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Neuropathie wegen zu rascher HbA1c-Senkung Eine retrospektive Analyse ergab, dass behandlungsinduzierte Neuropathien – früher auch als „Insulin-Neuritis“ bekannt – bei Diabetes mellitus keine Seltenheit sind. Sie hängen mit der Geschwindigkeit der HbA1c-Senkung zusammen.



Eine autonome Neuropathie kann auftreten, wenn bei Patienten mit langjährigem Diabetes mellitus und Polyneuropathie der HbA1c-Wert rasch gesenkt wird. Die Beschwerden reichen von brennenden und einschießenden Schmerzen bis hin zu einer orthostatischen Hypotonie mit Synkopen. Für eine retrospektive Studie wurden die Daten von 954 Patienten eines tertiären Diabeteszentrums ausgewertet. Eine behandlungsinduzierte Neuropathie wurde definiert als neuropathischer Schmerz und/oder autonome Dysfunk Dysfunktion innerhalb von acht Wochen nach einer raschen Reduzierung des HbA1cWertes, nämlich um ≥ 2 Prozentpunkte innerhalb von drei Monaten. Von 168 Patienten mit dieser raschen Absenkung erlitten 104 eine behandlungsinduzierte Neuropathie. Von den

Patienten mit langsamerer Reduzierung des HbA1c-Wertes Wertes waren nur 32 betrof betroffen. Wurde der Wert innerhalb von drei Monaten um 4 Prozentpunkte gesenkt, erlitten sogar 80% der Patienten diese Komplikation. Gewichtsverlust schien ein zusätzlicher Risikofaktor zu sein. Die Wahl des Blutzuckermedikaments spielte keine Rolle. Fast alle Patienten litten unter Schmerzen, die sie zuvor so nicht gekannt hatten. Die Autoren empfehlen eine symptomatische Therapie, da sich die Beschwerden mit der Zeit bessern würden. Sie konzedieren, dass sie die Häufigkeit des Phänomens überschätzt haben könnten, da die Patientendaten aus einem spezialisierten Diabeteszentrum stammten. ■ Gibbons CH, Freeman R Treatment-induced neuropathy of diabetes: an acute, iatrogenic complication of diabetes. Brain. 2015;138:43–52

Kommentar Die Studie macht einen wichtigen Punkt, indem sie die Gefahren der allzu schnellen Normalisierung der Stoffwechsellage bei Diabetikern aufzeigt. Noch ist unklar, über welchen Zeitraum und zu welchem Grad sich die Neuropathie zurückbildet. Die Prognose gilt generell als gut und die Erkrankung als monophasisch, aber das Ausmaß der möglichen Folgeschäden ist nicht genau bekannt [Leow MK, Wyckoff J. Postgrad Med J. 2005;81:103–7], zumal sich auch die Retinopathie unter der raschen Blutzucker Blutzuckersenkung verschlimmern kann [Gibbons CH, Freeman R. Ann Neurol. 2010;67:534–41]. Ob die Zahlen wirklich so hoch sind, bleibt unklar, da es sich hier um eine ausgewählte Population von Patienten mit Diabetes und Neuropathie oder Verdacht darauf aus einem hochspezialisierten Zentrum handelte. Doch selbst wenn das allgemeine Risiko unter Diabetikern nur halb so groß oder ein Drittel so groß wäre, lohnte sich die Acht Achtsamkeit in der Behandlung. Prof. Dr. med. C. Sommer ■

Wissenschaftliche Erkenntnis

Lachen ist die beste Medizin – hat aber seine Risiken!

© id-work / iStock

Zwei Forscher suchten in Medline (1946– 2013) und Embase (1974–2013) nach publizierter wissenschaftlicher Erkenntnis über das Lachen. Die Vorteile für die Verringerung von Ärger, Ängstlichkeit, Depression, Stress und Anspannung liegen auf der Hand.

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Lachen reduziert aber auch das Risiko für Myokardinfarkt, verbessert die Lungenfunktion, erhöht den Energieverbrauch und reduziert den Blutzucker. Daneben – und das ist kein Witz – birgt es allerdings auch Gefahren. So erhöhen sich die Risiken für Synkopen, Herzbeutelund Ösophagusrupturen, Inkarzeration von Hernien, Asthmaanfälle, Lungen Lungenemphysem, Kopfschmerzen, Kiefer Kiefergelenksluxationen und Stressinkonti Stressinkontinenz. Als Nebeneffekt der Literatursuche fanden die Autoren auch einige Erkran Erkrankungen, die mit pathologischem Lachen einhergehen. Darunter sind Epilepsie, Hirntumoren, Schlaganfälle, multiple Sklerose, amyotrophe Lateralsklerose und Motoneuronerkrankungen.

Wie man sieht, hat Lachen nicht nur Vorteile. Die unerwünschten Wirkungen von Lachen treten in der Regel sofort ein und sind dosisabhängig. Das höchste Risiko besteht für das sogenannte Homerische oder unkontrollierbare Lachen. Dennoch fällt das Nutzen-Risiko-Verhältnis wahrscheinlich zu Gunsten von Lachen aus. Interessant wäre zu erfahren, ob Lachen auch bei Menschen gesundheitliche Vorteile bringt, die nichts zu lachen haben. An solchen Untersuchungen sollten Regierungen und Krankenkassen doch Interesse haben. Prof. Dr. med. H. S. Füeßl ■ ■ Ferner RE, Aronson JK (Korres.: [email protected]): Laughter and MIRTH (Methodical Investigation of Risibility, Therapeutic and Harmful): narrative synthesis. BMJ. 2013;347:f7274

MMW-Fortschr. Med.

2015; 157 (11)

[Laughter is the best medicine - but it has its risks!].

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