Übersicht

Mittlere gastrointestinale Blutung – die Endoskopie bringt Licht ins Dunkel Mid-Gastrointestinal Bleeding – Endoscopy Sheds Light in the Darkness

Autor

A. May

Institut

Klinik für Innere Medizin II: Gastroenterologie, Hepatologie, Endokrinologie, Pneumologie, HSK Wiesbaden, Deutschland

Schlüsselwörter " mittlere gastrointestinale l Blutung " Enteroskopie l " Dünndarmendoskopie l " Kapselendoskopie l " Doppelballonenteroskopie l " intraoperative Enteroskopie l

Zusammenfassung

Abstract

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Die mittlere gastrointestinale Blutung (MGI) ist als eine Blutung definiert, deren Blutungsquelle im Dünndarm lokalisiert ist, und stellt die häufigste Indikation zur Dünndarmendoskopie dar. Die intraoperative Enteroskopie galt über Jahrzehnte als Goldstandard. Mit Einführung der Dünndarmendoskopietechniken spielen diese heutzutage die zentrale Rolle, während die intraoperative Enteroskopie ein Reserveverfahren für selektionierte Patienten geworden ist. Aktuell stehen neben der rein diagnostischen Kapselendoskopie 5 nichtchirurgische flexible Enteroskopietechniken zur Verfügung. In Deutschland und Europa werden hauptsächlich die ballonassistierten Enteroskopietechniken (Doppelballon- und Singleballonenteroskopie) eingesetzt. Die Doppelballonenteroskopie (DBE) wurde als erste flexible Enteroskopietechnik eingeführt und hat sich weltweit etabliert. Für die DBE stehen die meisten Studienergebnisse zur Verfügung und sie ist die Technik mit der höchsten Rate an kompletten Enteroskopien. Dennoch sind technische Weiterentwicklungen, welche die Dünndarmendoskopie schneller und einfacher machen, wünschenswert. Bei Patienten mit chronischer MGI oder problematischen Patienten empfiehlt sich die Kapselendoskopie als Screeningverfahren. Bei der akuten MGI ist der flexiblen Enteroskopie aufgrund der hohen diagnostischen Ausbeute und der endoskopischen Therapiemöglichkeit der Vorzug zu geben. In problematischen Fällen oder wenn endoskopisch kein Erfolg zu erzielen ist, haben diagnostisch die CT-Angiografie und therapeutisch die konventionelle Angiografie mit Embolisation ihren Stellenwert.

Mid-gastrointestinal bleeding is defined as a bleeding of the small bowel and is the most common indication for small bowel endoscopy. Intraoperative enteroscopy has been regarded as gold standard for a long time. With the introduction of different endoscopy techniques, they play now the central role, whereas intraoperative enteroscopy has become a reserve method for selected patients. Actually, there are, beside capsule endoscopy, five non-surgical, flexible enteroscopy techniques available. In Germany and Europe balloon-assisted enteroscopy (double balloon and single balloon enteroscopy) is mainly used. Double balloon enteroscopy (DBE) is the “oldest” flexible enteroscopy technique and has become established throughout the world for diagnostic and therapeutic examinations of the small bowel. The majority of the studies have been performed with DBE and it provides the highest rate of complete enteroscopy. Nevertheless, technical improvements to make enteroscopy easier and faster are still required. In patients with chronic MGI or problematic situations capsule endoscopy is an ideal screening option. In case of acute MGI the flexible enteroscopy techniques should be preferred because of the high diagnostic yield combined with the possibility of endoscopic therapeutic interventions. In difficult cases with unsuccessful enteroscopy, CT angiography and conventional angiography with the option of embolisation had proved their value.

Key words " mid‑gastrointestinal l bleeding " enteroscopy l " small bowel endoscopy l " capsule endoscopy l " double balloon enteroscopy l " intraoperative enteroscopy l

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1360120 Online-publiziert 7. 1. 2014 Zentralbl Chir 2014; 139: 406–410 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0044‑409X Korrespondenzadresse Prof. Andrea May Klinik für Innere Medizin II: Gastroenterologie, Hepatologie, Endokrinologie, Pneumologie HSK Wiesbaden Ludwig-Erhard-Straße 100 65199 Wiesbaden Deutschland Tel.: 06 11/43 10 51 Fax: 06 11/43 24 18 [email protected]

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Einleitung

Intraoperative Enteroskopie

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Mit Einführung der Dünndarmendoskopie in Form der Kapselund Doppelballonenteroskopie vor mehr als 10 Jahren hat sich auch die Terminologie der gastrointestinalen Blutung verändert. Wurde früher nur zwischen einer oberen und unteren gastrointestinalen Blutung unterschieden und alle Blutungen jenseits des Treitz-Bandes dem unteren GI-Trakt zugeordnet, unterscheidet man heutzutage zwischen einer oberen, mittleren und unteren GI-Blutung. Die mittlere gastrointestinale Blutung steht damit als Synonym für Dünndarmblutung. Die MGI stellt die häufigste Indikation für eine Dünndarmendoskopie dar [1, 2]. Vor Einführung der Dünndarmendoskopietechniken war die intraoperative Enteroskopie die einzige Möglichkeit, den Dünndarm einzusehen und war über Jahrzehnte der Goldstandard. Heutzutage stellt die intraoperative Enteroskopie nur noch ein Reserveverfahren für selektionierte Patienten dar, während die endoskopischen Dünndarmtechniken eine zentrale Rolle einnehmen. Im Folgenden sollen die verschiedenen verfügbaren Techniken vorgestellt werden. Komplexe Fälle sind allerdings weiterhin ein interdisziplinäres Problem, was Endoskopiker, Radiologen und Chirurgen gemeinsam lösen müssen.

Die intraoperative Enteroskopie oder heutzutage auch laparoskopisch assistierte Enteroskopie erfolgt in Zusammenarbeit von Endoskopiker und Chirurg. Die Enteroskopie wird entweder von oral oder über eine Dünndarminzision im Rahmen einer Laparotomie durchgeführt. Der Vorteil liegt in der hohen Rate an kompletten Enteroskopien durch die chirurgische Mithilfe und die Möglichkeit der gleichzeitigen chirurgischen Therapie, wenn diese erforderlich ist. Der Nachteil liegt in dem hohen Personalaufwand, bestehend aus dem endoskopischen, dem anästhesiologischen und chirurgischen Team. Zudem besteht v. a. bei der im Rahmen einer Laparotomie erfolgten Enteroskopie eine Morbidität um die 20 % mit einer großen Streubreite von 3 bis 42% und einer Mortalität bis zu 5 %. Ein wesentlicher Risikofaktor ist hier sicher das oft betagte und multimorbide Patientengut [8–10].

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Der Begriff mittlere GI-Blutung (MGI) wurde von unserer Arbeitsgruppe eingeführt und umfasst alle Blutungen, die in dem Bereich von der Papille bis zur Ileozökalklappe lokalisiert sind [3]. Die MGIs machen etwa 5% aller gastrointestinalen Blutungen aus. Der Begriff der obskuren gastrointestinalen Blutung, der früher als Synonym für die Dünndarmblutung verwendet wurde, bezeichnet heutzutage tatsächlich nur die gastrointestinalen Blutungen, deren Blutungsquelle auch nach Einsatz aller endoskopischen Möglichkeiten, d. h. Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD), Koloskopie und Dünndarmendoskopie, unklar bleibt. Der Blutungstyp wird in okkult und overt unterteilt. Eine okkulte Blutung ist als makroskopisch nicht sichtbare Blutung definiert. Der Blutnachweis erfolgt in diesem Falle über Stuhltests wie z. B. den Haemoccult® oder immunologische Stuhltests. Der Verdacht auf eine overte MGI besteht dann, wenn bei einem Patienten Meläna und/oder Hämatochezie auftritt, ohne dass durch die ÖGD und die Koloskopie eine Blutungsquelle gefunden werden kann. Mit Erschließung des Dünndarms für endoskopische Techniken sind früher häufig verwendete Verfahren wie die Blutpoolszintigrafie oder der klassische Dünndarm-Sellink nicht nur überflüssig, sondern aufgrund ihrer niedrigen Sensitivität als obsolet zu betrachten. Die einzige Ausnahme stellt die Meckel-Szintigrafie dar. Auf radiologischer Seite spielen diagnostisch die CT-Angiografie mit einer Sensitivität von 55 bis 75 % eine Rolle [4–6]. Therapeutisch kommt bei schweren Blutungen, die als Blutungen ab etwa 0,5– 1 ml/min oder 3–4 Erythrozytenkonzentate/Tag definiert sind, die konventionelle Angiografie mit Embolisationsverfahren zum Tragen. Die primäre Hämostaserate variiert zwischen 40 und 100 % – je nach Ausmaß der Blutung und Erfahrung des Radiologen; die Rezidivblutungsrate muss mit bis zu 40 % veranschlagt werden. Die Rate an schwerwiegenden Komplikationen wie z. B. Darmischämie liegt bei < 5%. [6, 7].

Flexible Dünndarmendoskopie !

Etwa 10 Jahre sind seit Einführung der Kapselendoskopie, die erstmals die endoskopische Beurteilung des Dünndarms erlaubte, vergangen. Inzwischen ist der technische Fortschritt im Bereich der flexiblen Dünndarmendoskopie weit vorangeschritten und es stehen derzeit 5 nichtchirurgische Techniken der Dünndarmendoskopie zur Verfügung: die Push-Enteroskopie (PE), die ballongeführte Enteroskopie (BGE), die ballonassistierten Enteroskopien (BAE) mit entweder 2 Ballons (Doppelballonenteroskopie, DBE) oder 1 Ballon (Singleballonenteroskopie, SBE) und die Spiralenteroskopie (SE). Grundsätzlich werden für die Durchführung der Enteroskopie ein Enteroskop, ein passender Übertubus und bei den Ballonenteroskopien eine sogenannte Luftinsufflationseinheit kombiniert. Da einerseits die Eindringtiefen der Push-Enteroskopie und der BGE limitiert sind, andererseits die für die SE notwendigen Übertuben derzeit in Europa nicht zur Verfügung stehen, konzentrieren sich das Interesse und die klinische Anwendung – zumindest in Deutschland und Europa – auf die ballonassistierten Enteroskopieverfahren (DBE, SBE) und die Kapselendoskopie, die in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden.

Kapselendoskopie !

Die Kapselendoskopie hat die Dünndarmdiagnostik revolutioniert, da erstmals eine endoskopische Beurteilung des Dünndarms mit einem nicht invasiven Verfahren ermöglicht wurde [11]. Aktuell stehen in Deutschland 4 kommerzielle Kapselendoskopiesysteme zur Verfügung (PillCam, Given Imaging, Yoqneam, Israel; EndoCapsule, Olympus Europe GmbH, Hamburg, Deutschland; OMOM, Chongqing Jinshan Science, Beijing, China; MiroCam, IntroMedic, Seoul, Korea). Bei Beachtung der Kontraindikationen wie z. B. Stenosen ist die Komplikationsrate der Kapselendoskopie vernachlässigbar und aufgrund der einfachen Handhabung ambulant durchführbar. Allerdings handelt es sich um ein rein diagnostisches Verfahren, das nicht die Möglichkeit der Histologiegewinnung und therapeutischen Intervention bietet. Aufgrund der fehlenden Luftinsufflation und Spülmöglichkeit können die Sichtverhältnisse durch Blasen, trübe Flüssigkeit oder auch Blut eingeschränkt sein. Die Kapselendoskopie eignet sich deshalb hervorragend als Screeningmethode bei chronischen Blutungen oder bei Problempatienten wie z. B. bei Antikoagula-

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Mittlere gastrointestinale Blutung

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Abb. 2 Prinzip der Push-and-Pull-Technik mit dem DBE-System [17]; gelbe, rechteckige Symbole stehen für deflatierte Ballons; runde, orange Symbole für inflatierte Ballons.

Abb. 1 Doppelballonenteroskop.

tionspflichtigkeit oder schlechtem Gerinnungsstatus. Bei richtiger Patientenselektion kann man für die MGI eine diagnostische Ausbeute von etwa 65% veranschlagen [12].

von dem Patientengut und ganz besonders von der Erfahrung der Untersucher ab, liegen im Schnitt bei etwa 45 %, können aber bis zu 90% gehen [18, 20, 21].

Singleballonenteroskopie (SBE) Push-Enteroskopie (PE) !

Push-Videoenteroskope sind zwischen 200 und 250 cm lang (abhängig vom Typ und Hersteller) und können mit einem Übertubus (85–120 cm) eingesetzt werden, der eine Schleifenbildung im Magen verhindert und deshalb eine bessere Eindringtiefe ermöglicht [13, 14]. Die Hauptvorteile der PE liegen in der Einfachheit und Schnelligkeit der Durchführung, dem wiederverwendbaren Übertubus und den fehlenden Zusatzsystemen wie z. B. einem Ballonpumpensystem und damit der Kostengünstigkeit. Dennoch bleibt die Eindringtiefe auch mit Verwendung eines Übertubus auf das proximale Jejunum beschränkt, d. h. tiefere Darmabschnitte sind mit dieser Methode nicht zugänglich [14, 15]. Mit Etablierung der Ballonenteroskopien wurde der Einsatz der PE vielerorts aufgegeben.

Ballonassistierte Enteroskopie (BAE)

Die Singleballonenteroskopie ist vom Prinzip der DBE vergleichbar, wurde aber als Vereinfachung der DBE eingeführt (Olympus Optical Co., Tokyo, Japan). Das Enteroskop (XSIF Q160Y or SIFQ180) besteht ebenso aus einem hochauflösenden Videoendoskop mit einer Arbeitslänge von 200 cm. Im Gegensatz zur DBE ist nur der Übertubus mit einem Ballon ausgestattet. Die Stabilisierung der Enteroskopposition während des Übertubusvorschubs kann nun nicht durch den 2. Ballon gewährleistet werden, sondern muss durch Abwinkelung der Endoskopspitze oder durch Saugung erfolgen [22, 23]. Das Prinzip der SBE funktioniert wie bei der DBE nach dem Push-and-Pull-Prinzip. Auch das DBESystem kann als Singleballonverfahren angewendet werden, indem man auf die Montage des Ballons an der Endoskopspitze verzichtet [24]. Bezüglich der kompletten Enteroskopierate und der therapeutischen Konsequenzen der Enteroskopie für das Patientenmanagement hat sich die SBE klar der DBE als unterlegen gezeigt; die diagnostische Ausbeute war je nach Definition der DBE vergleichbar oder unterlegen [19, 25].

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Doppelballonenteroskopie (DBE) Die Doppelballonenteroskopiesysteme (Fujinon, Inc., Saitama, Japan) bestehen aus hochauflösenden Videoendoskopen mit einer Arbeitslänge von 200 cm und einem flexiblen Übertubus aus Polyurethan mit einer Länge von 145 mm und einem Durchmesser von 12 und 13 mm. Ballons sind an der Spitze des Endoskops " Abb. 1). Die Insufflation und und am Übertubus angebracht (l Desufflation erfolgt mittels eines Handgriffs unter Steuerung über eine druckkontrollierte Pumpe. Aktuell sind 3 verschiedene Doppelballonendoskope verfügbar (EN450-P5, EN450-T5, EC450-BI5). Das Prinzip der DBE beruht auf der sogenannten " Abb. 2). Push-and-Pull-Technik (l Durch alternierende Vorschub- und Rückzug-Manöver und alternierende Inflation und Deflation der Ballons wird der Dünndarm auf dem Übertubus aufgefädelt [16, 17]. Je nach Patientenselektion können diagnostische Ausbeuten mit therapeutischer Konsequenz von etwa 60 bis 80 % erreicht werden [1, 2, 14, 18–20]. Die kompletten Enteroskopieraten hängen

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Komplikationen !

Die meisten Daten existieren für die DBE mit mehreren Tausend Untersuchungen wie z. B. die beiden deutschen DBE-Register mit zusammen über 6000 Untersuchungen, einer amerikanischen Datensammlung von etwa 2500 DBEs und einer europäischen mit etwa 2400 DBEs. Basierend auf den publizierten Daten, kann das Risiko relevanter Komplikationen auf etwa 1% veranschlagt werden [20, 26–30]. Die schwerste Komplikation der diagnostischen DBE ist die Pankreatitis mit einem Risiko von etwa 0,3%. Wie bei der konventionellen Endoskopie auch liegt das Komplikationsrisiko bei therapeutischen Interventionen höher und beläuft sich auf etwa 3–4 %. Die Datenlage für die SBE und SE ist deutlich dünner, es scheint aber bezüglich der SBE keine größeren Unterschiede zur DBE zu geben. Die SE erscheint aufgrund ihres größeren und steiferen Übertubus etwas traumatischer [21, 30].

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Abb. 3 Akute Blutung aus einer Dieulafoy-Läsion.

Abb. 4 Akute Blutung aus einem Dünndarmkarzinom.

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Es besteht hierzulande kein Zweifel, die ÖGD und Koloskopie bei einem Patienten mit gastrointestinaler Blutung notfallmäßig einzusetzen, um eine Blutungsquelle zu lokalisieren und gegebenenfalls endoskopisch zu therapieren. Nachdem nun in den letzten Jahren auch der Dünndarm der Endoskopie zugänglich gemacht werden konnte, stellt sich die Frage, ob die Enteroskopie ebenso notfallmäßig bei entsprechenden Fällen eingesetzt werden kann oder sogar muss. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es sich um ein deutlich aufwendigeres Verfahren im Vergleich zur ÖGD oder Koloskopie handelt. Bis heute gibt es keine größeren Studien zu diesem Thema, sondern lediglich Kasuistiken oder Fallserien mit bis zu 10 Patienten, die mittels DBE untersucht wurden [31]. Bemerkenswert ist, dass bei Patienten mit overter mittlerer GI-Blutung die diagnostische Ausbeute mit etwa 90% sehr hoch ist und in den meisten Fällen eine endoskopische Intervention erfolgreich die Blutung stillen konnte, was unserer eigenen Erfahrung mit > 2000 Enteroskopien entspricht. Für die endoskopische Blutstillung stehen alle Verfahren, die wir von der konventionellen Endoskopie kennen, zur Verfügung, d. h. Injektionsnadeln, Argonplasmakoagulation und Clip. Bei den Blutungsquellen handelt es sich meistens um Blutungen aus Gefäßmalformationen oder klassischen Ulzera – oft in Kombination mit der Einnahme von gerinnungshemmenden Substanzen, um Tumorblutungen oder Blutungen aus einer Dieulafoy-Läsion " Abb. 3–5). Das Besondere bei Blutungen aus einer Dieulafoy(l Läsion ist, das diese nur während der akuten Blutungsphase detektiert und therapiert werden können, was eine zeitnahe Enteroskopie erfordert. Auch Dünndarmdivertikelblutungen sind beschrieben. Es gibt derzeit keine einheitliche Definition für die „Notfallenteroskopie“. In einer kasuistischen Fallserie wurde die Enteroskopie als Notfallenteroskopie klassifiziert, wenn die DBE innerhalb

von 24 h nach Vorstellung in der entsprechenden Endoskopieeinheit durchgeführt wurde [31]. Entscheidend für die Versorgung von Patienten mit akuter mittlerer GI-Blutung ist die Erfahrung des Endoskopieteams sowohl mit akuten Blutungen als auch mit der Enteroskopie. Da die Enteroskope länger sind, schmälere Arbeitskanäle haben und der Weg zur Blutungsquelle in der Regel weiter ist als bei der ÖGD oder Koloskopie, spielt die Erfahrung des Endoskopikers und seiner Assistenz eine ganz wesentliche Rolle. Zudem muss sowohl eine entsprechende intensivmedizinische als auch eine radiologische und chirurgische Versorgungsmöglichkeit gegeben sein, um diese Patienten optimal behandeln zu können. Gelingt es nicht, die Blutungsquelle zu detektieren oder eine erfolgreiche Hämostase zu erreichen, sind im nächsten Schritt je nach Befund die interventionell tätigen Radiologen gefordert, die mittels CT-Angiografie diagnostisch und mittels konventioneller Angiografie inklusive Embolisationsverfahren therapeutisch tätig werden können [4–6]. Die intraoperative Entero" Abb. 6). skopie steht (je nach Befund) am Ende dieser Kaskade (l Stehen die notwendigen Versorgungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung, sollten diese Patienten in Einheiten verlegt werden, die eine entsprechende intensivmedizinische, endoskopische, radiologische und chirurgische Kompetenz bieten können.

Chronische MGI !

Hier ist der erste Schritt immer die Überprüfung der Anamnese und der Notwendigkeit der Wiederholung der ÖGD und Koloskopie, weil in bis zu 20 % allein durch die Wiederholung der ÖGD oder Koloskopie die Blutungsquelle detektiert werden kann und somit eine aufwendige Dünndarmendoskopie verzichtbar ist [32, 33]. Nach negativer ÖGD und Koloskopie ist hier die Kapselendoskopie der nächste diagnostische Schritt. In etwa 80 % sind vaskuläre Läsionen die Ursache für die gastrointestinale Blutung und

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Abb. 6 Algorithmus bei Vorliegen einer MGI.

Abb. 5 Akute Blutung aus einer Angiodysplasie bei einem Patienten mit neu angesetzter Doppelantikoagulation aus kardialer Indikation.

Akute MGI

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konsekutive Anämie, zumindest in der westlichen Hemisphäre. Dass die endoskopische Therapie mittels Argonplasmakoagulation (APC) hier auch im Langzeitverlauf sinnvoll und effektiv ist, konnte inzwischen durch 3 Studien belegt werden [34–36]. In allen Studien wurde gezeigt, dass es zu einer Stabilisierung des Hb-Wertes kam und v. a. der Transfusionsbedarf drastisch von 60 bis 70 % vor APC auf 20% nach APC gesenkt werden konnte. Allerdings muss v. a. bei multiplen Angiodysplasien mit Rezidivblutungen in etwa 40 % gerechnet werden.

Zusammenfassende Wertung !

Mit Einführung der Kapselendoskopie und Doppelballonenteroskopie wurde der Dünndarm endoskopisch erschlossen, wobei die Kapselendoskopie eine wenig belastende Screeningmethode darstellt. Der Hauptvorteil der flexiblen Enteroskopie liegt in der Möglichkeit der Histologiegewinnung und therapeutischen Intervention. Nach mehr als einer Dekade an Erfahrung haben sich die endoskopischen Techniken weltweit etabliert und spielen heutzutage die zentrale Rolle in der Diagnostik und Therapie von MGIs – zumal vaskuläre Läsionen die häufigste Blutungsquelle darstellen und effektiv endoskopisch behandelbar sind. Die radiologischen Verfahren spielen diagnostisch v. a. bei den schweren akuten MGIs eine Rolle. Die klassische Angiografie mit Embolisation hat ihren Platz bei schwerer MGI und fehlendem endoskopischen Hämostaseerfolg. Die intraoperative Enteroskopie stellt heutzutage nur noch ein Reserveverfahren für selektio" Abb. 6). nierte Patienten dar (l

Interessenkonflikt: Die Autorin erhält Vortragshonorare von FujiFilm Inc. Literatur 1 May A, Nachbar L, Ell C. Double-balloon enteroscopy (push-and-pull enteroscopy) of the small bowel: feasibility and diagnostic and therapeutic yield in patients with suspected small bowel disease. Gastrointest Endosc 2005; 62: 62–70 2 Zhong J, Ma T, Zhang C et al. A retrospective study of the application on double-balloon enteroscopy in 378 patients with suspected smallbowel diseases. Endoscopy 2007; 39: 208–215 3 Ell C, May A. Mid-gastrointestinal bleeding: capsule endoscopy and push-and-pull enteroscopy give rise to a new medical term. Endoscopy 2006; 38: 73–75 4 Pasha SF, Hara AK, Leighton JA et al. Diagnostic evaluation and management of obscure gastrointestinal bleeding: a changing paradigm. Gastroenterol Hepatol (NY) 2009; 5: 839–850 5 Lee SS, Oh TS, Kim HJ et al. Obscure gastrointestinal bleeding: diagnostic performance of multidetector CT enterography. Radiology 2011; 259: 739–748 6 Hansmann J, Eichholz J. Radiologische Diagnostik des Dünndarms. Radiologe 2012; 52: 849–866 7 Kwak HS, Han YM, Lee ST et al. The clinical outcomes of transcatheter microcoil embolization in patients with active lower gastrointestinal bleeding in the small bowel. Korean J Radiol 2009; 10: 391–397 8 Hartmann D, Schmidt H, Bolz G et al. A prospective two-center study comparing wireless capsule endoscopy with intraoperative enteroscopy in patients with obscure GI bleeding. Gastrointest Endosc 2005; 61: 826–832 9 Bonnet S, Douard R, Malamut G et al. Intraoperative enteroscopy in the management of obscure gastrointestinal bleeding. Dig Liver Dis 2013; 45: 277–284 10 Aktas H, Mensink PB. Small bowel diagnostics: current place of small bowel endoscopy. Best Pract Res Clin Gastroenterol 2012; 26: 209–220 11 Iddan G, Meron G, Glukhovsky A et al. Wireless capsule endoscopy. Nature 2000; 405 (6785): 417 12 May A, Albert J, Moog G et al. Update des Positionspapiers der Sektion Endoskopie der DGVS. Z Gastroenterol 2010; 48: 1384–1404

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[Mid-gastrointestinal bleeding - endoscopy sheds light in the darkness].

Mid-gastrointestinal bleeding is defined as a bleeding of the small bowel and is the most common indication for small bowel endoscopy. Intraoperative ...
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