Editorial 73

Psychische Störungen und Rehabilitation

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0035-1548806 Rehabilitation 2015; 54: 73 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0034-3536 Korrespondenzadresse Dr. Rolf Buschmann-Steinhage Deutsche Rentenversicherung Bund Bereich Reha-Wissenschaften 10704 Berlin rolf.buschmann-steinhage@ drv-bund.de

Psychische Störungen sind heute ein aktuelles Thema der Diskussionen in Wissenschaft und Fachöffentlichkeit, in Politik und Medien. Ihre Bedeutung für Rehabilitation und Erwerbsmin­ derung ist und bleibt hoch, ungeachtet der Tatsa­ che, dass es kaum Belege für einen realen Anstieg der Prävalenz der psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung gibt. Auch das diesjährige Reha­ bilitationswissenschaftliche Kolloquium der Deutschen Rentenversicherung und der Deut­ schen Gesellschaft für Rehabilitationswissen­ schaften (DGRW) greift die Diskussion mit dem Rahmenthema „Psychische Störungen – Heraus­ forderungen für Prävention und Rehabilitation“ auf. Die wachsende Bedeutung von psychischen Störungen für Rehabilitation und Erwerbsminde­ rung hat die Deutsche Rentenversicherung im letzten Jahr dazu bewogen, ihre Standpunkte und Strategien in einem umfassenden Positionspa­ pier zusammenzufassen. Die Krankenversiche­ rung und die Bundespsychotherapeutenkammer haben ebenfalls Vorschläge zur Verbesserung der Versorgungssituation veröffentlicht. Wirkliche Fortschritte werden sich nur erreichen lassen, wenn die verschiedenen Akteure in die­ sem Feld zusammenarbeiten. Der Beitrag von Scheidt et al. betrachtet dazu den Zugang in die psychosomatische Rehabilitation, konkret den Übergang von der ambulanten oder stationären Behandlung im Krankenhaus in eine Einrichtung zur psychosomatisch-psychotherapeutischen Re­ habilitation. Von den mehr als 500 in die Studie eingeschlossenen Patientinnen und Patienten ­erhielt nur eine Minderheit (rund 10 %) die Emp­ fehlung zu einer medizinischen Rehabilitation. Bei einer Befragung nach 3 Monaten hatte bei nur einem Patienten die Rehabilitation bereits be­ gonnen. Die Autoren konstatieren eine nur geringe Durchlässigkeit der Schnittstelle zwischen den betrachteten Versorgungssystemen und listen mögliche Gründe dafür auf. Mit einer Vielzahl von Problemen sind Menschen konfrontiert, die an einem Parkinson-Syndrom leiden, einer der häufigsten degenerativen Er­ krankungen des zentralen Nervensystems. Bujan et al. gehen auf die wichtigsten sozialmedizini­ schen Probleme bei dieser Krankheit ein, von der Schwerbehinderung über die Erwerbsminderung und Fahrtauglichkeit bis zur Pflegebedürftigkeit und (gesetzlichen) Betreuung. Neben einer ange­ messenen medikamentösen Therapie braucht es Rehabilitation, und zwar als Reha vor Rente, Reha vor Pflege und Reha in der Pflege. 3 Fallbeispiele veranschaulichen das. Söhngen et al. stellen in

ihrem Beitrag die Auswirkungen des Kurzdarm­ syndroms dar, das häufig bei einem Ileostoma auftritt. Die Diskussion zur Nutzung der ICF als gemeinsame Sprache der Akteure in der medizinischen und beruflichen Rehabilitation (vgl. Beitrag der DVfR im Heft 1/2015) ergänzen Kirschneck et al. mit einer Analyse zum Einsatz von ICF Core Sets bei Gutachten zur Leistungsfähigkeit im Erwerbs­ leben. Exemplarisch wird dies bei chronischen Rückenschmerzen und dem generalisierten Schmerzsyndrom untersucht. Dabei zeigt sich, dass die wesentlichen Inhalte der Gutachten durch eine Kombination von einem kurzen krankheitsspezifischen Core Set und speziellen Core Sets für die berufliche Rehabilitation sowie für die Evaluierung von Behinderung abgebildet werden können. Die Ergebnisse könnten Grund­ lage sein für die Entwicklung eines ICF Core Sets, das speziell für die sozialmedizinische Begutach­ tung bei Anträgen auf Erwerbsminderungsren­ ten der Rentenversicherung geeignet ist. Der Beitrag von Farin und Hauer ist sowohl ­inhaltlich als auch methodisch interessant. Die Autoren beschreiben einerseits, wie das Rehabili­ tationskonzept AOK-proReha bei Patientinnen und Patienten nach Hüft- oder Kniegelenkersatz wirkt, und stellen andererseits dar, wie das Pro­ pensity-Score-Matching zur Bildung einer Kont­ rollgruppe eingesetzt werden kann. 2 weitere Beiträge in diesem Heft beschäftigen sich mit Ansätzen, Patientinnen und Patienten in der Rehabilitation zu stärken. Ullrich et al. setzen auf der Ebene des Einzelnen an und beschreiben die Entwicklung und formative Evaluation einer Patientenschulung „Aktiv in der Reha“, die deren Gesundheitskompetenz stärken soll. 4 Module sprechen 3 zentrale Themen an. Bobzien und Tro­ jan zielen auf die Einrichtungsebene und be­ schreiben einen Modellversuch, der 5 Kriterien für Selbsthilfefreundlichkeit als Element patien­ tenorientierter Rehabilitation entwickelte und in 2 Pilotkliniken erprobte. Der Beitrag zur Fort- und Weiterbildung (CME) „Rehabilitation bei Darmerkrankungen“ von Poll­ mann greift ein wichtiges Thema der gastroen­ terologischen Rehabilitation auf. Der Überblicks­ artikel geht auf die Indikation zur Rehabilitation und häufige Funktions-, Aktivitäts- und Teilhabe­ störungen ebenso ein wie auf die rehabilitations­ spezifische Diagnostik und die Interventionen in der Rehabilitation. Ihre Herausgeber

Buschmann-Steinhage R. Psychische Störungen und Rehabilitation.  Rehabilitation 2015; 54: 73 

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Mental Disorders and Rehabilitation

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