Die Nahrung 36 (1992) 3, 228 -238

Kinetische Untersuchungen zur thermischen Mikroorganismenabtotung im Eigelb K.-H. MOHRund S. SIMON Institut fur Biotechnologie, Martin-Luther-Universitat Halle-Wittenberg, Halle, Bundesrepublik Deutschland

Zusammenfassung Eigelb ist aufgrund seiner Keimbelastung und Enyzmaktivitat nur begrenzt lagerstabil. Unpasteurisiertes Eigelb ist bereits nach wenigen Stunden bis Tagen verdorben. Dieser schnelle Verderb kann durch eine Pasteurisierung und anschlieBende Kiihllagerung stark eingeschrankt werden. Durch lebensmittelrechtlich erlaubte Zusatze zum Eigelb, wie Kochsalz oder Saccharose, kann die Lagerstabilitat erhoht werden. In diesem Artikel werden Ergebnisse zur Kinetik der thermischen Mikroorganismenabtotung im Eigelb ohne und mit lagerstabilisierenden Zusatzen vorgestellt. Es wird gezeigt, daB die Auswertemethode nach REICHART auch fur Mischkulturen reprasentative Ergenisse liefert. Eine weitere Methode zur Auswertung mittels Differentialgleichung wird vorgestellt und diskutiert.

Summary Kinetic investigations to the microorganisms destruction in egg yolk Egg yolk is relating to its germ content and enzyme activity only restricted storable. Unpasteurized egg yolk get spoiled between a few hours and days. The rapid spoilage can be reduced by a pasteurization and following cold storage. The storage stability of egg yolk can be increased by additives, e.g. salt or saccharose. Kinetic results of the thermal microorganisms destruction in the egg yolk with and without stabilizing additives are presented in this article. It will be shown that the evaluation method from REICHART gives representative results for mixed cultures, too. A further evaluation method by a differential equation will be demostrated and discussed.

Einieitung Eigelb wird in der Lebensmittelproduktion als Emulgator fur die Eierlikor- und Mayonnaisenproduktion eingesetzt. Durch den technischen Aufschlag und den TrennprozeD ist es hoch keimbelastet . Fur die Verarbeitung ist gesetzlich vorgeschrieben, daI3 Eigelb mit einem Keimgehalt > 2 . lo4 Keime/g nicht mehr zu Lebensmitteln verarbeitet werden darf. Fur die Herstellung von unter Kiihlbedingungen begrenzt lagerstabilem gesalzenem Eigelb fur die Mayonnaisenherstellung oder ,gezuckertem Eigelb fur die Eierlikorproduktion mu0 es den oben genannten Anforderungen entsprechend pasteurisiert werden. Dabei erfolgt eine Reduzierung der Gesamtkeimzahl sowie die Abtotung der pathogenen mesophilen Keime. Thermophile Mikroorganismen wie Bazillen, Mikrokokken, Staphylokokken und Streptokokken werden jedoch nicht voll erfaDt und gehoren somit zur dominierenden Flora in pasteurisierten Eiprodukten. 0VCH Verlagsgesellschaft mbH,D-6940 Weinheim, 1992

0027-769X/92/0306-0228%3.50+ .25/0

MOHR/SIMON: Mikroorganismenabtotung in Eigelb

229

Keimgehalt im Eigelb

Der Keimgehalt industriell aufgeschlagenen Eigelbs wird in der Literatur sehr unterschiedich angegeben. Die Gesamtkeimzahl von Flussigeigelb kann im Bereich zwischen 1O3 und lo8 Keime/g liegen [2,3- 61. Nach eigenen Untersuchungen lag der Keimgehalt fur Vollei aus Normaleiern und aus Knickeiern zwischen lo3 und 2,5 . lo5Keimen/g. Tab. 1 gibt einen Uberblick uber eigene Untersuchungsergebnisse zur Mikroorganismenflora von Vollei aus Normal- und Knickeiern sowie von Eigelb und Eiklar. Fur die Beurteilung von Eiprodukten als Nahrungsmittel sind die menschenpathogenen Keime, fur die Beurteilung des Lagerverhaltens die psychrophilen Keime und fur die Festlegung der Pasteurisierungsparameter die thermophilen Verderbniserreger von Bedeutung. Bei den menschenpathogenen Keimen haben die Salmonellen die groI3te Bedeutung. Unter optimalen Bedingungen kann ihre Keimzahl innerhalb von 24 h um lo4 Keime/g zunehmen. Die Kontaminationsrate von Eiern liegt aber weit unter 1% [3,7]. In unpasteurisierten Eiprodukten sind dagegen psychrophile Mikroorganismen weit verbreitet. Sie setzen die Haltbarkeit kuhlgelagerter Eiprodukte herab. Diese Keime, zu denen die Gattungen Pseudomonas, Flavobacterium, Lactobacillus sowie einige Hefen Tabelle 1 Zusammensetzung der Mikroorganismenflora in unpasteurisiertem Vollei, Eigelb und Eiklar Mikroorganismen

Keimzahl [Keime/g] Vollei aus

Eigelb

Eiklar

lo5 bis lo6

Normaleiern

Knickeiern

Gesamtkeimzahl

2 , i . 103

7,2 . lo3 bis 2,9 . 104

1,6.lo4 bis 3,2. lo8

Aerobe Sporenbildner

< 10

4,O . 10’

6,O . lo3 bis 2,o.107

Anaerobe Sporenbildner

< 10 i,3 . 103 bis lo2

< 10 < 10

10 bis 10’

Coliforme Enterobactericeae

bis 4.3 . 10

lo3 bis 2,o ‘ 106

Pseudomonaden

1,5 . 10 bis 2,o ’ 102

bis 1,3 . 10

1,4.lo4 bis i,5 . 107

lo4 bis lo5

Hefen

< 10

bis 1,2. 10

4,O.10’

10 bis 10’

Schimmelpilze

1,2 . 10

4,8 . 10

102

-

Enterokokken

< 102

< 102

10’ bis

Lactobacillen

2,8. 10

3,8 . 10

lo2 bis 8,2 ’ 105

-

Staph. aureus/l g

n. n.

n. n.

n. n.

n. n.

Salmonellen/25 g

n. n.

n. n.

n. n.

n. n.

n. n. - nicht nachweisbar

lo2 bis lo3

-

lo3

-

230

Die Nahrung 36 (1992) 3

und Schimmelpilze gehoren, haben zwar ihr Temperaturoptimum zwischen 15 und 20 "C, wachsen und vermehren sich jedoch auch unterhalb der Kiihllagertemperatur von + 5 "C. Die psychrophile Flora wird bei ausreichender Pasteurisierung abgetotet. Dagegen kommt es zur Anreicherung thermophiler Keime, zu denen vor allem aerobe und anaerobe Sporenbildner, Mikrokokken und Staphylokokken zahlen. Es gilt, diese Keimzahl so gering wie moglich zu halten.

Material und Methoden Fur die Untersuchungen zur Hitzeresistenz der Mikroorganismenflora wurde Eigelb aus Frischeiern im Labor hergestellt. Da industriell aufgeschlagenes Eigelb einen Eiklaranteil von etwa 10 bis 14% besitzt, wurden dem Eigelb 10% Eiklar zugegeben. Dieses Eigelb besaB einen Keimgehalt von ca. 10' Keimen/g. Um fur die Untersuchungen einen etwa konstanten Anfangskeimgehalt zwischen lo7 und 10' Keimen/g festzulegen, wurde das Eigelb 24 h bei Raumtemperatur aufbewahrt. Die kinetischen Untersuchungen zur thermischen Mikroorganismenabtotung wurden in Abhangigkeit von der Kochsalz- und Saccharosekonzentration durchgefuhrt. Um den Einflussen der Einwirkzeit der Zusatze Rechnung zu tragen, wurden die Untersuchungen nach einer konstanten Einwirkzeit von 4 h durchgefiihrt. Die gewahlte experimentelle Untersuchungsmethode nach REICHART [I] erlaubt es, parallel zur Aufheizung den Keimzahlverlauf zu verfolgen. Dabei wird so vorgegangen, dal3 die zur Zeit der Probenahme gemessene Keimzahl mit der Probentemperatur korreliert (Abb. I). Dazu wurde das Eigelb in einem thermostatierten Wasserbad erhitzt. Ein Laborriihrwerk sorgte dafur, dal3 eine Mischung rnit vernachlassigbar kleinen Temperatur- und Konzentrationsgradienten erreicht wurde. In bestimmten Zeitintervallen wurden Proben entnommen, in Eiswasser gekiihlt und zur weiteren Aufarbeitung in physiologische Kochsalzlosung gegeben. Die Keimzahlbestimmung erfolgte nach der KocH'schen Plattenmethode. Als Nahrmedium diente handelsiiblicher Nahragar I. Die Bebriitung erfolgte 24 h bei 37 "C, nachdem iiber Verdiinnungsreihen vereinzelt und auf Petrischalen ausplattiert wurde. Ausgezahlt wurden alle Platten rnit mehr als 20 und weniger als 400 Kolonien. Es wurde stets die aerobe Gesamtkeimzahl bestimmt.

Ergebnisse

Die Untersuchungen zur Hitzeresistenz vegetativer Mikroorganismen erfolgten in einem fur die EigelbIEiweiR-Pasteurisation typischen Temperaturbereich von ca. 45 "C bis ca. 65 "C. Als Bezugs- bzw. Referenztemperatur wurde 9, = 60 "C gewahlt, da dieser Wert in der Literatur [7,8] oft als VergleichsgroBe herangezogen wird. Wird die Zahl der uberlebenden Keime N semilogarithmisch uber der Zeit t aufgetragen, erhllt man Uberlebenskurven wie sie in Abb. 1 fur Eigelb ohne Zusatz und in den Abb. 2 und 3 fur Eigelb mit NaCl- und Saccharosezusatz dargestellt sind. Die Uberlebenskurven konnten in allen Fallen durch ein Polynom 3. und 4.Grades angenahert und nach der Methode von REICHART [l] ausgewertet werden. Dieser Methode liegt die Voraussetzung zugrunde, daB sich die aerobe Gesamtkeimzahl einer Mischflora im betrachteten Zeitintervall ahnlich wie eine Monokultur verhalt. Diskrete Werte fur die Keimzahlabnahme rnit der Pasteurisierungszeit sind in den Tab. 2 und 3 zusammengestellt.

23 1

MOHR/SIMON: Mikroorganismenabtotung in Eigelb

33 1

7.38 +

.

4

2

Keimzahl N 328 Temperatur T

kJ19 8

8

Abb. 1 Uberlebenskurve der Mikroorganismen und Temperaturverlauf bei der Mikroorganismenabtotung in Eigelb ohne Zusitze

Zeit t in min

T in K

N

333 331

328

326

Abb. 2 Uberlebenskurven der Mikroorganismen und Temperaturverlauf bei der Mikroorganismenabtotung in Eigelb mit NaC1-Zusatz Zeit t in rnin

322

3,Q

2

4

8

Zeit t in min

8

Abb. 3 Uberlebenskurven der Mikroorganismen und Temperaturverlauf bei der Mikroorganismenabtotung in Eigelb mit Saccharosezusatz

232

Die Nahrung 36 (1992) 3

Tabelle 2 Keimzahl-Zeit-Verlauf fur Eigelb ohne und mit NaC1-Zusatz (Logarithmus der Keimzahl N ) t [min]

0

2

4

6

8

10

8,66 8,66

7,76 7,56 6,84 6,27 4,72 4,29 4,34 -

6,59 6,59 6,27 5,95 4,95 3,50 3,12 3,05

7,22 7,22 7,20 6,90 6,74 6,26 5,40 -

6,72 6,69 6,65 6,34 6,20 ($07 5,78

8,51 8,54 8,50 8,30 8,04 7,79 7,07 6,74

8,55

7,54 6,22 5,46 3,61 3,41

-

Zur Bestimmung der reaktionskinetischen Parameter wurde vorausgesetzt, dal3 in einem hinreichend kleinen Zeitintervall die Temperatur annahernd konstant ist. Fur jedes Zeitintervall wird ein dezimaler Destruktionswert D berechnet :

mit D No logN

=

2,3/k fur eine Abtotungskinetik 1. Ordnung:

k

= --.f

2,3

Die Temperaturabhangigkeit der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten k bzw. des DWertes wird durch die bekannte ARRHENIUS-Gleichung beschrieben:

Der z-Wert beschreibt die Hitzewiderstandsfahigkeit der Mikroorganismen und stellt die Temperaturerhohung dar, die notwendig ist, um die Abtotungszeit bei konstanter Keimzahlabnahme auf 1/ 10 zu reduzieren. Tabelle 3 Keimzahl-Zeit-Verlauf fur Eigelb mit Saccharosezusatz (Logarithmus der Keimzahl) t [min]

1 2 3 4 5 6 7

CSaceharosc[%I 10

20

30

40

8,89 8,89 8,70 7,45 5,80

12,05 11,72 10,86 8,61 7,19 6,86 6,ll

5,75 5,42 5,28 4,35 3,55 2,55 2,20

5,64 5,47 5,oo 4,17 3,75 2,94 2,9 1

4,80

335

MOHR/SIMON: Mikroorganismenabtotung in Eigelb

233

Nach HERRMANN [9] ist entsprechend G1. (3) der z-Wert nur uber einen begrenzten Temperaturbereich konstant, der maximal 30 K betragt. Die z-Werte wurden durch halblogarithmisches Auftragen der D-Werte uber der Temperatur 9 bzw. k-Werte uber 1/T ermittelt und mit Hilfe linearer Regression bestimmt. Die Abtotung der vegetativen Mikroflora im Eigelb beginnt oberhalb von 45 "C.Die Uberlebenskurve der Mikroorganismen ist bei gleichmaljiger Erwarmung durch einen konkav gekriimmten Kurvenverlauf gekennzeichnet. Mit zunehmender Erwarmungszeit erfolgt eine Anreicherung der Mikroorganismen mit thermotoleranten Keimen, was in einem Abflachen der Kurve nach etwa 6min im Konzentrationsbereich von 0 bis 4% NaCl sowie im gesamten Bereich von Saccharose zum Ausdruck kommt. Dies bedeutet fur die Ermittlung der kinetischen Daten, da13 oberhalb des Wendepunktes in der Uberlebenskurve andere kinetische Konstanten fur thermophile Keime Gultigkeit haben mussen. Die Auswertung nach REICHART[I] ergibt einen lg D-3-Verlauf wie er in Abb. 4 dargestellt ist. Die Abtotung der mesophilen Mikroorganismen erfolgt uberwiegend im linearen Bereich. Die ab 6 rnin sehr schnell ansteigenden D-Werte sind durch die Anreicherung thermophiler Keime gekennzeichnet. Fur sie gelten andere kinetische Konstanten. Die Auswertung der experimentellen Ergebnisse erfolgte daher nur bis in die Nahe des Wendepunktes der Abb. 1 bis 3, um der Voraussetzung eines quasi-Testkeimes zu entsprechen. Da sich somit die Auswertemethode nach REICHART [ 11 fur eine Mischflora nur begrenzt eignet, wurde nach einer anderen Moglichkeit der Auswertung gesucht. Bessere Ergebnisse wurden durch Anpassung der D- und z-Werte uber eine Differentialgleichung 1. Ordnung erhalten. Die Basis zur Formulierung der Differentialgleichung sind die Gleichungen (2) und (3), nach deren Kopplung fur die logarithmische Absterberate folgt :

2,5

. _ _ ~_ ~ _~

. 2

'

..

.. ...

-

z 13.06 K I

linearer Bereich

.... .....-..;....,

.-..* 1,5

_..

Abb. 4 Dezimale DestruktionswerteD in Abhangigkeit der Pasteurisierungstemperatur, ermittelt nach der Methode fur Eigelb ohne Zuvon REICHART satze, ohne Beriicksichtigungder Anreicherung thermophiler Keime

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234

Der jeweilige Temperaturverlauf wird durch eine Exponentialfunktion mit den Konstanten A und B angenahert

9* - A 9 (t) -

. ,-[t/Bl

(5)

und in Gleichung (4) eingesetzt. Daraus folgt fur die zu berechnende Differentialgleichung: dl

Da fur jeden Temperaturverlauf ein gesondertes 9* gilt, wird mit der Differentialgleichung ein zu dieser Temperatur gehoriges D* ermittelt. Danach konnen uber Gleichung (3) D,-Werte berechnet werden. Diese und die dazugehorigen z-Werte sind in Tab. 4 und 5 zusammengestellt. Um die Aktivierungsenergie zu ermitteln, wird der z-Wert aus Gleichung (6) durch folgenden Term ersetzt : z

=

2,3 . R . Y*(Q* - A . e-[''*])/E,

(7)

Die so angepaBten Kurvenverlaufe sind in Abb. 5 fur den Zusatz von NaCl und in Abb. 6 fur den Zusatz von Saccharose dargestellt. Tabelle 4 Reaktionskinetische Parameter der Keimabtotung in Abhangigkeit der NaC1-Konzentration Konz. an NaCl ["/I

ZR

0 2 4 6 8 10

14,l 9,3 10,o 13,2 14,4 14,8

ZD

Z

0::

DB"

D,'

E* [kJ/mol]

39,4 28,9 443 117,9 181,8 168,6

38,2 27,3 45,2 117,2 184,8 168,3

152,4 212,2 215,4 156,9 150,2 152,7

~-

[KI

[SI

15,l 10,6 9,7 14,4 13,7 13,9

14 10 10 14 14 14

37,7 26,3 45,8 122,5 187,9 166,6

D,-Wert wurde aus f ermittelt

' EA wurde ebenfalls aus f ermittelt Tabelle 5 Reaktionskinetische Parameter der Keimabtotung in Abhangigkeit der Saccharosekonzentration

10 20 30 40 und

l0,O 15,5 13,7 12,l siehe Tab. 4

8,7 10,9 12,4 13,O

10 10 13 13

36,5 19,9 76,9 130,7

36,2 10,4 76,2 135,5

40,2 10,5 77,6 133,3

195,7 195,5 165,9 153,4

MOHR/SIMON: Mikroorganismenabtotung in Eigelb

235

I N/No

.

0 % NaCl

.

+

2 % NaCl 4 %NaCl 8 % NaCl 8 % NaCl 10 % NaCl

0 X

0 2

Abb. 5 Anpassung der Absterberate mit Hilfe der Differentialgleichung (6) fur Eigelb mit NaC1-Zusatz 6

4

6

Zeit t in min

OIP

- 1.2

Ea

?!\ L O , t K \

\:,-

-2,4

. 10

% Sacch.

2 0 % Sacch.

* 30 % Sacch.

-3,6

,~

1

12.97 K

>c

\

Abb. 6 Anpassung der Absterberate mit Hilfe der Differentialgleichung (6) fur Eigelb mit Saccharosezusatz

12.4 K

t

0 4 0 % Sacch.

8

4

8

Zeit t in min

Diskussion EinjluJ von NaCl auf die Hitzeresistenz vegetativer Mikroorganismen im Eigelb Die Mikroorganismen in reinem Eigelb besitzen keine groDe Hitzeresistenz, und eine Abtotung der Keimflora urn 5 Zehnerpotenzen erfolgt bereits bis 60 "C. Fur 99,999% aller vegetativen Keime im Eigelb liegt der D,-Wert bei ca. 40 s. Der Anteil an thermophilen Keimen ist mit weniger als 0,001% an der gesamten Flora sehr gering. Durch die Zugabe von Kochsalz bis zu einer Konzentration von 4% kommt es zu keiner oder nur sehr geringen Erhohung der Hitzeresistenz, der D,-Wert fur die Konzentration von 2% liegt sogar unter dem von Eigelb ohne Zusatze. Der z-Wert fallt auf einen Wert von etwa 10 K herab, d. h. eine Temperaturerhohung um 10 K ist ausreichend, um die Abtotungszeit auf 1/10 zu verringern. Eine wesentliche Erhohung der Hitzeresistenz wird erst ab Kochsalzkonzentrationen von 6% erreicht. Der D,-Wert steigt sprunghaft auf den 3 bis 4-fachen Wert gegenuber Eigelb

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236

-

0 % NaCI; z * 14 K 2 % NaCI; L 10 K 4 % NaCI; z * 10 K D 6 ?4 NaCI; L 14 K x 8 % NaCI; z * 14 K ,

+

*

0 10 % NaCI; 50

L

14

Abb. I EinfluD der Kochsalzkonzentration auf die Destruktionswerte D vegetativer Mikroorganismen im Eigelb

K 55

60

65

Temperatur 8 in ‘ C

ohne Zusatze und erreicht bei 8 bis 10% NaCl einen durchschnittlichen D,-Wert von 175 bis 180 s. Der z-Wert erreicht wieder den Ausgangswert von 14 K analog Eigelb ohne Zusatze, d. h. hohere Konzentrationen von NaCl haben keinen EinfluD auf das Temperaturverhalten im Vergleich zu Eigelb ohne Zusatze. Da bei einer Kochsalzkonzentration von 10% der a,-Wert bei 0,9 liegt, wird die max. Hitzeresistenz voraussichtlich erst bei hoheren Salzkonzentrationen erreicht. Die zur Abtotung vegetativer Mikroorganismen notwendigen Aktivierungsenergien E , liegen in einem kleinen Bereich zwischen 150 kJ/mol und 215 kJ/mol. Die Ergebnisse sind aus Abb. 7 und Tab. 4 erkennbar.

Einfrup von Saccharose auf die Hitzeresistenz vegetativer Mikroorganismen im Eigelb Mit der Erhohung der Saccharosekonzentration kann ahnlich der Zugabe von NaCl bewirkt werden, daI3 es bis zu einer Konzentration von 10 bis 20% zu keiner wesentlichen Erhohung der Hitzeresistenz kommt (Tab. 4). Der D,-Wert bei 20% Saccharose liegt sogar etwas niedriger, wobei dieser aufgrund der sehr hohen Ausgangskeimzahl von 10” Keimen/g keine allgemeingiiltige Aussage zulaDt. Obwohl bis 8 min 99,999% der Ausgangskeimzahl abgetotet sind, ist die Keimzahl nach der Warmebehandlung mit lo6 Keimen/g sehr hoch und geniigt nicht den hygienischen Bestimmungen (Abb. 6). Auffallend ist, daD der z-Wert analog der Ergebnisse im Eigelb mit geringen Salzkonzentrationen auf einen Wert um 11 K zuruckgeht, um bei hoheren Saccharosekonzentrationen wieder auf den Ausgangswert ahnlich ungezuckerten Eigelbs anzusteigen. Mit der weiteren Erhohung der Saccharosekonzentration nimmt die Hitzeresistenz der Mikroorganismen deutlich zu. Im Eigelb mit 30 und 40% Saccharose sind die D,-Werte gegeniiber dem Ausgangswert auf das Doppelte bzw. Vierfache gestiegen. Die Aktivierungsenergie bewegt sich analog Eigelb mit NaC1-Zusatz im Bereich zwischen 153 kJ/mol und 196 kJ/mol (Tab. 5 und Abb. 8).

MOHR/SIMON: Mikroorganismenabtotung in Eigelb 3

231

kl D

% Sacch.; z % Sacch.: L

.-

14 K 14 K

2

50

I

I

55

60

Abb. 8 EinfluB der Saccharosekonzentration auf die Destruktionswerte D vegetativer Mikroorganismen im Eigelb 05

Ternperatur 9 in OC

SchluBfolgerungen Die Methode zur Bestimmung reaktionskinetischer Parameter der Abtotung der Mikroorganismen von REICHART [ 11 kann auch fur Mischpopulationen verwendet werden, wenn die Anreicherung thennophiler Keime (erkennbar durch das Abflachen der uberlebenskurve) bei der Auswertung beriicksichtigt wird. Da der z-Wert der Kriimmung der Uberlebenskurve entspricht, darf die Auswertung nur bis kurz vor dem Wendepunkt erfolgen, damit die Voraussetzung fur einen quasi-Testkeim erhalten bleibt. Diese Methode ist jedoch mit einem erheblichen Rechenaufwand verbunden, da der eigentlichen Bestimmung der kinetischen Parameter eine Anpassung der uberlebenskurven vorausgehen mua. Desweiteren ist diese Methode schon von der mathematischen Herangehensweise ungenauer. Demgegenuber entspricht das Model1 der Differentialgleichung den mathematischen Voraussetzungen der Abtotung vegetativer Mikroorganismen einer Reaktion 1. Ordnung. Die Bestimmung der Parameter erfolgt dabei intern durch eine Anpassung hoherer Ordnung. Die aus beiden Methoden ennittelten z- bzw. D,-Werte unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander, doch sollte die Differentialgleichung schon aus okonomischen Grunden die Auswertemethode der Wahl sein. Vegetative Keime besitzen eine sehr niedrige Hitzeresistenz, der D,-Wert liegt fur diese Mikroorganismen ohne Zusatze bei 40 s. Ahnliche Ergebnisse erreichten KUPRIANOFF [ 111 und STUMBO[12], die D,-Werte von 60 s bzw. 45 s ermittelt haben. Der fur die Mischpopulation ermittelte z-Wert liegt mit 10 bis 14 K wesentlich uber den in der Literatur angegebenen z-Werten, wo fur vegetative Keime mit Werten zwischen 3 und 7 K gerechnet wird [lo]. Die Ursache kann in der heterogenen Zusammensetzung der Mikroflora als auch in der ungenauen Festlegung des auszuwertenden Bereiches liegen. Durch die Zugabe von Kochsalz bis zu 4% sowie von Saccharose bis zu 20% bleibt die Hitzewiderstandsfahigkeit unbeeinfluat bzw. fallt leicht ab. Ab Konzentrationen von 6 bis 10% NaCl sowie 30 bis 40% Saccharose steigt die Hitzewiderstandsfahigkeit sprunghaft um das 2- bzw. 3-fache und hat bei 10% NaCl sowie 40% Saccharose das 4-fache des Ausgangswertes erreicht. Ahnliche Ergebnisse sind in [ 121 zu finden.

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Auch die Errnittlung der z-Werte 1aBt Analogieschlusse zwischen den Zusatzen von NaCl sowie Saccharose zu. Wahrend Eigelb ohne Zusatze einen z-Wert von etwa 14/15 K besitzt, fallt dieser bei Zugdbe von geringen Konzentrationen auf einen Wert urn 10 bis 11 K, urn bei hoheren Konzentrationen wieder auf den Ausgangswert urn 13/14 K anzusteigen. Aus der Literatur [2, 31 geht hervor, daB der durchschnittliche Anfangskeirngehalt bei lo5 bis lo6 Keirnen/g zu finden ist. Urn den hygienischen Anforderungen zu geniigen, kann das 3D-Konzept fiir eine Pasteurisierung als ausreichend angesehen werden. Diese hier ermittelten kinetischen Werte stellen eine der Grundlagen fur die Modellierung der Pasteurisierung von Vollei und Eiprodukten dar. Nomenklatur A

B a,

D e E.4 k

Konstante zur Anpassung des Temperaturverlaufes Konstante zur Anpassung des Temperaturverlaufes Wasseraktivitat Dezimale Destruktionszeit Eulerzahl Aktivierungsenergie Geschwindigkeitskonstante Keimzahl Pasteurisierwert Universelle Gaskonstante Zeit Temperatur Temperaturfunk tion Temperatur

-

s oder min

kJ/mol min Keime/g s oder min kJ/(kmol. K) min K K "C

Indices B Bezug auf eine Temperatur von 60 "C Berechneter z-Wert uber die Differentialgleichung Gleichung (6) D i Laufender Index Berechneter z-Wert nach REICHART R [I] * Kennzeichnet eine frei gewahlte BezugsgroDe

Literatur [l] REICHART, O., Acta alimentaria 8 (1979) 131 - 155. [2] STREICHAN, D., Archiv fur Lebensmittelhygiene 8 (1966) 176- 181. [3] MORGAN-JONES, S. C., und I. C. MARTIN,The microbiology of liquid egg. Spelderholt Jubilaumssymposium Apeldoorn 1981. B 81/97 Bd. 3, S. 35-40. [4] ADLER,Food Technol. 19 (1965) 623-624. [5] BAUR,E., Fleischwirtschaft 9 (1976) 1237- 1239. [6] HARMS,F., und K.-P. KRUSE,Archiv fur Lebensmittelhygiene 27 (1976) 121 - 160. [7] DORN,P., P. KRABISCH, und W. RAPP,Archiv fur Lebensmittelhygiene 36 (1985) 61 -62. [8] BARNES, E. M., und J. E. L. CORRY,J. appl. Bact. 32 (1943) 165- 169. [9] HERRMANN, J., Nahrung 13 (1969) 639-661. [ 101 MULLER, G., Grundlagen der Lebensmittelmikrobiologie. 5. Aufl. VEB Fachbuchverlag, Leipzig 1983. [I I] KUPRIANOFF, J., Dt. Lebensmittelrundschau 10 (1957) 221 -228. [I21 STUMBO, C. R., Thermobacteriology in food processing. Academic Press, New York 1973. Prof. Dr. K.-H. MOHRund Dipl.-Ing. S. SIMON, Insitut fur Biotechnologie der Martin-Luther-Universitat Halle-Wittenberg, Weinbergweg 16a, 0-4050 Halle/Saale, Bundesrepublik Deutschland Eingegangen 10. Juni 1991

[Kinetics of thermal killing of microorganisms in egg yolk].

Egg yolk is relating to its germ content and enzyme activity only restricted storable. Unpasteurized egg yolk get spoiled between a few hours and days...
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