Originalien Chirurg 2014 DOI 10.1007/s00104-014-2867-y © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

U. Clauer · J. Schäfer · J. Roder Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, Darmzentrum Inn-Salzach, Kreiskliniken Altötting-Burghausen, Altötting

Morbidität, Mortalität   und Analyse prognostischer Faktoren beim kolorektalen Karzinom Das Darmzentrum Inn-Salzach wurde als drittes bayerisches Zentrum am 16.01.2007 von OnkoZert erstzertifiziert. Es besteht aus den Kreiskliniken Altötting-Burghausen mit einem chirurgischen und zwei endoskopischen Standorten sowie vier angeschlossenen gastroenterologisch-endoskopischen Arztpraxen und einer an die Klinik angeschlossenen Praxis für Strahlentherapie. Einschließlich des Zertifizierungsjahres 2006 haben wir bis zum 31.12.2013 insgesamt 698 operative Primärfälle mit kolorektalem Karzinom nach den Richtlinien der Deutschen Krebsgesellschaft behandelt. Diese Studie soll Morbidität, Mortalität und Prognosefaktoren in unserem Patientenkollektiv untersuchen, das leitliniengerecht therapiert und nach den OnkoZert-Richtlinien überprüft wurde.

Patienten und Methoden Alle Daten wurden systematisch und prospektiv in einer relationalen Datenbank erfasst und mit Sigma-Plot 12.3 von Systat Software, Inc ausgewertet. Überlebensanalysen wurden mit Kaplan-Meyer LogRank-Tests durchgeführt, zur Risikoberechnung wurden Cox-Regressionsanalysen verwendet. Kategoriale Daten wurden mit dem χ2-Test verglichen. Univariate Vergleiche zwischen nicht normalverteilten Gruppen wurden mit dem MannWhitney-RankSum-Test durchgeführt.

Als primärer Endpunkt wurde für das Gesamtüberleben das Todesdatum bzw. bei Zensierung der letzte Nachsorgekontakt gewählt, bei der Analyse des erkrankungsfreien Überlebens wurden das Datum der ersten Diagnose eines Rezidivs bzw. von Metastasen, alternativ das Todesdatum oder bei Zensierung der letzte Nachsorgekontakt gewählt. Das Signifikanzniveau wurde mit p=0,05 festgelegt.

Patientenkollektiv, Tumorstadien und Tumorlokalisation, Operationsverfahren

Alle Patienten mit kolorektalem CA wurden postoperativ in einem interdisziplinären Tumorboard vorgestellt, die Patienten mit Rektum-CA sowie alle Patienten im Stadium IV wurden zudem prätherapeutisch in einem interdisziplinären Tumorboard vorgestellt, wie es von der Deutschen Krebsgesellschaft gefordert wird. Die präoperative Diagnostik erfolgte leitliniengerecht und umfasste beim Rektum-CA eine Rektoendosonographie, eine Computertomographie (CT) des Abdomens und des Thorax, ab 2013 eine CT des Thorax und Oberbauches und eine magnetresonanztomographische (MRT-)Untersuchung des Beckens. Bei Kolon-CA wurden ein CT des Abdo-

Von 2006 bis 2013 wurden insgesamt 698 Patienten mit kolorektalem Karzinom (CA) operativ behandelt, davon 449 (64,3%) mit Kolon-CA, 249 (35,7%) mit Rektum-CA. Die jährliche Verteilung beider Tumorentitäten zeigt über den Untersuchungszeitraum keine signifikante Änderung (χ2 p=0,948).

Kooperationspartner des Darmzentrums InnSalzach: Dr. R. Baumgartner, Mühldorf a. Inn, Prof. Dr. I. Becker, PD Dr. M. Krams, Dr. T. Richter, Dr. S. Seidl, Rosenheim, Dr. A. Beyer, Altötting, Prof. Dr. M. Kraus, Burghausen, Dr. T. Mergenthaler, Burghausen, Dr. B. Rosskopf, Altötting, Dr. U.-U. Rueß, Pfarrkirchen, Dr. C. Seyfried, Altötting, Dr. J. Spes, Altötting, Dr. G. Strobl-Wildemann, Passau.

Ergebnisse

Tab. 1  Verteilung der präoperativen ASA-Beurteilung (Kolon vs. Rektum χ2 p=0,201)   Kolon-CA RektumCA Gesamt

ASA 1 9 (2,0%) 1 (0,4%) 10 (1,4%)

2 135 (30,1%) 89 (35,7%) 224 (32,2%)

3 260 (57,9%) 132 (53,0%) 392 (56,2%)

Keine Angabe

Summe

1 (0,2%)

449 (100%) 249 (100%) 698 (100%)

4 43( 9,6%)

5 1 (0,2%)

27 (10,9%) 70 (10,0%)

0 (0,0%)

0 (0,0%)

1 (0,1%)

1 (0,1%)

ASA American Society of Anesthesiologists, CA Karzinom. Der Chirurg 2014 

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Originalien Tab. 2  Häufigkeit von Risikofaktoren (Kolon vs. Rektum χ2 p=0,799)  

Kardiovaskulär

NIDDM

IDDM

Kolon-CA Rektum-CA Gesamt

273 (60,8%) 154 (61,8%) 427 (61,2%)

77 (17,1%) 41 (16,5%) 118 (16,9%)

7 (1,6%) 6 (2,4%) 13 (1,9%)

Pulmonale   Vorerkrankung 52 (11,6%) 28 (11,2%) 80 (11,5%)

Adipositas 164 (36,5%) 95 (38,2%) 259 (37,1%)

Renale   Vorerkrankung 36 (8,0%) 19 (7,6%) 55 (7,9%)

Hepatische   Vorerkrankung 19 (4,2%) 8 (3,2%) 27 (3,9%)

Alkohol-  abhängigkeit 8 (1,8%) 1 (0,4%) 9 (1,3%)

CA Karzinom, IDDM „insulin dependent diabetes mellitus“, NIDDM „non insulin dependent diabetes mellitus“.

Tab. 3  Lokalisation von Kolon- und Rektumkarzinom Kolon Lokalisation Zökum C. ascendens Rechte Flexur C. transversum Linke Flexur C. descendens C. sigmoideum Appendix Gesamt

n (%) 87 (19,4%) 88 (19,6%) 17 (3,8%) 32 (7,1%) 23 (5,1%) 25 (5,5%) 172 (38,4%) 5 (1,1%) 449

Rektum Lokalisation Oberes Rektumdrittel Mittleres Rektumdrittel Unteres Rektumdrittel            

n (%) 58 (23,3%) 92 (36,9%) 99 (39,8%)           249

Tab. 4  Verteilung der UICC-Stadien (Kolon vs. Rektum χ2 p=0,003)   Kolon-CA Rektum-CA

UICC I 75 (16,7%) 69 (27,7%)

UICC II 171 (38,1%) 71 (28,5%)

UICC III 113 (25,2%) 59 (23,7%)

UICC IV 90 (20,0%) 50 (20,1%)

CA Karzinom, UICC Union internationale contre le cancer.

Tab. 5  Verteilung der Operationsverfahren und -dauer beim Kolonkarzinom Verfahren

n (%)

Ileozökalresektion Hemikolektomie rechts Erweiterte Hemikolektomie rechts Transversumresektion (palliativ) Hemikolektomie links Erweiterte Hemikolektomie links Sigmaresektion Anteriore Rektumresektion Tiefe anteriore Rektumresektion Subtotale Kolektomie Segmentresektion (palliativ) Summe

8 (1,8%) 181 (40,3%) 23 (5,1%) 2 (0,4%) 34 (7,5%) 20 (4,5%) 58 (12,9%) 106 (23,6%) 2 (0,4%) 6 (1,3%) 9 (2,0%) 449

Dauer (MW±SD) (min) 67±47 94±42 119±59 101±8 154±55 153±54 130±57 138±58 227±26 162±29 115±23 122±53

Tab. 6  Verteilung der Operationsverfahren und -dauer beim Rektumkarzinom

2 | 

Verfahren

n (%)

Anteriore Rektumresektion, partielle mesorektale Exzision Tiefe anteriore Rektumresektion, totale mesorektale Exzision Abdominoperineale Rektumexstirpation Transanale endoskopische Mikrochirurgie Palliative Segmentresektion Gesamt

49(19,7%) 147(59,0%) 38(15,3%) 14(5,6%) 1(0,4%) 249

Der Chirurg 2014

Dauer (MW±SD) (min) 126±48 125±43 174±64 111±44 120±0 133±51

mens und eine Röntgenuntersuchung des Thorax in zwei Ebenen durchgeführt. Bei unklaren hepatischen Befunden erhielten die Patienten eine kontrastverstärkte Oberbauchsonographie. Es erfolgte die übliche präoperative Labordiagnostik einschließlich Bestimmung des karzinoembryonalen Antigens (CEA) und CA-19-9. Die Operationsvorbereitung und Nachbehandlung wurden nach einem modifizierten Fast-track-Konzept durchgeführt. Ab 2013 erhielten Patienten mit nicht stenosierendem Rektumkarzinom am Tag vor der Operation 2 l Cleanprep® (PEG [Polyethylenglykol]-Darmspüllösung), alle anderen Patienten erhielten Prepacol® (Bisacodyl und Natriumhydrogenphosphat). Bei den meisten Patienten außer vor Hemikolektomie rechts wurde präoperativ ein Periduralkatheter gelegt, die Patienten wurden postoperativ bereits am Operationstag das erste Mal vor das Bett mobilisiert und erhielten ein beschleunigtes Kostaufbauprogramm sowie intensivierte Mobilisation. Alle Eingriffe wurden von einem der drei Darmzentrumsoperateure oder dem Senior-Darmoperateur durchgeführt oder assistiert. Dabei wurden die Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft bez. Des Operationsvolumens (15 Kolon- und 10 Rektumeingriffe je Jahr und Operateur) eingehalten oder übertroffen. Beim Kolon-CA waren 248 (55,2%) Patienten männlich und 201 (44,8%) Patienten weiblich, beim Rektum-CA waren 170 (68,3%) Patienten männlich und 79 (31,7%) Patienten weiblich. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung betrug beim Kolon-CA 71,79±10,63 Jahre und beim Rektum-CA 67,94±11,14 Jahre. Ein Mann-Whitney-Test zeigt einen hochsignifikanten Unterschied zwischen den beiden Entitäten (p

[Morbidity, mortality and analysis of prognostic factors for colorectal cancer].

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