e32 Originalarbeit

Versorgungssituation von Patienten mit dem Leitsymptom Schwindel

Autoren

A. Rieger1, U. Mansmann1, W. Maier2, L. Seitz3, T. Brandt4, M. Strupp4, 5, O. Bayer4

Institute

Die Institutsangaben sind am Ende des Beitrags gelistet

Schlüsselwörter ▶ Schwindel ● ▶ Vertigo ● ▶ Epidemiologie ● ▶ Routinedaten ● ▶ regionale Heterogenität ● ▶ Multilevel-Modelle ●

Zusammenfassung

Abstract

Hintergrund: Schwindel ist ein häufiges Leitsymptom und als solches Grund zur Konsultation. Eine deutschlandweite Darstellung der Epidemiologie des Symptoms Schwindel erfolgte mit Daten des „Gesundheitssurvey 2003“. Regionale Feinauflösungen liegen nicht vor. Methoden: Routinedaten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) aus dem Jahr 2008 wurden mit Multilevel-Modellen analysiert, um simultan individuelle und regionale Einflussfaktoren sowie die Relevanz unspezifischer regionaler Heterogenität zu untersuchen. Ergebnisse: Bei 9,34 % der Bevölkerung wurde im ambulanten Bereich eine Schwindeldiagnose gestellt, d. h. bei 866 086 von 9 269 729 Einwohnern. Frauen waren 1,77-mal häufiger als Männer betroffen. Arztbesuche wegen Schwindel nahmen mit dem Alter zu. Adjustiert bezüglich Alter und Geschlecht zeigte sich innerhalb Bayerns ein Nord-Süd-Gefälle und eine höhere Prävalenz in den Ballungsräumen. Überwiegend versorgen der Hausarzt und Ärzte in der Nähe die Patienten. Dies gilt besonders für Frauen. Auch ältere Patienten gingen seltener zu weiter entfernten Spezialisten. Schlussfolgerungen: Hausärzte nehmen bei der Diagnose und der Therapie beim Leitsymptom Schwindel eine zentrale Rolle ein. Um die zugrundeliegenden Ursachen korrekt zu diagnostizieren, die Patienten wirksam zu behandeln oder effektiv zuzuweisen, benötigen alle Ärzte Wissen zu diesem relevanten klinischen Leitsymptom. Sehr problematisch war die unzureichende Abbildung klinisch gebräuchlicher Schwindelerkrankungen durch die ICD-10. Die häufigste Diagnose war Menopause-Vertigo (N95.1).

Background: Vertigo and dizziness are common symptoms leading patients to consult a physician. The nationally representative “2003 Health Survey” depicts the epidemiology of the symptoms vertigo and dizziness across all of Germany. A breakdown of the data by region is not available. Methods: Routine data of the Bavarian Association of Statutory Health Insurance Physicians accounting centre (“Kassenärztliche Vereinigung Bayerns”, KVB) from 2008 were analysed using multilevel models to investigate individual and regional factors and the relevance of nonspecific regional heterogeneity. Results: Altogether, 866 086 of 9 269 729 (9.34 %) inhabitants received an ambulatory diagnosis of vertigo or dizziness, including 1.77 times as many women as men. Visits to the doctor because of vertigo or dizziness increased with age. After adjustments for age and sex, a North-South divide and a higher prevalence in the urban centres were apparent within Bavaria. The majority of patients were seen by their GP and nearby doctors. This held especially true for women. Also older patients were less likely to go to specialists further afield. Conclusion: This analysis of the KVB data of patients with vertigo or dizziness underlines the central role that is played by GPs in diagnosis and treatment. In order to correctly diagnose the underlying causes, treat patients or send them to specialists effectively, all doctors need to be trained about this relevant clinical symptom. The insufficient representation of clinically established vertigo disorders by the ICD-10 was problematic. The most frequently coded diagnosis was N95.1 “postmenopausal dizziness”.

Key words ▶ dizziness ● ▶ vertigo ● ▶ epidemiology ● ▶ routine data ● ▶ regional heterogeneity ● ▶ multilevel models ●

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1357145 Online-Publikation: 29.11.2013 Gesundheitswesen 2014; 76: e32–e38 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0941-3790 Korrespondenzadresse Anna Rieger Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie Ludwig-Maximilians-Universität München Marchioninistraße 15 81377 München [email protected]



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Management of Patients with the Cardinal Symptom Dizziness or Vertigo

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Platz

Diagnosekombinationen

Anzahl

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

R42 (Schwindel und Taumel) G62 (sonstige Polyneuropathien) H81 (Störungen der Vestibularfunktion) F45.8 (sonstige somatoforme Störungen) I95.1 (orthostatische Hypotonie) G63 (Polyneuropathie bei andernorts klassifizierten Krankheiten) G43.1 (Migräne mit Aura) R26 (ohne R26.1) (Störungen des Ganges und der Mobilität) H81 und R42 E53.8 (Vitamin B12 Polyneuropathie) H55 (Nystagmus und sonstige abnorme Augenbewegungen) R42 und N95.1 (Schwindel und Taumel und Menopause-Vertigo) G62 und G63 (sonstige Polyneuropathien und Polyneuropathie bei andernorts klassifizierten Krankheiten) R42 und I95.1 (Schwindel und Taumel und Orthostatische Hypotonie) R42 und G62 (Schwindel und Taumel und Sonstige Polyneuropathien) G62 und R26 (ohne R26.1) (sonstige Polyneuropathien und Störungen des Ganges und der Mobilität) H81 und N95.1 (Störungen der Vestibularfunktion und Menopause-Vertigo) F45.8 und N95.1 (sonstige somatoforme Störungen und Menopause-Vertigo) R42 und F45.8 (Schwindel und Taumel und sonstige somatoforme Störungen) R42 und R26 (ohne R26.1) (Schwindel und Taumel und Störungen des Ganges und der Mobilität)

435 318 241 538 180 387 148 165 143 030 112 207 104 283 46 879 23 868 20 946 11 806 11 335 9 410 8 861 8 152 5 965 5 614 5 444 5 090 5 043

Einleitung



Schwindel ist als häufiges Leitsymptom in der ärztlichen Praxis ein wichtiger Grund zur Konsultation [1]. Epidemiologische Daten zu Schwindel machen die Relevanz der Erkrankung deutlich, beschreiben die Versorgungssituation der betroffenen Patienten und geben einen Überblick zur Verteilung der Diagnosen. Der „Gesundheitssurvey 2003“ des Robert Koch-Institutes [2] zeigt eine Lebenszeitprävalenz von Dreh- oder Schwankschwindel von etwa 30 %. Pro Jahr leiden 5 % der Bevölkerung an vestibulärem Schwindel [2], der vom peripheren oder zentralen Gleichgewichtssystem ausgeht [3]. Trotz hoher Prävalenz und hoher sozioökonomischer Bedeutung dieses Symptoms gibt es bislang keine detaillierte regionale Beschreibung der Versorgungssituation der betroffenen Patienten. Diese Arbeit untersuchte anhand von Routinedaten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), ob die Schwindelprävalenz neben Alter und Geschlecht von weiteren, u. a. regionalen Gegebenheiten abhängig ist („Patientenmodell“). Der Zusammenhang zwischen Komorbiditäten und Schwindeldiagnosen wird betrachtet – auch im Hinblick auf abgerechnete Leistungen. Ebenso interessiert, wer Schwindelpatienten behandelt und welche Diagnosen dabei gestellt werden („Ärztemodell“). Es wird untersucht, wie mobil die Patienten bei der Suche nach Therapiemöglichkeiten sind („distante Versorgung“).

Methode



Datensatz Daten wurden erhoben für Patienten, für Ärzte (Ort und medizinische Richtung) und für Regionen (regionale Indikatoren). Es wurden Routinedaten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) aus dem Jahr 2008 verwendet. Sie enthielten Informationen über alle von niedergelassenen Ärzten gestellten Schwindeldiagnosen (ICD-10) und abgerechneten Leistungen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) bei gesetzlich Versicherten. Es wurden bayerische Versicherte mit mindestens einer für Schwindel sensitiven ICD-10-Diagnose aufgenom-

men („Schwindeldiagnose“ genannt): H81, H82, R42, A88.1, E53.8, F45.8, G11.8, G43.1, G45.0-, G62, G63, G90.3, H55, H83.0– 2, I95.1, N95.1 und R26 ohne R26.1. Die 20 häufigsten Schwin▶ Tab. 1. Die Auswahl deldiagnosen und Kombinationen zeigt ● der ICD-10-Codes erfolgte durch Experten (MS, OB). Wie bei Neuhauser et al. [2] wurden 3 Alterskategorien betrachtet: Jahrgänge 1969–1990 (Alter in 2008: 18–39), 1949–1968 (40–59) und 1934–1948 (60–74). Geschlecht und DiagnoseQuartal wurden ebenfalls dokumentiert. Die Postleitzahlen (PLZ) des Wohnortes bzw. der Praxen wurden den 96 Landkreisen und kreisfreien Städten (im Folgenden „Kreise“ genannt) Bayerns zugeordnet. Die Kreise wurden aufgrund von Datenschutzvorschriften zu Gebieten zusammengefasst, in denen mehr als 5 Ärzte einer Fachrichtung ansässig sind. Diese Gebietsnummer wurde je Patient und je Arzt übermittelt. Folgende Arztgruppen wurden betrachtet: „Hausarzt“, „HNO-Arzt“ und „Neurologen, Nervenärzte und Psychiater“ (NNP). Alle anderen Arztgruppen wurden unter der Kategorie „Sonstige“ zusammengefasst. Für jeden Patienten wurden neben Schwindel die wichtigsten Komorbiditäten (in 4 Gruppen „neurologisch“, „psychisch“, „Herz-Kreislauf“ und „das Ohr betreffend“) sowie verschiedene Leistungen aus dem EBM-Katalog (in 4 Gruppen „Okulografie“, „Hörprüfung“, „Diagnostik Polyneuropathie“ und „Kreislauf-Diagnostik“) erfasst. Die Anzahl von Ärzten je Fachgruppe und Gebiet war bekannt. Privatversicherte Patienten (ca. 15 % der bayerischen Bevölkerung [4]) und Patienten von Spezialkliniken wurden nicht erfasst. Regionale sozioökonomische Unterschiede zwischen den Kreisen wurden durch den „Bayerischen Index Multipler Deprivation“ (BIMD) quantifiziert [5, 6], denn der Anteil Privatversicherter ist mit sozioökonomischen Gesichtspunkten assoziiert. Der Index besteht aus 7 Deprivationsdomänen mit Spannweiten zwischen 0 und 100. Der Gesamtscore des Index hat in Bayern eine Spannweite von 2,63 bis 68,44, wobei höhere Zahlen eine höhere sozioökonomische Benachteiligung des Kreises beschreiben. Aus der Online-Datenbank GENESIS (http://www.statistikdaten. bayern.de/genesis) des bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung wurden Daten der am 31.12.2008

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Tab. 1 Anzahl an Beobachtungen für die 20 häufigsten Diagnosen und Diagnosekombinationen.

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Alter Frauen

Männer

gesamt

Beob. 1 2 3 4 >4 gesamt Beob. 1 2 3 4 >4 gesamt

18–39

40–59

60–74

gesamt

5,45 % 1,49 % 0,72 % 0,65 % 0,18 % 8,50 %

5,86 % 2,03 % 1,26 % 1,83 % 0,60 % 11,57 %

7,28 % 2,89 % 1,93 % 4,42 % 1,64 % 18,16 %

11,95 %

2,43 % 0,57 % 0,25 % 0,20 % 0,06 % 3,51 % 5,99 %

3,09 % 1,02 % 0,61 % 0,95 % 0,36 % 6,04 % 8,78 %

5,16 % 2,12 % 1,47 % 3,69 % 1,38 % 13,82 % 16,08 %

6,73 % 9,34 %

zugrundeliegenden Bevölkerungsstruktur entnommen. Daten zur Bevölkerungsdichte (Fläche und Gesamtbevölkerung je Kreis) unterschieden städtischen von ländlichem Raum. Ein Patient konnte mit einer Kombination oder mehreren Kombinationen aus Quartal, Fachrichtung des diagnostizierenden Arztes und Gebiet („Beobachtungen“) im Datensatz enthalten sein. Nicht erfasst wurde, wie oft oder bei wie vielen Ärzten einer Fachrichtung und innerhalb eines Gebietes ein Patient vorstellig wurde. Wenn eine Person bspw. in einem Quartal 2 Ärzte der gleichen Fachrichtung im gleichen Gebiet aufgesucht hatte, erschien dies als nur eine Beobachtung im Datensatz. Wenn eine Person in einem Quartal bei 2 Ärzten mit verschiedenen Fachrichtungen war, diese aber im gleichen Gebiet praktizierten, so ging es als 2 Beobachtungen in den Datensatz ein. Ebenso ergab eine Variation des Quartals 2 Beobachtungen. Ging eine Person in einem Quartal zu 2 Ärzten der gleichen Fachrichtung, die allerdings in verschiedenen Gebieten ansässig waren, fanden sich ebenfalls 2 Beobachtungen im Datensatz. War eine Person bei 3 Ärzten mit 2 verschiedenen Fachrichtungen, die aber alle im gleichen Gebiet ansässig waren, resultierten daraus wiederum nur 2 Beobachtungen (Webtab. 1).

Statistik Für die Untersuchung eines Zusammenhangs zwischen 2 binären Größen wurde der Fisher-Test auf Unabhängigkeit eingesetzt. Für die Hauptfragestellungen wurden pro Gebiet gruppierte Binomialdaten mittels gemischter Logit-Modelle analysiert [7]. Zufällige Effekte modellierten regionale Heterogenität. Dabei wurde die Nachbarschaftsstruktur der Gebiete berücksichtigt [8]. Die Modelle wurden per penalized quasi-likelihood Schätzverfahren (PQL) angepasst [9]. Die Variablenselektion erfolgte durch Rückwärtsselektion mittels generalisiertem linearen Hypothesentest [10]. Der räumliche Zusammenhang zwischen den Diagnosen und den Fachgruppen („Ärztemodell“) wurde mittels eines PoissonModells analysiert [7]. Für sämtliche Berechnungen wurde die Software R [11] verwendet.

Ergebnisse



Deskriptives Wir untersuchten 2 184 214 Beobachtungen von 983 689 Patienten. Nach Bereinigung um die (das Geschlechterverhältnis verzerrende) Diagnose Menopause-Vertigo (N95.1) ergaben sich 1 613 364 Beobachtungen bei 736 173 Patienten. Unter der Annahme, dass eine Schwindelerkrankung von der Art der Krankenversicherung (gesetzlich vs. privat) unabhängig ist, wurden auf die Patientenzahlen des KVB-Datensatzes 15 % für die privat versicherten Personen aufgeschlagen. Dadurch ergab sich für Bayern eine geschätzte Anzahl von 866 086 Schwindelpatienten für das Jahr 2008. ▶ Tab. 2 zeigt die geschätzten Anteile an Patienten mit Schwin● deldiagnose in den Alters- und Geschlechtsklassen. Die Zahl stieg mit dem Alter (relatives Risiko (RR) von der jüngsten zur ältesten Kategorie: 2,69; 95 %-Konfidenzintervall (95 %-KI) [2,67; 2,70]). Frauen waren fast doppelt so häufig betroffen wie Männer (RR 1,77; 95 %-KI [1,76; 1,78]).] Bei Frauen ließ sich von der jüngsten zur ältesten Kategorie eine Verdoppelung (RR 2,13; 95 %-KI [2,12; 2,15]), bei den Männern fast eine Vervierfachung (RR 3,93; 95 %-KI [3,90; 3,97]) erkennen. Dennoch blieben die Prozentzahlen der Männer deutlich unter dem Niveau der Frauen. Für etwa die Hälfte der Patienten lag nur eine Beobachtung vor ▶ Tab. 2). Diese Personen gingen 2008 nur in einem Quartal mit (● einer der interessierenden Diagnosen zu Ärzten einer Fachrichtung im gleichen Gebiet. Die Zahl der Beobachtungen pro Patient stieg mit dem Alter. Mit 435 318 Beobachtungen (26,98 %) war „Schwindel und Tau▶ Tab. 1). mel“ (R42) die häufigste Diagnose (● Mit einer entsprechenden Diagnose waren 56,53 % der Beobachtungen bei einem Hausarzt, weitere 26,74 % bei sonstigen Ärzten, 9,44 % bei Ärzten der NNP-Gruppe und 7,29 % bei HNO-Ärzten. Die regionale Verteilung des Anteils an GKV-Schwindelpatienten in der Bevölkerung zeigte ein Gefälle von Nordost nach Südwest. Erhöhte Prävalenzen zeigten sich ebenfalls in Ballungsräu▶ Abb. 1). Die meisten Beobachtungen wurden im Norden men (● Bayerns verzeichnet, gefolgt von Süden, Osten und Westen. Das „Patientenmodell“ untersucht den Einfluss der Bevölkerungs▶ Tab. 2). Nach Alters- und Geschlechtsadjustierung struktur (● ▶ Abb. 2a). änderte sich das räumliche Muster nicht (● Als Surrogat für die Versorgungsstruktur wurde die regionale Ärzteverteilung herangezogen. Die Verteilung der Hausärzte über Bayern war homogen, Spezialisten konzentrierten sich in den städtischen Regionen. Der BIMD [5] zeigte ein Nordost-Südwest-Gefälle mit höherer regionaler sozioökonomischer Benachteiligung im Nordosten Bayerns [6], z. B. wies das Gebiet von Tirschenreuth und Wunsiedel i. Fichtelgebirge (Nordosten) einen BIMD-Score von 54,28 auf und das Gebiet von Garmisch-Partenkirchen und WeilheimSchongau (Südwesten) einen von 10,01.

Einflussfaktoren auf die Schwindelprävalenz („Patientenmodell“) Die Schwindelprävalenz quantifiziert hier den Anteil von Personen mit mindestens einer im Jahr 2008 dokumentierten Schwindeldiagnose an der Bezugsbevölkerung. Sie war bei Männern geringer als bei Frauen (Odds Ratio (OR) 0,38; 95 %-KI [0,37; 0,38] mit Referenz „Frauen“). Bei beiden Geschlechtern stieg sie mit den Altersgruppen an (z. B. OR bei Frauen 3,51; 95 %-KI [3,46; 3,56]; Webtab. 2).

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Tab. 2 Geschätzter Anteil an Patienten mit dokumentierter Schwindeldiagnose in Prozent der Einwohner von 18 bis 74 Jahre, stratifiziert nach Anzahl der Beobachtungen.

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Die Quartale hatten einen geringen, zum Jahresende hin leicht steigenden Einfluss auf die Anzahl von Arztbesuchen mit Schwindeldiagnose. Ein Anstieg des BIMD um einen Punkt – d. h. eine größere regionale Benachteiligung im betreffenden Gebiet – erhöhte die „Chance“ auf eine Schwindelerkrankung um ca. 10 %. Die Arztdichten und die Bevölkerungsdichte beeinflussten die beobachteten Prävalenzen nicht (Webtab. 2). Auch nach Adjustierung für die betrachteten Kovariaten lag unerklärte räumliche Heterogenität vor. Die Schwindelprävalenz ▶ Abb. 2a). Ballungsräunahm von Norden nach Süden hin ab (● me zeigten eine höhere Schwindelprävalenz. Die Unterschiede

zwischen den Regionen nahmen mit steigendem Alter bei bei▶ Abb. 3). den Geschlechtern zu (●

Die Prävalenzen der Komorbiditäten („neurologisch“, „psychisch“, „Herz-Kreislauf“ und „das Ohr betreffend“) unterschieden sich zwischen den Schwindeldiagnosen. So war unter den Patienten mit der ICD-Codierung R42 („Schwindel und Taumel“) der Anteil der Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Vorliegen einer neurologischen Komorbidität höher (50,07 %) als bei Patienten ohne diese ICD-Codierung (39,35 %). Bei der Diagnose G62 („Sonstige Polyneuropathien“) wiesen 22,52 % eine psychische Komorbidität auf. War zusätzlich zu G62 das Vorliegen einer neurologischen Erkrankung bekannt, erhöhte sich der Anteil an psychischer Komorbidität auf 35,21 %. Für jede Schwindeldiagnose wurden die Kombinationen der Komorbiditäten den abgerechneten Leistungen gegenübergestellt. Bei der häufigsten Diagnose R42 („Schwindel und Taumel“) mit 435 318 Beobachtungen erhielten bei Vorliegen einer das Ohr betreffenden Komorbidität 49,57 % aller Beobachtungen eine Hörprüfung. Patienten mit R42 ohne Komorbidität wiesen diese Leistung dagegen nur in 5,06 % auf. „Schwindel und Taumel“ ohne Komorbidität war kaum mit Leistungen aus dem EBM-Katalog assoziiert. Andererseits wurde bei Beobachtungen mit Diagnose G62 („Sonstige Polyneuropathien“; 241 538 Beobachtungen) und bei Vorliegen einer Herz-Kreislauf-Komorbidität nur bei 0,67 % eine Polyneuropathie-Diagnostik und bei 2,05 % eine Kreislauf-Diagnostik durchgeführt. Dagegen wurde bei Beobachtungen mit Diagnose G62 ohne Komorbidität bei 16,05 % eine Polyneuropathie-Diagnostik abgerechnet, sodass hier ein Zusammenhang zur Polyneuropathie bestand, während diese in den anderen Fällen eher Begleitdiagnose war.

11 N 8,8

6,6

4,4

2,2

0 Angaben in %.

Abb. 1 GKV-Patienten mit Arztbesuch u. a. wegen Schwindel in Prozent der Einwohner zwischen 18–74 Jahre. GKV = gesetzlich krankenversichert.

a

auf 5 % –Niveau signifikant 0,369 N

0,3012

b

auf 5 %–Niveau signifikant 0,8093 N

0,6592

0,2335 0,1657

0,5091 0,3591 0,209

0,0979 0,0301

0,0589 –0,0376

–0,0912 –0,2413

–0,1054 –0,1732 –0,241

–0,3914 –0,5414

–0,3087 –0,3765

Abb. 2 Räumliche Effekte a des „Patientenmodells“ mit Nachbarschaftsstruktur. b des Modells zur distanten Versorgung mit Nachbarschaftsstruktur. Gezeigt sind die regionalen Effekte der Multilevel-Modelle, welche wie ein Kovariateneffekt pro Region wirken. Ein positiver Wert (blau) bedeutet, dass der Anteil an GKV-Schwindelpatienten in der Bevölkerung in dieser Region nach Adjustierung auf Alter, Geschlecht, usw. größer als das „globale Mittel“ ist. Ein negativer Wert (grau) bedeutet entsprechend, dass der Anteil an GKV-Schwindelpatienten unter dem globalen Mittel liegt.

–0,6915 –0,8416

Test auf signifikanten Unterschied der regionalen Effekte zur 0: Signifikanz auf 5 %-Niveau durch schwarze Umrandung des Gebiets markiert. Das „Patientenmodell“ untersucht den Einfluss der Bevölkerungsstruktur und anderer Faktoren auf die Anzahl von Arztbesuchen u. a. wegen Schwindel. Das Modell zur distanten Versorgung untersucht die Bereitschaft der Patienten, weite Wege zum Arzt auf sich zu nehmen. GKV = gesetzlich krankenversichert.

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Zusammenhang zwischen Schwindeldiagnose und Komorbidität

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b

N

N

c

d

N

N

auf 5 %–Niveau sign. 0,5277 0,4323 0,3369 0,2415 0,146 0,0506 –0,0448 –0,1402 –0,2356 –0,331 –0,4264 –0,5218

e

f

N

N

Abb. 3 Räumliche Effekte des „Patientenmodells“ in den Alters- und Geschlechtsschichten mit Nachbarschaftsstruktur. a Frauen von 18 bis 39 Jahren. b Männer von 18 bis 39 Jahren. c Frauen von 40 bis 59 Jahren. d Männer von 40 bis 59 Jahren. e Frauen von 60 bis 74 Jahren. f Männer von 60 bis 74 Jahren.Gezeigt sind die regionalen Effekte der Multilevel-Modelle, welche wie ein Kovariateneffekt pro Region wirken. Ein positiver Wert (blau) bedeutet, dass der Anteil an GKV-Schwindelpatienten in der Bevölkerung in dieser Region nach Adjustierung auf Ärztedichten, BIMD, usw. größer als

das „globale Mittel“ ist. Ein negativer Wert (grau) bedeutet entsprechend, dass der Anteil an GKV-Schwindelpatienten unter dem globalen Mittel liegt. Test auf signifikante Abweichung der Region zum globalen Mittel: Signifikanz auf 5 %-Niveau durch schwarze Umrandung des Gebiets markiert. Das „Patientenmodell“ untersucht den Einfluss der Bevölkerungsstruktur und anderer Faktoren auf die Anzahl von Arztbesuchen u. a. wegen Schwindel. GKV = gesetzlich krankenversichert.

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a

„Ärztemodell“ Schwindel wurde hauptsächlich beim Hausarzt dokumentiert (geschätzte Anzahl in der Referenzkategorie: n = 12 562), gefolgt von sonstigen Ärzten (n = 3 305), Ärzten der NNP-Gruppe (n = 34) und HNO-Ärzten (n = 20). Dies entspricht der Abfolge im deutschen Gesundheitssystem, mit dem Hausarzt als Überweiser zum Facharzt zwecks weiterführender Behandlung oder Diagnostik. Ordnete man die in dieser Arbeit verwendeten Schwindeldiagnosen nach ICD-10 den Fachgebieten NNP und HNO zu und fasste alle übrigen Diagnosen zu „Sonstige“ zusammen, so wurden in allen Fachrichtungen NNP-Diagnosen am häufigsten ausgesprochen. Darauf folgten bei den Hausärzten „sonstige“ und bei den HNO-Ärzten HNO-Diagnosen. Die übrigen Arzt-Diagnose-Kombinationen waren demgegenüber deutlich seltener (Webtab. 3).

Modell der „distanten Versorgung“ Von Interesse ist die Bereitschaft der Patienten, weite Wege zum Arzt auf sich zu nehmen, z. B. ob ein Patient einen Arzt aufsucht, dessen Praxis nicht in dem Gebiet liegt, aus dem der Patient stammt. Mit dem Alter erfolgte eine Behandlung vermehrt im eigenen Gebiet. Ältere Menschen beider Geschlechter suchten eher Ärzte im eigenen Gebiet auf (OR von jüngster zu ältester Kategorie: 1,81; 95 %-KI [1,61; 2,03]). Allerdings waren Männer eher zu einer Behandlung in einem anderen Gebiet bereit als Frauen (OR 0,91; 95 %-KI [0,83; 0,99]). In den ländlich geprägten Regionen war die „Chance“ auf eine dokumentierte Schwindelerkrankung im eigenen Gebiet kleiner (OR 0,87; 95 %-KI [0,58; 1,31]). Ungeachtet dessen, wo der Patient wohnte, suchte er meist einen Hausarzt auf (OR 1,21; 95 %-KI [1,03; 1,42]). In ländlichen Gebieten waren die Chancen auf einen Besuch beim Spezialisten sowie bei sonstigen Ärzten deutlich reduziert (z. B. HNO-Arzt: OR von 0,31; 95 %-KI [0,11; 0,88]). Je höher die Anzahl der HNO-Ärzte im betrachteten Gebiet war, desto geringer war die Chance auf eine Behandlung durch den Hausarzt. Auch eine erhöhte NNP-Dichte wirkte sich hierauf leicht senkend aus. Falls die Diagnose durch einen Hausarzt gestellt wurde, wurde eher auf Behandlung im eigenen Gebiet zurückgegriffen. Für Besuche bei Spezialisten war die Bereitschaft der Patienten, die Region zu wechseln, größer (z. B. bei Diagnose durch HNO-Arzt: OR von 0,61; 95 %-KI [0,45; 0,82]). Ein erhöhter BIMD-Score war mit einer Behandlung im eigenen Kreis assoziiert. Die Bereitschaft der Patienten, weite Wege zum Arzt auf sich zu nehmen, war trotz Adjustierung nach Patientenfaktoren und regionalen Variablen heterogen. In den Ballungsräumen fanden sich weniger Arztbesuche als nach Adjustierung erwartet. Im Südwesten Bayerns fanden mehr Arztbesuche statt als nach Ad▶ Abb. 2b). justierung erwartet (●

Diskussion



Die Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zeigen die ambulante Versorgungsrealität von Schwindelpatienten auf Bevölkerungsebene. Im Jahr 2008 lag die Schwindelprävalenz in der bayerischen Bevölkerung bei 9,34 %. Der Neurootologische Survey 2003 [2] berichtet eine Lebenszeitprävalenz für Schwindel von 58 % und eine Jahresprävalenz von 13,15 %.

Übereinstimmend mit [2] wurden im „Patientenmodell“ für Frauen sowie bei steigendem Alter höhere Zahlen von Arztbesuchen mit Schwindeldiagnosen gefunden. Für die Patienten lagen neben den schwindelsensitiven ICD-10Codes auch Informationen zu Komorbiditäten vor. Das Wissen um das Vorliegen bestimmter Kombinationen von Diagnosen erlaubt Rückschlüsse auf die Häufigkeit weiterer Diagnosen. Der Häufigkeitsvergleich (siehe Ergebnisse – Zusammenhang zwischen Schwindeldiagnose und Komorbidität) der abgerechneten Leistungen zwischen Patienten mit vs. ohne Komorbidität lässt Folgerungen zu, wie viele Leistungen auf eine bestimmte Schwindeldiagnose zurückzuführen sind. Im Datensatz nicht enthalten war die zerebrale Bildgebung, welche vermutlich häufig angewendet wird, obgleich die meisten Schwindeldiagnosen hier kaum typische Befunde erwarten lassen und dies mehr im Sinne einer Ausschlussdiagnostik geschieht. Die meisten Konsultationen mit Schwindeldiagnose fanden beim Hausarzt statt, wie das „Ärztemodell“ zeigte. Es gibt keine Daten zur Schwere des diagnostizierten Schwindels. Somit kann keine Assoziation zwischen Ausprägung der Beschwerden und Häufigkeit oder Art des Arztbesuchs analysiert werden. Der einmalige Kontakt bei 49,85 % der Patienten mit Schwindeldiagnosen unterstreicht die Notwendigkeit, dass (Haus-)Ärzte Kenntnisse zur adäquaten Diagnostik und Behandlung besitzen sowie bei unklarer Diagnose oder Persistenz der Beschwerden zu einem Neurologen oder HNO-Arzt überweisen. Dies gilt insbesondere für ländliche Gebiete, in denen der Besuch beim Spezialisten seltener vorkam, wie im Modell der „distanten Versorgung“ gezeigt wurde. Gleichzeitig spiegelt die Inanspruchnahme und die Verteilung der Diagnosen über die Fachgruppen die Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit beim Leitsymptom Schwindel wider. Diese Zahlen zeigen auch, wie wichtig regelmäßige Fortbildung zu diesem häufigen Leitsymptom im Bereich von Hausärzten, aber auch von HNO-Ärzten und Neurologen ist, zumal sich heute in über 90 % der Fälle eine korrekte Diagnose stellen lässt und die Patienten effektiv behandelt werden können [1, 3]. Trotz Alters- und Geschlechtsadjustierung bestand sowohl im „Patientenmodell“ als auch bei der „distanten Versorgung“ regionale Inhomogenität: Die Zahl der Beobachtungen nahm von Norden nach Süden ab. Adjustiert für den BIMD wurde dieses Nord-Süd-Gefälle schwächer. Somit erklären regionale sozioökonomische Unterschiede die weiterhin signifikant bestehende regionale Heterogenität bei Schwindel zwar teilweise, aber nicht vollständig. Nordost-Südwest-Gefälle in Bayern konnten bereits auch bei anderen Gesundheitsthemen, z. B. der Sterblichkeit festgestellt werden [12]. Die Vorteile der Nutzung der KVB-Routinedaten liegen in der Repräsentativität und der hohen Fallzahl. Selektionsfehler durch Nichtteilnahme wie z. B. bei Umfrage-basierten Studien fallen weg. Die Kombination der Daten mit administrativen regionalen Daten eröffnete weitere Analysemöglichkeiten. Nicht abgebildet waren in den KVB-Daten privat versicherte Personen. Die Berücksichtigung des BIMD wirkte einer dadurch bedingten Verzerrung entgegen. Da die Daten von der KVB zu Abrechnungszwecken und nicht zu Forschungszwecken erhoben werden, war zur wissenschaftlichen Nutzung die Beachtung spezifischer Datenschutzbestimmungen notwendig. So sind die Daten nur von begrenzter Granularität hinsichtlich Ortsauflösung (Zusammenfassung von Gebieten), Kategorisierung (Alter), Häufigkeit (Zahl der Besuche innerhalb desselben Quartals und

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Danksagung



Wir danken dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit für die Unterstützung der Arbeit (Förderungsnr. 15c-G8002-2010/19-4). Außerdem danken wir Herrn Dr. Paul MacNeilage für das Redigieren des englischen Abstracts.

Institute Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie (IBE), Medizinische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München 2 Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Neuherberg 3 Kassenärztliche Vereinigung Bayerns 4 Deutsches Schwindelzentrum – Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum für Schwindel, Gleichgewichts- und Augenbewegungsstörungen (IFBLMU) 5 Neurologische Klinik, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Campus Großhadern 1

Literatur 1 Brandt T, Dieterich M, Strupp M. Vertigo – Leitsymptom Schwindel. 2. Auflage. Heidelberg: Springer Medizin, 2012 2 Neuhauser HK, Radtke A, von Brevern M et al. Burden of dizziness and vertigo in the community. Arch Intern Med 2008; 168: 2118–2124. Erratum in: Arch Intern Med 2009; 169: 89 3 Strupp M, Brandt T. Leitsymptom Schwindel: Diagnose und Therapie. Dtsch Arztebl 2008; 105: 173–180 4 Mitgliederstatistik KM6 des Bundesministeriums für Gesundheit (Stand 01.07.2008). http://tinyurl.com/km6statistik [14] 5 Maier W, Fairburn J, Mielck A. Regionale Deprivation und Mortalität in Bayern. Entwicklung eines „Index Multipler Deprivation“ auf Gemeindeebene. Das Gesundheitswesen 2012; 74: 416–425 6 Kuznetsov L, Maier W, Hunger M et al. Associations between regional socioeconomic deprivation and cancer risk: analysis of populationbased cancer registry data from Bavaria, Germany. Prev Med 2011; 53: 328–330 [Epub 2011] 7 Fahrmeir L, Kneib T, Lang S. Regression – Modelle, Methoden und Anwendungen. Berlin, Heidelberg: Springer; 2007 8 Rue H, Held L. Gaussian Markov random fields – theory and applications. Boca Raton: Chapman & Hall; 2005 9 Wood SN. Fast stable direct fitting and smoothness selection for generalized additive models. J R Stat Soc Series B Stat Methodol 2008; 70: 495–518 10 Hothorn T, Bretz F, Westfall P. Simultaneous inference in general parametric models. Biom J 2008; 50: 346–363. Review 11 R Core Team. R – A language and environment for statistical computing. R Foundation for Statistical Computing 2011. http://www.Rproject.org/ 12 Kuhn J, Zirngibl A, Wildner M et al. Regionale Sterblichkeitsunterschiede in Bayern. Das Gesundheitswesen 2006; 68: 551–556 13 Rückinger S, von Kries R, Pauli S et al. Die Krebsfrüherkennungsuntersuchung für Frauen wird in Regionen mit niedrigerem Haushaltseinkommen seltener in Anspruch genommen – Analyse von Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Das Gesundheitswesen 2008; 70: 393–397 14 Links durch www.tinyurl.com gekürzt

Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Online Supplement



Die Webtabellen sind online unter http://tinyurl.com/schwindel [14] verfügbar.

Rieger A et al. Versorgungssituation von Patienten mit … Gesundheitswesen 2014; 76: e32–e38

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derselben Fachgruppe unbekannt) und Nachverfolgbarkeit bei Versicherungswechsel [13]. ICD-10-Codes sind nur begrenzt geeignet, die klinisch gängigen Schwindeldiagnosen abzubilden: Der Vergleich der Diagnose▶ Tab. 1) mit den häufigsten Diagdaten entsprechend ICD-10 (● nosen aus dem Deutschen Schwindelzentrum in München (Webtab. 4) zeigt, dass entweder die Diagnosestellung oft nicht korrekt ist und/oder dass die Kodierung nach ICD-10 die tatsächlichen Diagnosen nicht korrekt abbildet. Dabei ist zu beachten, dass Schwindeldiagnosen in den Routinedaten auch als Nebendiagnosen gestellt werden können. Im Schwindelzentrum sind sie meist Ursache für den Besuch. Zudem gehen nicht alle betrachteten ICD-10-Diagnosen notwendigerweise mit Schwindel einher (Bsp. Polyneuropathie), was die darauf basierende Prävalenzschätzung nach oben verzerren würde. Gegenteilige Auswirkungen haben Patienten mit Schwindel, die eine ICD-10Kodierung erhalten haben, die hier nicht betrachtet wurde. Insgesamt ist die Analyse von Versorgungsdaten komplex, da sie verschiedene Einflüsse in unterschiedlichen Kontexten berücksichtigen muss, wie z. B. Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen, Infrastruktur und räumliche Aspekte. Die Verwendung von spezifischen multivariaten Regressionsverfahren und die korrekte Interpretation ihrer Ergebnisse ist hierbei von großer Bedeutung. Vor allem die korrekte Darstellung und Interpretation regionaler Informationen sind für die Optimierung von Versorgungsstrukturen relevant. Das hier angewendete Multilevel-Verfahren gestattet die Darstellung räumlicher Effekte auf die Häufigkeit von Arztbesuchen, sowie die Berücksichtigung anderer Einflüsse wie Arztdichte, Entfernung, Alter oder soziales Umfeld und ist daher ein äußerst hilfreiches Verfahren für die Analyse regionaler Versorgungssituationen. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Studie ist es möglich, eine Cluster-randomisierte Studie zu planen, welche durch verschiedene Interventionsansätze (Aufklärung der Bevölkerung, gezielte Weiterbildung ansässiger Ärzte, usw.) effektive Strategien zur Verbesserung der Versorgungssituation identifizieren könnte.

[Management of patients with the cardinal symptom dizziness or vertigo].

Vertigo and dizziness are common symptoms leading patients to consult a physician. The nationally representative "2003 Health Survey" depicts the epid...
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