244 Der interessante Fall

Falldarstellung



Anamnese

Der 52-jährige Patient hatte sich beim niedergelassenen HNO-Arzt wegen rezidivierender Erkältungen vorgestellt. Im Rahmen der Untersuchung war eine Neubildung im linken äußeren Gehörgang festgestellt und der Patient in die Universitätsklinik überwiesen worden. In der eingehenden Befragung gab der Pa­tient an, seit einigen Monaten an einem Völlegefühl sowie einer neuen, geringgradigen Hörminderung links zu leiden. Voroperationen oder eine Otorrhoe verneinte der Patient. Ebenso verspürte er keine Schmerzen. Eine B-Symptomatik lag nicht vor.

Befund

In der Ohrmikroskopie zeigte sich ein zystisch-blasig anmutender, mit ver­ mehrten Gefäßen durchzogener und himbeerartiger Tumor, der von der Gehörgangsvorderwand im Bereich des tympanomeatalen Winkels auszugehen schien und nahezu den gesamten Gehör▶  Abb. 1). Die umgebene gang verlegte (  ● Gehörgangshaut zeigte eine leichte Rötung. Der einsehbare, hintere Anteil des Trommelfells war reizlos. Der Versuch nach Weber wurde links lateralisiert. In der Tonaudiometrie zeigte sich ein symmetrischer Hochtonsteilabfall mit einer Schallleitungskomponente von 15–20 dB links zwischen 250 Hz und 2 kHz. Eine CT des Felsenbeins wurde veranlasst und erbrachte eine 10 × 5 mm große, weichteildichte Raumforderung im äußeren Gehörgang mit Kontakt zum Trommelfell ohne abgrenzbare Knochenarrosion ▶  Abb. 2 und  3). ( ●

Hautdefekt wurde mit Spalthaut von ­retroaurikulär gedeckt.

Diagnose

Die histologische Aufarbeitung des Präparats ergab plattenepithelial überkleidetes Weichteilgewebe mit Akanthose und vollständiger Ausreifung. Im Unterhautgewebe fand sich ohne Kontakt zum überkleidenden, vollständig ausreifenden Plattenepithel eine zystische Läsion mit Auskleidung durch ein arborisierendes Epithel. Zum Lumen hin zeigten sich apokrin differenzierte Zellen mit eosinophilem Zytoplasma und bisweilen apikaler Zytoplasmaabschnürung. Das umgebende Stroma war fibrosiert mit lymphoplasmazellulärer Infiltration. Es wurde die Diagnose eines Hidradenoma papilliferum (HP) mit umgebender chronischer

Abb. 1  Gehörgangstumor links, präoperativ; Pfeil = Trommelfell.

Verlauf

Nach Ablauf von 3 Wochen erfolgte die Entfernung der Gehörgangstamponade. Es zeigten sich ein guter Einheilungszustand der Spalthaut sowie ein intaktes, ▶  Abb. 4). reizloses Trommelfell ( ● Die Schallleitungsschwerhörigkeit hatte sich zurückgebildet.

Diskussion



Das Hidradenoma papilliferum ist ein gutartiger Tumor der von den apokrinen Drüsen der Haut ausgeht (Fernandez-­ Acenero et al., Am J Dermatopathol 2003; 25: 176–178). Im äußeren Gehörgang werden diese als Zeruminaldrüsen bezeichnet. Die Neubildung wird auch als Syringocyst­ adenoma papilliferum bezeichnet und gehört zu den Adnextumoren. Der Tumor tritt vermehrt im Anogenitaltrakt, im Lidbereich, im Bereich der Brustwarzen

Abb. 3  Koronare Rekonstruktion.

Therapie

In Allgemeinanästhesie wurde der linke Gehörgang über einen retroaurikulären Zugang exponiert und die Neubildung vollständig exzidiert. Dabei blieb das Trommelfell intakt. Zusätzlich wurde eine Tympanoskopie durchgeführt, in der eine anderweitige Ursache für eine Schallleitungsschwerhörigkeit ausgeschlossen werden konnte. Die Mittelohrschleimhaut stellte sich reizlos dar. Der

Abb. 2  Axialer CT-Scan, Pfeil = Tumor.

Abb. 4  Z. n. Entfernung des Hidradenoma papilliferum.

Boeßert P, Mewes T. Unsichere Neubildung des äußeren …  Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 244–245 ∙ DOI  10.1055/s-0034-1394389

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Unsichere Neubildung des äußeren Gehörgangs

Entzündung gestellt. Ein Hinweis für ­Malignität ergab sich nicht.

Der interessante Fall 245 Exzision und histopathologischen Aufarbeitung. Da im Allgemeinen die Ausgangssituation eines unklaren Gehörgangstumors vorliegt, empfiehlt sich eine präoperative hochauflösende RCT des Felsenbeins zur Darstellung des Prozesses (White et al., Clin Radiol 2012; 67: 172– 181). Dabei können erste Rückschlüsse auf die Dignität anhand des Vorhandenseins einer Knochenarrosion und Ausbreitung in benachbarte Strukturen gewonnen werden. Für die Abschätzung und Planung der Ausdehnung der Operation ist die CT sinnvoll. In jedem Fall muss eine histopathologische Aufarbeitung zur Klärung der Entität erfolgen (London et al., J Clin Pathol 2012; 65: 819–822). Das Risiko eines Rezidivs ist gering, wes-

wegen Kontrollen in langfristigem Abstand empfohlen werden können.

Fazit für die Praxis



Jeder klinisch nicht sicher zu bewertende Gehörgangstumor sollte einer histopathologischen Untersuchung zugeführt werden. Bei unsicherer Ausdehnung empfiehlt sich die präoperative CT-Untersuchung.

Interessenkonflikt: Kein Interessenkonflikt angegeben. Patrick Boeßert, Torsten Mewes; HNO-Heilkunde, Universitätsmedizin Mainz

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und in Körperregionen mit erhöhter Anzahl apokriner Drüsen auf. Im Genitaltrakt wird ein Zusammenhang mit brust­ ähnlichen Drüsen diskutiert. Das Auftreten dieser Entität im äußeren Gehörgang ist eine Rarität und wurde bisher ca. 14-Mal beschrieben (Lee et al., J Laryngol Otol 2005; 119: 1004–1006). Über eine Entartung in ein Syringocystadenocarcinoma papilliferum wurde berichtet (Arslan et al., J Craniofac Surg 2013; 24: e38–e40). Für diese Entität liegen ca. 23 Fallberichte vor, wobei die Ausprägung als Adenokarzinom oder Plattenepithelkarzinom vorliegen kann und dementsprechend verschiedene Behandlungsstrategien beschritten werden. Die Therapie des HP besteht in der vollständigen

Boeßert P, Mewes T. Unsichere Neubildung des äußeren …  Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 244–245 ∙ DOI  10.1055/s-0034-1394389

[Mass of the external auditory canal of uncertain etiology].

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