöse Leber mit subakuten Zirkulationsstörungen, ein spodogener Milztumor und eine Stauungsgastroenteritis. Außerdem bestand eine deutliche akute Tubulopathie der Nieren mit kortikaler Ischämie und relativer Markhyperämie (sogen. Schockzeichnung). Am linken Keilbein fand sich eine traumatische Fissur mit Blutung in das linke Innen-Mittelohr. An korrespondierender Stelle erkannte man eine mäßig ausgedehnte, nicht raumfordernde Subarachnoidalblutung. Am ödematösen Gehirn bestanden Zeichen der unteren Einklemmung.

Man unterscheidet drei erworbene Formen des Ventrikelseptumdefektes. Septumrupturen nach Herzinfarkt, nach penetrierenden und nach stumpfen Thoraxtraumen. Bei den traumatisch bedingten Perforationen wird zuweilen ein zweizeitiger Verlauf beobachtet (5, 8, 13), wobei die Läsion zunächst zur Infarzierung und später zur Perforation führt. In den letzten 20 Jahren häufen sich die Mitteilungen über unfallbedingte Ventrikelseptumdefekte, vor allem nach Steuerradkontusionen (3-5, 13, 14, 20, 22), wenn auch die Septumruptur eine äußerst seltene Komplikation des stumpfen Thoraxtraumas darstellt (14, 15, 18, 19). Parmley (15) schätzte im Jahre 1958, daß jährlich allein in den USA 150 000 Herzverletzungen durch Autounfälle verursacht würden. Scheinmann (18) stellte demgegenüber die bis 1969 veröffentlichten Mitteilungen über Septumrupturen nach stumpfem Trauma zusammen und konnte hierbei 47 Fälle zusammentragen. Die Diagnose wird häufig erschwert und übersehen, wenn andere Verletzungen im Vordergrund zu stehen scheinen und eine kardiale Dekompensation noch nicht vorliegt (15). Wegen der heute bestehenden Operationsmöglichkeit ist die Diagnose nicht nur von akademischem Interesse, wenn auch zuweilen eine Operation nicht notwendig ist (13). Bei der klinischen Untersuchung steht, wie bei dem angeborenen Ventrikelseptumdefekt, das scharfe systolische Geräusch im 4. oder 5. Interkostalraum linksparasternal im Vordergrund (13, 14). Oft palpiert man in dieser Gegend auch ein Schwirren (7). Eine Spaltung des 2. Herztones über der Arteria pulmonalis ist bei größeren Defekten zu erwarten. Ansonsten ähnelt die klinische Symptomatik häufig der eines Herzinfarktes mit Schocksymptomatik, Schmerzen in der Herzgegend, Zyanose, Dyspnoe und vor allem den Zeichen einer akuten schweren Rechtsherzinsuffizienz (7, 13, 14). Patienten, die längere Zeit ohne operative Therapie überlebten, boten die Zeichen einer chronischen Rechtsherzinsuffizienz mit den elektrokardiographischen Zeichen der Rechtsherzbelastung (7). Spezifische röntgenologische und elektrokardiographische Veränderungen fehlen häufig in der akuten Phase (13, 17). Oft findet sich jedoch elektrokardiographisch eine Abweichung der Herzachse nach rechts, zuweilen verbunden mit einem Rechtsschenkelblock (5, 7, 20). Die Endstreckenveränderungen sind unspezifisch, beschrieben wurden ST-Streckensenkungen in Ableitung II und III und T-Inversionen in den rechtspräkordialen Brustwandableitungen (22). Paulin (14) beobachtete erstmals einen kompletten AV-Block bei einer Septumruptur nach Steuerradkontusion, worauf eine kardiale Diagnostik eingeleitet wurde. Wenn auch die röntgenologischen Veränderungen meist unspezifisch sind, erkennt man häufig eine prominente pulmonale Ausflußbahn mit verstärkter Pulsation der Arteria pulmonalis und

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Diskussion

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Zeichen der Lungenüberflutung infolge des Shuntvolumens (4). Die Dilatation des Herzens ist abhängig von der Defektgröße und der prätraumatischen Herzfunktion.

Parmley (15) analysierte 30 traumatische Septumrupturen, wobei in 25 Fällen zusätzliche Rupturen der Ventrikel oder der Aorta vorlagen. Ohne zahlenmäßige Angaben werden am häufigsten isolierte Rupturen des muskulösen Anteils beschrieben, gefolgt von Rupturen des muskulären Anteils mit Übergang auf den membranösen Anteil und schließlich isolierte Rupturen des membranösen Anteils. Ob sich unter den untersuchten Fällen ein isolierter Einriß des membranösen Septums ohne Begleitverletzung des Herzens befand, bleibt ungewiß, so daß es sich möglicherweise bei unserer Beobachtung um eine Erstbeschreibung handelt. Bei den anderweitig beobachteten Fällen handelte es sich nahezu ausschließlich um apikale Rupturen des Septums (3, 5, 17-19, 22). Bezüglich formaler Genese und Lokalisation von traumatisch erworbenen Ventrikelseptumdefekten spielen unseres Erachtens embryologische Fehlentwicklungen eine Rolle, die an bestimm ten Stellen des Septum ventriculorum im Sinne einer Pathoklise (21) loci minoris resistentiae schaffen. Danach entsprechen die hohen subaortalen, der Pars membranacea zuzuordnenden Defekte traumatischer Genese bezüglich ihrer Lokalisation in etwa dem angeborenen Defekt im hinteren Abschnitt des vorderen Kammerseptums (10, 11), der mit einer Häufigkeit von 72% unter den konnatalen interventrikulären Kommunikationen an der Spitze liegt. Bezogen auf die embryologischen Strukturen des sich entwickelnden Herzens sind diese Defekte dem hinteren Bulbuswulst und dem Bulboauricularsporn zuzuordnen. Es sind dies die Teile, welche durch regelhafte Verschmelzung das Foramen interventriculare secundum verschließen und den membranösen, basisnahen Anteil des Interventricularseptums bilden. Diese Stellen der Kontaktnahme zwischen korrespondierenden Anteilen der Scheidewandanlagen repräsentieren Inhomogenitätszonen und sind als fakultative Schauplätze pathologischer Prozesse anzusehen (6). Wenn durch minimale Substanzdefekte oder eine nicht ganz regelhaft abgelaufene vektorielle Bulbusdrehung Entwicklungsstörungen induziert werden, so manifestieren sie sich in erster Linie an dieser Verschmelzungsstelle. Es resultiert bei ausreichender Intensität der Störung eine interventrikuläre Kommunikation und auch eine Verbindung zwischen rechtem Vorhof und linkem Ventrikel. In gleicher Weise ist es jedoch auch denkbar, daß, eine geringgradige Anomalie vorausgesetzt, die korrespondierenden Septumkomponenten gerade eben noch Kontakt nehmen und verschmelzen. Dann läge bei vordergründig intakt abgelaufener Septation als Ausdruck eines Disarrangements der fibro-muskulären Architektur eine mechanisch schwächere Stelle vor, welche bei übermäßiger Druckbelastung zur Perforation prädestiniert wäre. Traumatische Ventrikelseptumdefekte apikaler Lokalisation sind mit Morbus Roger-ähnlichen, rein muskulären angeborenen Lücken vergleichbar. Es ist naheliegend, sie auch formalgenetisch ähnlich, nämlich als persistierende Spongiosalücken, welche während des „Herausmodellierens" des Septum interventriculare aus dem Ventrikelmetamer persistieren, zu interpretieren. Diese intertrabekulären Lücken sind meist nur von geringer Größe; sie werden wahrscheinlich häufig spontan verschlossen; man muß jedoch mit sekundären Perforationen wandschwacher Abschnitte rechnen (10, 11). So erscheinen uns zum einen jene spontan verheilten primär konnatalen Ventrikelseptumdefekte in spitzennaher Position als l.m.r. für die Entstehung eines dann sekundär traumatischen Defektes von Bedeutung. Zum anderen läßt sich nicht ausschließen, daß in analoger Weise, wie für den hochsitzenden Defekt ausgeführt, durch hypoplasiogenes Wachstum in der Kammerseptummuskulatur Spongiosalücken zwar nicht als klinisch relevante

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Der Entstehungsmechanismus ist nicht exakt geklärt. Bei vergleichbaren Unfallmechanismen überwiegt bei weitem die Kammerruptur (7). Da experimentelle isolierte Septumrupturen bisher nicht erzeugt wurden, bleibt die Frage offen, ob die Ruptur vornehmlich in der Systole oder in der Diastole stattfindet. De Witte (7) vermutet aufgrund der Untersuchungen von Beck (1, 2), daß das Herz in der Systole vulnerabler ist.

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Defekte, jedoch als mechanisch schwache, einer plötzlichen erhöhten Druckbelastung nicht gewachsenen Stellen, persistieren. Die Prognose der traumatischen Septumruptur ist offensichtlich abhängig von der Defektgröße und dem prätraumatischen Zustand des Herzens. Spontanheilungen sind möglich (12), kleinere Defekte wurden öfter konservativ behandelt (3, 4, 7, 13, 16). Eine konservative Behandlung erscheint gerechtfertigt, wenn das Shuntvolumen gering ist und keine wesentliche Drucksteigerung im rechten Herzen besteht. In der Mehrzahl der Fälle wurde jedoch vor allem in den letzten Jahren ein erfolgreicher operativer Verschluß des Defektes durchgeführt (3, 5, 17-20, 22). Der tödliche Verlauf unserer Beobachtung ist erklärbar durch die schlechtbeeinflußbare präoperative Schocksymptomatik mit den postoperativen Komplikationen des akuten Nierenversagens und der Verbrauchskoagulopathie, wobei schließlich die nicht beherrschbare Bronchopneumonie mit sehr resistenten Keimen limitierend war.

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Dr. U Mösseler, Dr. H Walther, Medizinische Univ.-Klinik, 69 Heidelberg, Bergheimerstr. 58 Prof. Dr. H.H. Storch, Prof. Dr. W. Schmitz, Dr. A. Ahmadi, Chirurgische Univ.-Klinik, 69 Heidelberg, Neuenheimer Feld 110 Dr. J. Ostermeyer, Dr. HP. Bayer, Pathologisches Institut der Universität, 69 Heidelberg

[Isolated rupture of the interventricular septum after blunt chest trauma (author's transl)].

The mechanism, symptoms and treatment of traumatic ventricular septal defect are discussed on the basis of an own observation. To the best of our know...
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